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kurz & knapp - Studi38

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Braunschweig | Wolfenbüttel<br />

Wolfsburg | Salzgitter | Suderburg<br />

Ausgabe 3<br />

Wintersemester 2010/2011<br />

CONTAINERSCHMAUS<br />

Lebensmittel aus dem Müll<br />

der Supermärkte<br />

Die<br />

Auftragsdenker<br />

GHOSTWRITING AN DER HOCHSCHULE<br />

CHANCENGLEICHHEIT<br />

Wenn das Geschlecht zum<br />

Karrierehindernis wird<br />

BEWERBERFLUT<br />

Der doppelte Abiturjahrgang<br />

überschwemmt den Campus


Absicherung<br />

in einem Paket!<br />

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Versicherungen!<br />

Weniger Papierkram. Mehr Überblick. Geringerer Beitrag.<br />

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Einschnitt.de


Liebe Leserinnen<br />

und Leser,<br />

Dr. Bettina Rothärmel<br />

Sie halten die dritte Ausgabe von<br />

studi38 in den Händen, dem Magazin<br />

von Studis für Studis aus unserer<br />

Region. Das grosse Schwerpunktthema<br />

heisst diesmal<br />

„Ernährung“ und die Beiträge der<br />

Studierenden reichen von der investigativen<br />

Analyse des Mensaessens<br />

bis hin zur Reportage<br />

über den mutigen Selbstversuch<br />

im Containern: also der Essensbeschaffung<br />

aus weggeworfenen<br />

Lebensmitteln.<br />

Casting ist ebenfalls ein Thema:<br />

Wie fi ndet eine WG einen geeigneten Mitbewohner und wie<br />

ein Studierender eine geeignete WG? Gar nicht so leicht,<br />

genau wie der Weg auf der Karriereleiter ganz nach oben.<br />

Manchmal hilft es da jemanden zu fragen, der viel erreicht<br />

hat, zum Beispiel Ex-Junkie und Triathlet Andreas Niedrig.<br />

Mit Unterstützung von Zeitungsprofi s haben die Studierenden<br />

im Projektseminar „Ein Hochschulmagazin für die<br />

Region“ wieder ein facettenreiches und spannendes Magazin<br />

zusammengestellt. Sie haben sich Themen gesetzt, recherchiert,<br />

Zusammenhänge hinterfragt, Menschen interviewt<br />

und ihre Erkenntnisse und Eindrücke unterhaltsam<br />

beschrieben. Sie haben dazu mit Sportlern und Comedians<br />

gesprochen, mit Wissenschaftlern und anderen Studierenden<br />

– und so ein anspruchsvolles journalistisches Magazin<br />

geschaffen.<br />

Zuletzt ist auch diese Ausgabe von studi38 wieder das erfreuliche<br />

Ergebnis einer fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen<br />

den Hochschulen der Region und dem Medienhaus<br />

Braunschweiger Zeitungsverlag.<br />

Der Braunschweiger Zeitungsverlag engagiert sich mit<br />

Freude und aus Überzeugung für dieses Projekt und wir sind<br />

schon heute gespannt auf die künftigen Ausgaben und Beiträge.<br />

Übrigens: weitere Informationen fi nden Sie auf www.<br />

facebook.de/studi38 oder auf der Internetseite des Magazins,<br />

unter www.studi38.de. Hier können Sie auch Kontakt zur<br />

Redaktion aufnehmen.<br />

Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen<br />

Dr. Bettina Rothärmel<br />

Braunschweiger Zeitungsverlag<br />

- Prokuristin -<br />

Inhalt<br />

3<br />

Campus<br />

4 Heute ist übrigens …<br />

Skurrile Mottotage<br />

7 Wir lieben Lebensmittel<br />

Containern im Selbstversuch<br />

10 Faultiere mit Rosen<br />

Was denken Andere über Studierende<br />

12 Wie aus 1001 Nacht<br />

Als Mann beim orientalischen Tanz<br />

14 Ja, ich bin ein Kassettenkind!<br />

Kinderhörspiele zum Liebhaben<br />

16 Die Ruhe vor dem (An-)Sturm<br />

Der doppelte Abiturjahrgang kommt!<br />

18 „Ich darf das, ich bin Jude“<br />

Interview mit Komiker Oliver Polak<br />

21 Fernbeziehung 2.0<br />

22 Apfel oder Tiefkühlpizza?<br />

Was Braunschweigs Studierende wirklich essen<br />

24 Mythos Mensa<br />

Wie gut ist die Hochschulkantine?<br />

27 Warm me up!<br />

Tipps zum Aufwärmen in der kalten Jahreszeit<br />

28 WG gesucht<br />

Die Wohnungs- und Mitbewohnersuche<br />

Wissenschaft<br />

31 „Ab in den Süden ...“<br />

Der Braunschweiger Flughafen<br />

32 Campus-Leben in Klein<br />

Der Standort Suderburg<br />

33 „Es fehlt die Konsequenz“<br />

Wie Hochwasserschutz heute funktioniert<br />

Karriere<br />

37 „Ich war völlig am Abgrund“<br />

Triathlet und Ex-Junkie Andreas Niedrig im Interview<br />

38 Zwischen den Stühlen?<br />

Meinungen zur Gleichstellung der Geschlechter<br />

42 Bauleiter 2.0<br />

Mit dem iPad auf die Baustelle<br />

43 Entrepreneurship<br />

46 Die Auftragsdenker<br />

Ghostwriting an der Hochschule<br />

Schlussakkord<br />

48 Dialog<br />

49 Lieblings...Album? Film? Buch?<br />

50 Eine Lebensgleichung<br />

13 Impressum<br />

43 Stellenanzeigen


Campus<br />

Heute ist übrigens …<br />

In einem Anfall von popkulturellem Feierwahn hat sich in den letzten Jahren heimlich ein neuer Trend entwickelt:<br />

Das Ausrufen scheinbar sinnfreier Gedenk- und Feiertage. Während der Tag des Deutschen Bieres sich noch einer<br />

relativ großen Beliebtheit erfreuen dürfte, hält sich die Begeisterung für den Weltschildkrötentag wohl eher in<br />

Grenzen. studi38 hat sich durchs Netz gewühlt und stellt euch die fünf skurrilsten Fundstücke vor.<br />

Von Jonas Hartwig<br />

Nationaler Zieh-dein-Haustier-an-Tag<br />

Mopse in Reizwäsche, Hamster mit Dresscode oder Katzen in Bademode:<br />

Am 14. Januar ist alles erlaubt. Dieser fragwürdige „Feiertag“ – den vor allem<br />

diverse Hundebesitzer auch mehrmals im Jahr zu zelebrieren scheinen – wurde<br />

erstmals 2002 ausgerufen. Initiator war – welch ein Zufall – ein amerikanischer<br />

Hersteller für Hundemode. Inwiefern der Catwalk für Hund, Katze und Co. unsere<br />

vierbeinigen Freunde ebenso amüsiert wie Herrchen oder Frauchen wagen vor allem<br />

Tierschützer zu bezweifeln.<br />

Welttag der Feuchtgebiete<br />

Der Welttag der Feuchtgebiete wird seit 1997 jährlich am 2. Februar begangen.<br />

Hätte man damals schon Charlotte Roche samt ihrem gleichnamigen Bestseller<br />

gekannt – vielleicht hätte man den Titel ein wenig abgewandelt. Laut UNESCO<br />

soll der Tag übrigens die öffentliche Wahrnehmung des Wertes und der Vorzüge<br />

von Feuchtgebieten verbessern. Ganz im Sinne also von Frau Roche.<br />

Sprich-wie-ein-Pirat-Tag<br />

Beim Klabautermann! Wider Erwarten wurde dieser kuriose Tag bereits am 19. September 1995 – also lange<br />

bevor Johnny Depp als Captain Jack Sparrow die Leinwand eroberte – ins Leben gerufen. Die ursprünglich<br />

nur als Jux unter zwei Freunden gedachte Idee erfreute sich vor allem bei den modernen Freibeutern<br />

in der amerikanischen Küstenstadt Key West großer Beliebtheit. Dort gilt er mittlerweile als offi zieller<br />

Fest- und Feiertag… und ’ne Buddel voll Rum!<br />

Sei-stolz-ein-Geek-zu-sein-Tag<br />

Für alle Unwissenden vorne weg: Geek gilt als freundliches Synonym für Nerd.<br />

Bei der regelrechten Nerdophobie haben sich die Realitätsfl üchtlinge allerdings<br />

auch ihren eigenen Tag verdient. So können sie am 13. Juli, ohne sich vor anderen<br />

rechtfertigen zu müssen, ihre Comicsammlungen pfl egen, Rollenspiele bestreiten<br />

und sich bei einer Folge Star-Trek auf elbisch darüber unterhalten welche Parallelwelt<br />

sie aufgrund der physikalischen Gegebenheiten für wahrscheinlich halten.<br />

Nationaler Nichts-Tag<br />

Im ganzen Wirrwarr der Feier- und Gedenktage kam dem Amerikaner Harold Pullman Coffi<br />

n im Jahr 1973 die glorreiche Idee, den 16. Januar ab sofort für das absolute Nichts-Tun zu<br />

reservieren. Zugegebenermaßen einer der wenigen Tage mit dem man sich – vor allem als<br />

Student – wirklich anfreunden könnte. Einfach mal die Beine hochlegen und den Tag Tag<br />

sein lassen. Falls einen dann doch die Langeweile packt, kann man ruhigen Gewissens eine<br />

Luftpolsterfolie zerdrücken. Die hat heute nämlich auch ihren Ehrentag. #<br />

4<br />

Fotos: Svadilfari, Derek Jensen (Tysto), mr.throk, Benimoto, futureatlas.com


Fotos: planetchopstick, katerha, Anja Bresel<br />

Campus<br />

Friedlich schlummern<br />

SCHLAF DICH SCHÖN<br />

Schlafen ist nicht nur gesund, sondern<br />

macht auch noch schön. Das Ergebnis<br />

schwedischer Forscher ist eindeutig.<br />

Ausgeschlafen wirken wir deutlich attraktiver<br />

auf unsere Mitmenschen als<br />

übernächtigt.<br />

Also: Statt auf<br />

der nächsten<br />

Party bis morgens<br />

zu feiern,<br />

lieber früh ab<br />

ins Bett – dann<br />

klappt es vielleicht<br />

auch mit<br />

der neuen Liebe.<br />

www.salzgitter-ag.de<br />

TEURES VERGNÜGEN<br />

Schoki und Co. schaden nicht nur der<br />

Figur, sondern auch unserem Geldbeutel.<br />

Das zumindest fanden Marktforscher<br />

aus Friedrichshafen heraus. Denn<br />

die enthaltene Glukose verändert unser<br />

Preisempfi nden<br />

und wir sind<br />

bereit, deutlich<br />

mehr Geld für<br />

alltägliche Dinge<br />

auszugeben.<br />

Noch ein guter<br />

Grund öfter mal<br />

zum Apfel zu<br />

greifen.<br />

��� ��� ����� ��� ��� �����<br />

<strong>kurz</strong> &<br />

<strong>knapp</strong><br />

POLITISCHE SCHÖNHEIT<br />

Leider bekommen Studentenproteste<br />

oft nur dann die nötige mediale Aufmerksamkeit,<br />

wenn es zu gewaltsamen<br />

Ausschreitungen kommt. Beim „Zentrum<br />

für politische Schönheit“ (http://<br />

politicalbeauty.<br />

de), kann man<br />

sich Anregungen<br />

für einen kreativen<br />

Protest holen<br />

oder man<br />

besucht gleich<br />

eines ihrer Protestcamps<br />

gegen<br />

Gewalt.


Campus<br />

Wir lieben<br />

Lebensmittel<br />

Grundlage zum Überleben, Protest gegen die verschwenderische Konsumgesellschaft, einfache Gelegenheit zum<br />

Sparen, eine imageschädigende Bewegung. Es gibt viele Möglichkeiten das Containern zu umschreiben – die<br />

Wahrheit liegt wie so oft in der Mitte. studi38 hat den Selbstversuch gemacht.<br />

