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Bilfinger Berger Magazin

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01 2011<br />

<strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> <strong>Magazin</strong><br />

8 Nordirland Ein College bereichert die Region | 28 Dänemark Das schönste Studentenwohnheim<br />

Eu ro pas | 38 Deutschland Schüler managen ihre Mensa | 44 Elfenbeinküste Bildung ohne Bücher<br />

Inspiration, Veränderung, Bereicherung


2 \\ IMPRESSUM<br />

<strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> <strong>Magazin</strong><br />

www.magazin.bilfinger.com<br />

Herausgeber:<br />

<strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> SE<br />

Carl-Reiß-Platz 1 – 5<br />

68165 Mannheim<br />

Tel. 0621 459-0<br />

Fax 0621 459-2366<br />

www. bilfinger.com<br />

Verantwortlich:<br />

Michael Weber, <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong><br />

Chefredaktion:<br />

Dr. Daniela Simpson, <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong>,<br />

Bernd Hauser, agentur.zs<br />

Kontakt:<br />

dsim@bilfinger.com<br />

Gestaltung und Layout:<br />

Steven Dohn, Theo Nonnen,<br />

Bohm und Nonnen, Büro für Gestaltung<br />

Bildredaktion:<br />

Helge Rösch, agentur.zs<br />

Titelbild: privat, akg-images<br />

Bildbearbeitung: Goldbeck Art<br />

Druck: ColorDruck Leimen<br />

Versandkoordination:<br />

Business Service Weber<br />

Das <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> <strong>Magazin</strong> erscheint<br />

zweimal jährlich auf Deutsch und Eng lisch.<br />

Alle Rechte sind vorbehalten. Namentlich<br />

gekennzeichnete Beiträge geben nicht in<br />

jedem Fall die Meinung des Herausgebers<br />

wieder. Nachdruck und elektronische Ver -<br />

breitung, auch auszugsweise, sind nur mit<br />

Genehmigung der Redaktion möglich.<br />

Das <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> <strong>Magazin</strong> wird auf FSCzertifiziertem<br />

Papier gedruckt.<br />

<strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> <strong>Magazin</strong> // 01 2011


SCHULE SOLL MOTIVIEREN –<br />

DIE PRIVATWIRTSCHAFT KANN<br />

DAZU BEITRAGEN<br />

Nie musste das Bildungswesen mehr leisten als heute.<br />

Es soll nicht mehr nur Wissen vermitteln, sondern auch das<br />

individuelle Potenzial junger Menschen fördern und Raum<br />

bieten für innovative pädagogische Konzepte.<br />

In vielen Schulen scheitert die Umsetzung schon an den<br />

äußeren Gegebenheiten. Die Klassenzimmer sind zu klein,<br />

die Möbel abgenutzt, die Technik veraltet. Rund 73 Milliarden<br />

Euro werden Kommunen in den kommenden zehn Jahren<br />

in Schulen investieren müssen, hat das Deutsche Institut<br />

für Urbanistik errechnet. Dennoch: Die Budgets reichen<br />

nur für das Nötigste.<br />

So wundert es nicht, dass im Bildungsbereich öffent -<br />

lich-private Partnerschaften (ÖPP) besonders gefragt sind,<br />

weil sie helfen, Schulprojekte nicht nur kostengünstiger,<br />

sondern auch erheblich schneller umzusetzen. Davon<br />

profitieren insbesondere Lehrer und Schüler, denn ein<br />

motivierendes Arbeitsumfeld inspiriert. Eine Studie der<br />

KPMG bestätigt, dass Schüler in ÖPP-Schulen besonders<br />

gut lernen und besonders wenig fehlen.<br />

Ihr<br />

HERBERT BODNER<br />

Vorstandsvorsitzender der <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> SE<br />

// 3


4 \\ INHALT<br />

01 2011<br />

<strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> <strong>Magazin</strong><br />

KULTURAUSTAUSCH AN DER UNI<br />

2 Impressum<br />

3 Editorial<br />

4 Inhalt<br />

6 Kaleidoskop<br />

TITELTHEMA /// BILDUNG<br />

8 bildung für alle<br />

22<br />

Das South Eastern Regional College<br />

(SERC) unweit von Belfast ist der<br />

Dreh- und Angelpunkt für beruf -<br />

liche Bildung und Unternehmensentwicklung<br />

in Nordirland. Ins be -<br />

sondere junge Menschen ergreifen<br />

hier die Chance, sich weiterzuqua -<br />

lifizieren, regionale Unternehmen<br />

lassen sich vom College beraten.<br />

<strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> betreibt den neuen<br />

Campus in der Stadt Lisburn und<br />

sorgt für optimale Arbeitsbedin -<br />

gungen.<br />

16 schule hat viele gesichter<br />

Wie sieht das Klassenzimmer von<br />

Zirkuskindern aus? Wer gibt kran-<br />

LEBEN IM LUXUSWOHNHEIM<br />

ken Schülern in der Klinik Unter -<br />

richt? Wo lernen die Kinder der<br />

Rhein schiffer? Nicht immer ist der<br />

Schulalltag alltäglich: eine fotografi-<br />

sche Reise quer durch Deutschland.<br />

22 geist und geld<br />

Die Mannheimer Universität ist eine<br />

Erfolgsgeschichte, die vom Mit ein -<br />

ander der Gegensätze handelt. Wirtschafts-<br />

und Kulturwissenschaften<br />

entwickeln gemeinsam Studiengänge,<br />

die einzigartig in Deutschland<br />

sind und den internationalen Ruf der<br />

Uni festigen. <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> fördert<br />

die renommierte Alma Mater.<br />

28 studenten im luxus<br />

28<br />

Der Auftrag an die Planer in Kopen-<br />

hagen lautete, das „Studenten wohn -<br />

heim der Zukunft“ zu entwerfen.<br />

Heraus kam ein kreisrundes Haus,<br />

das die Kritiker begeistert. Die Architektur<br />

im Tietgenkollegiet soll vor<br />

allem Gemeinschaft möglich<br />

machen.


