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kurz & knapp - Studi38

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Wissenschaft<br />

„Es fehlt die<br />

Konsequenz“<br />

Jeder, der auch nur den Hauch eines Stilempfi ndens hat, sollte an dieser Stelle den Professoren und Forschern<br />

des Campus Suderburg danken. Die forschen nämlich daran, wie es gelingt, dass die Hochwasserhose nie mehr<br />

salonfähig werden kann. Danke! Allerdings machen sie das an der Fakultät Bau-Wasser-Boden über einen kleinen<br />

Umweg. Den Hochwasserschutz. Eine einfache Rechnung: Kein Hochwasser, keine Modesünde.<br />

Von Daniel Beutler<br />

Dafür werden schwere Geschütze<br />

aufgefahren. HQ100 heißt das<br />

Zauberwort, das Prof. Dr.-Ing.<br />

Klaus Röttcher erklärt: „Wir planen die<br />

Schutzmaßnahmen so, dass sie einem<br />

Hochwasser standhalten, das statistisch<br />

nur ein mal alle 100 Jahre eintritt. Bei<br />

modernen Talsperren sogar nur alle<br />

10000 Jahre.“ Dabei gibt es aber ein Problem.<br />

Die Aufzeichnungen über Wasserstände<br />

reichen für Flüsse meist nur<br />

50 Jahre zurück, selten mal 150 Jahre.<br />

Und es ist nur Statistik. „Politiker und<br />

Bürger können sich da oft nichts drunter<br />

vorstellen und denken, dass so ein<br />

Hochwasser wirklich nur alle 100 Jahre<br />

eintritt“, berichtet Röttcher. Das Elbe-Hochwasser<br />

von 2002 wird also nicht<br />

erst 2102 wieder eintreten. Vielleicht<br />

zumindest, so sicher kann man sich<br />

da nie sein. Ist ja nur Statistik. Klar ist<br />

dagegen die Ursache des Hochwassers.<br />

Die ist nämlich hausgemacht. Klimatische<br />

Bedingungen, die Eindeichung<br />

und Begradigung von Fließgewässern<br />

und die Flurbereinigung. Mit zunehmender<br />

Industrialisierung, auch der<br />

Landwirtschaft, richten diese Faktoren<br />

immer größere Schäden an. „Man kann<br />

aber den Anwohnern an einem Fluss<br />

nicht sagen, sie müssen jetzt umziehen,<br />

weil hier ein natürliches Überschwemmungsgebiet<br />

wiederhergestellt werden<br />

soll“, erklärt Albrecht Meißner, Dekan<br />

der Fakultät Bau-Wasser-Boden. Hochwasser<br />

seien also kein „Wissensproblem“,<br />

sagt Röttcher. „Die Leute wussten<br />

auch vor 150 Jahren schon, wo die<br />

Probleme liegen. Woran es fehlt ist die<br />

Konsequenz. Damals wie heute haben<br />

die fi nanziellen oder politischen Interessen<br />

überwogen.“ Bis zum Elbe-Hochwasser<br />

führte die Hochwasserschutz-<br />

Forschung ein Nischendasein, wurde<br />

von Öffentlichkeit und Politik kaum<br />

wahrgenommen. Der Mensch ist halt<br />

ein vergessliches Tier. „Zwischen 1950<br />

und 1980 gab es wenig Hochwasserextreme<br />

und die Leute haben bei der Erschließung<br />

von neuem Land gedacht, es<br />

komme auch nichts mehr, weil es die<br />

ganzen Jahre davor kein Hochwasser<br />

33<br />

gab“, berichtet Röttcher. Deshalb liege<br />

das Augenmerk heute auch mehr darauf,<br />

Risikogebiete zu bestimmen. Das<br />

Ziel ist ein großräumigeres Denken,<br />

meint Meißner. „Es geht um ein Flussgesamtmanagement,<br />

mit dem man auf<br />

die veränderten Situationen reagieren<br />

muss.“ Bleibt zu hoffen, dass sich der<br />

Geschmack der Menschen nicht verändert<br />

und aus Mailand oder Paris keine<br />

Hochwasser-Modewelle über Deutschland<br />

schwappt. Sonst werden am Ende<br />

die Deiche noch wieder eingerissen und<br />

das will ja wirklich niemand. #<br />

Foto: Zeitfi xierer

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