Von Nico Bensch & Franziska Ziemann<br />

6


Fotos: Franziska Ziemann<br />

Brot, Kohlrabi, Nudeln, Tomaten,<br />

Brötchen, Paprika, Donuts, Zucchini,<br />

Aubergine, Rosenkohl, Rosinenbrot,<br />

Clementinen, Trauben, Zitronen,<br />

Karotten und Salat. Ein gesunder<br />

und nicht ganz billiger Einkauf für die<br />

Woche? Nein, die Ausbeute nach einer<br />

Stunde containern! Frei nach dem Motto<br />

„Einmal hin, alles drin“.<br />

Täglich werden von Supermärkten<br />

Lebensmittel weggeworfen. Entweder<br />

weil das Haltbarkeitsdatum abgelaufen<br />

oder die Verpackung beschädigt ist.<br />

„Wir dürfen keine Lebensmittel verkaufen,<br />

deren Mindesthaltbarkeitsdatum<br />

überschritten ist. Wir würden die<br />

volle Haftung übernehmen, falls dem<br />

Konsumenten dann etwas passiert“, erklärt<br />

der stellvertretende Filialleiter einer<br />

großen Supermarktkette, der lieber<br />

anonym bleiben möchte. „Das bedeutet<br />

natürlich nicht immer gleich einen<br />

Qualitätsverlust der Ware, aber uns sind<br />

da einfach die Hände gebunden“, so der<br />

25-Jährige weiter.<br />

Hier beginnt der Kreislauf des Containerns.<br />

Mittlerweile hat sich herumgesprochen,<br />

was es alles im Müll zu fi nden<br />

gibt. „Das Angebot nehme ich gerne<br />

an“, meint Simon, „Seit einem Jahr<br />

gehe ich deshalb hin und wieder containern.“<br />

Passend zu diesem Thema sprießen<br />

im Internet zahlreiche Foren, Blogs<br />

und Communities aus dem Boden. Aber<br />

nicht jeder containert aus den selben<br />

Campus<br />

Gründen. Während es für einige überlebenswichtig<br />

ist, da das Geld für einen<br />

sättigenden Einkauf nicht ausreicht,<br />

stehen für andere politische Motive im<br />

Vordergrund. Der 24-jährige Christof,<br />

der sich selbst als Lebenskünstler bezeichnet,<br />

containert aus Überzeugung:<br />

„Die Hälfte aller Lebensmittel landen<br />

Eingepackt und verzehrbereit: Aussortierte Brote und Brötchen auf dem<br />

Hinterhof eines Braunschweiger Supermarktes<br />

7<br />

„Es ist natürlich schlecht<br />

für das Image, wenn unsere<br />

Kunden Leute in Mülltonnen<br />

rumwühlen sehen“<br />

Stellv. Filialleiter (Möchte anonym bleiben)<br />

früher oder später im Müll und nicht<br />

auf dem Tisch. Die enormen Auswirkungen<br />

der Lebensmittelproduktion bezüglich<br />

Flächen- und Energieverbrauch<br />

sind einfach ein Skandal, dem ich so<br />

entgegenwirken kann.“ Dabei geht er<br />

sogar so weit, dass er bis zu fünf Mal<br />

pro Woche loszieht. Dem Kapitalismus<br />

den Kampf ansagen und die Konsumgesellschaft<br />

boykottieren ist die Devise. So<br />

gesellt sich aus dieser Sicht das Containern<br />

zum Hausbesetzen, Schwarzfahren<br />

oder Guerilla Gardening. Vielleicht<br />

nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen<br />

Stein, aber eben eine Lebenseinstellung.<br />

Simon hingegen containert nur<br />

aus purem Egoismus: „Ich kann viel sparen<br />

und hab auch noch Spaß dabei. Es<br />

macht dich frei!“<br />

Ob aus Notwendigkeit, Überzeugung<br />

oder Eigennutz, die Popularität der alternativen<br />

Lebensmittelbeschaffung<br />

wächst und damit auch die Zahl derer,<br />

die es nicht gutheißen. „Es ist natürlich<br />

schlecht für das Image, wenn unsere<br />

Kunden Leute in Mülltonnen rumwühlen<br />

sehen“, heißt es von Seiten der<br />

Supermärkte. Aber nicht nur deshalb<br />

werden immer mehr Container abgeschlossen.<br />

Auch Vorschriften der Müllabfuhr<br />

veranlassen die Märkte dazu<br />

ihren Müll zu sichern. Gerade in Containerhochburgen<br />

wie Berlin oder Leipzig<br />

ist es daher immer schwieriger erfolgreich<br />

von der meist nächtlichen Tour<br />

zurückzukommen.<br />

Essen aus Containern. Mülltonnen,<br />

die abgeschlossen werden. Wir können<br />

das Ganze noch nicht so recht glauben.<br />

Gepackt von Neugier und Ehrgeiz<br />

machen wir uns daher selbst auf<br />

die Jagd. Eingepackt wie Eskimos, ausgestattet<br />

mit Rucksäcken, Tüten und,<br />

ganz wichtig, einer Taschenlampe ziehen<br />

wir los. Es ist ein Uhr nachts. Da<br />

ist Einkaufen auf dem herkömmlichen


Wege doch entspannter.<br />

Es fühlt sich an wie „Jäger<br />

und Sammler“, ganz<br />

so wie früher. Aber wir<br />

müssen zugeben – es<br />

ist spannend wie eine<br />

geheime Einsatztruppe<br />

die Straßen entlang zu<br />

schleichen. Der Schnee<br />

knirscht so laut wie<br />

noch nie. Jeder Passant,<br />

der um diese Zeit noch<br />

unterwegs ist, wird misstrauisch<br />

beäugt. Es wird<br />

nur noch gefl üstert. Angekommen<br />

auf dem ersten<br />

Hinterhof steht einer Schmiere,<br />

während der Rest im Scheinwerferlicht<br />

hektisch die Abfallcontainer durchkämmt.<br />

Direkt werden wir fündig.<br />

Drei Brote und Spaghetti lachen uns<br />

an. Mehr ist an diesem Platz allerdings<br />

nicht zu holen. Trotzdem, das hatten<br />

wir uns irgendwie schwerer vorgestellt.<br />

Auf dem Weg zum zweiten Ziel sind wir<br />

schon wesentlich entspannter. Wir fühlen<br />

uns sicher und unterhalten uns wie-<br />

Trophäen der Nacht: Diese Lebensmittel<br />

hätten unsere Redakteure mitgenommen,<br />

wenn containern legal wäre<br />

Campus<br />

der in normaler Lautstärke. Spazierend<br />

erreichen wir den nächsten Container.<br />

‚Uns erwischt ja eh keiner‘, will einer<br />

von uns gerade noch rufen, da fährt ein<br />

Wagen in die Einfahrt zum Hinterhof.<br />

Wie im Gefecht werfen wir uns förmlich<br />

in den Schnee, ducken uns hinter<br />

den Abfällen und warten ab. Gut, ganz<br />

so schlimm war es in Wirklichkeit dann<br />

doch nicht. Adrenalin wurde trotzdem<br />

in Mengen verschüttet.<br />

Denn Containern ist und bleibt rechtlich<br />

gesehen eine Straftat. In Deutschland<br />

hat auch noch der Abfall einen Besitzer,<br />

auch wenn dieser die Sachen gar<br />

nicht mehr haben will. Es ist Diebstahl<br />

Lebensmittel aus Mülltonnen zu nehmen.<br />

Deshalb stecken wir auch nichts<br />

ein. Stattdessen belassen wir es sozusagen<br />

bei einer Trockenübung und schreiben<br />

alles auf einen Zettel, was wir mitgenommen<br />

hätten. Was wäre wenn…<br />

ist unser Motto. Das letzte, was wir wollen,<br />

ist auf frischer Tat ertappt zu werden<br />

und das gleiche zu erleben wie<br />

Christof und sein Freund Frederik in<br />

Döbeln, einem Ort zwischen Leipzig<br />

und Dresden. „Wir wurden dort auf einem<br />

Supermarktparkplatz mit einem<br />

Hänger voller Lebensmittel von der Polizei<br />

kontrolliert und Wochen später<br />

fl atterten dann die ersten Briefe von Polizei<br />

und später Justiz ins Haus.“ Jetzt<br />

müssen sich die zwei vor Gericht verantworten.<br />

Dabei verteidigen sich die<br />

beiden selber und das scheinbar auch<br />

nicht schlecht, denn der Prozess großes<br />

Interesse auf sich und dauert nun schon<br />

8<br />

seit Oktober an. „Die Richterin musste<br />

feststellen, dass sie uns nicht in einer<br />

halben Stunde aburteilen kann, wie sie<br />

das offensichtlich am Anfang vorhatte“,<br />

erklärt Christof.<br />

Es geht aber auch anders. Containern<br />

muss nicht zwangsläufi g eine Anzeige<br />

nach sich ziehen, falls man auf frischer<br />

Tat ertappt wird. „Sucht das Gespräch<br />

und erklärt euch“, raten erfahrene Containerer.<br />

In vielen Fällen wird noch direkt<br />

vor Ort eine Lösung gefunden.<br />

„Wir haben einmal einen älteren Herrn<br />

beim Containern erwischt. Er hat für<br />

seine Tiere Essen gesammelt“, erzählt<br />

der stellvertretende Filialleiter. Anstatt<br />

zu streiten erklärten beide Parteien ihren<br />

Standpunkt. Heute kann der Herr<br />

jede Woche einen Karton mit aussortierten<br />

Lebensmitteln abholen. Es ist<br />

bestimmt auch keine gute PR für die<br />

Supermärkte, den kleinen Mann von<br />

nebenan anzuzeigen nur weil dieser<br />

Dinge an sich nimmt, die keiner mehr<br />

haben will. Dann lieber doch den diplomatischen<br />

Weg. Die Polizei hat sicher-<br />

„Die Hälfte aller Lebensmittel<br />

landen früher oder<br />

später im Müll und nicht<br />

auf dem Tisch.“<br />

Christof, 24 Jahre<br />

lich auch Besseres zu tun als sich um<br />

Müll zu kümmern. Das dachten bis dahin<br />

wohl auch Christof und Frederik.<br />

Aber trotz Anklage sind sie zuversichtlich.<br />

„Die Chance auf einen Freispruch<br />

steht nicht schlecht“, meint Christof,<br />

„denn bis dato gibt es noch kein einziges<br />

Urteil zu dem Thema – sämtliche<br />

uns bekannte Verfahren wurden eingestellt.“<br />

Containern: auf dem Papier illegal,<br />

praktisch meistens geduldet?<br />

So weit kommt es bei unserem Feldzug<br />

zum Glück erst gar nicht. Das Auto<br />

wendet bloß. Kurz durchgeatmet und<br />

wieder ran an den Speck. Schnell steckt<br />

der Kopf unserer Mitstreiterin wieder<br />

unter dem großen grünen Deckel mit<br />

der Aufschrift „Bio-Abfälle“. „Boah, ihr<br />

glaubt nicht was hier rumliegt“, hallt es


aus dem Container. Hier verbergen sich<br />

diesmal wahre Schätze. Allerhand Gemüse<br />

und Obst warten nur darauf von<br />

uns eingepackt zu werden. Spätestens<br />

jetzt ist die Versuchung groß. Spontan<br />

wird ein Freudentanz aufgeführt, und<br />

trotzdem bleiben wir standhaft und zücken<br />

lediglich den Stift. Zufrieden klappern<br />

wir noch zwei weitere Märkte ab.<br />

Routine schleicht sich ein. Wir streunen<br />

über die Hinterhöfe als hätten wir nie<br />

etwas anderes gemacht. Schnell füllt<br />

sich unser Zettel. Bei einer heißen Zitrone<br />

bestaunen wir, irgendwie sogar ein<br />

wenig stolz, unsere fi ktive Beute. Haben<br />

wir doch der Konsumgesellschaft<br />

und unserem Geldbeutel so etwas wie<br />

ein Schnippchen geschlagen. Das Brot<br />

war trotz abgelaufenem Haltbarkeitsdatum<br />

einwandfrei und das Gemüse<br />

sah, bis auf ein paar weiche oder braune<br />

Stellen, absolut in Ordnung aus. Ge-<br />

Azubi- und Studentenwohnungen:<br />

� 2- und 3-Zimmer-Wohnungen<br />

� Exklusiv für Azubis u. Studenten<br />

� Feste Miete inkl. Betriebskosten<br />

� Keine Kaution<br />

� Auf Wunsch mit Herd und Spüle<br />

Campus<br />

müse und Obst haben schließlich kein<br />

Mindesthaltbarkeitsdatum. Trotzdem<br />

wird es weggeschmissen. „Wir wollen<br />

unseren Kunden natürlich nur das Beste<br />

verkaufen. Andererseits wird Ware,<br />

die nur ein paar Macken hat, von den<br />

Kunden auch nicht mehr angenommen“,<br />

klärt uns ein Filialleiter auf. Vieles<br />

werde noch mit Rabattaktionen an<br />

den Mann gebracht und an die Tafel gespendet,<br />

„aber selbst die hat zu geringe<br />

Kapazitäten, um alles einzusammeln.“<br />

Bei dem Gedanken blicken wir schlagartig<br />

mit einem völlig anderen Gefühl<br />

auf unseren Beutezettel. Wir hätten im<br />

Prinzip die Lebensmittel containert, die<br />

uns gestern nicht gut genug waren, um<br />

dafür Geld auszugeben.<br />

Hätten wir über die braunen Stellen,<br />

die wir eben noch als nicht weiter<br />

schlimm gefeiert haben, auch beim<br />

Kauf hinweggesehen? Wenn wir ehrlich<br />

sind, nicht. Vorher haben wir uns noch<br />

gewundert, warum jeder in diesem Bericht<br />

anonym bleiben wollte. Jetzt verstehen<br />

wir es. Das Thema ist unangenehm.<br />

Und zwar für alle Seiten. Die, die<br />

containern müssen oder wollen, begeben<br />

sich auf rechtlich unsicheres Terrain.<br />

Die Supermarktbetreiber müssen<br />

ihr Wegwerfverhalten rechtfertigen.<br />

Und schließlich wir alle, die jede Woche<br />

mit kritischem Blick, einkaufen gehen.<br />

Wir bilden erst die Voraussetzung<br />

dafür, dass es überhaupt etwas zu containern<br />

gibt – wir sind die verschwenderische<br />

Konsumgesellschaft. #<br />

Info<br />

Neuigkeiten zum Prozess in Döbeln:<br />

www.nirgendwo.info/containerprozess<br />

Zieh in Deinen<br />

eigenen Film!


Faultiere<br />

mit Rosen<br />

Immerhin rund 23 000 Studierende leben und lernen in der Region. studi38<br />

wollte wissen, was die Menschen außerhalb des Hochschulkosmos über die<br />

angehenden Akademiker denken und hat sich auf der Straße umgehört.<br />

Von Maria Boger & Katerina Papamichael<br />

Studierende sind faul, chaotisch<br />

und feiern eine Nacht nach der anderen<br />

durch anstatt zu arbeiten.<br />

Und wenn sie gerade nicht feiern, verschlafen<br />

sie zuhause den ganzen Tag.<br />

Fertig ist das stereotype Bild des Studierenden.<br />

Auch wenn das nicht immer<br />

direkt geäußert wird, denken doch anscheinend<br />

viele so. Wenn man als Stu-<br />

„Studenten gleich Partylöwen.<br />

Nicht alle aber viele.<br />

Ansonsten sind Studenten<br />

super nett, ganz höfl ich<br />

und hilfsbereit.“<br />

Lisa, Friseurin<br />

dent morgens um fünf Uhr mit zerfeiert<br />

zotteligen Haaren und müden Augen in<br />

der Straßenbahn nach Hause sitzt, erntet<br />

man von den übrigen Fahrgästen<br />

durchaus den einen oder anderen Blick<br />

à la ‚Typisch Student!’.Clubbe-<br />

„Superfaul!“<br />

11. Klasse (Mathe-LK)<br />

Julianium Helmstedt<br />

Campus<br />

„Natürlich feiern Studenten<br />

viel und können<br />

bestimmt jeden Tag lange<br />

schlafen. das heißt aber<br />

nicht, dass sie faul sind.<br />

Sie müssen ziemlich viel<br />

lernen und die Prüfungsphasen<br />

sind ziemlich<br />

anstrengend und stressig.<br />

Trotzdem ist das Studentenleben<br />

schön und ich<br />

hoffe, dass ich später auch<br />

studieren kann.“<br />

Anja, Auszubildende (Zahntechnik)<br />

10<br />

treiber und Taxifahrer<br />

müssen<br />

wohl genauso<br />

denken wie ei-<br />

gentlich all die Menschen, die nie das<br />

Studentenleben genossen haben.<br />

Dass ein Student die Zeit zu Hause<br />

für sinnvolle Dinge, wie schreiben, lesen<br />

und lernen nutzt, scheint gerne ausgeblendet<br />

zu werden. Dass die Nerven<br />

in den Prüfungsphasen für Wochen regelmäßig<br />

blank liegen, wohl auch. Und<br />

wenn man sich einmal ernsthaft um-<br />

„Ich wäre gerne Student.<br />

Die haben ein tolles Leben,<br />

machen das was sie wollen,<br />

sind ständig auf guten<br />

Partys unterwegs. Aber das<br />

trifft glaub‘ ich nicht auf<br />

jeden zu.“<br />

Ole, Verkäufer<br />

schaut, stellt man auch fest, dass viele<br />

Studierende neben Vorlesungen und<br />

Seminaren sogar noch arbeiten gehen.<br />

Nur wissen das viele Leute nicht oder<br />

wollen es einfach nicht wahrhaben,<br />

denn es ist viel einfacher, die Studierenden<br />

als Faultiere abzustempeln.<br />

Mag sein, dass die Studierenden früher<br />

weniger zu tun hatten, doch spätestens<br />

seit Bologna hat sich das Blatt gewendet.<br />

Bachelor? Sind das die aus der<br />

Fensehshow mit den Rosen? Nein, sind<br />

wir nicht! #<br />

Fotos: Maria Boger


Campus<br />

Wie aus 1001 Nacht<br />

Orientalischer Tanz ist anstrengend und motorisch anspruchsvoll: Ein aufsehenerregender Selbstversuch<br />

Von Ronny Fichte<br />

Über einen in die Jahre gekommenen<br />

und nur schwach ausgeleuchteten<br />

Gang betrete ich einen<br />

hellen Raum. Mein Blick fällt sofort<br />

auf die riesige Spiegelwand. Um mich<br />

herum werden Schuhe und Taschen abgestellt,<br />

die Haare zusammengebunden<br />

und das mit Pailletten und Münzen versehene<br />

Hüfttuch umgebunden. Sobald<br />

die ersten orientalischen Klänge zu vernehmen<br />

sind, beginnt das lockere Aufwärmen.<br />

Ich schaue<br />

nach links und rechts<br />

und versuche die Bewegungennachzuahmen.<br />

Bloß nicht auffallen,<br />

denke ich mir, und<br />

scheitere damit im gleichen<br />

Augenblick. Denn<br />

ich als Mann schwinge<br />

meine Hüften beim orientalischen<br />

Tanz – allein<br />

unter Frauen.<br />

Seit mittlerweile<br />

15 Jahren gibt es den<br />

Kurs beim Unisport.<br />

„Es wird angenommen,<br />

dass der Orientalische<br />

Tanz seinen Ursprung<br />

in antiken Fruchtbarkeitsriten<br />

fi ndet“, erklärt<br />

Kursleiterin Coral<br />

Schwarze. Diese Ab-<br />

Info<br />

Orientalisch getanzt<br />

wird jeden Montag<br />

von 16 bis 17 Uhr in<br />

der Gymnastikhalle<br />

am Rebenring.<br />

stammung ist augenscheinlich, wenn<br />

man die eleganten, sinnlichen und lustbetonten<br />

Bewegungen der Hüfte, des<br />

Beckens und des Oberkörpers betrachtet.<br />

Die motivierenden Worte der hiesigen<br />

Kursleiterin, die Teilnehmer sollen<br />

„ihre Hüften bewegen und nicht ihre<br />

Augen“, unterstreicht die Intention.<br />

Doch kaum sind ihre Worte zu vernehmen,<br />

werden sie schon wieder von Tarkans<br />

Chart-Stürmer „simarik“ aus dem<br />

12<br />

Jahre 1997 übertönt. „Neben dem Taktgefühl<br />

sind der Gleichgewichtssinn und<br />

ein hohes Maß an Körperbeherrschung<br />

entscheidend“, erklärt Schwarze. Und<br />

weiter: „Beim orientalischen Tanz bewegen<br />

wir schließlich auch Körperregionen,<br />

die sonst meist still stehen.“ Und<br />

wirklich, die stetige Körperspannung<br />

fordert ihren Tribut. Am nächsten Tag<br />

habe ich einen ordentlichen Muskelkater.<br />

Mit ein bisschen Hüftschwung ist<br />

es jedenfalls nicht getan.<br />

Die komplizierten<br />

Hand-, sowie Armbewegungen,<br />

Drehungen<br />

und Schrittfolgen bilden<br />

zusammen längere<br />

Choreographien und<br />

fordern meine Körperbeherrschung<br />

heraus.<br />

Und als wäre das nicht<br />

schon anstrengend genug,<br />

werden von den<br />

Tänzerinnen auch noch<br />

graziöse Ausführungen<br />

und ein fortwährend<br />

verführerisches Lächeln<br />

erwartet. Trotzdem,<br />

oder gerade deshalb,<br />

nimmt das Interesse am<br />

Kurs immer mehr zu.<br />

Kursleiterin Schwarze<br />

hat dafür eine ganz eigene<br />

Erklärung: „Der orientalische<br />

Tanz betont<br />

die weibliche Schönheit.<br />

Das kommt an.“ Dann<br />

lächelt sie und schiebt<br />

nach: „Das heißt nicht,<br />

dass Männer nicht mitmachen<br />

können, aber<br />

manche Bewegungen<br />

liegen dem weiblichen<br />

Körper einfach mehr als<br />

dem männlichen.“ #<br />

Foto: Maria Boger


Fotos: HBK, the trial, egkk privat<br />

Leinwandkunst<br />

KINO: KURZ UND KNAPP<br />

Bei der „Langen Nacht der <strong>kurz</strong>en Filme“<br />

am 25. Januar kommen Filmliebhaber<br />

wieder auf ihre Kosten. durchgedreht<br />

24 präsentiert ab 19:30 Uhr<br />

im Roten Saal längst verloren geglaubte<br />

Schätze, All-<br />

Time-Favorites<br />

und natürlich<br />

die Highlights<br />

des vergangenen<br />

Festivals.<br />

Weitere Informationen<br />

gibt’s<br />

auf www.durchgedreht24.de.<br />

IMPRESSUM<br />

Herausgeber: Braunschweiger Zeitungsverlag GmbH & Co KG<br />

Hamburger Straße 277, 38114 Braunschweig<br />

Telefon: (0531) 39 00 0 # Telefax: (05 31) 39 00 - 610 # E-Mail: info@bzv.de<br />

www.braunschweiger-zeitungsverlag.de # www.newsclick.de<br />

Persönlich haftender Gesellschafter:<br />

Verwaltungsgesellschaft Braunschweiger Zeitungsverlags GmbH<br />

Geschäftsführer: Harald Wahls<br />

Registergericht: Amtsgericht Braunschweig, HRA 6991<br />

Ust.-Ident.-Nr.: DE 114 88 11 13<br />

Die redaktionellen Inhalte dieser Ausgabe sind das Ergebnis<br />

eines Projektseminars der Abteilung Medienwissenschaften<br />

der Technischen Universität Braunschweig<br />

Redaktionsleitung: Holger Isermann (TU Braunschweig) V. i. S. d. P.<br />

Redaktion: Fine Behrens, Lina Beling, Nico Bensch, Annekatrin Bock, Maria Boger,<br />

Kristina Branz, Benedikt Crone, Sophie Dannenfeld, Fathi Khalil Ahmad El-<br />

Khatib, Ronny Fichte, Maria Freystein, Nora Gerecke, Janina Göbel, Hannes Graubohm,<br />

Nicole Griese, Jonas Hartwig, Holger Isermann, Sina Liers, Christian Matz,<br />

Katerina Papamichael, Kristina Rauschan, Shirin Schönberg, Nils Peter Stoye,<br />

Sandra Tiefholz, Daniela Viehmeier, Anabell Wagemann, Franziska Ziemann<br />

Adresse: TU Braunschweig, Abteilung Medienwissenschaften<br />

Bienroder Weg 97, 38106 Braunschweig<br />

Telefon: (0531) 391 8961 # Telefax: (0531) 391 8963 # E-Mail: redaktion@studi38.de<br />

www.tu-braunschweig.de/medienwissenschaften<br />

Titelfoto: Florian Koch # Model: Anne Fürst<br />

Objektleitung: Daniela Waltemathe<br />

Anzeigen: Raphael Feldmann (verantwortlich)<br />

Anzeigenverkauf: Katharina Heidmann<br />

Telefon: (0531) 39 00 408 # E-Mail: katharina.heidmann@bzv.de<br />

Vertrieb: Braunschweiger Zeitungsverlag<br />

Druck: Druckhaus Gera GmbH, Jacob-A.-Morand-Straße 16, 07552 Gera<br />

Aufl age: ca. 10.000 Exemplare<br />

© Braunschweiger Zeitungsverlag 2011<br />

Das Projekt studi38 wird freundlich unterstützt durch<br />

Campus<br />

HELFER IN DER NOT<br />

Eine Umfrage unter Studierenden hat<br />

ergeben, dass ein Zusammenhang zwischen<br />

Kaffeekonsum und Lerntyp besteht.<br />

Demnach steigt der Kaffeeverbrauch<br />

in Prüfungsphasen vor allen bei<br />

Studierenden,<br />

die Last-Minute-<br />

Lerner sind. Die<br />

Kommilitonen,<br />

die rechtzeitig<br />

mit dem Lernen<br />

anfangen, trinken<br />

dagegen genausoviel<br />

Kaffee,<br />

wie sonst auch.<br />

<strong>kurz</strong> &<br />

<strong>knapp</strong><br />

FRÜH ÜBT SICH, WAS EIN...<br />

An einer Kunsthochschule gibt es normalerweise<br />

aufwändige und abschreckende<br />

Auswahlverfahren. Die HBK<br />

Braunschweig geht jetzt einen anderen<br />

Weg. Beim Frühstart am 25. und 26.<br />

Januar können<br />

sich Interessierte<br />

zwei Tage lang<br />

künstlerisch ausprobieren<br />

und<br />

mit etwas Glück<br />

sogar ohne Mappe<br />

zur Aufnahmeprüfungeingeladen<br />

werden.<br />

Etwas studieren,<br />

das sich lohnt?<br />

Wie wär’s<br />

mit unserer Mode:<br />

ADIDAS | CALVIN KLEIN UNDERWEAR<br />

DIESEL | DRYKORN | LEVI’S<br />

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UND VIELE MEHR.<br />

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direkt neben dem Hauptbahnhof | Mo. bis Sa., 10 00 – 19 00 Uhr<br />

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Campus<br />

Ja, ich bin ein<br />

Kassettenkind!<br />

Eine Tür knarrt.<br />

Du – da steht ja ein Sarg!<br />

Ah, ich schau mal rein, -<br />

Nein nein, nicht!<br />

Warum denn nicht, glaubst du Dracula<br />

liegt drin und kommt raus?<br />

Bob öffnet den Deckel.<br />

Ah, ein Skelett! Ein richtiges Skelett!<br />

Bob schließt den Deckel.<br />

Das liegt meistens in einem Sarg.<br />

Sei bloß still!<br />

Hey, hier ist noch eine Tür! – Mal sehen.<br />

Tür knarrt; Schritte...<br />

Eine Treppe! Sie führt nach unten.<br />

Lass uns lieber umkehren!<br />

Wir haben doch noch gar nichts erreicht.<br />

Ich weiß nicht. Mir gefällt das nicht.<br />

Komm, was wollen wir denn Justus sagen,<br />

wenn wir zurückkommen? Nur,<br />

dass wir ein Skelett gesehen haben?<br />

Aua, ganz schön niedrig hier,<br />

man stößt sich ja die Birne<br />

Die Tür schließt sich.<br />

Bob, die Tür!<br />

Ooh – Sie ist zugefallen!<br />

Schnell zurück!<br />

Schnelle Schritte; Rütteln an der Tür..<br />

Kinder von heute haben es wirklich gut! Spongebob & Co läuft den ganzen<br />

Tag, Video- und Computerspiele dürfen sie sowieso spielen – schließlich<br />

wachsen sie in einer mediatisierten Umwelt auf. Und was durften wir, als wir<br />

klein waren? Da hieß es, wenn die Eltern einen abends ins Bett brachten:<br />

“Fernsehen ist verboten, aber eine Kassette, die darfst du noch hören, ja!“ Ist<br />