34 der glücksbringer<br />

Kann man lernen, glücklich zu sein?<br />

Ja, meint Ernst Fritz-Schubert. Der<br />

Direktor hat an seiner Schule in Heidelberg<br />

ein neues Fach eingeführt.<br />

Neben Mathematik und Englisch<br />

wird dort jetzt auch Glück gelehrt.<br />

36 wie süss!<br />

Ein alter deutscher Brauch: Erstklässler<br />

bekommen am ersten Schultag<br />

neben dem Ranzen eine mit Süßigkei -<br />

ten gefüllte Schultüte, die ihnen den<br />

Weg in den „Ernst des Lebens“ ver -<br />

süßen soll. Ein fotografisches Mosaik.<br />

38 klasse küche, kinder!<br />

Im oberfränkischen Münchberg betreiben<br />

die Schüler eines Gymnasiums<br />

ihre eigene Kantine. Für dieses<br />

Engagement wurden sie mehrfach<br />

ausgezeichnet. Als Projektpartner<br />

des Landkreises saniert <strong>Bilfinger</strong><br />

<strong>Berger</strong> die Schule und übernimmt<br />

künftig das Gebäudemanagement.<br />

34 38<br />

44<br />

NEUES UNTERRICHTSFACH: GLÜCK SCHÜLER MANAGEN IHRE MENSA BILDUNG OHNE BÜCHER<br />

44 meister des worts<br />

Die Elfenbeinküste ist vom Bürgerkrieg<br />

zerrissen. Wie ist Versöhnung<br />

möglich? Darauf gibt der Geschichtenerzähler<br />

Fortuné Antwort, der für<br />

das Friedensprojekt „Peace Counts“<br />

durch das Land zieht und die Menschen<br />

in den Dörfern zu Tausenden<br />

herbeilockt. Seine Botschaften werden<br />

verstanden – auch von den vielen<br />

Analphabeten.<br />

50 strassen der welt:<br />

münzgasse, Tübingen<br />

In Deutschland ist der große Dichter<br />

Goethe allgegenwärtig. Wo immer<br />

er einen Fuß hinsetzte, hängen Gedenktafeln.<br />

In Tübingen jedoch wird<br />

das ehrfürchtige Gedenken frech<br />

herausgefordert. In keiner Stadtführung<br />

fehlt der Hinweis auf jene<br />

Tafel, die Studenten in den 1980er<br />

Jahren aus dem Wohnheim am<br />

Cotta haus hängten und die bis heute<br />

Bestand hat.<br />

/// NEWS<br />

48 durchbruch am gotthard /<br />

Das Herzstück des längsten Bahn -<br />

tunnels der Welt ist fertig.<br />

fussball-em 2012 / Polen baut<br />

seine Autobahnen aus.<br />

brennstoffaufbereitung /<br />

<strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> übernimmt die<br />

Rotring Engineering AG.<br />

prüfstrecke für bmw / Das um -<br />

welttechnische Versuchszentrum<br />

in München geht in Betrieb.<br />

// 5<br />

49 umfirmierung zur „se“ / <strong>Bilfinger</strong><br />

<strong>Berger</strong> wird europäisch.<br />

roland koch wird neuer chef /<br />

Ehemaliger Ministerpräsident wird<br />

Nachfolger von Herbert Bodner.<br />

Betreiberprojekte / Verkauf von<br />

Anteilen gibt Spielraum für neue<br />

Engagements.<br />

ppp in kanada / In Toronto entsteht<br />

eine Frauenklinik.<br />

nordsee-service / Rahmenverträge<br />

mit dem Energiekonzern Statoil.


6 \\ KALEIDOSKOP <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> <strong>Magazin</strong> // 01 2011<br />

KINDHEIT OHNE LERNEN<br />

Weltweit besuchen 69 Millionen Kinder im schul -<br />

pflichtigen Alter keine Schule – meist weil Schulhäuser<br />

und Lehrer fehlen. Prozentanteil der Kinder,<br />

die zur Schule gehen, in ausgewählten Ländern:<br />

Deutschland 99,9 %<br />

Pakistan 66,1 %<br />

Niger 49,5 %<br />

Eritrea 40,2 %<br />

DIE BESTEN UNIS WELTWEIT<br />

Die Zeitschrift „Times Higher Education“ er stellt<br />

jedes Jahr ein Ranking der 200 besten Universitäten<br />

der Welt. Hier die aktuellen Top Ten:<br />

1. Harvard<br />

2. California Institute of Technology<br />

3. Massachusetts Institute of Technology<br />

4. Stanford University<br />

5. Princeton<br />

6. Cambridge<br />

7. Oxford<br />

8. Berkeley<br />

9. Imperial College London<br />

10. Yale<br />

Die beste deutsche Hochschule im Ranking ist<br />

die Universität Göttingen auf Platz 43.<br />

LESEVERGNÜGEN<br />

Leider ist Schule in Wirklichkeit nicht immer so<br />

lustig wie in diesen Schulgeschichten-Klassikern:<br />

„Das fliegende Klassenzimmer“<br />

von Erich Kästner<br />

„Memoiren eines mittelmäßigen Schülers“<br />

von Alexander Spoerl<br />

„Der kleine Nick“<br />

von René Goscinny<br />

Quelle: Vereinte Nationen<br />

„Caius, der Lausbub aus dem alten Rom“<br />

von Henry Winterfeld<br />

WER BRAUCHT NOCH EIN LEXIKON?<br />

In den neun Jahren seit ihrer Erfindung ist die Online-Enzyklopädie<br />

Wikipedia auf über 260 Sprachversionen angeschwollen. Die englischsprachigen<br />

Artikel sind mit drei Millionen am zahlreichsten. Deutsche<br />

Einträge gibt es aktuell rund eine Million.<br />

HÖHERE MATHEMATIK<br />

„Beweisführung für Fortgeschrittene: Je mehr Käse, desto mehr Löcher.<br />

Je mehr Löcher, desto weniger Käse. Daraus folgt: Je mehr Käse, desto<br />

weniger Käse!“ Zitat eines Professors in einer Mathematik-Vorlesung in Aachen<br />

DER STUNDENPLAN IM WUNDERLAND<br />

“And how many hours a day did you do lessons?” said Alice, in a hurry<br />

to change the subject. “Ten hours the first day,” said the Mock Turtle:<br />

“nine the next, and so on.” “What a curious plan!” exclaimed Alice. “That’s<br />

the reason they’re called lessons,” the Gryphon remarked: “because they<br />

lessen from day to day.” aus „Alice in Wonderland“, Lewis Carroll<br />

PROMINENTE FORSCHUNG<br />

Wissenschaftler, die neue Arten entdecken, sind in der Namensfindung<br />

manchmal höchst kreativ:<br />

Agra schwarzeneggeri: ein 2002 in Costa Rica entdeckter Laufkäfer<br />

mit stark ausgebildeten Gliedmaßen.<br />

Agathidium bushi, Agathidium cheneyi, Agathidium rums -<br />

feldi: nach George W. Bush, Dick Cheney und Donald Rumsfeld benannte<br />

Schwammkugelkäfer.<br />

Campsicnemius charliechaplini: eine Langbeinfliege, die ihre<br />

Hinterbeine auf eine Weise bewegt, die den<br />

Forscher an Charlie Chaplin denken ließ.<br />

Elvisaurus: ein Dinosaurier,<br />

dessen Kamm an die Haartolle<br />

des King of Rock’n’Roll<br />

erinnert.<br />

Eristalis gatesi:<br />

eine nach Bill Gates<br />

benannte<br />

Schwebfliege,<br />

deren Augen<br />

großen Brillengläsern ähneln.