das nicht ungerecht? – Mitnichten!<br />

Von Nils Peter Stoye<br />

Da werden Erinnerungen wach!<br />

So mancher wird es schon erkannt<br />

haben: Die Szene links<br />

stammt aus „Die drei ??? und das Gespensterschloss“.<br />

Haben wir nicht alle<br />

als Kinder früher diese Hörspiele gehört<br />

und geliebt? TKKG, Fünf Freunde, Bibi<br />

Blocksberg, Benjamin Blümchen und<br />

natürlich Die drei ???. Das Hören von<br />

Kinderhörspielen hat eine ganze Generation<br />

geprägt.<br />

Spätestens zu Beginn der Pubertät<br />

verbannten wir unsere Kindheit in<br />

Form von etlichen Hörspielkassetten<br />

dann erstmal auf den Dachboden oder<br />

verkauften sie auf dem Flohmarkt. Aus<br />

den Augen, aus dem Sinn. Oder etwa<br />

nicht?<br />

Es war im Jahr 1997. Das Label<br />

EUROPA, unter dem sehr viele Kinderhörspiele<br />

erscheinen, startete eine Zielgruppenbefragung<br />

via Telefon. Welch<br />

merkwürdiges Ergebnis: die Hörer waren<br />

im Schnitt 24 Jahre alt! Stapeln sich<br />

also in den Studentenzimmern der Region<br />

Türme von bunten Plastikhüllen neben<br />

antiquierten Kassettenrecordern?<br />

studi38 hat immerhin mehr als 70<br />

Studierende befragt: Von denjenigen,<br />

die damals Kinderhörspiele gehört haben,<br />

tun dies heute noch ganze 70 Prozent!<br />

Natürlich sind unsere Ergebnisse<br />

nicht repräsentativ, aber sie zeigen eine<br />

deutliche Tendenz. Das durchschnittliche<br />

Kassettenkind ist demnach weiblich<br />

und 24 Jahre alt. Es erlebt heute<br />

Fotos: Nils Peter Stoye


wieder Abenteuer mit den Helden der<br />

eigenen Kindheit.<br />

Heute hören ein Drittel die Hörspiele<br />

noch mehrmals in der Woche – oder<br />

sogar jeden Tag. Am beliebtesten sind<br />

Die drei ??? (43 Prozent) gefolgt von Bibi<br />

Blocksberg und Bibi und Tina (25 Prozent).<br />

Fünf Freunde, TKKG und Benjamin<br />

Blümchen dagegen hört nur jeder<br />

Fünfzehnte.<br />

Doch wieso gibt es das Phänomen,<br />

dass Erwachsene noch Kinderhörspiele<br />

hören? Justus und Florian sind beide 22<br />

Jahre alt und schmeißen in ihrer Freizeit<br />

wieder den Kassettenrekorder an.<br />

Durch ihre jeweiligen Geschwister<br />

wurde den beiden die Hörspielwelt<br />

schon früh eröffnet. Wurde ihnen zunächst<br />

durch die ältere Schwester Bibi<br />

und Tina aufgezwängt, schafften sie es<br />

nach <strong>kurz</strong>er Zeit ihre eigene Hörspiel-<br />

„...und dann hört man<br />

seine alten Kassetten wieder<br />

und merkt: Man liebt<br />

sie eigentlich immer noch.<br />

Irgendwann erzählt man<br />

das dann seinen Freunden<br />

und stellt fest: Die<br />

machen das ja auch!“<br />

Andreas Fröhlich, Sprecher von Bob Andrews von<br />

die drei ???<br />

Campus<br />

serie für sich zu entdecken. Die drei<br />

??? und TKKG standen nun im Vordergrund.<br />

Ihre gesamte Kindheit über begleitete<br />

sie das Hörspiel in der Freizeit.<br />

„Wir haben immer gebastelt oder gespielt<br />

– und im Hintergrund lief dann<br />

immer eine Kassette“, erinnert sich<br />

Justus.<br />

Heute hört besonders Justus wieder<br />

gerne alte drei-???-Folgen zum Einschlafen.<br />

Für Justus und Florian ist das Kinderhörspiel<br />

heute eine Flucht aus dem<br />

Alltag. Sich geborgen fühlen wie in der<br />

Kindheit ist ein schönes Gefühl. Und<br />

gerade das kommt beim Hören wieder<br />

auf.<br />

„Sie gehören für mich einfach zum<br />

Einschlafen dazu“, erklärt Justus.<br />

Längst ist das kindliche Hobby weit<br />

verbreitet. Das Erleben der Kollektiv-Erfahrung<br />

ist in den größten Kinderzimmern<br />

der Welt möglich. So kann man<br />

die ausverkauften Konzerthallen nennen,<br />

bei denen die Sprecher der drei ???<br />

auf einer Bühne ein Hörspiel sprechen<br />

und den Kassettenkindern Tränen in die<br />

Augen schießen lassen.<br />

Für Justus ist klar: „Die drei ??? sind<br />

Kult!“ Florian ist durch das Kinderhörspiel<br />

zum Hörspiel für Erwachsene gekommen<br />

und hört nun gerne den aus<br />

dem Horror-Genre kommenden Vampirjäger<br />

John Sinclair.<br />

15<br />

„Absolute Lieblingsfolge:<br />

Nummer drei von den drei<br />

???, der Karpatenhund. Das<br />

war auch die erste Folge,<br />

die ich hatte.“<br />

Justus, 22<br />

Aber wieso mögen wir gerade das Medium<br />

Hörspiel?<br />

Der Kulturwissenschafter Jan-Uwe<br />

Rogge untersuchte dies und fand heraus,<br />

dass kleine Kinder dem Hören<br />

einen bedeutsamen Stellenwert zu<br />

messen. Der Sehsinn ist noch nicht<br />

vollkommen ausgebildet. Kinder nehmen<br />

die Töne auch über die Knochen<br />

und die Haut war. Sie hören im wahrsten<br />

Sinne des Wortes mit Haut und Haaren.<br />

Deshalb weisen Heranwachsende<br />

dem Hören eine so starke emotionale<br />

Bedeutung zu. Für Kinder bleiben die<br />

Hörspiele spannend – auch wenn sie<br />

diese immer wieder hören. Denn ihnen<br />

fehlt die Distanz zum Geschehen, die<br />

erwachsene Hörer besitzen.<br />

Als zu Beginn der 80er Jahre der Kassettenrekorder<br />

in den Kinderzimmern<br />

Einzug hielt, gab es in Deutschland ein<br />

Zeitfenster, in dem sich die Hörspielkultur<br />

ungehindert entfalten konnte,<br />

bevor moderne Konkurrenzmedien wie<br />

Privatfernsehen und Computerspiele<br />

diese Kultur unterbrachen.<br />

Das Phänomen der Kassettenkinder<br />

bleibt einzigartig. Es ist unser Privileg<br />

als Kinder eine Kollektiv-Erfahrung gemacht<br />

zu haben. Wir können unsere<br />

Nostalgie noch an einer überschaubaren<br />

Menge von Produkten festmachen,<br />

die sich etabliert haben, bevor der<br />

Markt explodierte und unüberschaubar<br />

wurde. Die heutigen Kinder werden später<br />

nicht so viele Gleichgesinnte treffen,<br />

die in ihrer Kindheit das gleiche Hörspiel,<br />

das gleiche Computerspiel oder<br />

die gleiche Fernsehserie gehört, gespielt<br />

und geguckt haben.<br />

Wenn es also noch nicht geschehen<br />

ist: Holt auch ihr eure Kassetten wieder<br />

vom Dachboden und hört eure Lieblingsserien<br />

von damals. Es lohnt sich<br />

– wirklich! #


Campus<br />

Die Ruhe vor<br />

dem (An-)Sturm<br />

DER DOPPELTE ABITURJAHRGANG SORGT 2011 FÜR<br />

EINE GRÖSSERE AUSLASTUNG DER HOCHSCHULEN<br />

Von Daniela Viehmeier<br />

Alleine in Niedersachsen werden<br />

dieses Jahr rund 100 000 Schüler<br />

die Schule verlassen, die Hälfte<br />

davon mit dem bestandenen Abi in der<br />

Tasche. Das sind etwa ein Fünftel mehr<br />

als in den Jahren zuvor. Der Grund dafür<br />

ist der doppelte Abiturjahrgang. Durch<br />

das verkürzte Abitur in nur noch 12 Jahren<br />

kommt diese Herausforderung nach<br />

und nach auf alle Bundesländer zu –<br />

2011 auf Niedersachsen. Für viele der<br />

Abiturienten heißt der logische nächste<br />

Schritt: Ab geht`s an die Uni! Doch<br />

bekommt man dort bei dem riesigen<br />

Ansturm überhaupt einen Platz, wenn<br />

man kein Abi mit einem Durchschnitt<br />

von 1,0 hat?<br />

Das Ministerium für Wissenschaft und<br />

Kultur hat sich nach eigenen Angaben<br />

früh genug mit der Bewerberfl ut be-<br />

16<br />

schäftigt und Lösungen gefunden. So<br />

sollen bereits in den Jahren 2007 bis<br />

2010 insgesamt rund 11 000 zusätzliche<br />

Studienplätze in ganz Niedersachsen<br />

entstanden sein. Aber das soll erst der<br />

Anfang gewesen sein. Auf der Homepage<br />

des Ministeriums heißt es „Viele<br />

Abiturienten bewerben sich auch erst<br />

ein Jahr später an einer Hochschule.“<br />

Außerdem kommen nach und nach<br />

auch noch die doppelten Abiturjahrgänge<br />

der anderen Bundesländer hinzu.<br />

Nicht jeder Abiturient studiert schließlich<br />

in seinem Heimatbundesland.<br />

In den Jahren 2011 bis 2015 sollen<br />

deshalb noch mal mehr als 35 000 Studienplätze<br />

in Niedersachsen entstehen.<br />

Dafür will das Land rund 675 Millionen<br />

Euro zusätzlich an die Hochschulen<br />

überweisen, „um eine gleichbleibend<br />

hohe Qualität der Lehre gewährleisten<br />

zu können“, so das Ministerium für<br />

Wissenschaft und Kultur.<br />

Klingt erst mal ganz gut. Doch studi38<br />

wollte wissen, wie die konkrete<br />

Fotos: Maria Boger, Presse und Kommunikation TU Braunschweig


Umsetzung an den drei Hochschulen<br />

der Region aussieht. An der TU Braunschweig<br />

sind, fi nanziert durch das Land<br />

Niedersachsen, in den vergangenen<br />

Jahren immerhin 420 neue Studienplätze<br />

entstanden. Zusätzlich „hat die<br />

TU Braunschweig aus eigener Kraft die<br />

Studienplätze noch einmal erhöht. Die<br />

meisten dieser Studienplätze entfallen<br />

auf den Maschinenbau“, erklärt Frau<br />

Faßbender, Vizepräsidentin für Lehre,<br />

Studium und Weiterbildung an der TU.<br />

Für die kommenden Jahre ist eine weitere<br />

Vergrößerung der Erstsemesterplätze<br />

geplant. Allerdings befi ndet man<br />

sich noch in einer Abstimmungsphase<br />

mit dem Land Niedersachsen. „Im Jahr<br />

2011 werden in etwa 650 neue Plätze an<br />

der TU entstehen. 540 davon mit Hilfe<br />

der Finanzierung des Landes. Im Jahr<br />

2011 bekommt die TU dafür 3,4 Millionen<br />

Euro“, betont Faßbender.<br />

Zumindest die TU Braunschweig hat<br />

also etwas von dem Geld bekommen. Ob<br />

eine kleine Finanzspritze ausreicht, um<br />

mit der großen Anzahl an Bewerbern<br />

fertig zu werden, ist aber fraglich. Wo<br />

sollen die ganzen neuen Studierenden<br />

unterrichtet<br />

werden? Und<br />

von wem? Trotz<br />

der Sanierungen<br />

und Umbauten<br />

müssen<br />

laut Faßbender<br />

„die vorhandenen<br />

Zeit-Slots<br />

komplett ausgenutzt<br />

und<br />

erweitert werden.“<br />

Das be-<br />

deutet, dass die<br />

Studierenden<br />

durchaus mit Veranstaltungenmorgens<br />

um 8 Uhr bis<br />

abends um 22 Uhr<br />

rechnen müssen.<br />

„Gegebenenfalls<br />

werden einige<br />

Veranstaltungen<br />

auch an Samstagen<br />

stattfinden.<br />

Hierzu planen wir<br />

zurzeit auf Hochtouren.“<br />

Auch die Ostfalia Hochschule stockt<br />

die Anzahl der Studienplätze auf. „Im<br />

kommenden Jahr sind es 3 400 Plätze<br />

für neue Studierende, die an der Ostfalia<br />

vergeben werden“, erklärt Evelyn<br />

Meyer-Kube, Pressesprecherin der Ostfalia.<br />

„Das sind 1 000 Plätze mehr als noch<br />

2010 und doppelt<br />

„Gegebenenfalls werden<br />

einige Veranstaltungen<br />

auch an Samstagen<br />

stattfi nden.“<br />

Prof. Heike Faßbender, Vizepräsidentin<br />

für Lehre, Studium und Weiterbildung<br />

TU Braunschweig<br />

Campus<br />

so viele wie 2009.<br />

Dafür erhält die<br />

Ostfalia 2011 insgesamt<br />

9.6 Millionen<br />

Euro zusätzliche<br />

Mittel.“ Auch<br />

neue Hörsäle, die<br />

Aula, eine neue<br />

Maschinenhalle<br />

und die erweiterte<br />

Cafeteria sind erst<br />

vor <strong>kurz</strong>em in Wolfenbüttel eingeweiht<br />

worden. Acht Millionen Euro wurden<br />

investiert. „Bei Bedarf werden weitere<br />

Räumlichkeiten zusätzlich vorübergehend<br />

angemietet“, so Meyer-Kube.<br />

Die Vorbereitungen auf den doppelten<br />

Abiturjahrgang laufen bei der Ostfalia<br />

auf Hochtouren. Evelyn Meyer-Kube<br />

sagt: „Wir sind<br />

„Wir haben<br />

als Kunsthochschule<br />

einen besonderen<br />

Status.“<br />

Lutz Röttger. Dezernatsleiter<br />

für akademische<br />

Angelegenheiten<br />

der HBK<br />

17<br />

„Bei Bedarf werden weitere<br />

Räumlichkeiten<br />

zusätzlich vorübergehend<br />

angemietet.“<br />

Evelyn Meyer-Kube, Pressesprecherin Ostfalia<br />

gut vorbereitet!“<br />

Und wie reagiert<br />

die Hochschule<br />

für Bildende<br />

Künste? „Wir<br />

haben als Kunsthochschuleeinen<br />

besonderen<br />

Status“, erklärt<br />

Lutz Röttger, Dezernatsleiter<br />

für<br />

akademische An-<br />

gelegenheiten der HBK. „Unsere Atelier-<br />

und Werkstattplätze sind limitiert.<br />

Die Grenzen haben wir mit der Erhöhung<br />

unserer Kapazitäten für die Kunstvermittlung<br />

erreicht. Selbst, wenn wir<br />

wollten, könnten wir in diesem Bereich<br />

nicht noch mehr Studierende<br />

aufnehmen.“<br />

Im vergangenen Jahr wurden aber in<br />

der Kunstwissenschaft insgesamt zehn<br />

zusätzliche Studienplätze eingerichtet.<br />

Das geht laut Röttger jedoch nur bei<br />

den theoriebasierten Studiengängen,<br />

von denen es an der HBK nur wenige<br />

gibt. „Wir werden auf jeden Fall versuchen,<br />

unsere vorhandenen Studienplatzkapazitäten<br />

voll auszuschöpfen.<br />

Mehr können wir aber nicht tun.“<br />

Die Hochschulen der Region scheinen<br />

also gewappnet. Ob die Plätze am Ende<br />

ausreichen oder doch ein Bewerberstau<br />

entsteht, ist aber nach wie vor unklar.<br />

Dazu trägt auch die Entscheidung um<br />

die Wehrpfl icht-Aussetzung bei. Da nun<br />

ab dem 1. März 2011 keine Wehrpfl icht<br />

mehr besteht, drängen in diesem Jahr<br />

auch die jungen Männer an die Hochschulen,<br />

die sonst in Uniform oder Pfl egerkittel<br />

ihren Dienst geleistet hätten.<br />

Dies wird zu einem noch größeren Andrang<br />

führen, größer, als er vielleicht<br />

von allen erwartet wird.<br />

Die Garantie des Ministeriums für<br />

Wissenschaft und Kultur fällt dann<br />

auch eher zurückhaltend aus: „Jede Abiturientin<br />

und jeder Abiturient, der studieren<br />

möchte, bekommt im Jahr 2011<br />

und in den Folgejahren auch einen Studienplatz,<br />

wenn auch wie in der Vergangenheit<br />

nicht immer an der gewünschten<br />

Hochschule und im gewünschten<br />

Studiengang.“ #


Campus<br />

„Ich darf das,<br />

ich bin Jude“<br />

Oliver Polak ist 34 Jahre, Komiker und stammt aus dem niedersächsischen<br />

Papenburg. Wichtiger noch: Er ist Jude und hat seine religiöse und kulturelle<br />

Heimat zum Kern seines Bühnenprogramms gemacht. Witze über Juden?<br />

Darf man das? studi38 hat nachgefragt.<br />

Von Lina Beling & Sophie Dannenfeld<br />

Mario Barth hat seine Frauenwitze,<br />

Michael Mittermeyer seine Bayernwitze<br />

und Otto seine Ottifanten. Dein Ding sind<br />

Judenwitze, oder?<br />

Kannst du mir den Unterschied zwischen Judenwitzen<br />

und jüdischen Witzen erklären?<br />

Das wäre jetzt doch dein Job, oder?<br />

„Judenwitze“ ist ein Begriff aus der Nazizeit.<br />

Das Wort ist sehr besetzt. Das waren sehr<br />

negative Witze über Juden. Wenn man das,<br />

was ich mache also beschreiben würde, wären<br />

es jüdische Witze. Aber das wäre etwas<br />

eindimensional, es sind nämlich vor allem Geschichten,<br />

die ich erzähle. Die sind sehr persönlich.<br />

Das ist meine Form von Humor. Ich<br />

weiß nicht, ob der jetzt jüdisch ist oder nicht.<br />

Das ist mein ganz persönlicher Humor…<br />

18<br />

Trotzdem sagst du, ich darf das, ich bin<br />

Jude…<br />

Der Titel ist natürlich ein Gag, nicht mehr<br />

und nicht weniger! Eigentlich ist meine gesamte<br />

Biografi e Basis für mein Comedyprogramm.<br />

Ich denke nicht den ganzen Tag: Ich<br />

bin jüdisch, ich bin jüdisch.<br />

Es gibt noch viele andere Facetten in meinem<br />

Werk. Im Buch gibt es ein Kapitel über Motorpsycho,<br />

über Steffi e von Silbermond also<br />

viele andere Sachen. Aber natürlich hab ich<br />

das auch zum großen Thema dieser Show gemacht,<br />

eben das deutsch-jüdische Verhältnis.<br />

Was sagst du den Leuten, die solchen Humor<br />

grundsätzlich ablehnen?<br />

Naja wenn es wirklich ein Missverständnis<br />

gibt und es in eine Richtung abdriftet, die für<br />

mich auch unerträglich ist, dann stelle ich das<br />

natürlich richtig. Wenn ich aber im Prinzip<br />

mehr Fragen in meiner Show hinterlasse, als<br />

dass ich Antworten gebe, dann fi nde ich das<br />

gut.<br />

Also steckt hinter dem ganzen Showkonzept<br />

ein ernstes Anliegen?<br />

Es gibt eine Mission, aber die verrate ich natürlich<br />

nicht – da halte ich es wie Siegfried<br />

und Roy. Die erklären ja auch nicht nach der<br />

Show, wie die Tiger in die Kiste gekommen<br />

sind, und vor allem was sie mit den Tigern in<br />

der Kiste gemacht haben.<br />

Was sagst du zum Beispiel zu den Thesen<br />

vom ehemaligen Bundesbankvorstand Thilo<br />

Sarrazin?<br />

Also, ich hab mich immer gefragt, ob ich als<br />

Jude überlebe, wenn alle anderen Menschen<br />

aussterben. Ja!<br />

Warum machst du Comedy?<br />

Bei mir war das so: Ich habe lange bei VIVA<br />

und dem Disney Club moderiert und in vielen<br />

deutschen Serien mitgespielt, aber das war irgendwie<br />

alles nicht so meins. Ich wollte Stand-<br />

Up-Comedy machen, so im klassischen amerikanischen<br />

Sinne, wo Komiker ihre Biographie<br />

als Basis für ihr Programm nehmen. Und das<br />

habe ich dann halt auch gemacht.<br />

Foris<br />

Mein Name ist Oliver Polak, ich komme aus<br />

Papenburg, ich bin Jude.<br />

von<br />

Das ist die Basis für mein Buch und meine<br />

Gerald<br />

Show. Wir haben auch ein Musikvideo gedreht.<br />

Es heißt ‚Lasst uns alle Juden sein‘. Foto:


Eine Anspielung auf „Lasst uns froh und<br />

munter sein?“<br />

Jaja, genau. Ich hatte so einen Gedanken, dass<br />

das ein lustiges Quatschlied wäre und genauso<br />

ist es auch gemeint.<br />

Was willst du den Studierenden aus unserer<br />

Region sagen?<br />

Wenn ihr meine CD seht oder ein Plakat von<br />

mir, dann seid ihr herzlich Willkommen mal<br />

reinzuschauen. Was sollte ich den sonst sagen,<br />

ne?!<br />

Sowas wie: „Macht Comedy, das macht das<br />

Leben lustiger“ zum Beispiel…<br />

Nee. Braunschweig, Wolfsburg, Hannover<br />

und Comedy das geht glaub ich nicht zusammen,<br />

oder? Es gibt ja auch dieses Lied von<br />

Bernd Begemann: „Eigentlich wollte ich nicht<br />

nach Hannover“.<br />

Du hast also keinen Tipp für uns?<br />

Campus<br />

Doch! Was ich den Braunschweiger Studenten<br />

raten möchte: Seid vorsichtig, wenn ihr in die<br />

Dax Bierbörse geht. Da war ich nämlich und<br />

das war so ein bisschen wie das Titty Twister<br />

von „From dusk till dawn“ nach der Verwandlung.<br />

Das Absurde war, dass ich da vor<br />

diesem Laden stand, ich hatte halt meine Jogginghose<br />

an, hab eine Zigarette geraucht. Da<br />

kam doch wirklich eine Frau an, die war ziemlich<br />

korpulent, hatte ein Jeanshose an, darüber<br />

hatte sie einen String mit irgendwas Lusti-<br />

Verlosung<br />

studi38 verlost drei aktuelle CDs von Oliver<br />

Polak. Also: beweist ihm und uns, dass ihr doch<br />

Comedy könnt und postet einen Witz, ein Bild<br />

oder einen Videoclip auf facebook.de/studi38.<br />

Die drei besten Uploads gewinnen.<br />

gem drauf, einen viel zu kleinen Body und sah<br />

wirklich echt strafbar aus. Sie hat erst mich<br />

angeschaut, dann den Türsteher und meinte:<br />

Die lassen hier wohl jetzt auch Jeden rein.<br />

Zum Schluss einen Witz, deinen Lieblingswitz<br />

vielleicht?<br />

Ich kann euch zum Beispiel erklären, was der<br />

Unterschied zwischen einer jüdischen Mutter<br />

und einem Pitbull ist: Der Pitbull lässt irgendwann<br />

los. #<br />

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Foto: Fathi Khalil Ahmad El-Khatib<br />

Herausforderungen hier, Herausforderungen<br />

da! Nie gibt es<br />

Ruhe, andauernd muss ich mir<br />

überlegen wie ich meine nächsten Aufgaben<br />

zu meistern habe. Und dann gibt<br />

es seit vier Jahren die Freundin. Das ist<br />

auch nicht immer einfach. Jeder Mann,<br />

der in einer längeren Beziehung ist,<br />

kann davon ein Liedchen singen.<br />

Auf einmal bekomm‘ ich die<br />

Chance, auf die ich so lange<br />

gewartet habe: Nach Australien<br />

gehen und ein anderes<br />

Leben kennen lernen.<br />

Aber was ist mit meinem<br />

Leben in Deutschland und<br />

vor allem mit meiner Beziehung?<br />

Sie möchte mir die Chance<br />

nicht nehmen und es probieren,<br />

meint wir können ja jeden Tag skypen<br />

oder Emails schreiben! „Mach‘ am besten<br />

einen Blog und stell‘ da Fotos rein,<br />

dann kann ich ein wenig an deinem<br />

Leben teilhaben“, schlägt sie euphorisch<br />

vor.<br />

Sieben Monate später ist es soweit.<br />

Ich bin bereits seit zwei Monaten in<br />

Melbourne. Habe viele Leute kennen<br />

gelernt und trotzdem halte ich so gut<br />

wie möglich den Kontakt in die Heimat.<br />

Den Blog habe ich fast wöchentlich<br />

gepfl egt. Selbst das Skypen hat<br />

fast jeden zweiten Tag geklappt, trotz<br />

des Zeitunterschieds. Aber da gibt es<br />

doch ein Problem, das Blogs & Co.<br />

nicht lösen können und dazu<br />

führt, dass ich jedem Mädel<br />

zweimal hinterher schaue.<br />

Es gibt nur eine Lösung, damit<br />

meine langjährige Beziehung<br />

nicht an der Fleischeslust<br />

zu Grunde geht:<br />

Ich lasse sie einfl iegen.<br />

Der fi nanzielle Preis dafür<br />

ist immens, aber wir beide haben in<br />

den vier gemeinsamen Wochen eins<br />

gelernt: Es geht für uns nicht darum alleine<br />

ein Ziel zu erreichen, sondern dies<br />

mit dem Partner zu teilen.<br />

Inzwischen ist viel Zeit vergangen<br />

und wir lassen am 23. Januar unser<br />

siebtes Jahr und zusammen genommen<br />

16 Monate Auslandsemester hinter uns.<br />

Skype und Flugzeug sei Dank.<br />

Campus<br />

Fern<br />

beziehung 2.0<br />

Von Janina Göbel & Fathi Khalil Ahmad El-Khatib<br />

21<br />

Karriere oder Liebe? In Zeiten<br />

der Internationalisierung werden<br />

wir immer häufi ger vor diese<br />

Entscheidung gestellt. Für den gewünschten<br />

Job muss man fl exibel und<br />

kompromissbereit sein. Ein Wohnortwechsel<br />

mit oder ohne den Liebsten ist<br />

zur Normalität geworden.<br />

Selbst als Student bin ich vor der Entscheidung<br />

nicht gefeit. Ein Auslandssemester<br />

steht an. Endlich. Nach monatelangem<br />

Suchen, Bewerben und<br />

Zittern habe ich den Platz bekommen.<br />

Jetzt bleibt mir nicht mehr<br />

viel Zeit, um das Nötigste zu regeln.<br />

Nachmieter fi nden, ein Zimmer<br />

in England suchen, mich von<br />

den zurückbleibenden Liebsten<br />

ausgiebig verabschieden.<br />

Und dann kann’s losgehen.<br />

Neues Leben, neues<br />

Glück, neue Freiheit.<br />

Nur einer stellt sich mir<br />

da in die Quere – mein<br />

Freund.<br />

„Meinst du, wir kriegen<br />

das hin?“, liegt er mir<br />

ständig in den Ohren. Ich weiß es<br />

nicht und möchte mir darüber auch<br />

nicht den Kopf zerbrechen. Woher<br />

soll ich wissen, was das Auslandssemester<br />

bringt. Ist unsere Beziehung<br />

stark genug auch mal ein halbes<br />

Jahr ohne den Anderen auszukommen?<br />

Oder gehen wir bald getrennte<br />

Wege?<br />

Dass er sich wünscht, mit mir jeden<br />

Abend zu skypen, klingt für<br />

mich wie eine Drohung. Hilfe! Freiheit<br />

adé. Neue Bekannte adé. Verpfl<br />

ichtungen willkommen. Nee, das<br />

ist nicht das, was ich mir von dem<br />

Auslandssemester erträumt habe.<br />

Viele Beziehungen halten auch<br />

tausende Kilometer Entfernung<br />

aus. Andere wiederum<br />

nicht. Ich bin ganz egoistisch<br />

und entscheide mich<br />

für den Alleingang. Und gegen<br />

meinen Freund. Ich möchte<br />

mein neues Leben genießen können,<br />

ohne immer zurück zu schauen.<br />

Und was danach kommt – wer weiß<br />

das schon so genau? #


Campus<br />

22<br />

Fotos: Jonas Hartiwg, Sandra Tiefholz


Campus<br />

Apfel oder<br />

Tiefkühlpizza?<br />

WIE UND VOR ALLEM WAS ESSEN BRAUNSCHWEIGS STUDIERENDE WIRKLICH?<br />

Von Sandra Tiefholz & Jonas Hartwig<br />

Dosenravioli, Döner oder ganz<br />

einfach eine Pizza beim nächsten<br />

Lieferservice bestellen? Die<br />

Begriffe „Gemüse“ oder „Obst“ gehören<br />

nicht zum Wortschatz eines angehenden<br />

Akademikers. Schnell und<br />

einfach muss die Nahrungszufuhr erfolgen.<br />

Dies ist eine weit verbreitete Vorstellung<br />

von der Ernährung der Studierenden.<br />

Marburger Forscher sind<br />

sogar überzeugt: Ihre Freizeit verbringen<br />

die Hochschüler mit Biertrinken<br />

und Zigarettenrauchen. Gerade einmal<br />

2 von 100 Studierenden leben gesund.<br />

Doch wie tragfähig sind diese Vorurteile<br />

und Forschungsergebnisse überhaupt<br />

und wie gesund ernähren sich Braunschweigs<br />

Studierende wirklich? studi38<br />

hat nachgefragt…<br />

Annabel achtet sehr auf ihre Ernährung.<br />

„Wenn mein Budget es gerade<br />

hergibt, kaufe ich gern Bioprodukte.“<br />

Ihren Tag startet die 25-Jährige Studentin<br />

gewöhnlich mit zwei Scheiben Vollkornbrot,<br />

vorzugsweise mit Frischkäse<br />

und Marmelade. Dazu trinkt sie am<br />

liebsten Getreidekaffee. Bis zum Mittag<br />

ist Annabel damit gesättigt. Dann<br />

kocht sie sich etwas Leckeres – meist allein,<br />

denn ihr Freund, mit dem sie zusammenwohnt,<br />

ist bereits berufstätig.<br />

Als Mahlzeit macht sich Annabel gerne<br />

Kartoffeln und Quark, selbstgemachten<br />

Eintopf oder auch Fisch mit Kartoffeln<br />

und Salat. Zum Abschluss gönnt sie sich<br />

meist eine kleine Süßigkeit, zum Beispiel<br />

ein Stück Schokolade. Während<br />

Annabel am Nachmittag dann zu Obst,<br />

Joghurt oder einem Schokoriegel greift,<br />

isst sie abends oft gar nichts mehr. „Das<br />

bekommt mir nicht“, erklärt sie. Generell<br />

ist Annabel kein Freund von Fertigprodukten,<br />

nur ab und zu kommt mal<br />

eine Tiefkühlpizza auf den Tisch. Zusätzlich<br />

trinkt die Studentin sehr viel,<br />

fast drei Liter Tee oder Wasser pro Tag.<br />

Für Lebensmittel gibt sie rund 40 Euro<br />

pro Woche aus. Johannes dagegen ist<br />

gesunde Ernährung nicht so wichtig.<br />

„Als erstes versuche ich preiswert einzukaufen,<br />

dann sollte ich es einfach<br />

und schnell zuberei-<br />

ten können. Klar ab<br />

und zu kommt das<br />

schlechte Gewissen<br />

durch, sodass ich darauf<br />

achte ausgewogen<br />

zu essen.“ Dann<br />

bereitet sich Johannes<br />

beispielsweise einen<br />

selbstgemachten<br />

Burger mit frischem<br />

Gemüse zu. Das restliche<br />

Gemüse reicht<br />

später noch für einen<br />

Salat. In der Regel frühstückt der 21-Jährige<br />

nicht. „Ich bin da eher ein Morgenmuffel.“<br />

Mittags isst er gewöhnlich in<br />

der Mensa. Am Nachmittag holt sich Johannes<br />

gelegentlich ein Schnitzelbrötchen<br />

aus der Cafeteria und am Abend<br />

eine Tiefkühlpizza oder Chips und<br />

Gummibärchen. Der Maschinenbaustudent<br />

wohnt in einer Zweier-WG. Mindestens<br />

einmal pro Woche kocht er mit<br />

seinem Mitbewohner zusammen. Aber<br />

23<br />

„Wenn mein<br />

Budget es<br />

gerade hergibt,<br />

kaufe ich gern<br />

Bioprodukte.“<br />

auch hier wird vorwiegend auf Fertigprodukte<br />

zurückgegriffen. Immerhin:<br />

„Seit drei Wochen kaufen wir uns Montags<br />

Obst und machen einen Smoothie<br />

für die Woche“, erzählt er. Die Gemeinschaftswohnung<br />

hat also doch ein positiven<br />

Einfl uss auf seine Nahrungszufuhr.<br />

Johannes weiß, wenn er am<br />

Wochenende nach Hause fährt, lebt er<br />

auch gesünder: „Da kocht meine Mutter<br />

und die zwingt mich gesund zu essen.“<br />

Er lacht. Als Getränke bevorzugt<br />

Johannes Cola und Saft und trinkt da-<br />

Annabel, 25<br />

von etwa anderthalb Liter pro Tag. Alles<br />

in allem gibt Johannes genau wie Annabel<br />

jede Woche etwa 40 Euro für Lebensmittel<br />

aus.<br />

Eines haben beide Studierende gemeinsam:<br />

Essen bedeutet für sie nicht<br />

einfach nur reine Nahrungsaufnahme.<br />

„Essen ist eine meiner Lieblingsbeschäftigungen“,<br />

erklärt Johannes und auch<br />

für Annabel ist das Essen ein reiner Genuss<br />

und das Kochen macht ihr Spaß. #


Mythos Mensa<br />

„Massenabfütterung“ oder „Essen vom Fließband“. Glaubt man den Studierenden, hat ein Besuch in der Mensa<br />

mit Feinkost und gesunder Ernährung nicht viel gemeinsam. studi38 wollte es genauer wissen und hat sich dort<br />

umgeschaut, wo das kulinarische Herz des Campus schlägt – inklusive Expertenrat von einer Ernährungsberaterin<br />

von Jonas Hartwig & Sandra Tiefholz<br />

Rund achtzig Prozent der Studierenden<br />

essen mindestens einmal<br />

pro Woche in der Hochschulkantine.<br />

Die Gründe sind dabei allerdings<br />

eher praktischer Natur. Die Nähe zur<br />

Uni und die vergleichsweise niedrigen<br />

Preise scheinen den Studierenden wichtiger<br />

zu sein als eine ausgewogene Ernährung.<br />

Aber ist die Mensa wirklich<br />

so ungesund wie ihr Ruf ? studi38 wollte<br />

es genauer wissen und hat sich mit<br />

Michael Gruner, dem Leiter der Mensen<br />

des Studentenwerks Braunschweig<br />

getroffen. Getreu dem Motto „Vertrauen<br />

ist gut, Kontrolle ist besser“ haben<br />

wir anschließend gemeinsam mit der<br />

Braunschweiger Ernährungsberaterin<br />

Karen Alberti das Mensaessen unter<br />

die Lupe genommen. Rund 8000 Gerichte<br />

gehen täglich allein in den drei<br />

Braunschweiger Mensen über die Bedienungstresen.<br />

Wer mag es dem ein oder<br />

anderen da schon verdenken, dass er<br />

an der Qualität der Lebensmittel zweifelt.<br />

Dass man bei solchen Zahlen Ab-<br />

Campus<br />

striche machen muss, möchte auch Michael<br />

Gruner nicht leugnen. Seit dem<br />

Wechsel der Geschäftsführung vor fünf<br />

Jahren habe sich allerdings einiges getan.<br />

„Nachhaltigkeit spielt heute eine<br />

große Rolle in der Ernährung. Fisch<br />

beziehen wir ausschließlich von Lieferanten,<br />

die sich dafür verbürgen, nur<br />

Produkte aus Bestandserhaltender Fischerei<br />

anzubieten. Die Eier sind mindestens<br />

aus Bodenhaltung und auch bei<br />

Fleisch achten wir auf artgerechte Haltung.“<br />

Wer sich mal wieder einen Kaffee<br />

aus der Cafeteria holt, um die nächste<br />

Vorlesung zu überstehen, kann künftig<br />

damit prahlen, dass er fair gehandelten<br />

Kaffee trinkt. Das Thema „gesunde Ernährung“<br />

scheint in den Mensen an Be-<br />

„Wichtig ist nur, dass<br />

man zwischen gesundem<br />

Essen und gesund essen<br />

unterscheidet.“<br />

Michael Gruner, Leiter der Mensen des Studentenwerks<br />

Braunschweig<br />

24<br />

deutung gewonnen zu haben. So wurde<br />

letztes Jahr der Arbeitskreis, der für<br />

die Erstellung des Speiseplans zuständig<br />

ist, durch einen Ernährungsberater<br />

verstärkt und die Köche müssen regelmäßig<br />

Schulungsprogramme besuchen.<br />

„Wichtig ist nur, dass man zwischen gesundem<br />

Essen und gesund essen unterscheidet“,<br />

gibt Gruner zu bedenken.<br />

Soll heißen: Die Studierenden kommen<br />

in erster Linie in die Mensa, weil<br />

sie Hunger haben und nicht, weil sie<br />

sich unbedingt gesund ernähren wollen.<br />

Dass Gerichte wie Schnitzel oder<br />

Currywurst trotz eines durchaus vielfältigen<br />

Angebots die absoluten Verkaufsschlager<br />

sind, spricht sogar eher für das<br />

Gegenteil. Die Klassiker allerdings alleine<br />

der ausgewogenen Ernährung wegen<br />

von der Speisekarte zu streichen, würde<br />

wohl nicht nur sämtliche Studierenden<br />

auf die Barrikaden rufen, sondern ist<br />

natürlich alleine aus wirtschaftlichen<br />

Gründen gar nicht möglich. „Wir können<br />

also nur dafür sorgen, dass wir alle<br />

Fotos: Jonas Hartwig


Fotos: Privat<br />

Campus<br />

Zeigt her eure Kühlschränke!<br />

Zwischen überfüllt und übersichtlich: Braunschweiger Studierende präsentieren ihre Lebensmittelvorräte<br />

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Katharina Heidmann<br />

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Hähnchenkeule „Hongkong“ mit<br />