Fotos: istockphoto.de/Luis Pedrosa, photocase.de/flobox, USDA/F. Christian Thompson, John Tenniel, visibleearth.nasa.gov<br />

BEI DEN NORDLICHTERN<br />

Bachelor of Bass<br />

Ein Studium als Techno-DJ? Am Institut für elektronische<br />

Musik in der Königlichen Musikakademie in<br />

Åarhus, Dänemark, ist das möglich. Elektronische<br />

Musik ist für Wayne Siegel, den Leiter des Instituts,<br />

eine ebenso hohe Kunst wie das Musizieren mit Geige,<br />

Flöte oder der eigenen Stimme: „Wir suchen nach<br />

Leuten, die schon Künstler sind und sich in ihrer Originalität<br />

noch weiterentwickeln wollen.“<br />

www.diem.dk<br />

WISSENS-<br />

DURST<br />

„Bildung ist das, was übrig bleibt,<br />

wenn der letzte Dollar weg ist.“<br />

Mark Twain<br />

„Wir ertrinken in Informationen,<br />

aber uns dürstet nach Wissen.“<br />

John Naisbitt, Zukunftsforscher<br />

„Je mehr man schon weiß, je mehr<br />

hat man noch zu lernen. Mit dem<br />

Wissen nimmt das Nichtwissen<br />

in gleichem Grade zu oder vielmehr<br />

das Wissen des Nichtwissens.“<br />

Friedrich von Schlegel<br />

Master of Arctic<br />

Polarnacht an 113 Tagen und eine jährliche Durchschnittstemperatur von<br />

minus 4,5 Grad: Wer am University Centre in Svalbard, zu deutsch „Kühle<br />

Küste“, in Longyearbyen auf Spitzbergen arktische Biologie oder Geologie<br />

studieren will, muss sich warm anziehen. Rund 350 Studenten jährlich<br />

hält das nicht ab, sich zum Arktis-Experten ausbilden zu lassen. Ihr<br />

Labor liegt direkt vor der Haustür, weniger als 1100 Kilometer vom Nordpol<br />

entfernt. Die Hälfte der Studenten kommt aus dem Ausland, die<br />

Vorlesungssprache ist Englisch.<br />

www.unis.no<br />

// 7


8 \\ BERUFLICHE BILDUNG IN NORDIRLAND <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> <strong>Magazin</strong> // 01 2011<br />

EINST BILDETE DAS COLLEGE SCHWEISSER FÜR DIE<br />

WERFTEN AUS. HEUTE BEFASSEN SICH DIE STUDENTEN<br />

MIT DEN GEHEIMNISSEN DER ELEKTROTECHNIK.


BILDUNG<br />

FÜR ALLE<br />

DAS SOUTH EASTERN REGIONAL COLLEGE (SERC)<br />

NICHT WEIT VON BELFAST IST DAS ZENTRUM<br />

FÜR BERUFLICHE BILDUNG UND UNTERNEHMENS -<br />

ENT WICKLUNG IN NORDIRLAND. BILFINGER BERGER<br />

BETREIBT ES IN ÖFFENTLICH-PRIVATER PARTNER -<br />

SCHAFT.<br />

MATHIAS RITTGEROTT / TEXT /// RAINER KWIOTEK / FOTOS<br />

/// Russell Spencer hofft, in Nordirland sein<br />

Glück zu finden. Vor einem Jahr ist er mit seiner<br />

Familie aus Simbabwe nach Belfast gezogen,<br />

weil sein Geburtsland eine beispiellose<br />

Talfahrt erlebte. Der 21-Jährige trägt ein blaues<br />

Poloshirt mit dem Schriftzug „Johnsons Coffee“.<br />

Für die Firma repariert er in Restaurants<br />

Kaffeemaschinen, in ganz Nordirland kommt<br />

er herum, gelegentlich sogar nach Dublin. Die<br />

Arbeit bringt Geld. „Aber ich will kein kleiner<br />

Monteur bleiben“, sagt er.<br />

Deshalb hat sich der Junge mit den Sommersprossen<br />

zu einem Elektrotechnikkurs im<br />

South Eastern Regional College (SERC) eingeschrieben.<br />

Jeden Donnerstag von neun Uhr<br />

morgens bis neun Uhr abends befasst er sich<br />

in dem zwei Jahre währenden Kurs mit den<br />

Geheimnissen von Elektronen, Transistoren<br />

und elektrischen Widerständen. „Das ziehe ich<br />

durch, weil ich weiterkommen will“, sagt er.<br />

Bis ins Detail kann er die Sortiermaschine des<br />

schwäbischen Roboterbauers Festo erklären.<br />

Dabei schlüpft er zwischen einem Roboterarm,<br />

Förderbändern und einem Trichter voller<br />

Maiskörner hindurch. Seine Augen leuchten.<br />

„So eine Maschine kostet 200 000 Pfund. Und<br />

das SERC hat eine. Phänomenal!“<br />

TRADITION SREICHES COLLEGE<br />

Das SERC ist Fortbildungszentrum, Berufsschule<br />

und Volkshochschule zugleich. Die<br />

Dozenten machen Kursteilnehmer mit unterschiedlichstem<br />

Hintergrund fit für den Arbeitsmarkt.<br />

Damit nicht genug: Die Dozenten<br />

nehmen als Berater oder Produktentwickler<br />

Aufträge aus der freien Wirtschaft an. Und<br />

Kurse werden auf Unternehmen zugeschnit-<br />

// 9


10 \\ BERUFLICHE BILDUNG IN NORDIRLAND <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> <strong>Magazin</strong> // 01 2011<br />

ten. Das macht das College zum Dreh- und Anfast der Schiffbau, dort lief die Titanic vom Stagelpunkt<br />

für berufliche Bildung und Unterpel, der modernste Ozeandampfer seiner Zeit.<br />

nehmensentwicklung in Nordirland.<br />

Das College bildete Schiffsbauer und Schwei-<br />

Rund 68 000 Beschäftigte haben sich in den ßer für die anspruchsvollen Werften aus. Es er-<br />

vergangenen zehn Jahren hier für ihren Job möglichte durch niedrige Studiengebühren<br />

aus- oder weitergebildet. „Diese Leute sind selbst Armen höhere Bildung. Zudem bot es<br />

wichtig für unsere Wirtschaft“, sagt Ken Schulabgängern mit schlechten Zeugnissen<br />

Webb, Direktor und Geschäftsführer des SERC, Extrakurse in Lesen, Schreiben und Rechnen.<br />

das 1200 Mitarbeiter zählt.<br />

Mittlerweile werden Schiffe in Asien ge-<br />

„Wir verfolgen heute noch die gleichen Ziebaut, und jahrzehntelang lähmte der blutige<br />

le wie 1914, als unsere Schule gegründet wur- Konflikt zwischen Protestanten und Katholide“,<br />

erklärt er. Damals boomte im nahen Belken das Land. Ken Webb umreißt deshalb, wel-