Zuchinigemüse und Röstitaler: Fettige<br />

Haut, etwas zu weich gekochte Zuchini,<br />

ansonsten eine ausgewogene Mahlzeit.<br />

Lachspfanne mit Sauce Bearnaise und<br />

Dillkartoff eln: Fettige und Kalorienreiche<br />

Sauce, Fisch und Kartoff eln sind<br />

dafür gesund.<br />

Tortellini mit Fleischfüllung in Tomatensoße:<br />

Die Fleischfüllung fällt etwas<br />

rar aus, Soße mit Geschmacksverstärker,<br />

für 1,90 Euro aber vertretbar.<br />

Campus<br />

angebotenen Gerichte so gesund wie<br />

eben möglich gestalten“, erläutert der<br />

Mensachef.<br />

Trotzdem sieht Gruner die Mensen<br />

in der Pfl icht, die Studierenden zu informieren.<br />

Passend dazu plant er zukunftsnah<br />

ein System einzuführen, das<br />

die verschiedenen Gerichte mit einem<br />

Häkchensystem nach ihrem Nährwert<br />

bewertet. „Ich möchte die Gäste nicht<br />

erziehen, aber sie sollen die Möglichkeit<br />

haben sich bewusst zu ernähren“,<br />

erklärt der gelernte Koch das Projekt.<br />

Eine Tatsache, die dieser bewussten Ernährung<br />

allerdings ein wenig im Weg<br />

stehen könnte, ist die festgelegte Zusammenstellung<br />

und Portionsgröße.<br />

Die Wahl zwischen Salzkartoffeln oder<br />

Pommes ist da schon das höchste der<br />

Gefühle. Auch hier würde er gerne mit<br />

einer Art Selbstbedienungs-Buffet, an<br />

dem sich jeder der Gäste sein individuelles<br />

Gericht zusammenstellen kann,<br />

Abhilfe schaffen.<br />

Optimale Qualität, ein vielfältiges<br />

Angebot an Gerichten und viel versprechende<br />

Pläne zur Umsetzung einer bewussteren<br />

Ernährung. Wird also gar<br />

nicht alles so heiß gegessen wie es gekocht<br />

wird?<br />

Um diese Frage genauer zu beantworten,<br />

haben wir uns professionelle Unterstützung<br />

von der Ernährungsberaterin<br />

Karen Alberti geholt. Gemeinsam haben<br />

wir uns zur Stoßzeit in die Mensa<br />

gewagt und undercover drei ausgewählte<br />

Tagesgerichte getestet. Die Wahl ist<br />

schnell getroffen: Tortellini mit Fleischfüllung<br />

in Tomatensoße, Lachspfanne<br />

mit Sauce Bearnaise und Dillkartoffeln,<br />

sowie die Hähnchenkeule „Hongkong“<br />

mit Zucchinigemüse und Röstitaler.<br />

Klingt doch eigentlich ganz gut und<br />

auch nicht wirklich ungesund. Schon<br />

auf den ersten Blick allerdings fällt<br />

dem kritischen Auge von Karen Alberti<br />

die fettige Haut der Hähnchenkeule<br />

auf. „Haut oder Panade im Allgemeinen<br />

sollte man im Idealfall vermeiden, auch<br />

wenn es leider das ist, was am besten<br />

schmeckt“, merkt sie an. Bis auf die etwas<br />

zu weich gekochten Zucchini hat<br />

sie allerdings an diesem Gericht nicht<br />

viel auszusetzen. „Anstelle der Röstis<br />

26<br />

könnte man natürlich Salzkartoffeln<br />

nehmen, aber im Großen und Ganzen<br />

eine durchaus ausgewogene Mahlzeit“.<br />

Auch die Tortellini scheinen nicht auf<br />

großen Widerstand zu stoßen. „Bei Nudeln<br />

mit Tomatensoße kann man eigentlich<br />

nicht viel falsch machen“, erklärt<br />

Alberti. Dass die Fleischfüllung<br />

etwas rar ausfällt und die Soße wahrscheinlich<br />

mit freundlicher Unterstützung<br />

diverser Geschmacksverstärker<br />

zubereitet wird, darüber könne man<br />

aufgrund des Preises von 1,90 Euro<br />

schon mal hinwegsehen. Bei der Lachspfanne<br />

hingegen, die auf den ersten<br />

Blick noch am gesündesten scheint, ist<br />

der Ernährungsberaterin die fettige, kalorienreiche<br />

Sauce Bearnaise ein Dorn<br />

im Auge. „Natürlich sind der Fisch und<br />

die Kartoffeln an sich gesund, die fettige<br />

Sauce relativiert das ganze allerdings<br />

und sollte nicht unterschätzt werden.“<br />

„Bei Nudeln mit Tomatensoße<br />

kann man eigentlich<br />

nicht viel falsch machen“<br />

Karen Alberti, Ernährungsberaterin<br />

Wichtig ist also vor allem die richtige<br />

Zusammenstellung des Gerichts. Dazu<br />

empfi ehlt Alberti sich bei der Wahl zwischen<br />

mehreren Beilagen für die gesündere<br />

Variante zu entscheiden und zu<br />

jeder Mahlzeit einen kleinen Salat zu<br />

essen. An der Qualität der Lebensmittel<br />

sowie der Portionsgröße hat sie im<br />

Großen und Ganzen eher wenig auszusetzen.<br />

„Betrachtet man das Preis-Leistungsverhältnis,<br />

so geht das durchaus<br />

in Ordnung“. Entgegen der allgemeinen<br />

Vorurteile scheint es also durchaus<br />

möglich sich auch in der Mensa ausgewogen<br />

und gesund zu ernähren.<br />

Im Endeffekt sollte die Frage wohl<br />

auch gar nicht lauten, ob man sich in<br />

der Mensa gesund ernähren kann, sondern<br />

ob man es überhaupt möchte. Wer<br />

auf seine Ernährung achtet, wird auch<br />

hier nicht vor unlösbare Probleme gestellt.<br />

Für alle anderen gilt: Die ein oder<br />

andere Currywurst hat auch noch keinem<br />

geschadet. #<br />

Fotos: Jonas Hartwig


Fotos: Maria Boger<br />

Warm me up!<br />

Der Winter ist zwar wieder eisig kalt, aber die drohenden<br />

Nachzahlungen halten euch davon ab die Heizung auch nur<br />

anzurühren? studi38 präsentiert euch fünf sparsame Aufwärmtipps<br />

für`s klamme Studentenportemonnaie.<br />

Von Maria Boger<br />

Schuhe<br />

würzen!<br />

Einfach ein wenig Pfeffer in deine<br />

Treter und schon hast du keine<br />

kalten Füße mehr.<br />

Backofen<br />

auf!<br />

Tiefkühlpizza &<br />

Co. können viel<br />

mehr als nur<br />

deinen Hunger<br />

stillen. Lass den<br />

Backofen nach<br />

dem Backen<br />

auf. So kann<br />

die zusätzliche<br />

Wärme deine<br />

Küche heizen.<br />

4<br />

1<br />

Campus<br />

Heizung<br />

anlassen!<br />

Auch wenn du nicht da bist, solltest<br />

du die Heizung an lassen. Denn es<br />

dauert viel länger und verbraucht<br />

viel mehr Energie, wenn du eine<br />

ausgekühlte Wohnung beheizt.<br />

27<br />

2<br />

3<br />

Heiße<br />

Höschen!<br />

Lege deine Unterwäsche auf die<br />

Heizung, bevor du sie anziehst.<br />

So frierst du wenigstens nicht<br />

mehr am Po.<br />

Gut verpackt!<br />

Warum solltest du die teure neue Outdoorjacke eigentlich<br />

nur draußen tragen? studi38 rät: Zieh sie einfach nicht mehr<br />

aus und die zwölf Grad in deinem Arbeitszimmer<br />

kommen dir gleich mollig warm vor.<br />

5


Campus<br />

WG gesucht<br />

DIE WIRRUNGEN UND STILBLÜTEN EINER WOHNUNGS- UND MITBEWOHNERSUCHE<br />

Von Kristina Branz<br />

Neu in Braunschweig, aber keine<br />

Lust auf Einzimmerwohnung<br />

oder Studentenwohnheim? Die<br />

Vorteile sind vielfältig, doch wer eine<br />

WG sucht, hat es scheinbar nicht leicht.<br />

Die potentiellen Mitbewohner werden<br />

zur knallharten Castingshow-Jury und<br />

die Vorstellung gleicht einer Teilnahme<br />

im Assessment-Center frei nach dem<br />

Motto „Warum sollten wir gerade dich<br />

nehmen?“ Dieses Szenario kommt jetzt<br />

auf mich zu: Ich suche eine neue Bleibe.<br />

Wenn ich an das Stichwort „WG-Casting“<br />

denke, kommt mir schon das kalte<br />

Grausen. Berechtigterweise?<br />

Zunächst die Vorstufe, das Durch-<br />

forsten der Angebote im Internet. Einige<br />

Anzeigen sind wahre Romane,<br />

andere eher spartanisch. Altbau, Neubau,<br />

Zweier- oder Vierer-WG, gemütliche<br />

10 oder herrschaftliche 25 Quadratmeter?<br />

Meine Auswahl steht fest.<br />

Altbau und nicht zu klein soll es sein.<br />

Telefonisch vereinbare ich den ersten<br />

Besichtigungstermin.<br />

Wenigstens habe ich die Ehre mich<br />

mit meinen Mitbewohnern in spe persönlich<br />

treffen zu dürfen. Ein Bekannter<br />

berichtet, bei seiner Besichtigung hätte<br />

ihm der Vermieter die Tür geöffnet, da<br />

der Hauptmieter keine Zeit gehabt hat.<br />

Dabei möchte man doch eigentlich wis-<br />

28<br />

sen, mit wem man sich vielleicht bald<br />

Bad und Küche teilt.<br />

Der nächste Anruf: Ein sympathisches<br />

Mädel, ebenfalls ein Termin für<br />

den nächsten Tag. Dann fällt mir ein –<br />

eigentlich könnte ich mich ja vorweg<br />

bei StudiVZ oder facebook informieren,<br />

wer und was mich erwartet. Tatsächlich<br />

fi nde ich das nette Mädel von eben und<br />

gleich dazu Fotos von der WG inklusive<br />

Mitbewohnern. Zimmer, die unter Müll<br />

und Pizzaschachteln kaum noch zu erkennen<br />

sind. Das hätte ich lieber nicht<br />

gesehen. Jetzt geht meine Fantasie mit<br />

mir durch. Natürlich kann das alles<br />

ganz anders sein, aber in einem Dreck-<br />

Fotos: Kristina Branz


loch möchte ich nicht wohnen. Unter<br />

dem Vorwand ich hätte schon ein Zimmer<br />

gefunden, sage ich das Treffen wieder<br />

ab. Mitbewohnercheck im Internet!<br />

Aber wer weiß, vielleicht wurde ich ja<br />

vorher auch schon virtuell geprüft.<br />

Suche nach einer neuen Wohnung<br />

schön und gut, für mein altes Zimmer<br />

muss ein Nachmieter her. Die ersten Interessenten<br />

nten haben sich gleich für<br />

den heutigen utigen Tag angekündigt.<br />

Hier er sitze ich in der Jury<br />

– oder zumindest in<br />

beratender der Funkti- Funktion.<br />

Ein Bewerber<br />

verbringt gt die meiste<br />

Zeit im Freien<br />

und würde rde wohl<br />

lieber im Zelt<br />

vor unserem erem Haus<br />

campen. . Für Standardfragenüber<br />

seine Person<br />

ist er r nicht<br />

ht zu haben,<br />

stellt ellt sich abe aber be ber<br />

für kostenlose Jonglierstunden<br />

zur Verfügung. Schon zu Beginn erzählt<br />

er uns, dies sei schon die hundertste<br />

WG, die er abklappert – bislang ohne<br />

Erfolg. Das klingt ja vielversprechend.<br />

Eine andere Interessentin ist so spät<br />

dran, dass ihr nichts anderes übrig<br />

bleibt, als im Schweinsgalopp durch<br />

die Wohnung zu hasten, bevor sie zum<br />

nächsten Termin weiter muss. Nach fünf<br />

Bewerbern am Stück raucht der Kopf.<br />

Immer freundlich sein und das Gleiche<br />

erzählen ist gar nicht so einfach.<br />

Am nächsten Tag wird es auch für<br />

mich ernst. Eine Vierer-Männer-WG.<br />

Wer weiß, was mich dort erwartet.<br />

Nerds, Freaks, Lustmolche? Ich klingele.<br />

Der erste Kontakt beruhigt mich. Zwei<br />

ganz normale Jungs, die selbst etwas<br />

unbeholfen im Flur stehen und mit dem<br />

WG-Casting-Knigge scheinbar nicht vertraut<br />

sind.<br />

Die Führung durch die Wohnung verblüfft,<br />

sehr aufgeräumt für eine Männer-WG.<br />

Der Rundgang endet in der<br />

Küche. Da ist sie doch, die typische WG-<br />

Casting-Situation: das Gespräch am Küchentisch.<br />

„Trinkst du auch mal Alkohol?<br />

Trinkst du Kaffee? Isst du Fleisch?<br />

Rauchst du?“ OK, denke ich. Die Fragen<br />

Campus<br />

sind ja noch relativ harmlos. „Ja, ja, ja<br />

und nein“, gebe ich zurück. „Gut!“, antwortet<br />

mein Gegenüber lächelnd. Das<br />

muss wohl die richtige Antwort gewesen<br />

sein. „Hast du irgendwelche großen<br />

elektrischen Geräte?“ Verfl ixt! Ich glaube<br />

mit einer Waschmaschine hätte ich<br />

den Mietvertrag so gut wie in den Händen<br />

gehalten. Ich versuche es mit mei-<br />

nem Milchaufschäumer. Milchaufschäume Funktioniert<br />

oniert auch. Damit<br />

habe ich<br />

zumindest den Kaffe Kaffee-Fan auf<br />

meiner Seite.<br />

Das Gespräch G<br />

verläuft harmlos.<br />

Kein seitenlanger<br />

seit<br />

Fragenkatalog,<br />

Fragen<br />

der abgearbeitet<br />

abg<br />

wird. Kein K Psy-<br />

chotest im Sin-<br />

ne von „Die „D Küche<br />

ist nicht geputzt, keiner k will<br />

es tun, was ma machs machst du…?“.<br />

Glück Glück gehabt. Die WWG<br />

meiner<br />

Freundin Madeleine hat ihre Bewerber<br />

Zeichnungen anfertigen lassen, die etwas<br />

über sie aussagen. Auf Knopfdruck<br />

kreativ sein? Das wäre mit Sicherheit in<br />

die Hose gegangen.<br />

Zum Abschluss noch der obligatorische<br />

Eintrag in die Interessentenliste.<br />

Ich bin Nummer 15 – gleich hinter Jenny,<br />

Lena und Anna. Ob die Jungs sich<br />

nachher noch an mich erinnern können?<br />

Meine Freundin Heidi wurde bei<br />

ihrem Casting fotografi ert – fast wie ein<br />

Sträfl ing. „Unsere Bewerber haben wir<br />

damals gezeichnet und die wichtigsten<br />

Eigenschaften dazu notiert – anders<br />

schaffst du das nicht“, erzählt sie.<br />

Ich ziehe die Haustür der WG hinter<br />

mir zu. Eigentlich habe ich ein ganz<br />

gutes Gefühl. Aber wer weiß, was sich<br />

jetzt gerade für Szenen in der Küche abspielen.<br />

Ich muss mich an die Geschichte<br />

eines Freundes erinnern, deren Mit-<br />

„Unsere Bewerber haben<br />

wir nach dem Treffen<br />

gezeichnet und die wichtigsten<br />

Eigenschaften<br />

dazu notiert.“<br />

29<br />

Heidi, Studentin<br />

bewohner absolut vernarrt in ihre<br />

Katze waren: „Nach jedem Bewerber<br />

wurde eine Konferenz einberufen und<br />

eine der wichtigsten Fragen war, wie er<br />

sich der Katze gegenüber verhalten hatte.<br />

Das war absolut entscheidungsrelevant“,<br />

hatte mir Fabian vor <strong>kurz</strong>em erzählt.<br />

Vielleicht hätte ich auch seinen<br />

Tipp beherzigen sollen. Eine Bewerberin<br />

hinterließ in seiner WG beim Gehen<br />

ein selbstgebasteltes Pappkleeblatt.<br />

Fein säuberlich hatte sie jede Ecke beschriftet.<br />

Name, Telefonnummer und<br />

ihre wichtigsten Eigenschaften. Ganz<br />

rechts in der Ecke prangte der Text<br />

„Wenn ihr mich nehmt, backe ich euch<br />

eine Torte.“<br />

Vielleicht erfolgt die Auswahl auch so<br />

wie bei Heidis Mitbewohner Nils. „Sie<br />

hatten mehrere passende Kandidaten<br />

und konnten sich nicht entscheiden.<br />

Also haben sie ein Labyrinth mit mehreren<br />

Ausgängen auf ein Blatt Papier gezeichnet<br />

und die Bewerber daneben geschrieben.<br />

Die Person, dessen Ausgang<br />

beim ersten Versuch genutzt wurde,<br />

durfte einziehen – das war ich.“<br />

Weiter geht es zu zwei anderen Wohnungen.<br />

In keiner bestätigt sich das angebliche<br />

Horrorszenario. Ich muss auch<br />

hier keine Prüfungen bestehen oder<br />

tanzen. Wir sitzen einfach nur am Tisch<br />

und unterhalten uns nett. Puh! Alles<br />

nur halb so schlimm. Ein paar Tage später<br />

bekomme ich dann die Zusage aus<br />

der Männer-WG. Sogar ein Recall bleibt<br />

mir erspart. Der Milchaufschäumer<br />

muss den Ausschlag gegeben haben. #


Wissenschaft<br />

Zombies<br />

auf der<br />

Leinwand<br />

Steuergeschenk<br />

Foto: moggs oceanlane<br />

28 Weeks Later, Zombieland und<br />

Resident Evil. Zombies bevölkern<br />

wieder in Scharen die Leinwände<br />

und jetzt auch eine neue wissenschaftliche<br />

Veröffentlichung an der<br />

HBK. Mit „Untot“ legen Michael<br />

Fürst, Florian Krautkrämer und Serjoscha<br />

Wiemer einen Band vor, der<br />

nicht nur Wissenschaftlerherzen<br />

höher schlagen lässt. Auch Fans des<br />

Genres kommen auf ihre Kosten.<br />

Als eine der ersten politischen<br />

Amtshandlungen hatte die FDP die<br />

Mehrwertsteuerreduzierung für<br />

Hotelübernachtungen durchgesetzt<br />

und dafür nicht nur eine Millionenspende<br />

von Mövenpick-Eigentümer<br />

August Baron von Finck, sondern<br />

auch viel Kritik erhalten. Rund 900<br />

Millionen Euro gehen dem Bundeshaushalt<br />

dadurch jährlich verloren. Immerhin, eine Studie der Tourismusfakultät<br />

der Ostfalia unter 780 niedersächsischen Hoteliers zeigt:<br />

Mehr als 200 Millionen Euro haben die Befragten 2010 investiert, dazu<br />

die Zimmerpreise um 6 Prozent gesenkt und die Gehälter der Angestellten<br />

erhöht.<br />

Nie wieder kratzen<br />

30<br />

<strong>kurz</strong> &<br />

<strong>knapp</strong><br />

2007 war Braunschweig „Stadt der<br />

Wissenschaft“ – jetzt soll der Nachwuchs<br />

ran. Gemeinsam mit der Forschungsregion<br />

bewirbt sich die Löwenstadt<br />

für den Titel „Stadt der<br />

jungen Forscher 2012“.<br />

Gewürdigt werden Städte, die Jugendliche<br />

auf besondere Weise für Wissenschaft<br />

und Forschung begeistern.<br />

Neben einem wohlklingenden Titel<br />

gibt es 65.000 Euro für die zukünftige<br />

Nachwuchsförderung. Die Entscheidung<br />

fällt Ende Mai – also: Daumen<br />

drücken!<br />

Wissenschaftler des Braunschweiger Fraunhofer-Instituts für Schicht- und Oberfl<br />

ächentechnik haben in Kooperation mit einem Auto- und Glashersteller eine eisfreie<br />

Scheibe entwickelt. Dank einer transparenten Beschichtung aus Indiumzinn-<br />

Gerecke<br />

oxid versprechen die Forscher auch bei minus 18 Grad eine eisfreie Scheibe. Nach<br />

Nora<br />

zehn Jahren Forschung soll die kratzfeste und beheizbare Scheibe bald marktreif<br />

sein. Foto:<br />

Foto: Love My Tours<br />

Junge<br />

Forscher<br />

Foto: TU Braunschweig


Fotos: Nora Gerecke, Privat<br />

Wissenschaft<br />

„Ab in den Süden ...“<br />

VOM BRAUNSCHWEIGER FLUGHAFEN IN DEN URLAUB FLIEGEN... GEHT DAS ÜBERHAUPT?<br />

Von Nora Gerecke<br />

Jeder, der auf der A2 Richtung Hannover<br />

fährt, kommt auf der Höhe<br />

von Braunschweig an einer Abfahrt<br />

mit dem Namen Flughafen vorbei. Auch<br />

Bastian, der an der TU Braunschweig<br />

Luft- und Raumfahrttechnik studiert,<br />

kennt das Schild. Er verbringt seit vier<br />

Jahren sogar viele Stunden in den Hörsälen<br />

auf dem Flughafengelände. Nun<br />

will er sich ein paar Tage Ruhe gönnen<br />

und in den warmen Süden fl iegen –<br />

geht das überhaupt?<br />

Bastian fährt also mit der Buslinie 436<br />

bis zur Endhaltestelle Flughafen – im<br />

Gepäck Sonnenbrille und Badehose und<br />

mit großer Vorfreude auf den anstehenden<br />

Kurztrip. Bereits am Eingang des<br />

Flughafengebäudes wird ihm jedoch<br />

bewusst, dass dieser Flughafen anders<br />

als gewöhnlich aussieht. In der Wartehalle<br />

stehen nur sechs Stühle und weit<br />

und breit ist kein Dutyfreeshop zu sehen.<br />

An der Information erfährt er, dass<br />

der Flughafen Braunschweig-Wolfsburg<br />

vor allem ein Forschungsfl ughafen ist.<br />

Gerne könne er aber nach Polen, Hamburg<br />

oder auch Erfurt fl iegen. Dies hätte<br />

er aber im Voraus im Reisebüro buchen<br />

müssen. Last-Minute kann er also<br />

vergessen. Aber dafür erfährt Bastian,<br />

dass die Anfänge des Flughafens Braunschweig<br />

bis in die frühen 30er Jahre zurückreichen.<br />

Und spätestens seit der<br />

Errichtung einer Asphalt-Landebahn<br />

im Jahre 1967 können auch schwerere<br />

Flugzeuge landen. Dies kam vor allem<br />

der Volkswagen AG zu Gute, die ihre<br />

konzerneigene Flugzeugfl otte nun in<br />

unmittelbarer Nähe zum Hauptfi rmensitz<br />

in Wolfsburg stationieren konnte.<br />

Zurzeit fi nden täglich zwei Werksfl üge<br />

statt, die allerdings nicht privat gebucht<br />

werden können. Zudem benutzt<br />

die Eintracht Braunschweig gelegentlich<br />

für Auswärtsspiele eine Fokker 100.<br />

Mehr als 30 Unternehmen und Einrichtungen<br />

mit insgesamt rund 2000<br />

Mitarbeitern arbeiten am Forschungsfl<br />

ughafen an Verbesserungen des Luftverkehrs<br />

und der Leistungssteigerung<br />

von Flugzeugen sowie Hubschraubern.<br />

Dazu zählen unter anderem das Deutsche<br />

Zentrum für Luft- und Raumfahrt<br />

(DLR), das Luftfahrbundesamt (LBA), das<br />

Zentrum für Luft- und Raumfahrt der<br />

TU Braunschweig und die Bundesstelle<br />

für zivile Flugunfalluntersuchungen<br />

Ein Forschungsfl ugzeug der TU<br />

Braunschweig, Typ Do 128<br />

31<br />

(BFU). Letztere untersucht alle Unfälle<br />

und Störungen ziviler Luftfahrzeuge<br />

auf dem Gebiet der Bundesrepublik<br />

Deutschland. Durch diese Fülle an<br />

Forschungseinrichtungen genießt der<br />

Braunschweiger Flughafen weltweit einen<br />

hervorragenden Ruf. So fand dort<br />

zum Beispiel die erste vollautomatische<br />

Landung eines Flugzeugs mithilfe von<br />

GPS-Unterstützung statt. Auch einige<br />

der leistungsfähigsten Segelfl ugzeuge<br />

der Welt wurden in Braunschweig entwickelt.<br />

Anfang des Jahres wurde die<br />

Landebahn des Braunschweiger Flughafens<br />

auf 2300 Meter verlängert, damit<br />

größere Flugzeuge die Löwenstadt<br />

anfliegen können. Hierfür mussten<br />

60.000 Bäume des EU-Vogelschutzgebietes<br />

weichen und es gab großen Widerstand<br />

von Teilen der Braunschweiger<br />

Bevölkerung.<br />

Trotz längerer Landebahn, wird Bastian<br />

auch in Zukunft wohl von Hannover<br />

oder Berlin aus in den Urlaub fl iegen<br />

müssen. Die kommt vor allem den Unternehmen<br />

und der Forschung zu Gute.<br />

Eine Ausweitung des kommerziellen<br />

Luftverkehrs ist nicht geplant. #


Campus-Leben in Klein<br />

DER CAMPUS IN SUDERBURG BIETET KURZE WEGE – AUCH ZU DEN LEHRENDEN<br />

Von Daniel Beutler<br />

An der TU und HBK bilden sich<br />

allsemesterlich tiefe Sorgenfalten,<br />

wenn bei der Stundenplangestaltung<br />

unvermeidlich ein Wechsel<br />

binnen 15 Minuten vom Campus Nord<br />

zum Hauptcampus erfolgen muss. Ähnliches<br />

dürfte sich an der Ostfalia zutragen.<br />

Nur gut, dass man da nicht auch<br />

noch den Campus Suderburg auf der<br />

Rechnung haben muss. Ziemlich genau<br />

80 Kilometer oder eine Stunde<br />

Autofahrt entlang der „Straße der Liebe“,<br />

auch B4 genannt, trennen Braunschweig<br />

vom jüngsten Außenposten der<br />

Ostfalia.<br />

Am 1. September 2009 stieß die 1854<br />

als Wiesenbauschule gegründete Institution<br />

zu der ebenfalls an dem Datum<br />

frisch aus der Taufe gehobenen Ostfalia<br />

Hochschule für angewandte Wissenschaften.<br />

„Der Umweltcampus Suderburg<br />

ist international bekannt, genießt<br />

einen hervorragenden Ruf und verfügt<br />

über ein großes Ausbaupotenzial“, sag-<br />

Wissenschaft<br />

te Ostfalia-Präsident Prof. Dr. Wolf-Rüdiger<br />

Umbach damals. Über Ausbaupotenzial<br />

verfügt der Campus alle mal. Um<br />

etwas mehr als 4500 Einwohner kümmert<br />

sich die Bürgermeisterin Christel<br />

Beplate-Haarstrich. Davon <strong>knapp</strong> 500<br />

Studierende am Campus Suderburg.<br />

Dorfi dylle pur. Fürs Studium aber ideal,<br />

meint Prof. Dr. Albrecht Meißner,<br />

Dekan der Fakultät Bau-Wasser-Boden.<br />

„Die Atmosphäre ist hier persönlicher,<br />

als an großen Universitäten, der Kontakt<br />

zwischen Studierenden und Lehrenden<br />

ist viel intensiver und direkter.<br />

Das ist ideal für Studierende, die schnell<br />

und erfolgreich studieren wollen“, zählt<br />

Meißner auf. Schlechte Karten für die<br />

Lümmel von der letzten Bank. „Sich zu<br />

verstecken klappt hier nicht so einfach<br />

und wenn mal wer öfters fehlt, fällt das<br />

auch auf“, berichtet der Dekan. Ansonsten<br />

sei das Leben der Studierenden, wie<br />

an jedem größeren Campus. Das meint<br />

auch Asta-Vorsitzender Philip Gieleßen.<br />

32<br />

„Man lernt die Leute, mit denen man<br />

hier zu tun hat, besser kennen, als an<br />

großen Universitäten.“ Da trifft man<br />

Hochschul-Mitarbeiter bei der Castor-<br />

Demo im Wendland oder die Bürgermeisterin<br />

mit Hund im Wald. Und falls<br />

der Landluft-Overkill bevorsteht oder<br />

das Feier-Ventil geöffnet werden muss,<br />

gibt es den Metronom. „Hier in Suderburg<br />

kann man abends nicht viel machen,<br />

aber man ist mit dem Zug schnell<br />

in Lüneburg oder Hannover“, berichtet<br />

Gieleßen. Und der Zug bestimmt auch<br />

das Uni-Tagesleben mit. „Wir haben<br />

viele Pendler aus Hannover und Hamburg.<br />

Deshalb richtet sich der Stundenplan<br />

bei uns nach den Ankunftszeiten<br />

der Züge“, erzählt Gieleßen. Also geht<br />

es morgens erst 8.30 Uhr los, damit<br />

die Studierenden 15 Minuten Zeit haben<br />

vom Bahnhof zur Uni zu kommen.<br />

Ungefähr die gleiche Strecke zwischen<br />

Haupt- und Nordcampus. Ganz normaler<br />

Uni-Stress halt. Nur in klein. #<br />

Foto: Ernst Posthuma


Wissenschaft<br />

„Es fehlt die<br />

Konsequenz“<br />

Jeder, der auch nur den Hauch eines Stilempfi ndens hat, sollte an dieser Stelle den Professoren und Forschern<br />

des Campus Suderburg danken. Die forschen nämlich daran, wie es gelingt, dass die Hochwasserhose nie mehr<br />

salonfähig werden kann. Danke! Allerdings machen sie das an der Fakultät Bau-Wasser-Boden über einen kleinen<br />