FRISÖR WERDEN: TROTZ SCHLECHTER BEZAHLUNG<br />

NOCH IMMER EIN TRAUMBERUF, VOR ALLEM FÜR<br />

MÄDCHEN.<br />

NAOMI CAMPBELL STEIGT DIE BILDUNGSLEITER<br />

HOCH: VOM REALSCHULABSCHLUSS ZUM HOCH -<br />

SCHULSTUDIUM.<br />

che neue und doch alte Rolle das SERC bei der<br />

Wiederbelebung der regionalen Wirtschaft<br />

spielt. „Wir verteilen nicht einfach Diplome,<br />

sondern wollen für Fachkräfte mit exzellent<br />

ausgebildeten Fertigkeiten sorgen“, sagt Ken<br />

Webb. Schwerpunkte liegen auf Wissenschaft,<br />

Technik, Ingenieurwesen und Mathematik. Jeder<br />

dritte Student besucht einen dieser Kurse.<br />

AUFWÄRTS AUF DER BILDUNGSLEITER<br />

Im Verlauf eines Jahres sitzen insgesamt<br />

15 000 Erwachsene wie Russell Spencer in den<br />

Klassenzimmern, Laboren und Techniksälen.<br />

Manche abends noch im Blaumann, den sie<br />

tagsüber bei ihrer Arbeit tragen.<br />

Vormittags bevölkern junge Leute den Lisburn<br />

Campus. Mehr als 5 000 Schulabgänger<br />

mit und ohne Abschluss verteilen sich auf Voll -<br />

zeitkurse in 40 Fächern. Manche haben das<br />

SERC bereits während ihrer Schulzeit kennengelernt,<br />

denn mit vielen Schulen bestehen<br />

Part ner schaften, und in den Ferien besuchen<br />

Schüler hier ergänzende Kurse. Später können<br />

sie auch ihre Ausbildung hier absolvieren: in<br />

// 11<br />

der Kfz-Werk statt, der Schreinerei oder der Restaurantküche.<br />

Andere Jugendliche streben zur Universität.<br />

Auf einer Art Bildungsleiter klettern sie von<br />

Kurs zu Kurs höher. Naomi Campbell, 20,<br />

macht das so. Ihr Schulabschluss entsprach<br />

etwa einer Mittleren Reife. Jetzt besucht sie<br />

am SERC einen zweijährigen Kurs in Gesundheits-<br />

und Sozialwesen und hat damit die<br />

Zugangsberechtigung für ihr Traumstudium:<br />

Sozialarbeit. Sie sitzt im Rollstuhl und fährt so<br />

flink die Gänge entlang, dass man kaum hin-


12 \\ BERUFLICHE BILDUNG IN NORDIRLAND <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> <strong>Magazin</strong> // 01 2011<br />

HERVORRAGENDE LERNBEDINGUNGEN: CHRISTY DADE, 31,<br />

BRINGT EINE AUTOMATISCHE SORTIERMASCHINE ZUM LAUFEN.<br />

terherkommt. Später möchte sie in einem Jugendzentrum<br />

arbeiten. Im SERC wurde sie zur<br />

studentischen Behindertenbeauftragten gewählt.<br />

AUS DER PRAXIS AN DIE UNI<br />

James Currie, 21, hat eine besonders innige Beziehung<br />

zum Campus. Er hat als Student am<br />

SERC beim Bau des Gebäudes mitgewirkt:<br />

Arbeitspläne geschrieben, den Materialfluss<br />

überwacht. Jetzt hat er sein Studium an der<br />

University of Ulster in Belfast begonnen. Er will<br />

Bausachverständiger werden. Durch seinen<br />

zweijährigen Kurs am SERC verkürzt sich seine<br />

Studienzeit um ein Jahr und die Studienkosten<br />

verringern sich um rund 10 000 Pfund.<br />

MIT MEHR ALS 1000 FIRMEN VERNETZT<br />

Der Fokus des Colleges reicht über die Studenten<br />

hinaus zu den Unternehmen. Mit über<br />

1000 Firmen wurde ein Netzwerk geflochten.<br />

Dickschiffe sind darunter wie Bombardier<br />

und Coca-Cola. Die Beschäftigten des Flugzeugbauers<br />

bildete das SERC im Umgang mit<br />

Titan und Carbon weiter. Für den Getränkehersteller<br />

schulte SERC Mitarbeiter darin, wie eine<br />

moderne Abfüllanlage zu bedienen ist. „Wir<br />

fragen: Welche Kurse braucht die Wirtschaft?<br />

Wir beharren nicht drauf, dass unsere Kurse<br />

100-jährige Tradition haben“, sagt Campus-<br />

Direktor Michael Malone, der die Lehrpläne<br />

entwickelt. Die Wirtschaft des Landes wird<br />

allerdings von kleinen Firmen getragen, von<br />

Drei mann be trieben wie dem von Harry Connor,<br />

39. Der gedrungene Automechaniker,<br />

unter dessen Hemds ärmeln Tätowierungen<br />

hervorlugen, zeigt stolz seine Erfindung: eine<br />

Teleskopstange, die man im Laster zwischen<br />

Lenkrad und Bremspedal klemmt, um die<br />

Bremslichter zu prüfen. „The Extra Foot“ heißt<br />

die Innovation. „Nichts großes, doch bei Ebay<br />

gehen die Dinger weg“, sagt Connor.<br />

Das Logo von „The Extra Foot“ hat Andrew<br />

Corbett, 42, der am College Produktdesign unterrichtet,<br />

entworfen. „Solche Aufträge halten<br />

mich fit. Sie helfen, nicht in der Theorie zu verstauben“,<br />

sagt er und blättert durch sein Skizzenbuch.<br />

Lediglich 120 Pfund Gebühr musste


SCHREINERAUSBILDUNG<br />

FÜR SCHULABGÄNGER:<br />

DAS SPEKTRUM DER BE -<br />

RUFLICHEN BILDUNG AM<br />

COLLEGE IST BREIT.<br />

ANDREW CORBETT, 42,<br />

UNTER RICHTET PRODUKT -<br />

DESIGN UND UNTERSTÜTZT<br />

UNTERNEHMEN BEI DER<br />

VERMARKTUNG IHRER IDEEN.<br />

// 13


14 \\ BERUFLICHE BILDUNG IN NORDIRLAND <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> <strong>Magazin</strong> // 01 2011<br />

PLATZ FÜR AUSTAUSCH UND DISKUSSION:<br />

VIEL LICHT UND LUFT ERLEICHTERT DAS<br />

STUDIEREN.<br />

BILFINGER BERGER PROJECT INVESTMENTS<br />

PRIVATE PARTNER<br />

SANIEREN SCHULEN UND STRASSEN<br />

RUND UM BELFAST<br />

<strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> Project Investments (BBPI) ist mit PPP-<br />

Projekten seit Jahren in Nord irland erfolgreich, insbesondere<br />

im Raum Belfast. An vier der sechs Berufsbildungseinrichtungen<br />

des South Eastern Regional College (SERC)<br />

ist BBPI als privater Partner beteiligt: in Lisburn, Down -<br />

patrick, Newcastle und Ballynahinch, alle im Süden der<br />

nordirischen Hauptstadt. In Ballynahinch, dem letzten der<br />

frisch sanierten und erweiterten Gebäude, beginnt im<br />

Frühjahr 2011 der Unterricht. Rund 25 Jahre lang werden<br />

die Einrichtungen des SERC von <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> betrieben<br />

werden. In Planung befinden sich außerdem zwei weitere<br />

PPP-Schulen im Zentrum und im Osten Belfasts.<br />

Außerdem betreibt <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> seit 2009 einen<br />

60 Kilometer langen Abschnitt der Autobahn M1/Westlink,<br />

der Belfast zum Westen hin öffnet. Zuvor hatte<br />

das Unternehmen den Schnellstraßenabschnitt erweitert<br />

und modernisiert. <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> betreut den Highway<br />

über einen Zeitraum von 30 Jahren für ein festes Entgelt<br />

des Department for Regional Development. Maut müssen<br />

Autofahrer nicht bezahlen. (si)


TAGSÜBER REPARIERT RUSSELL SPENCER KAFFEEMASCHINEN.<br />

IM SERC BILDET ER SICH ZUM ELEKTROTECHNIKER WEITER.<br />

Erfinder Harry Connor für das Logo zahlen. „Ich<br />

habe noch mehr Erfindungen im Kopf“, sagt<br />

dieser verschmitzt, „für CAD-Zeichnungen und<br />

Logo komme ich dann wieder zum SERC.“<br />

BILFINGER BERGER<br />

BETREIBT DAS COLLEGE<br />

Ian Cuthbertson genießt das bunte Treiben auf<br />

dem Campus. „Dieses helle Gebäude. Mit dem<br />

Café und dem Frisörsalon am Eingang. Wie eine<br />

Mall“, freut er sich. Einmal im Monat verlässt<br />

er sein Büro in Belfast und besucht den<br />

Campus, um nach dem Rechten zu sehen.<br />

Cuthbertson repräsentiert <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong><br />