Umweg. Den Hochwasserschutz. Eine einfache Rechnung: Kein Hochwasser, keine Modesünde.<br />

Von Daniel Beutler<br />

Dafür werden schwere Geschütze<br />

aufgefahren. HQ100 heißt das<br />

Zauberwort, das Prof. Dr.-Ing.<br />

Klaus Röttcher erklärt: „Wir planen die<br />

Schutzmaßnahmen so, dass sie einem<br />

Hochwasser standhalten, das statistisch<br />

nur ein mal alle 100 Jahre eintritt. Bei<br />

modernen Talsperren sogar nur alle<br />

10000 Jahre.“ Dabei gibt es aber ein Problem.<br />

Die Aufzeichnungen über Wasserstände<br />

reichen für Flüsse meist nur<br />

50 Jahre zurück, selten mal 150 Jahre.<br />

Und es ist nur Statistik. „Politiker und<br />

Bürger können sich da oft nichts drunter<br />

vorstellen und denken, dass so ein<br />

Hochwasser wirklich nur alle 100 Jahre<br />

eintritt“, berichtet Röttcher. Das Elbe-Hochwasser<br />

von 2002 wird also nicht<br />

erst 2102 wieder eintreten. Vielleicht<br />

zumindest, so sicher kann man sich<br />

da nie sein. Ist ja nur Statistik. Klar ist<br />

dagegen die Ursache des Hochwassers.<br />

Die ist nämlich hausgemacht. Klimatische<br />

Bedingungen, die Eindeichung<br />

und Begradigung von Fließgewässern<br />

und die Flurbereinigung. Mit zunehmender<br />

Industrialisierung, auch der<br />

Landwirtschaft, richten diese Faktoren<br />

immer größere Schäden an. „Man kann<br />

aber den Anwohnern an einem Fluss<br />

nicht sagen, sie müssen jetzt umziehen,<br />

weil hier ein natürliches Überschwemmungsgebiet<br />

wiederhergestellt werden<br />

soll“, erklärt Albrecht Meißner, Dekan<br />

der Fakultät Bau-Wasser-Boden. Hochwasser<br />

seien also kein „Wissensproblem“,<br />

sagt Röttcher. „Die Leute wussten<br />

auch vor 150 Jahren schon, wo die<br />

Probleme liegen. Woran es fehlt ist die<br />

Konsequenz. Damals wie heute haben<br />

die fi nanziellen oder politischen Interessen<br />

überwogen.“ Bis zum Elbe-Hochwasser<br />

führte die Hochwasserschutz-<br />

Forschung ein Nischendasein, wurde<br />

von Öffentlichkeit und Politik kaum<br />

wahrgenommen. Der Mensch ist halt<br />

ein vergessliches Tier. „Zwischen 1950<br />

und 1980 gab es wenig Hochwasserextreme<br />

und die Leute haben bei der Erschließung<br />

von neuem Land gedacht, es<br />

komme auch nichts mehr, weil es die<br />

ganzen Jahre davor kein Hochwasser<br />

33<br />

gab“, berichtet Röttcher. Deshalb liege<br />

das Augenmerk heute auch mehr darauf,<br />

Risikogebiete zu bestimmen. Das<br />

Ziel ist ein großräumigeres Denken,<br />

meint Meißner. „Es geht um ein Flussgesamtmanagement,<br />

mit dem man auf<br />

die veränderten Situationen reagieren<br />

muss.“ Bleibt zu hoffen, dass sich der<br />

Geschmack der Menschen nicht verändert<br />

und aus Mailand oder Paris keine<br />

Hochwasser-Modewelle über Deutschland<br />

schwappt. Sonst werden am Ende<br />

die Deiche noch wieder eingerissen und<br />

das will ja wirklich niemand. #<br />

Foto: Zeitfi xierer


Informationsseiten des Braunschweigischen Hochschulbundes<br />

Förderer schaff en Freiräume,<br />

bahnen Wege und<br />

öff nen Türen.<br />

Der Braunschweigische Hochschulbund e.V. (BHB)<br />

unterstützt die Technische Universität in Lehre und<br />

Forschung, fördert die Zusammenarbeit mit anderen<br />

wissenschaftlichen Institutionen und ist bestrebt,<br />

das Ansehen der TU in Politik, Wirtschaft<br />

und Gesellschaft in der Region zu stärken.<br />

Der BHB verleiht jährlich den mit jeweils 5.000<br />

Euro dotierten Heinrich-Büssing-Preis an hochkarätige<br />

Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler<br />

der TU Braunschweig.<br />

Wir unterstützen die Absolventenfeiern aller Fakultäten,<br />

fördern Exkursionen, studentische Initiativen<br />

und die vielfältigen kulturellen Vereinigungen<br />

an der TU Braunschweig.<br />

Darüber hinaus bilden wir mit unseren Veranstaltungen<br />

eine wichtige Schnittstelle zwischen der Universität,<br />

den Bürgern und Unternehmen unserer Region.<br />

Für Braunschweig<br />

hoch hinaus<br />

Der Braunschweigische<br />

Hochschulbund stellt sich vor!


20.000 Days in Space!<br />

Die Raumfahrt hat ihre Spuren hinterlassen. Heute umkreisen etwa<br />

150 Millionen künstliche Objekte die Erde. Die Ästhetik dieses Weltraummülls<br />

zeigte das Institut für Luft- und Raumfahrtsysteme der TU<br />

Braunschweig beim Lichtparcours 2010 in Braunschweig – gefördert<br />

durch den Braunschweigischen Hochschulbund.<br />

Den Film der Lichtinstallation vom Lichtparcours gibt es nun auch als<br />

„Space Debris Screensaver“ für Ihren Computer. Begeben Sie sich<br />

auf eine Zeitreise von den Anfängen der Raumfahrt bis heute!<br />

Genießen Sie die ästhetische Anmutung oder fragen Sie per Mausklick<br />

weitere Informationen zu den einzelnen Objekten ab: Sie sehen Satelliten<br />

(rot), ausgebrannte Raketenoberstufen (gelb) und missionsbedingte<br />

Objekte wie verlorenes Werkzeug (grün) in Echtzeit auf ihrem<br />

Weg um die Erde – das alles bei rund 20.000-facher Vergrößerung.<br />

www.days-in-space.de<br />

Braunschweigischer Hochschulbund e.V.<br />

www.braunschweigischer-hochschulbund.de<br />

bhb@tu-braunschweig.de


<strong>kurz</strong> &<br />

<strong>knapp</strong><br />

ECKIGE AUGEN<br />

Unglaublich aber wahr: Eine Kölner TV-<br />

Firma zahlt 8,50 Euro pro Stunde fürs<br />

fernsehen. Bei diesem Nebenjob der besonderen<br />

Art suchen die Mitarbeiter im<br />

Fernsehprogramm nach Fehlern: Versprecher,Peinlichkeiten<br />

und<br />

andere Pannen,<br />

die dann in der<br />

heute show präsentiertwerden.<br />

Jeden Tag<br />

wird fünf Stunden<br />

am Stück TV<br />

geschaut.<br />

Zeitung plus e-paper<br />

für<br />

15, 60 Euro<br />

im Monat<br />

oder die Zeitung online<br />

als e-paper lesen<br />

für<br />

7, 50 Euro<br />

im Monat<br />

Karriere<br />

Peinlicher Lebenslauf<br />

HOBBYS IM LEBENSLAUF?<br />

Bewerbungscoach Gerhard Winkler rät,<br />

auf die Angabe von Hobbys im Lebenslauf<br />

zu verzichten, da diese oft „nur<br />

die trostlose Abwesenheit von sonstigen<br />

entscheidungsfördernden Fakten“<br />

vertuschen sollen.<br />

Nur wenn<br />

Sie für den Job<br />

tatsächlich relevant<br />

sind, sollten<br />

sie auch erwähnt<br />

werden.<br />

Mehr Infos gibt<br />

es unter www.jova-nova.com.<br />

ZEMENT ODER MAKE-UP<br />

Klischees sind völlig überholt, oder?<br />

Fakt ist: Laut Statistischem Bundesamt<br />

sind 99,9 Prozent der Maurer-(innen)<br />

Männer. Die Frauen sind dafür im Kosmetikstudio<br />

fast unter sich. Lediglich<br />

3,4 Prozent allerKosmetiker-(innen)waren<br />

Männer.<br />

Na dann, Mario<br />

Barth zum Trotz:<br />

Kelle in die<br />

Hand, Make-Up<br />

drauf und ab ins<br />

Kosmetikstudio.<br />

UNSER VORTEILSANGBOT FÜR STUDIERENDE<br />

Immer und überall<br />

gut informiert –<br />

Gleich anrufen und<br />

Angebot sichern!<br />

(Aus dem Festnetz der T-Com: 3,9 Cent/Min.,<br />

Mobilfunk max. 42 Cent/Min.)<br />

Fotos: CrazySphinx, Pockafwye, Franziska Ziemann


„Ich war völlig am Abgrund“<br />

Andreas Niedrig stand <strong>kurz</strong> vor dem<br />

goldenen Schuss, bevor er den Sport<br />

entdeckte und sein Leben um 180<br />

Grad drehte. Der Triathlet war zu<br />

Gast in Braunschweig und sprach<br />

mit studi38.<br />

Von Maria Boger<br />

Beim Ironman auf Hawaii steht über dem<br />

Ziel der Spruch „Du kannst alles schaffen,<br />

was du willst. Du musst es nur tun!“<br />

Ich fi nde den Spruch total überzogen. Mein<br />

Motto ist: „Du kannst fast alles schaffen, du<br />

musst es nur tun“.<br />

Ziemlich skeptisch für einen klassischen<br />

Motivator, oder?<br />

Das kann sein. Ich verkaufe mich hier als Motivator<br />

und die Leute wollen in meinem Vortrag<br />

„motiviert“ werden. Aber wenn ich ehrlich<br />

bin, dreht sich mir bei dem Wort der<br />

Magen um. Das bin ich nicht.<br />

Warum nicht?<br />

Nach einer solchen Veranstaltung hat man<br />

wirklich viel positive Energie, aber sobald der<br />

Alltag wieder da ist, verfl iegt die langsam<br />

und man weiß nicht, wie man die Ratschläge<br />

des Motivators umsetzen soll. Deshalb versuche<br />

ich, meinem Publikum das gleich vorweg<br />

zu nehmen. Motivation bedeutet für mich vor<br />

allem nach links und nach rechts zu gucken.<br />

Schauen was meine Stärken sind, was ich gut<br />

kann, was mich besonders macht. Jeder hat<br />

eine Eigenschaft, ein Talent, das ganz besonders<br />

ist, nur leider geben wir das selbst nicht<br />

zu.<br />

Hast du ein Beispiel?.<br />

Klar, ich war ein Mensch, der das früher sehr<br />

oft getan hat, vor allem beim Sport Was passiert<br />

jetzt, wenn ich aufgebe? Wenn ich durchhalte?<br />

Ich habe mir dann selber die Antwort<br />

gegeben, indem ich es einfach getan habe.<br />

Ich glaube, es liegt auch daran, dass wir älter<br />

werden und uns nicht mehr trauen etwas<br />

zu riskieren. Wir kennen unsere Stärken und<br />

Schwächen, sind aber nicht mehr bereit aus<br />

diesem Zustand heraus zu gehen. Diese „Kom-<br />

Karriere<br />

fortzone“ wollen wir nicht aufgeben und so<br />

wird das Leben langweilig.<br />

Was ist also dein Tipp?<br />

Wenn man unzufrieden ist, sollte man das ändern<br />

oder man ist selbst schuld. Wir leben nur<br />

einmal. Und darüber machen wir uns viel zu<br />

selten Gedanken. Ich war ja <strong>kurz</strong> davor mir<br />

den goldenen Schuss zu geben, ich habe ein<br />

Jahr lang auf der Straße gelebt. Ich war völlig<br />

am Abgrund, bis ich die Chance bekommen<br />

habe ein neues Leben zu beginnen. Ich weiß<br />

jetzt ganz genau, was ich alles verlieren kann<br />

und bin froh über jeden Tag, den ich lebe.<br />

Du hattest in deiner sportlichen Karriere<br />

viele Rückschläge. Wie kommt man mit<br />

solchen Rückschlägen eigentlich klar?<br />

37<br />

Gar nicht. Erst mal muss man mit der Situation<br />

leben. Ich glaube bei ganz vielen Menschen<br />

ist das ein Problem, dass sie nicht in der Gegenwart<br />

leben, sondern schon an die Zukunft<br />

denken. Die Menschen denken viel zu viel über<br />

die nächsten Schritte nach, anstatt an der Situation<br />

zu arbeiten, in der sie gerade stecken.<br />

Wenn du die Chance hättest dein Leben<br />

nochmal zu leben, was würdest du anders<br />

machen?<br />

Nichts. Ich weiß nicht, was ich für ein Mensch<br />

geworden wäre, wenn ich nicht drogenabhängig<br />

gewesen wäre. Klar will ich nicht nochmal<br />

so leben, aber wer weiß, ob ich jetzt anders<br />

wäre. Ich bin gerade an einem Punkt in meinem<br />

Leben, wo ich mir sage: „Jetzt kann es gar<br />

nicht mehr schöner werden.“ #<br />

Foto: Privat


Zwischen den Stühlen?<br />

KARRIERE ODER KINDER: VON CHANCEN UND HÜRDEN AUF DEM ARBEITSMARKT<br />

Von Sophie Dannenfeld & Lina Beling<br />

Im Maschinenbaustudium begegnet<br />

man vor allem männlichen Kommilitonen,<br />

während in den Kunstwissenschaften<br />

die Frauen in der Überzahl<br />

sind. Insgesamt sind heute aber<br />

etwa gleich viele Studierende beider<br />

Karriere<br />

Geschlechter eingeschrieben. Das war<br />

nicht immer so. 1975 haben noch doppelt<br />

so viele Männer, wie Frauen studiert.<br />

Aufgrund der Bildungsexpansion<br />

glich sich dann mit den Jahren der<br />

Anteil der Frauen dem der Männer an.<br />

38<br />

Es scheint also heute alles gut zu sein.<br />

Oder vielleicht doch noch nicht? Das<br />

Studium oder die Ausbildung sollen ja<br />

vor allem den Grundstein für eine erfolgreiche<br />

Karriere legen. „Frauen müssen<br />

doppelt so viel leisten für die glei-<br />

Fotos: Anne Hinz, Privat


che Anerkennung“, „Frauen wollen<br />

doch gar nicht in die Führungsetage“<br />

und „Die gläserne Decke ist längst aus<br />

Panzerglas“ – zu kaum einem Thema<br />

wird so kontrovers diskutiert und gestritten,<br />

wie zur Chancengleichheit im<br />

Beruf. Und was sagen die Zahlen?<br />

Im vergangenen Jahr arbeiteten rund<br />

40 Millionen Menschen in Deutschland.<br />

Die Frauenerwerbstätigkeit liegt bei<br />

65 Prozent, Tendenz steigend. Die der<br />

Männer liegt mit rund 80 Prozent darüber,<br />

dennoch gibt es keine krasse Ungleichheit.<br />

Wenn man nun jedoch darauf<br />

achtet, wie die Arbeit verteilt ist,<br />

fällt eins auf: Teilzeit ist weiblich. 46<br />

Prozent der Frauen arbeiten in Teilzeitbeschäftigungen,<br />

dem gegenüber nur<br />

fast jeder zehnte Mann. Teilzeit ermöglicht<br />

die Vereinbarkeit von Familie und<br />

Beruf, bedeutet aber auch weniger Gehalt,<br />

schlechtere berufl iche Aufstiegschancen<br />

und am Ende ein geringeres<br />

Renteneinkommen. Auch im Bereich<br />

der Entlohnung sieht es in Deutschland<br />

düster aus. Im Schnitt bekommen<br />

Frauen 23 Prozent weniger Lohn. Und<br />

selbst bei gleicher Position, Ausbildung,<br />

Betriebsgröße und Wochenarbeitszeit<br />

bleibt immer noch eine Gehaltslücke<br />

von rund zehn Prozent. Laut einer<br />

OECD-Studie ist damit der Unterschied<br />

in Deutschland größer als in fast allen<br />

anderen Industrienationen.<br />

Dazu kommt: nur etwa jede vierte<br />

Führungsposition in Deutschland ist<br />

mit einer Frau besetzt. Je größer ein Unternehmen<br />

ist und je mehr Hierarchieebenen<br />

es gibt, desto weniger Frauen<br />

schaffen den Aufstieg.<br />

In den Vorständen der 160 DAX-Unternehmen<br />

sitzen insgesamt nur vier Frauen,<br />

in den Aufsichtsräten sind es schon<br />

einige mehr. Obwohl die Studentinnen<br />

an den Hochschulen also längst mit ihren<br />

männlichen Kommilitonen gleichgezogen<br />

sind, tummeln sich viele von<br />

ihnen später eher vor der Karriereleiter<br />

als darauf. Und wenn sie hinaufsteigen,<br />

dann langsamer als die männlichen Absolventen.<br />

studi38 wollte wissen warum,<br />

und hat mit zwei Frauen und einem<br />

Mann gesprochen, die Stellung nehmen<br />

und von ihren Erfahrungen berichten.<br />

Karriere<br />

„Ich fi nde es schade, dass Frauen in Führungspositionen<br />

selten vertreten sind und, dass sie da noch mehr Chancen<br />

bekommen sollten.“<br />

Juliana, Erziehungswissenschaften, 21<br />

Der Arbeitgebervertreter<br />

Gibt es Ihrer Meinung nach noch Ungleichheiten<br />

zwischen Frauen und Männern im<br />

Beruf?<br />

Objektiv gibt es nach meiner Erfahrung keine<br />

Ungleichheiten, sowohl was Einstellungskriterien<br />

als auch die Entlohnung angeht.<br />

Hier hat, nachdem ohnehin bereits seit längerem<br />

der Gesetzgeber Gleichbehandlung angemahnt<br />

hatte, das Allgemeine Gleichstellungsgesetz<br />

Ungleichbehandlung verboten. Auch in<br />

Tarifverträgen gibt es keine Ungleichbehandlung<br />

mehr, da dies dem AGG widersprechen<br />

würde.<br />

Gibt es ein „aber“?<br />

Subjektiv wird es immer eine gewisse Ungleichbehandlung<br />

geben, wenn – ob bewusst<br />

oder unbewusst, gewollt oder ungewollt –<br />

bei einem Auswahlverfahren der Eine oder<br />

die Andere bevorzugt wird, ohne, dass es<br />

dem auswählenden Chef nachweisbar wäre.<br />

Wenn es in bestimmten Branchen (meist im<br />

Produktionsgewerbe) bei der Entlohnung der<br />

Beschäftigten insgesamt geringere Einkommen<br />

gibt, dann erweckt das durch die dort<br />

mehrheitlich von Frauen ausgeübte Tätigkeit<br />

den Eindruck, dass Frauen weniger verdienten,<br />

was aber der Branche und der gering bezahlten<br />

Tätigkeit geschuldet ist und nicht der<br />

Tatsache, dass es Frauen sind. Männer würden<br />

dort nicht mehr verdienen.<br />

Was behindert Frauen noch daran Karriere<br />

zu machen?<br />

Ich vermute, dass es die objektive Diskrepanz<br />

zwischen der Rolle als Mutter und der Rolle<br />

als Berufstätige ist. Anders formuliert sind es<br />

die immer noch fehlende Familienfreundlichkeit<br />

vieler Betriebe einerseits und die mangelnde<br />

Flexibilität vieler Frauen nach der Geburt<br />

von Kindern andererseits.<br />

Wie kann man Frauen generell fördern?<br />

39<br />

Manfred Casper ist<br />

Hauptgeschäftsführer<br />

des Arbeitgeberverbands<br />

Region Braunschweig.<br />

Er vertritt damit mehr<br />

als 1000 regionale<br />

Unternehmen.<br />

Frauen müssen nicht generell besonders gefördert<br />

werden, weil sie Frauen sind. Allerdings<br />

müssen die Rahmenbedingungen in den Betrieben<br />

familienfreundlicher werden. Sowohl<br />

Frauen als auch Männer müssen nach der Geburt<br />

von Kindern fl exibler werden im Hinblick<br />

auf den berufl ichen Wiedereinstieg.<br />

Für Frauen gibt es Quoten, Weiterbildungsangebote,<br />

Förderungsmaßnahmen. Kommen<br />

die Männer dabei zu <strong>kurz</strong>?<br />

Junge gering qualifi zierte Männer sind nachweislich<br />

bei der Integration in den Arbeitsmarkt<br />

benachteiligt. Sie sind schwerer zu<br />

steuern und auszubilden und bilden deshalb<br />

in der Arbeitslosenstatistik eine besondere<br />

Problemgruppe. Sie sind allein dadurch benachteiligt,<br />

dass ihnen nicht die gleiche Aufmerksamkeit<br />

hinsichtlich einer gezielten Förderung<br />

zuteilwird, wie jungen Frauen.<br />

Müssen sich auch die Frauen verändern?<br />

Frauen sollten sich bei der Suche nach einer<br />

Lehrstelle auch nach Berufen umschauen, die<br />

nicht von vornherein als sogenannte "Frauenberufe"<br />

gelten. Dies sind zum Beispiel Berufe<br />

in der Metall- und Elektronindustrie, aber<br />

auch im Handwerk. Hier wird in den kommenden<br />

Jahren der größte Engpass hinsichtlich<br />

des Fachkräftebedarfes entstehen. Dies<br />

gilt im akademischen Bereich auch für die<br />

Ingenieurberufe.