Project Investments in Nordirland. Sein Unternehmen<br />

betreibt das College in Lisburn im<br />

Rahmen einer Public Private Partnership<br />

(PPP). „Wir werden 25 Jahre lang dafür sorgen,<br />

dass das College immer up to date ist. Das gilt<br />

für das Gebäude genauso wie für die gesamte<br />

Ausrüstung.“ Aus dem Café blickt er hinüber<br />

zum Frisörsalon, wo Lehrlinge fleißig kämmen<br />

und föhnen. „Die sind natürlich auch immer<br />

up to date “, sagt er lächelnd – das immerhin<br />

fällt nicht in seinen Arbeitsbereich.<br />

Russell Spencer, der junge Mann aus Simbabwe,<br />

plant indes schon über seine Ausbildung<br />

beim SERC hinaus. „Ich interessiere<br />

mich für Starkstromanlagen“, sagt er, „Arbeit<br />

in einem Kernkraftwerk, das wär’s.“ Die gibt es<br />

zwar in Großbritannien – nicht jedoch in<br />

Nordirland. Womöglich ist Nordirland doch zu<br />

klein für seine Träume. //<br />

AM COLLEGE ERHALTEN JUNGE MENSCHEN<br />

DIE CHANCE IHRES LEBENS.<br />

www.magazin.bilfinger.com<br />

// 15<br />

FÜNFUNDZWANZIG JAHRE LANG GARANTIERT<br />

BILFINGER BERGER DEN REIBUNGSLOSEN BETRIEB<br />

DES COLLEGE.


16 \\ KINDER AUF UNGEWÖHNLICHEN SCHULEN <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> <strong>Magazin</strong> // 01 2011<br />

MELISSA MNICH, 9 Jahre alt, wohnt und lernt im Schifferkinderheim Mannheim-Almenhof<br />

NICHT IMMER IST DER SCHULALLTAG ALLTÄGLICH:<br />

EINE FOTOGRAFISCHE REISE QUER DURCH DEUTSCHLAND.<br />

KATHRIN HARMS / FOTOS<br />

„WIR WARTEN AUF DAS WOCHENENDE“<br />

Meine Mutter und mein Vater fahren den Fluss entlang, sie<br />

sind Rheinschiffer. Auf dem Schiff gibt es keine Schule, und<br />

deshalb sehe ich meine Eltern nur am Wochenende. Von<br />

Montag bis Freitag wohne ich im Schifferkinderheim in<br />

Mannheim. Ich vermisse meine Eltern oft sehr, dann muss<br />

ich weinen. Zum Glück bin ich im Heim zusammen mit<br />

sechs meiner insgesamt acht Geschwister. Wir machen von<br />

zwei bis halb vier Hausaufgaben. Manchmal können wir<br />

danach in die Turnhalle. Wenn nicht, spielen wir etwas anderes<br />

– und warten auf das Wochenende, wo wir mit dem<br />

Zug zu unseren Eltern fahren. Ich könnte mir schon vorstellen,<br />

wie andere Kinder an einem Ort zu leben.


FLORIAN LUTZ, 8 Jahre alt, bekommt Unterricht in der Krankenhausschule der Asklepios Klinik Nord, Hamburg<br />

„ICH BIN DER EINZIGE SCHÜLER“<br />

In meiner Schule kann man nicht abschreiben oder<br />

Quatsch machen. Ich bin nämlich der einzige Schüler. Einen<br />

Tag nach meiner Blinddarm-Operation hat mich schon ein<br />

Lehrer am Krankenbett besucht. Und am nächsten Tag haben<br />

wir mit dem Unterricht begonnen. Mir gefällt das. Vor<br />

allem wiederholen wir, zum Beispiel in Mathe. Und das<br />

auch nur ein, zwei Stunden am Tag. Im Krankenhausunterricht<br />

kann mich keiner ärgern. In meiner richtigen Schule<br />

gibt es nämlich ein paar Jungs, die das schon manchmal<br />

tun. Weniger Hausaufgaben gibt es im Krankenhaus auch.<br />

Trotzdem vermisse ich meine richtige Schule und meine<br />

Freunde. Am meisten vermisse ich den Sportunterricht.<br />

// 17


18 \\ KINDER AUF UNGEWÖHNLICHEN SCHULEN <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> <strong>Magazin</strong> // 01 2011<br />

KEVIN JÄGER*, 17 Jahre alt, lebt in einer Berliner Jugendstrafanstalt<br />

„HIER WERDE ICH KAUM ABGELENKT“<br />

Wenn ich zur Schule gehe, muss ich nur über den Hof. Ein<br />

Vollzugsbeamter begleitet mich. Von 8 bis 13 Uhr lerne ich,<br />

dann geht es zurück in die Zelle. Der Unterricht macht<br />

Spaß, er ist ganz anders als draußen, wo ich immer abgeschaltet<br />

habe. Das passiert mir hier im Gefängnis kaum.<br />

Die Klassen sind kleiner, da kapiere ich mehr. Ich bin selbst<br />

ganz erstaunt, was ich schon gelernt habe, vor allem in Physik.<br />

Früher habe ich die Schule immer wieder abgebrochen.<br />

Aber hier, glaube ich, könnte ich sogar den Realschulabschluss<br />

schaffen. Den brauche ich für meinen Traumjob.<br />

Wenn ich entlassen werde, will ich Hotelfachmann werden.<br />

*Name redaktionell geändert


ISABELL MAATZ, 7 Jahre alt, stammt aus einer Artistenfamilie und geht in die Zirkusschule<br />

„WENN WIR DAS ZELT AUFBAUEN, FÄLLT DER UNTERRICHT AUS“<br />

Unsere Lehrerin heißt Eva. Wenn sie zu uns auf den Zirkusplatz<br />

kommt, frühstücken wir erst einmal zusammen.<br />

Dann machen wir Schule. Mathe und so. Dann ist Pause,<br />

dann machen wir Deutsch, Englisch, und zum Schluss gibt<br />

es Mittagessen zusammen mit Eva. Wir sind nur drei Schüler.<br />

Schule ist aber nicht jeden Tag. Wenn wir von einer<br />

Stadt zur nächsten fahren oder das Zelt aufbauen, fällt der<br />

Unterricht aus. Eva richtet sich nach uns. Später möchte<br />

ich Artistin werden, so wie meine Cousine Leslie, die ist<br />

schon 15. Neben der Schule und den Hausaufgaben trainiert<br />

sie jeden Tag viele Stunden.<br />

// 19


20 \\ KINDER AUF UNGEWÖHNLICHEN SCHULEN <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> <strong>Magazin</strong> // 01 2011<br />

ALEXANDER BEISSWENGER, 7 Jahre, geht auf eine Zwergschule in Unterjoch im Allgäu<br />

„MEINE SCHULE HAT NUR EIN ZIMMER“<br />

Ich wohne auf einem Bauernhof. Auf dem Weg zur Schule<br />

sehe ich Kühe, Schafe, Pferde und sogar Damhirsche, die ein<br />

Landwirt hält, das mag ich gerne. Wir haben nur eine Lehrerin<br />

und nur ein Zimmer. Ich gehe in die erste Klasse, und<br />

mit uns lernen die aus der zweiten. Das ist praktisch: Da sehen<br />

wir uns alle. Klar ist es manchmal laut. Wenn die Zweit-<br />

klässler draußen noch Pause haben, lärmen sie und hauen<br />

beim Reinkommen die Ranzen auf den Boden. Aber<br />

manchmal helfen uns die Zweitklässler auch. Leider ist mit<br />

der dritten Klasse Schluss. Dann muss ich mit dem Bus in<br />

einen anderen Ort fahren, da sind viele Klassen in einem<br />

großen Haus.