Carola Reimann sitzt für die<br />

Braunschweiger SPD im Bundestag, war<br />

erste Vorsitzende der Jusos und leitet seit<br />

2009 in Berlin den Gesundheitsausschuss.<br />

Karriere<br />

„Also wenn es das Ziel sein sollte, dass das<br />

genau gleich ist, dann denke ich, ist es noch<br />

nicht abgeschlossen. So eine Quote fi nd ich<br />

eigentlich schwer, weil man sagt: Es muss so<br />

sein! Wenn die aber irgendetwas aufbricht, was<br />

vorher festgefahren war, dann wäre das auf<br />

jeden Fall cool.“<br />

Max, Bauingenieur, 24<br />

Die Politikerin<br />

Frau Reimann, Willy Brandt sagte 1970:<br />

„Die Gleichberechtigung kommt voran wie<br />

die Schnecke auf dem Glatteis“.<br />

Das stimmt noch heute und dem ist nichts hinzuzufügen.<br />

Wir sind natürlich weiter als vor<br />

40 Jahren, aber es geht sehr langsam voran<br />

und immer gegen Widerstände, die nur nicht<br />

mehr so sichtbar sind. Es traut sich zwar keiner<br />

mehr, sich offen frauenverachtend und<br />

frauenfeindlich zu verhalten, aber dieses<br />

Glatteis gibt es natürlich immer noch.<br />

Sind wir zu traditionell eingestellt? Verglichen<br />

mit den USA oder Schweden gilt und<br />

galt in Deutschland lange der Mann als<br />

Familienernährer.<br />

Ja, dieses konservative Denken hat insgesamt<br />

viel länger gewirkt. Wir haben viel weniger<br />

Kinderbetreuung und all sowas, was man eigentlich<br />

braucht, um Familie und Beruf zu<br />

vereinbaren. Rabenmutter ist ein rein deutsches<br />

Wort.<br />

Der demographische Wandel vollzieht sich<br />

gerade. Ist es nicht so, dass junge Männer<br />

mit einer anderen Einstellung irgendwann<br />

die alten ersetzen?<br />

Von selbst geht gar nichts. Wir haben mit den<br />

Unternehmen eine freiwillige Verabredung<br />

seit über zehn Jahren und die Erfolge sind ernüchternd.<br />

Deshalb muss jetzt eine gesetzliche<br />

Regelung her.<br />

Wie könnte das aussehen?<br />

Wir haben gesehen, dass andere Länder gute<br />

Erfahrungen mit der Quotierung von Aufsichtsräten<br />

gemacht haben: Norwegen zum<br />

Beispiel. So etwas ist natürlich heikel, weil es<br />

in die Freiheit und Autonomie der Wirtschaft<br />

eingreift, aber bei den Aufsichtsräten könnte<br />

man schon entsprechende Vorgaben machen.<br />

Stimmen, die sagen, dass dies auch keine<br />

Gleichberechtigung ist, weil nur Frauen<br />

vorgezogen werden, sollte man überhören?<br />

Frauen sind im Moment leider benachteiligt<br />

und nicht ordentlich repräsentiert und bis<br />

es nicht mehr so ist, müssen Frauen vorgezogen<br />

werden. Dann hat bei gleichwertiger<br />

Bewerbung die Frau den Vorzug. Im öffentlichen<br />

Dienst und all diesen Bereichen ist das<br />

akzeptiert.<br />

Es muss gesetzliche Rahmenbedingungen geben,<br />

um die Gleichberechtigung von Mann<br />

und Frau weiter voran zu treiben. Es ist beschämend,<br />

wie wenige Frauen in Führungspositionen<br />

sind, insbesondere in der Wirtschaft.<br />

40<br />

„Die Quote fi nde ich falsch,<br />

weil es doch eher auf Kompetenzen<br />

ankommen sollte, als dass<br />

man dann zwanghaft irgendwelche<br />

Frauen einstellen muss. Man<br />

sollte im Endeffekt doch nach<br />

Leistungen bewerten.“<br />

Felix, Maschinenbau, 23<br />

Und wenn man dann ganz oben ist? Gibt<br />

es dort noch Unterschiede zwischen Mann<br />

und Frau?<br />

Naja, eine Kanzlerin zum Beispiel ist karrieretechnisch<br />

ganz oben“. Und wenn man sich<br />

dann anschaut, wie viele Frisurendiskussionen<br />

wir in den Zeitungen über uns ergehen<br />

lassen mussten… wer wie aussieht, welchen<br />

Ausschnitt man hat und welchen Look. Das<br />

sind Dinge, die hätten wir bei keinem Kanzler<br />

erlebt.<br />

Hätten Sie irgendwelche Tipps, wie Frau<br />

sich besser durchsetzten kann?<br />

Es gib keinen Masterplan. Ich glaube, dass<br />

man mit der Ausbildung lernt, seine eigenen<br />

Positionen zu vertreten und die auch klar rüber<br />

zu bringen. Gesprächsführung ist ja auch<br />

eine Sache, die man im Studium lernt. Aber<br />

man muss auch ausprobieren. Das ist etwas,<br />

was ich bei Frauen häufi g nicht so feststelle.<br />

Männer sind viel öfter bereit, Funktionen zu<br />

übernehmen ohne sich zu überlegen, ob sie das<br />

wirklich können. Frauen überlegen sich hingegen<br />

erst: Kann ich das überhaupt? Frauen<br />

müssen mehr Mut haben, Dinge einfach<br />

auszuprobieren.<br />

Wie sieht die Zukunft aus?<br />

Schlicht und ergreifend der Fachkräftemangel<br />

und nicht reine Frauenfreundlichkeit wird<br />

dazu führen, dass man auf gut qualifi zierte<br />

Frauen zurückgreifen muss.<br />

Was sind die zentralen Aufgaben?<br />

Die zentralen Geschichten sind wirklich gleicher<br />

Lohn für gleiche Arbeit und mehr Frauen<br />

in Führungspositionen.<br />

Fotos: Privat


Karriere<br />

„Ich empfi nde die Gleichberechtigung auf keinen<br />

Fall als abgeschlossen. Auch in Sachen<br />

Kindererziehung fi nde ich es gut, dass das<br />

Elternjahr eingeführt wurde und so der Mann<br />

auch die Möglichkeit hat zu Hause zu bleiben<br />

und damit die Frau in ihrer Karriere nicht so<br />

stark beeinträchtigt werden muss.“<br />

Florian, Sozialwissenschaften, 23<br />

Die Chefredakteurin<br />

Frau Huber was sagen Sie zu Willy Brandts<br />

Schnecke auf dem Glatteis?<br />

Ich würde sagen: Die Schnecke ist trotz Glatteis<br />

ganz schön weit gekommen. Mehr Studentinnen<br />

als Studenten, Frauen als Chefs, eine<br />

Bundeskanzlerin – vieles ist heute selbstverständlich,<br />

was vor 40 Jahren undenkbar war.<br />

Trotzdem müssen wir nach wie vor feststellen:<br />

Männer verdienen immer noch besser, steigen<br />

schneller auf, geben häufi ger die Richtung vor.<br />

Immer noch – diese Worte höre ich seit 30 Jahren<br />

und ich kann sie bald nicht mehr hören.<br />

Wie würden Sie denn Ihren Karriereweg<br />

beschreiben?<br />

Im Nachhinein würde ich sagen, bis Ende 30<br />

habe ich viel zu wenig aktiv meine Karriere<br />

gesteuert – ich bin mehr oder weniger in sie<br />

hineingestolpert. Auch wenn es unterm Strich<br />

toll gelaufen ist, würde ich das heute anders<br />

machen.<br />

Eines habe ich allerdings richtig gemacht: Ich<br />

habe mich getraut, im entscheidenden Moment<br />

zu springen – das heißt, einen Job anzunehmen,<br />

von dem ich nicht hundertprozentig<br />

wusste, ob ich ihn kann. Ich habe ja gesagt, obwohl<br />

das Timing nicht ideal war – mein zweites<br />

Kind war erst eineinhalb – und ich kaum<br />

Erfahrung als Führungsperson hatte. Damit<br />

habe ich es riskiert zu scheitern. Dass ich diesen<br />

Mut aufbracht habe, dafür bin ich mir bis<br />

heute dankbar. Ohne diesen Schritt wäre ich<br />

heute nicht da, wo ich jetzt bin.<br />

Was raten Sie jungen Akademikerinnen?<br />

Geht es um eine frühe Zielsetzung,<br />

um Durchsetzungsfähigkeit oder um<br />

Durchhaltevermögen?<br />

Ich möchte gerade junge Frauen ermutigen:<br />

Traut euch – nichts im Leben ist hundertprozentig.<br />

Und nur wer es wagt zu scheitern,<br />

kommt voran. In der persönlichen Entwicklung,<br />

im Job. Ich verstehe die Unsicherheiten,<br />

es gibt so viele Möglichkeiten und man<br />

hat Angst, die Weichen falsch zu stellen. Aber:<br />

Wenn ich herausfi nden will, ob ein Weg für<br />

mich der richtige ist, muss ich ihn ausprobieren.<br />

Und wenn es falsch ist, kehre ich um und<br />

mache einen neuen Anlauf.<br />

Was behindert Frauen im Allgemeinen<br />

noch daran Karriere zu machen?<br />

Von außen: die Bedingungen. Fest gezurrte<br />

Arbeitszeiten und Anwesenheitspfl ichten, die<br />

es schwer machen, Kind und Job zu vereinen.<br />

Flexibilität ist für Frauen ungleich wichtiger<br />

als für Männer und wenn sie genügend Freiraum<br />

haben, dann sind Frauen auch bereit<br />

sehr viel zu leisten.<br />

Aber Frauen stehen sich oft auch selbst im<br />

Weg, weil sie immer auf Nummer sicher gehen.<br />

Immer auf den idealen Job, das perfekte<br />

Timing warten. Wie oft höre ich: Tolles Angebot,<br />

aber jetzt ist es gerade schwierig... Oder:<br />

Spannende Aufgabe, aber noch eine Nummer<br />

zu groß für mich... Solche Sätze hört man nie<br />

von Männern. Die sagen: Wow, gute Chance,<br />

danke, mach ich! Dass Frauen in dieser Hinsicht<br />

so defensiv und manchmal auch bequem<br />

sind, ist schade, weil damit bremsen sie sich<br />

selber aus.<br />

Die Gender Pay Gap liegt in Deutschland<br />

bei 23 Prozent; der EU-Durchschnitt liegt<br />

bei 17 Prozent. Warum läuft es in Deutschland<br />

so falsch?<br />

41<br />

„Es ist ja auch so, dass Frauen oft<br />

durch die Familie weniger Aufstiegschancen<br />

haben. Wenn sie<br />

einen Erziehungsurlaub gemacht<br />

haben, dann ist es schwierig, wieder<br />

rein zu kommen und dann noch<br />

aufzusteigen.“<br />

Anne, Erziehungswissenschaften, 22<br />

Brigitte Huber ist Chefredakteurin der<br />

Internetplattform brigitte.de und der<br />

Printausgabe der „Brigitte“. Die 45-Jährige<br />

weiß also, was Frauen bewegt. Immerhin<br />

erreicht sie allein mit der von Gruner + Jahr<br />

verlegten „Brigitte“ zweimal im Monat rund<br />

3,6 Millionen Leserinnen.<br />

Erstaunlich ist, dass neuesten Erhebungen<br />

zufolge der Gender Gap bei Berufsensteigern<br />

und in den ersten Jahren noch minimal ist, die<br />

Kluft entsteht erst in den 30ern. Das ist der<br />

Moment, wo die Familie ins Spiel kommt. Das<br />

bedeutet heute in Deutschland immer noch<br />

oft einen Karriereknick und damit verbunden<br />

eine Gehaltsbremse. #


Karriere<br />

Bauleiter 2.0<br />

STUDIERENDE BRINGEN MIT DEM IPAD DIE BAUSTELLE AUF VORDERMANN<br />

Von Shirin Schönberg<br />

Die meisten Studierenden haben<br />

keine Zeit sich um etwas anderes<br />

als ihre Seminare und Vorlesungen<br />

zu kümmern. Einige schaffen es<br />

noch sich mit einem Nebenjob ein bisschen<br />

Geld dazu zu verdienen. Ein paar<br />

haben vielleicht schon einmal daran gedacht<br />

etwas zu erfi nden, etwas Neues<br />

noch nicht Dagewesenes. So wie fünf<br />

Studenten und zwei Doktoranden des<br />

Instituts für Wirtschaftsinformatik der<br />

TU Braunschweig. Mit ihrem mobilen<br />

Unterstützungsgerät für Baustellen haben<br />

sie im Finale des Ideenwettbewerbs<br />

Accenture Campus Challenge den zweiten<br />

Platz belegt – sein Name: Bauleiter<br />

2.0. Darauf gekommen sind die Studenten<br />

während eines Projektseminars im<br />

letzten Semester. „Wir haben uns gedacht,<br />

dass ein Büroarbeitsplatz für so<br />

ein Projekt ziemlich unspektakulär ist<br />

und da einige von uns die Fachrichtung<br />

Bau studieren, sind wir dann auf den<br />

Bauleiter als Zielgruppe gekommen“,<br />

erzählt Alexander Mootz, der Wirtschaftsingenieurwesen<br />

studiert. Eine<br />

gute Wahl, wie sich bald herausstellte.<br />

Denn gerade auf großen Baustellen sind<br />

die Wege weit. Das erschwert die Kommunikation,<br />

führt zu Verzögerungen<br />

und am Ende höheren Baukosten. Mit<br />

dem Bauleiter 2.0 soll es möglich sein,<br />

das gesamte Projektmanagement für einen<br />

Bauauftrag durchzuführen, von der<br />

Materialverwaltung bis zu den Bauplänen.<br />

„Daher haben wir uns auch schnell<br />

entschieden, dass es Sinn macht, sich<br />

auf neue Kommunikationsmedien, wie<br />

die Tablet-Computer zu konzentrieren,<br />

weil man damit leicht Sachen darstellen<br />

und vermitteln kann,“ erklärt Patrick<br />

Helmholtz, der das Projekt als<br />

Doktorand betreut.<br />

Für die Teilnahme an der Campus<br />

Challenge musste ein kompletter Geschäftsplan<br />

vorgelegt werden, aus dem<br />

hervorgehen sollte, wie das technische<br />

Konzept für Bauleiter 2.0 aussieht, welche<br />

Funktionen es hat und wie es verkauft<br />

werden kann. Das bedeutete für<br />

42<br />

die Studenten auch einen Teil ihrer Freizeit<br />

zu opfern. „Es war natürlich mehr<br />

Workload als angerechnet wurde, aber<br />

es hat sich gelohnt“, sagt Mootz. Und<br />

auch Patrick Helmholz ist der Meinung,<br />

dass ohne das tolle Team nach dem<br />

Wettbewerb Schluss gewesen wäre.<br />

Stattdessen wollen die jungen Entwickler<br />

jetzt einen Prototyp bauen und auf<br />

Baustellen testen lassen. „Die Nachfrage<br />

ist auf jeden Fall da“, sagt Mootz.<br />

„Wir stehen mit Baufi rmen in Kontakt,<br />

von denen wir das positive Feedback<br />

bekommen haben, dass so eine Anwendung<br />

dringend benötigt wird.“<br />

Und die Erfi nder wären keine Erfi nder,<br />

wenn sie nicht schon den nächsten<br />

Schritt im Auge hätten. „Das Projekt ist<br />

so gedacht, dass die Anwendung auch<br />

noch auf andere Branchen, wie Anlagen-<br />

oder Schiffsbau übertragen werden<br />

kann“, so Helmholz. Da wird die Freizeit<br />

wohl noch warten müssen. #<br />

Fotos: Privat


Karriere<br />

Entrepreneurship?<br />

Entrepreneurship beinhaltet die<br />

Konzeption und Umsetzung von<br />

innovativen Unternehmensgründungen.<br />

Solche Unternehmen verkörpern<br />

die Dynamik der Marktwirtschaft,<br />

stellen neue Arbeitsplätze zur Verfügung<br />

und sichern unsere Prosperität.<br />

Der Wettbewerb sorgt dafür, dass sich<br />

in einem ununterbrochenen Erneuerungsprozess<br />

die qualitativ und preislich<br />

besseren Güter am Markt durchsetzen.<br />

Joseph Schumpeter bezeichnete<br />

diese Entwicklung als kreative Zerstörung<br />

des Entrepreneurship.<br />

Der Begriff „Existenzgründung“ impliziert<br />

die Gründung einer wirtschaftlichen<br />

Existenz und trifft zunächst<br />

hinsichtlich der Innovation keine ein-<br />

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deutige Aussage. Während Existenzgründer<br />

primär die „Existenzen“<br />

sichern, lassen Entrepreneure die Innovationen<br />

am Markt lebendig werden. Sicherung<br />

wirtschaftlicher Existenzen ist<br />

zwar die zwingende Folgerung erfolgreicher<br />

Entrepreneurships, sie ist jedoch<br />

ein sekundärer Effekt. Primär verfolgt<br />

Entrepreneurship das Ziel, neue<br />

Sichtweisen in der Herstellung, Zusammensetzung,<br />

Preisbildung und Vertriebsorganisation<br />

von neuen oder bereits<br />

am Markt existierenden Gütern zu<br />

entwickeln.<br />

Die Hochschulen gelten als die wichtigste<br />

Quelle innovativer Unternehmensgründungen.<br />

Dadurch erhalten die Studierenden<br />

und Absolventen völlig neue<br />

Stellenanzeigen<br />

Kolumne<br />

Prof. Reza Asghari gibt<br />

ab sofort Einblicke<br />

in die Welt des<br />

Entrepreneurships und<br />

startet gleich mit einer<br />

wesentlichen Frage:<br />

Entrepreneurship, was<br />

ist das überhaupt?<br />

Perspektiven für Ihr Berufsleben. Google,<br />

Facebook, StudiVZ und viele andere<br />

innovative Unternehmen sind unmittelbar<br />

aus den Hochschulen hervorgegangen.<br />

Die TU Braunschweig und Ostfalia<br />

Hochschule für angewandte Wissenschaften<br />

unterstützen systematisch den<br />

Prozess der Hochschulgründungen.<br />

www.entrepreneurship-center.de #<br />

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Fortschritt braucht kreative Köpfe<br />

Sowohl Industrieunternehmen der Region als auch<br />

überregionale Produktionsstandorte vertrauen uns<br />

seit über 90 Jahren, wenn es um die schnelle<br />

und bedarfsgerechte Bevorratung, Auslegung<br />

und Belieferung von Antriebstechnik, sowie<br />

Industrie- und Werkstattbedarf geht.<br />

Aufgrund der dynamischen Entwicklung<br />

der Märkte hat sich das Anforderungsprofil<br />

an unser Haus von einem reinen<br />

Handelshaus zum kompetenten<br />

Partner für Service, Logistik<br />

und Dienstleistung gewandelt.<br />

Wir suchen daher permanent zur Verstärkung<br />

unseres Teams kreative und technisch geschulte<br />

Mitarbeiter (-innen), um auch in Zukunft unserem<br />

kontinuierlich wachsenden Kundenkreis den<br />

bestmöglichen Service bieten zu können.<br />

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Die Auftragsdenker<br />

GHOSTWRITING SPART EINE MENGE ZEIT, ABER KOSTET GENAUSO VIEL GELD<br />

Von Shirin Schönberg<br />

Es macht wenig Spaß wissenschaftliche<br />

Arbeiten zu schreiben.<br />

Trotzdem muss jeder Student<br />

spätestens am Ende seines Studiums<br />

eine schriftliche Arbeit abgeben. Die<br />

Karriere<br />

macht dann meistens auch gleich einen<br />

Großteil der Note aus. Grund genug<br />

für Schweißausbrüche und Schlafstörungen.<br />

Aber das muss nicht sein.<br />

Wer genügend Kleingeld in der Tasche<br />

46<br />

hat, kann auf trockene Bibliotheksluft<br />

und Augenringe verzichten und seine<br />

Arbeit von guten Geistern erledigen lassen.<br />

Nein, die Rede ist nicht von Feen,<br />

Heinzelmännchen oder sprechenden<br />

Fotos: Florian Koch


Mäusen. Das Zauberwort heißt Ghostwriting.<br />

Im Internet fi nden sich massenweise<br />

Ghostwriter-Agenturen und<br />

alle reißen sich um Studierende, die zu<br />

wenig Talent, Zeit oder Lust und dafür<br />

zu viel Geld haben.<br />

Auch die Firma Acad-Write gehört<br />

dazu. Hier können sich Studierende wissenschaftliche<br />

Texte vom Essay bis zur<br />

Doktorarbeit verfassen lassen. Eine Seite<br />

kostet zwischen 30 und 90 Euro. Je<br />

nachdem, ob man eine reine Literaturarbeit<br />

oder eine empirische Arbeit in Auftrag<br />

gibt, eine Hausarbeit oder eine Magisterarbeit.<br />

Aufschläge muss bezahlen,<br />

wer sich nicht frühzeitig meldet, sondern<br />

eine Woche vorm Abgabetermin<br />

bei der Agentur Hilfe sucht. Geschrieben<br />

werden die Arbeiten bei Acad-Write<br />

von 200 freiberufl ichen Autoren, die<br />

sich, laut Geschäftsführer Thomas Nemet,<br />

durch einen überdurchschnittlich<br />

guten Hochschulabschluss und eine besondere<br />

Affi nität zum Schreiben für die<br />

Arbeit als Ghostwriter qualifi zieren.<br />

Bevor die Mitarbeiter dann echte Aufträge<br />

bekommen, müssen sie bei Acad-<br />

Write Probeaufträge schreiben, damit<br />

die Qualität der Arbeiten gesichert ist.<br />

Eine Notengarantie will Nemet dann<br />

aber nicht geben. „Offi ziell fertigen wir<br />

ja keine Hausarbeiten an, sondern wissenschaftliche<br />

Texte, mit denen unsere<br />

Kunden dann machen können, was sie<br />

wollen. Deswegen können wir ihnen<br />

auch keine Garantie geben, dass sie eine<br />

gute Note kriegen.“<br />

Probeaufträge schreiben musste auch<br />

Anja (Name geändert). Nach ihrem Abschluss<br />

in BWL hat sie ein Jahr lang als<br />

Ghostwriterin für einen großen deutschen<br />

Anbieter gearbeitet. „Ich habe<br />

nach dem Studium nicht sofort einen<br />

Job gefunden, weil es zu der Zeit einfach<br />

zu viele BWLer gab“, erzählt sie. Ein<br />

Freund machte sie auf das Jobangebot<br />

der Ghostwriter-Agentur aufmerksam.<br />

„Da war ich dann plötzlich als Betriebswirtin<br />

total gefragt, weil die meisten<br />

Kunden aus den Bereichen Wirtschaftswissenschaften<br />

und Jura kommen.“<br />

Also fi ng sie an für Geld das zu tun, was<br />

ihr schon im Studium immer leichtgefallen<br />

war. Herausgekommen sind meh-<br />

Karriere<br />

rere <strong>kurz</strong>e Hausarbeiten, aber auch eine<br />

120 Seiten starke Diplomarbeit im Bereich<br />

Personal. Zumindest vermutet<br />

Anja das. Was sie nämlich genau verfassen<br />

sollte, ob Hausarbeit oder Abschlussarbeit,<br />

wurde ihr nicht mitgeteilt. „Mir<br />

wurden immer nur das Thema der Arbeit<br />

und der geforderte Seitenumfang<br />

gesagt“, erzählt Anja. „Nachdem ich<br />

angefangen hatte, musste ich jeden<br />

Schritt meiner Arbeit vom Kunden abnicken<br />

lassen. Allerdings lief die gesamte<br />

Kommunikation über die Firma, so dass<br />

ich nicht weiß, wer meine Arbeiten bekommen<br />

hat.“<br />

Anonymität ist das Lebenselixier der<br />

Branche. Wer sich eine Arbeit fremdverfassen<br />

lässt, möchte das schließlich<br />

nicht unbedingt an die große Glocke<br />

hängen. Vor allem, weil nicht nur<br />

Studierende die Dienste der Geisterschreiber<br />

in Anspruch nehmen. „Unsere<br />

Klientel ist bunt gemischt“, verrät<br />

Acad-Write Geschäftsführer Nemet.<br />

Auch Professoren und Firmen würden<br />

die Agentur mit wissenschaftlichen Arbeiten<br />

beauftragen. Dabei wird auf der<br />

47<br />

Internetseite sogar noch versucht das<br />

schlechte Gewissen der potenziellen<br />

Kunden zu beruhigen. Wer auf seinem<br />

Fachgebiet glänzt, müsse noch lange<br />

kein Talent zum Schreiben haben, heißt<br />

es dort. Direkt darunter erscheint das<br />

Kontaktformular für die unverbindliche<br />

Anfrage. Der Auftrag wird dann schließlich<br />

durch einen Klick auf den Link im<br />

Antwortschreiben erteilt.<br />

„Offi ziell fertigen wir<br />

ja keine Hausarbeiten an,<br />

sondern wissenschaftliche<br />

Texte, mit denen unsere<br />

Kunden dann machen können,<br />

was sie wollen.“<br />

Thomas Nemet, Geschäftsführer Acad-Write<br />

Die Gefahr, dass eine Auftragsarbeit<br />

als Plagiat enttarnt wird, besteht<br />

laut Nemet bei Texten von Acad-Write<br />

nicht. „Jede von uns verfasste Arbeit<br />

ist ein Unikat“, versichert er. Doch Ex-<br />

Ghostwriterin Anja hat es anders erlebt.<br />

„Themen wiederholen sich halt.<br />

In Hausarbeiten wird ja meistens nichts<br />

Neues erfunden“, meint sie. „Natürlich<br />

verwenden dann einige Autoren mal<br />

Textbausteine aus früheren Arbeiten.“<br />

Risikofrei ist die Bestellung der Bachelorarbeit<br />

beim Ghostwriter also nicht.<br />

Schließlich kann selbst der zerstreuteste<br />

Professor heutzutage durch eine einfache<br />

Googlesuche herausfi nden, wo<br />

der Student abgeschrieben hat.<br />

Und wo bleibt die Moral? Thomas Nemet<br />

wäscht seine Hände in Unschuld.<br />

„In unseren Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />

weisen wir darauf hin, dass<br />

es nicht legal ist fremdverfasste Arbeiten<br />

als seine eigenen auszugeben. Falls<br />

das doch jemand tut, liegt das Problem<br />

nicht bei uns. Wir können schließlich<br />

für Gott und die Welt wissenschaftliche<br />

Texte verfassen. Was die Kunden damit<br />

anstellen, ist letztendlich ihre Sache.“<br />

So bleibt dem Studierenden falls er<br />

erwischt wird nur eine Möglichkeit. Er<br />

muss das Prüfungsamt bestechen. Sofern<br />

er dazu dann noch genügend Geld<br />

übrig hat. #


Dialog<br />

Die Redaktion haben zahlreiche Rückmeldungen zum<br />

Portrait über Klaus Hoenen erreicht. Dafür vielen Dank.<br />

Zwei besonders kritischen Leserbriefen wollen wir uns<br />

öffentlich stellen.<br />

(Auf eigenen Wunsch sind die Autoren anonymisiert.)<br />

Hausverbot an der TU Braunschweig<br />

...Mit Erschrecken habe ich festgestellt,<br />

dass die Redaktion eures Magazins<br />

nicht davor zurückschreckt jedem<br />

Selbstdarsteller dieser Stadt, gefährlich<br />

oder nicht, ein Forum zu bieten. Noch<br />

enttäuschender ist in diesem Zusammenhang<br />

die fehlende Kritik an einer<br />

Person, die im Übrigen an vielen Stellen<br />

dieser Hochschule aus den richtigen<br />

Gründen Hausverbot hat. Get your<br />

facts checked!<br />

Liebe Leserin / lieber Leser,<br />

wer jemandem ein Forum bietet, stellt eine<br />

Bühne auf und lässt ihn reden. Guter Journalismus<br />

dagegen trifft aktive Entscheidungen<br />

nach bewußten Kriterien – wäre also eher mit<br />

einer moderierten Podiumsdiskussion zu vergleichen.<br />

Klaus Hoenen hatte in studi38 nie<br />

ein Forum, wir haben ihn portraitiert – und<br />

das mit aller nötigen journalistischen Distanz.<br />

Wir haben einen streitbaren und interessanten<br />

Menschen vorgestellt, den viele Studierende<br />

tagtäglich auf dem Campus sehen, von<br />

dem aber sicher wenige mehr wissen – zum<br />

Beispiel woher er kommt oder was ihn antreibt.<br />

Genau diese Aufgabe hat Journalismus:<br />

von Orten zu berichten oder mit Menschen zu<br />

sprechen, die für den Leser nicht bereis- oder<br />

greifbar sind und sich auch Themen und Akteuren<br />

zu stellen, die nicht konsensfähig sind<br />

oder mit hohem Kuschelfaktor überzeugen.<br />

Wir trauen Ihnen und unseren zumeist studentischen<br />

Lesern übrigens durchaus zu, sich<br />

auf Grundlage des Portraits ein eigenes Bild<br />

von Klaus Hoenen zu machen und denken<br />

nicht, dass dieses zwangsweise positiv ausfallen<br />

muss. Kommen wir noch zu den Fakten:<br />

In der Tat hat Klaus Hoenen Hausverbot auf<br />

dem Gelände der TU Braunschweig. Dieses<br />

Schlussakkord<br />

wurde vom Präsidium<br />

aber erst Mitte Dezember,<br />

also nach Erscheinen<br />

der letzten Ausgabe<br />

ausgesprochen und<br />

konnte entsprechend<br />

nicht als Information in<br />

den Text einfl ießen. Ein<br />

existierendes Hausverbot<br />

hätte unser journalistisches<br />

Interesse<br />

an Klaus Hoenen übrigens<br />

nicht beeinfl usst.<br />

Unwissenschaftliche Vorgehensweise<br />

… Ich bin absolut schockiert über die<br />

unwissenschaftliche Vorgehensweise<br />

der Redaktion von "studi38". Ich ging<br />

offenbar falsch in der Erwartungshaltung,<br />

dass eine Zeitschrift, welche sich<br />

auf die Fahne schreibt, sie informiere<br />

Studenten über "Studieren in der<br />

Region", ein Mindestmaß an kritischjournalistischer<br />

Recherche betreibt.<br />

Sie aber bieten einer Person ein Forum,<br />

welches den Anschein von Seriösität<br />

suggeriert, über die Sie sich offenbar<br />

im Vorfeld nicht ausreichend<br />

informiert haben. Ich möchte Sie in<br />

Ihrer Verantwortlichkeit als Redaktion<br />

des Magazins dazu auffordern, das<br />

Bild, welches Sie von Herrn Hoenen<br />

entworfen haben, zu korrigieren und<br />

nach wissenschaftlichen Standards zu<br />

überarbeiten...<br />

Liebe Leserin / lieber Leser,<br />

eins vorweg: studi38 ist ein journalistisches<br />

und kein wissenschaftliches Produkt. Damit<br />

orientieren wir uns auch nicht an wissen-<br />

48<br />

Der Nazijäger<br />

Rotes Barett. Fingerlose Handschuhe.<br />

Die antifaschistischen Flugblätter<br />

stets griffbereit und die Bomberjacke<br />

voller Buttons mit Slogans wie: „Den<br />

sozial Benachteiligten eine Stimme<br />

geben“, „Genfood, Nein Danke!“<br />

oder „Kein Bock auf Nazis“. Klaus<br />

Hoenen macht keinen Hehl aus<br />

seiner politischen Einstellung.<br />

Von Fine Behrens & Hannes Graubohm<br />

A<br />

uf seinem „Kampfrad“, den Gepäckträger<br />

voller Bücher, die er<br />

für den Tag braucht, begibt er<br />

sich täglich auf die Jagd. Auf die Jagd<br />

nach Nazis. Doch wie wird man eigentlich<br />

„Nazijäger“? Oder: Wie wurde der<br />

selbsternannte „Nazijäger“ zu dem, was<br />

er ist?<br />

1944 in Bitterfeld bei Leipzig geboren<br />

und vom Vater, einem Lehrer und Wehrmachtsangehörigen,<br />

streng militärisch<br />

erzogen, weckt die Seefahrt bereits im<br />

Alter von 15 Jahren sein Interesse. Kurz<br />

vor dem Abitur in Essen konnte Hoenen<br />

dann bei einem sechswöchigen Praktikum<br />

auf See erste Erfahrungen machen.<br />

Nach dem Schulabschluss wollte er zur<br />

Bundesmarine gehen, aber sein hoher<br />

Blutdruck machte ihm bei der Musterung<br />

einen Strich durch die Rechnung.<br />

Und das obwohl er regelmäßig Sport<br />

trieb, wie Geräteturnen, Handball spielen<br />

und Rudern.<br />

Von der Ausmusterung noch schwer<br />

getroffen, entschied Klaus Hoenen sich<br />

für ein Meteorologiestudium in München.<br />

Wegen des hohen Physikanteils,<br />

der ihm nicht lag, brach er jedoch nach<br />

zwei Semestern ab. Nun führte ihn sein<br />

Weg an die TH Darmstadt, wo er bis<br />

zum Vordiplom Geowissenschaften studierte.<br />

Ganz im Sinne der 68er ging er<br />

zu dieser Zeit, „aus einem Bauchgefühl<br />

heraus“, obwohl er das „reine echte<br />

20<br />

Campus<br />

Verständnis für das Politische noch gar<br />

nicht hatte“ erstmalig auf eine Demo<br />

und skandierte „Ho-, Ho, Ho-Chi-Minh“<br />

gegen den Vietnamkrieg der US-Amerikaner,<br />

für den Vietcong. Als sein Dozent<br />

nach Braunschweig berufen wur-<br />

de, ging Hoenen <strong>kurz</strong>erhand mit und<br />

beendete sein Studium der Geowissenschaften<br />

dann an der TU Braunschweig.<br />

„Eigentlich war mir die Steinwelt aber<br />

viel zu tot.“ Daher beschäftigte er sich<br />

parallel noch mit der Mikrobiologie und<br />

schaftlichen Qualitätskriterien und es fallen<br />

uns auf Anhieb einige große Unterschiede zwischen<br />

diesen beiden Welten ein. Zum Beispiel<br />

in der Sprache. Der unbedingte Exaktheitszwang<br />

wissenschaftlicher Veröffentlichungen<br />

steht doch in einem krassen Gegensatz zum<br />

journalistischen Verständlichkeitsanspruch.<br />

Wissenschaft sucht vor allem nach Regelmäßigkeiten,<br />

Journalismus eher nach Menschen<br />

und Themen, die aus dem alltäglichen Rahmen<br />

fallen und so einen Informationswert für<br />

den Rezipienten in sich tragen. Wir denken,<br />

das ist auch gut so. Wenn Sie mit unwissenschaftlich<br />

aber etwas anderes meinen, nämlich<br />

unkritisch und noch dazu inhaltlich falsch<br />

– dann fühlen wir uns sehr wohl in unserer<br />

Berufsehre getroffen. Für das Portrait über<br />

Klaus Hoenen haben wir mit vielen verschiedenen<br />

Menschen gesprochen, zum Beispiel mit<br />

politischen Weggefährten, Studierenden oder<br />

Vertretern von öffentlichen Einrichtungen wie<br />

etwa der Bahnhofsmission. Bis heute haben<br />

wir übrigens keine Informationen gewonnen,<br />

die das von uns gezeichnete Bild entscheidend<br />

verändern würden. #<br />

Fotos: Maria Boger


Lieblings …<br />

Schlussakkord<br />

Ein Blick hinter die Kulissen: Unsere Redakteure verraten euch exklusiv ihre Vorlieben!<br />

Hannes Graubohm<br />

Lieblingsalbum<br />

Name des Albums: Hooray für Boobies<br />

Interpret: Bloodhound Gang<br />

Weil: Jeder Track ein Hit!<br />

Begeistert mich auch nach 10 Jahren immer<br />

noch. Die Bloodhound Gang kann und wird<br />

dieses Album nicht mehr toppen können.<br />

Lieblingsfi lm<br />

Name des Films: Idiocracy<br />

Regie: Mike Judge<br />

Weil: lustig, regt trotz platten Slapstick-Humors<br />

zum Nachdenken an<br />

Dumme Menschen vermehren sich massenhaft,<br />

intelligente Menschen sterben langsam<br />

aus, da sie die Karriere dem Kinderkriegen<br />

vorziehen. Durchschnittsamerikaner Joe<br />

wacht nach 500 Jahren auf und ist plötzlich<br />

der klügste Mensch der Welt. „Autsch, meine<br />

Eier!“<br />

Lieblingsbuch<br />

Name des Buches: Hartmut und ich<br />

Autor: Oliver Uschmann<br />

Weil: absurd komisch, gut beobachtet<br />

Das erste von bisher fünf Büchern über das<br />

WG-Zusammenleben eines Paketpackers mit<br />

dem Langzeitstudenten, Visionär und Unternehmer<br />

Hartmut.<br />

… ALBUM? FILM? BUCH?<br />

Lina Beling<br />

Lieblingsalbum<br />

Name der Alben: “Cat Empire” und<br />

“Two Shoes”<br />

Interpret: The Cat Empire<br />

Weil: unglaublich vielfältig, dynamisch,<br />

lustig<br />

Die sechsköpfi ge Stammbesetzung aus Melbourne<br />

schafft es mitzureißen, immer wieder<br />

neu zu überraschen und mit interessanten<br />

Kombinationen zu beeindrucken.<br />

Lieblingsfi lm<br />

Name des Films: Im Winter ein Jahr<br />

Regie: Caroline Link<br />

Weil: emotional, still und stürmisch<br />

Trauer, Konfl ikte, Vergangenheitsbewältigung,<br />

Beziehungen, Gefühle, Kontroversen,<br />

Gespräche, Diskussionen, Freiheit.<br />

Und am Ende eine subtil vermittelte und doch<br />

einfache Botschaft – Hoffnung.<br />

Lieblingsbuch<br />

Name des Buches: Drei Minuten mit<br />

der Wirklichkeit<br />

Autor: Wolfram Fleischhauer<br />

Weil: spannend, wild, tiefgründig<br />

Mitreißender Polit-Thriller trifft auf eine tiefe,<br />

dramatische Liebesgeschichte und ganz nebenbei<br />

taucht man ein in eine fremde Kultur.<br />

49<br />

Lieblingsalbum<br />

Christian Matz<br />

Name des Albums: Frail Words<br />

Collapse<br />

Interpret: As I Lay Dying<br />

Weil: intensiv, emotional, authentisch<br />

Wahnsinns Gitarrenläufe, donnernder Doublebass<br />

und die wohl schönsten Lyrics im Genre<br />

vereinen sich zu einem kraftvollen Deathmetal/Metalcore<br />

Geschoss.<br />

Lieblingsfi lm<br />

Name des Films: Brick<br />

Regisseur: Rian Johnson<br />

Weil: Düster, Spannend, Intelligent<br />

Brendan sucht seine verschwundene drogenabhängige<br />

Freundin Emily. Fernab vom Hollywoodkino<br />

ein brillanter, modern thematisierter<br />

Film Noir.<br />

Lieblingsbuch<br />

Name des Buches: Teufl ische<br />

Versprechen<br />

Autor: Andreas Franz<br />

Weil: Gesellschaftskritik auf hohem<br />

Niveau<br />

In einer trockenen, kühlen Sprache erzählt<br />

Andreas Franz die Geschichte einer korrupten<br />

Gesellschaft und einer Zwangsprostituierten.<br />

Bitterer Nachgeschmack inklusive.


Schlussakkord<br />

Eine<br />

Lebensgleichung<br />

PARTY ODER PROFI? EINE FRAGE, EIN TRIP NACH HAMBURG UND VIELE ANTWORTEN<br />

Von Christian Matz<br />

Neulich im Metronom nach Hamburg<br />

las ich ein Interview mit<br />

Bastian Schweinsteiger, Mark<br />

van Bommel und Philipp Lahm. In meiner<br />

Tasche Konzertkarten, Bier und<br />

Geld – alles was man so braucht für ein<br />

gutes Wochenende auf dem Kiez. Eine<br />

halbe Stunde vor Ankunft war meine<br />

Laune auf dem Höhepunkt, bis ich<br />

folgende Zeilen las: „Du hast es richtig<br />

gemacht, du bist damals nicht feiern<br />

gegangen, aber dafür bist du jetzt Fußballprofi<br />

.“ (Gentlemen’s Quarterly November<br />

2010). In den nächsten Sätzen<br />

erzählen die Fußballer aus ihrer Jugend:<br />

Kein Freibad, kein Wochenende, keine<br />

Party, stattdessen hartes Training, ein<br />

geregelter Tagesablauf. Ich, so schien<br />

mir der Artikel bewusst machen zu wollen,<br />

fuhr also direkt in meinen Ruin. Bis<br />

auf das Konzert konnte ich den Abend<br />

kaum genießen. Das Bier schmeckte<br />

nicht wie sonst, zu groß das Schallen in<br />

meinem Kopf, zu groß der Drang wieder<br />

am Schreibtisch zu sitzen.<br />

Als ich meine Freunde nach nur zwei<br />

Stunden Aftershowparty nach Hause<br />

nörgelte, wurde ich auch prompt zur<br />

Rede gestellt. Weil die Standartfl oskeln<br />

wie „Du bist nur einmal jung“ und „Verschwende<br />

deine Jugend“ nicht wirkten,<br />

saß ich eine viertel Stunde später vorm<br />

DVD Player und musste mir 13 Semester<br />

reinziehen. Zwei Kerle, die zusammen<br />

anfangen zu studieren. Dirk der<br />

Strebsame und Ehrgeizige und Moritz<br />

das genaue Gegenteil. Die offenkundige<br />

Moral von der Geschichte: Auch mit<br />

Umwegen kommt man zum Ziel.<br />

Um endlich Ruhe in die Runde zu<br />

bringen, maskierte ich meine Zweifel<br />

am Film und öffnete wie alle anderen<br />

scheinbar zufrieden mein Gute-Nacht-<br />

Bier. Für mich hatte der Film in diesem<br />

Moment aber eine andere Moral:<br />

Im Studium durchwuseln, Glück haben<br />

und Happy End – eine eindeutige<br />

Ausnahmeerscheinung.<br />

Doch ist die Gleichung so einfach?<br />

Viel arbeiten plus viel verzichten gleich<br />

großer Erfolg? Bevor ich meinen Freunden<br />

doch noch das letzte Gute-Nacht-<br />

Bier aus dem Mund reiße, um sie vor<br />

der künftigen Privatinsolvenz zu be-<br />

50<br />

wahren, lasse ich mir lieber die Formel<br />

nochmals durch den Kopf gehen. Schon<br />

fällt mir auf, dass ich eine Variable vergessen<br />

habe: Lebensfreude.<br />

Selbst ohne mathematische Kenntnisse<br />

fällt einem auf, dass Erfolg ohne Lebensfreude<br />

wenig Sinn macht. Für die<br />

drei Jungs oben gehörte dazu eben der<br />

Fußball. Alles aufzugeben für einen Lebenstraum<br />

ist in diesem Kontext ein super<br />

Ding.<br />

Nochmals schaue ich in die Runde<br />

meiner Freunde und stelle fest: weit<br />

und breit keine potentiellen Versager.<br />

Alle haben ihren Weg gefunden, ob nun<br />

ohne oder mit ein, zwei Kurskorrekturen.<br />

Genauso geht es mir. Aufgegeben<br />

hat dafür jeder etwas, nur nicht sich<br />

selbst. Also korrigiere ich: Viel arbeiten<br />

plus viel Spaß minus Selbstaufgabe<br />

gleich Erfolg und Lebensfreude. An dieser<br />

Formel kann jeder für sich noch arbeiten,<br />

gerade weil sie für jeden individuell<br />

ist. Aber bis ich meine Gleichung<br />

perfektioniert habe, lasse ich mir erstmal<br />

mein Gute-Nacht-Bier schmecken<br />

und genieße das Restwochenende. #<br />

Foto: Christian Matz


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