MARVIN SCHWEITZER, 9 Jahre alt, Schaustellerkind auf dem Cannstatter Wasen in Stuttgart<br />

„NACH DEN HAUSAUFGABEN FAHRE ICH AUTOSKOOTER“<br />

Ich gehe immer dort in die Schule, wo meine Mutter ge -<br />

rade arbeitet. Sie hat eine Ballwurfbude. Schon immer<br />

sind wir so herumgereist. Auf dem Rummelplatz sind wir<br />

eine Gemeinschaft. Alle halten zusammen. Wir Kinder bekommen<br />

alles umsonst, ob Eis oder Zuckerwatte. In den<br />

Schulen ist es da gegen nicht immer leicht. Oft bin ich dort<br />

zunächst ein Außenseiter, immer muss ich neue Freunde<br />

finden. Das Reisen aber will ich nie aufgeben, man sieht<br />

immer Neues. Und außerdem kann ich nach dem Mittagessen<br />

und den Hausaufgaben jeden Tag Autoskooter fahren,<br />

solange ich will.<br />

// 21


22 \\ UNIVERSITÄT MANNHEIM <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> <strong>Magazin</strong> // 01 2011<br />

GEIST UND GELD<br />

ZUM WINTERSEMESTER TRAT MARKUS SCHMID DIE<br />

STIFTUNGSPROFESSUR „BUSINESS ADMINISTRATION AND<br />

CORPORATE GOVERNANCE“ AN, DIE VON BILFINGER BERGER<br />

MITFINANZIERT WIRD.<br />

DIE RENOMMIERTE MANNHEIMER UNIVERSITÄT<br />

IST EINE ERFOLGSGESCHICHTE,<br />

DIE VOM MITEINANDER DER GEGENSÄTZE HANDELT.<br />

STEFAN SCHEYTT / TEXT /// ERIC VAZZOLER / FOTOS


23<br />

UNTER SECHS ZUSAGEN VON DEUTSCHEN HOCHSCHULEN<br />

ENTSCHIED SICH SIXTINA WÜNSTEL FÜR JENE<br />

AUS MANNHEIM: JETZT BELEGT SIE DEN BEGEHRTEN<br />

STUDIENGANG „KULTUR UND WIRTSCHAFT“.


24 \\ UNIVERSITÄT MANNHEIM <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> <strong>Magazin</strong> // 01 2011<br />

STRENGE FUNKTIONALITÄT IM BAROCKEN SCHLOSS:<br />

VORLESUNG IM FACH BETRIEBSWIRTSCHAFT.<br />

/// Man taucht ein ins Zeitungsarchiv, findet<br />

einen Artikel über „Das Wunder von Mannheim“,<br />

und dann steht man ein paar Tage<br />

später am Eingang der Universität, sieht den<br />

Lavendelstreifen, an den sich ein Streifen roter<br />

Rosen anschließt, dann die golden bemalten<br />

Spitzen des gusseisernen Zauns und dahin -<br />

ter den riesigen Platz, eingefasst von Europas<br />

zweitgrößtem Barockschloss nach Versailles.<br />

Auf dem Pflaster liegt eine Flasche Asti-Sekt,<br />

und am Denkmal von Karl Ludwig, Kurfürst<br />

von der Pfalz und Auftraggeber der Anlage,<br />

steht eine leere Flasche Pfälzer Grauburgunder;<br />

zwei Tage zuvor haben hier 13 000 Besucher<br />

den Sommer und die Schloss-Universität<br />

gefeiert.<br />

Läuft man weiter zum Foyer im Ostflügel<br />

mit seinen Säulen, Glasflächen und großzügigen<br />

Treppenaufgängen, stößt man auf zwei<br />

Bildschirme an den hohen Wänden, darauf die<br />

Anzeige für aktuelle Vorlesungen, immer wieder<br />

unterbrochen von einer Buchempfehlung:<br />

„Geist und Geld“ aus der Reihe „Wirtschaft und<br />

Kultur im Gespräch“, herausgegeben von einer<br />

Mannheimer Geschichtsprofessorin.<br />

Die Universität ist eine Erfolgsgeschichte,<br />

die vom Miteinander viel beschworener Gegensätze<br />

handelt. Geist und Geld, Wirtschaft<br />

und Kultur – selbst die Wände erzählen davon:<br />

Der Rektoratsflur, der den Namen des Mannheimer<br />

Unternehmers und Mäzens Heinrich<br />

Vetter trägt, ist ein Raum für wechselnde<br />

Kunstausstellungen, im Senatssaal hängen


Werke von A. R. Penck. Sie sind Leihgaben des<br />

Unternehmers Reinhold Würth. Die Bibliothek<br />

im Dachstuhl ist nach dem SAP-Gründer<br />

und Großspender Hasso Plattner benannt, und<br />

auch sonst gibt es kaum einen Flur oder Hörsaal<br />

im Studenten-Schloss, der nicht nach einem<br />

Sponsor benannt wäre. Die Mannheimer<br />

Universität pflegt und schätzt die Nähe zur<br />

Wirtschaft, von der man großzügige finanzielle<br />

und ideelle Unterstützung eingeworben hat.<br />

SPITZENPLÄTZE IN SERIE<br />

Die Hochschule zählt zu den besten. So kann es<br />

sich die Fakultät für Betriebswirtschaftslehre<br />

leisten, ihre rund 700 Studienanfänger pro<br />

Jahr aus fast 4000 Bewerbern auszuwählen.<br />

Seit Jahren belegt die Fakultät in nationalen<br />

Rankings den Spitzenplatz. Gemeinsam mit<br />

der angegliederten Mannheim Business School<br />

gehört sie zu den führenden betriebswirtschaftlichen<br />

Fachbereichen Europas. Aber auch<br />

die Geisteswissenschaften der Philosophischen<br />

Fakultät verweisen auf beste Platzierungen,<br />

zum Beispiel beim jüngsten Ranking des Centrums<br />

für Hochschulentwicklung (CHE), dem<br />

größten deutschen Hochschulvergleich.<br />

In einer der Uni-Villen, nur wenige Schritte<br />

vom Schloss entfernt, sitzt Dr. Jürgen M. Schnei -<br />

der, ein schlanker, braun gebrannter Mann von<br />

64 Jahren. Er ist der frischgebackene Dekan der<br />

Fakultät für Betriebswirtschaftslehre (BWL), und<br />

er erinnert sich sichtlich gerne an seine ei gene<br />

Studienzeit in Mannheim, wo er BWL studierte<br />

und später promovierte. Nach mehr als<br />

drei Jahrzehnten in der Industrie, zuletzt als<br />

Finanzvorstand der <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> AG, ist<br />

Jürgen M. Schneider nun zurückgekehrt an<br />

seine Alma Mater. „Die Universität hat einen<br />

riesigen Sprung nach vorne gemacht. Nicht<br />

nur optisch, sondern auch beim Studienprogramm,<br />

der internationalen Ausrichtung, ganz<br />

generell beim Anspruch, den sie sich selbst<br />

gesetzt hat“, urteilt Schnei der. Dreißig Lehrstühle<br />

hat seine Fakultät und rund 250 wis -<br />

senschaftliche Mitarbeiter, deren Interessen<br />

er nun vertritt – insbesondere im Zusammenspiel<br />

mit Partneruniversitäten, die Konkurrenz<br />

und Netzwerkpartner zugleich sind.<br />

Dass sich die Betriebswirte für diese Aufgabe<br />

einen Manager holten, ist einzigartig in<br />

Deutschland und nur eines von vielen Beispielen<br />

für das Mannheimer Selbstverständnis als<br />

Wirtschaftsuni. Dabei ist es erst wenige Jahre<br />

her, dass um das Profil der Universität heftig<br />

gestritten wurde. Die vergleichsweise kleine<br />

geisteswissenschaftliche Fakultät fürchtete<br />

angesichts der Übermacht der Wirtschaftswissenschaften<br />

um ihre Existenz und setzte Tod<br />

und Teufel in Bewegung, um ihr Überleben zu<br />

sichern: Die brave Mannheimer Uni erlebte ihre<br />

erste Studentenrevolte, und die halbe Stadt<br />

beteiligte sich. Schließlich vermittelte der da-<br />

EHEMALIGER FINANZVORSTAND VON<br />

BILFINGER BERGER UND NEUER DEKAN<br />

DER BETRIEBSWIRTSCHAFTS-FAKULTÄT:<br />

DR. JÜRGEN M. SCHNEIDER.<br />

// 25<br />

malige Universitätsratsvorsitzende im Grabenkampf<br />

zwischen Wirtschafts- und Geisteswissenschaften.<br />

Er brachte eine Reform auf<br />

den Weg, die in einer ganz neuartigen, praxisorientierten<br />

Ausrichtung der Geisteswissenschaften<br />

mündete, die intensiv mit den Wirtschafts-<br />

und Sozialwissenschaften verzahnt<br />

wurden. Daran fanden alle Parteien Gefallen.<br />

INTERDISZIPLINÄRER BLICK<br />

In der Tat teilen Wirtschafts- und Geisteswissenschaftler<br />

der Uni eine gemeinsame Vision,<br />

die BWL-Dekan Jürgen Schneider auf den<br />

Punkt bringt: „In Mannheim ist die Fokussierung<br />

auf Wirtschaftswissenschaften zielführend,<br />

aber die Verbindung zu den Nachbardisziplinen<br />

ist ein wichtiges Element, damit dieser<br />

Fokus nicht in Spezialisierung erstarrt.“ Die<br />

neu eingerichtete Professur für Wirtschaftsethik<br />

an der Philosophischen Fakultät ist so<br />

ein Beispiel für die Öffnung der Disziplinen.<br />

Der Lehrstuhlinhaber, der Philosoph Bernward<br />

Gesang, forscht über Rationierung im Gesund -<br />

heitswesen, beschäftigt sich mit den Grenzen<br />

des Wachstums, mit Alternativen zum kapi -<br />

talistischen Wirtschaftssystem und mit dem<br />

ethischen Handeln von Unternehmen in Zeiten<br />

des Klimawandels. Seine Vorlesungen sind<br />

für klassische BWL-Studenten ebenso verpflichtend<br />

wie sich in umgekehrter Richtung<br />

die Geisteswissenschaftler die Grund lagen<br />

„Kultur und Wirtschaft dürfen keine Gegensätze sein.<br />

Erst im Zusamme nwirken wird Innovation gefördert<br />

und Sinn geschaffen.“<br />

Dr. Jürgen M. Schneider


26 \\ UNIVERSITÄT MANNHEIM <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> <strong>Magazin</strong> // 01 2011<br />

der Betriebs- und Volkswirtschaftslehre er -<br />

arbeiten müssen.<br />

BACHELOR „KULTUR UND WIRTSCHAFT“<br />

Das Para debeispiel für die runderneuerte Allianz<br />

der Disziplinen ist der Bachelor-Studiengang<br />

„Kultur und Wirtschaft“ (kurz BaKuWi),<br />

der ein geisteswissenschaftliches Kernfach<br />

wie Anglistik, Germanistik oder Geschichte mit<br />

dem Sachfach Betriebs- oder Volkswirtschaft<br />

BUNTER VOGEL<br />

DAS BRONNBACHER STIPENDIUM<br />

verbindet. Die Studenten erwerben dabei eine<br />

Doppelqualifikation, die ihnen beste Berufsaussichten<br />

eröffnet – vom Kulturmanagement<br />

bis zum Job im Marketing oder im Verlags -<br />

wesen.<br />

Das Interesse am BaKuWi ist groß: Neun Bewerber<br />

kommen auf einen Studienplatz. Sixtina<br />

Wünstel ist eine, die die Hürde geschafft<br />

hat. Nach ihrem Abitur, mit einem Schnitt von<br />

1,4, arbeitete sie mit Straßenkindern in Peru<br />

Es ist der bunte Vogel unter den Stipendien für junge Rechts- und Wirtschaftswissenschaftler und passt<br />

genau in das Bild der Mannheimer Wirtschaftsuni. Das „Bronnbacher Stipendium“ bietet Studierenden<br />

die Chance, ein Jahr lang bei Veranstaltungen und Vorträgen mit Künstlern und Kulturengagierten in Dialog<br />

zu treten. Dadurch soll den Studenten der Blick für kreative Prozesse und Problemlösungen geöffnet<br />

und ihr Interesse an Kunst und Kultur gefördert werden. Die Studierenden erwarten Wochenend- und<br />

Abendveranstaltungen mit Vorträgen, Seminaren, Exkursionen und Projektarbeit. Vergeben wird das<br />

Stipendium vom Kulturkreis des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) und gefördert unter<br />

anderem von <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong>.<br />

www.bronnbacher-stipendium.de<br />

und absolvierte ein Praktikum in einer Unternehmensberatung.<br />

Über sich selbst sagt sie:<br />

„Ich gehöre zu denen, die es gerne gut machen<br />

wollen.“ Kaum verwunderlich also, dass Sixtina<br />

Wünstel auf sechs Bewerbungen an deutschen<br />

Universitäten sechs Zusagen erhielt –<br />

und sich für Mannheim entschied. „Ich sehe<br />

mich als Geisteswissenschaftlerin“, sagt die 21-<br />

Jährige, „aber ich denke, dass mir mit dem Ba-<br />

KuWi auch noch ein Türchen in der Wirtschaft<br />

AM ANFANG WAR DAS WORT:<br />

MODERNE GEMÄLDE SCHMÜCKEN<br />

DIE BIBLIOTHEKSWÄNDE.


RUND 11 000 JUNGE LEUTE STUDIEREN AN DER<br />

SCHLOSS-UNI IM ZENTRUM MANNHEIMS.<br />

offen steht.“ Inzwischen ist sie im dritten Semester,<br />

Kernfach Romanistik/Hispanistik, jobbt<br />

nebenher an der Philosophischen Fakultät und<br />

engagiert sich nach wie vor in der Entwicklungshilfe.<br />

Stress? „Schöner Stress!“, antwortet<br />

sie. „In einem Schloss zu studieren, in Räumen<br />

mit Parkett und hohen Decken: Das versüßt<br />

das Studium.“<br />

In so einem Hörsaal steht jetzt auch Prof. Dr.<br />

Markus Schmid, 35. Die Linke in der Hosentasche,<br />

in der Rechten einen Laserpointer, steht<br />

er vor seinen Studenten, die leise auf den Laptops<br />

klappern. Die riesigen Fensterflügel sind<br />

geöffnet, von draußen dringt Straßenlärm<br />

herein. Schmid hält seine Vorlesung über die<br />

Strategien von Hedgefonds und ihre spezifischen<br />

Risiken auf Englisch – für Betriebswirte<br />

in Mannheim mittlerweile eine Selbstverständlichkeit.<br />

Seit dem Wintersemester 2010<br />

ist Schmid Stiftungsprofessor für „Business<br />

Ad ministration and Corporate Governance“.<br />

Der Lehrstuhl wird fünf Jahre lang von vier<br />

Mannheimer Unternehmen, darunter <strong>Bilfinger</strong><br />

<strong>Berger</strong>, gemeinsam finanziert. „Nicht zuletzt<br />

wegen der Finanzkrise ist das Thema Corporate<br />

Governance, also die Frage einer guten<br />

Unternehmensführung, praktisch wie aka -<br />

demisch hochinteressant“, sagt Schmid, der<br />

zuvor an der Universität St. Gallen gelehrt<br />

hat. Der Schweizer ist so frei zuzugeben, dass<br />

er Mann heim zunächst in einem anderen<br />

Teil Deutschlands glaubte. Über den Ruf der<br />

Schloss-Universität freilich war er bestens im<br />

Bilde: „Ich hatte auch das Angebot einer privaten<br />

Uni, die sogar deutlich mehr bezahlt hätte“,<br />

sagt Schmid, „aber auf meinem Gebiet ist<br />

Mannheim die beste Adresse.“<br />

Nach seiner Vorlesung tritt Schmid vors<br />

Schloss, es ist schon dunkel, Mannheim leuchtet.<br />

Er wohnt nur ein paar Schritte entfernt,<br />

zwischen Bahnhof und Schloss. Das Licht wird<br />

heute lange brennen bei Schmid, er muss noch<br />

an der Vorlesung für den nächsten Tag arbeiten.<br />

„Just in time production“, sagt der Wirtschaftsprofessor<br />

und macht sich auf den<br />

Weg. //<br />

BILDUNGSPARTNERSCHAFTEN<br />

BILFINGER BERGER FÖRDERT VIELFÄLTIG<br />

<strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> pflegt die Partnerschaft mit Bildungseinrichtungen. Das Unternehmen<br />

finanziert Lehrstühle, besetzt Gastdozenturen und fördert besonders begabte Studenten<br />

in den Bereichen Ingenieurwesen, Maschinenbau, Service Engineering, Facility Management<br />

und Wirtschaftswissenschaften. Unternehmensgründern greift <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong><br />

ebenfalls unter die Arme: Wer eine Geschäftsidee hat, die zum Unternehmen passt,<br />

dem stellt <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> einen Mentor zur Seite. Kurse für Haupt- und Realschüler vermitteln<br />

Einblicke in technische Berufe, Bewerbungstraining inklusive. Mit mehr als zwanzig<br />

Grundschulen bestehen Bildungspartnerschaften, um das technische Interesse von<br />

Dritt- und Viertklässlern zu fördern. (si)<br />

// 27


28 \\ STUDENTENWOHNHEIM DER ZUKUNFT <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> <strong>Magazin</strong> // 01 2011<br />

ES DÜRFTE SCHWER SEIN, EIN SCHÖNERES STUDENTENWOHNHEIM ZU FINDEN.<br />

EIN BESUCH IM KREISRUNDEN TIETGENKOLLEGIET IN KOPENHAGEN.<br />

BERND HAUSER / TEXT /// LUNDGAARD & TRANBERG / FOTOS


29<br />

DAS TIETGENKOLLEGIET BEI NACHT:<br />

DIE DÄNISCHEN WINTER SIND LANG, DIE TAGE KURZ.<br />

UMSO WICHTIGER, DASS SICH DIE STUDENTEN IN DEN<br />

EIGENEN VIER WÄNDEN WOHLFÜHLEN.


30 \\ STUDENTENWOHNHEIM DER ZUKUNFT <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> <strong>Magazin</strong> // 01 2011<br />

/// Im Innenhof blickt man auf ein Panoptikum studenti- So auch das Tietgenkollegiet, das von der wohlhabenden<br />

schen Lebens, überall wachsen Kuben mit Fensterfronten Stiftung einer großen Bank finanziert wurde. Nicht Geld<br />

aus der kreisrunden Fassade, meist ist auch spät noch ir- spielte hier die entscheidende Rolle, sondern der Ehrgeiz,<br />

gendwo Licht und eine Party. 360 junge Leute wohnen im ein internationales Referenzprojekt zu schaffen: „Das Stu-<br />

Wohnheim Tietgenkollegiet, durch das Besuchergruppen<br />

wandeln wie durch ein Designmuseum, angelockt von bedentenwohnheim<br />

der Zukunft.“<br />

geisterten Kritiken in der dänischen Presse. „Eines von Dä- KÜCHENTELLER ALS INSPIRATION<br />

nemarks schönsten Häusern“, titeln die Journalisten oder Peter Thorsen, 51, Cowboystiefel, Rollkragenpullover, Leder-<br />

einfach: „Luksus.“<br />

jacke, ist Partner im Kopenhagener Architekturbüro Lund-<br />

In Dänemark werden Studentenwohnheime häufig gaard & Tranberg, das mit seinem runden Entwurf den<br />

von gemeinnützigen Stiftungen gebaut und betrieben. Wettbewerb um das Tietgenkollegiet gewann. Er erzählt,


wie seine Arbeitsgruppe während des Wettbewerbs über<br />

einem Plan der Umgebungsbauten brütete: Das Wohnheim<br />

sollte im Norden von Ørestad entstehen, einem nach<br />

dem New-Town-Prinzip entstehenden Stadtteil. Bei Weitem<br />

nicht alle Gebäude dort sind architektonische Perlen. Das<br />

Grundstück des Tietgenkollegiets ist umgeben von lang gestreckten<br />

Kästen für Verwaltung und Universität. Wie ein<br />

wegweisendes Haus in diese starre Struktur einpassen?<br />

„Wir wussten nicht richtig weiter“, erzählt Thorsen. Das<br />

Team hatte Kuchen gegessen, die gestapelten Teller standen<br />

auf dem Tisch. „Plötzlich nahm einer den Stapel und<br />

pflanzte ihn auf den Plan!“, erinnert sich Thorsen. Alle waren<br />

sich einig gewesen, dass sie ein Haus schaffen wollten,<br />

das Kommunikation und Miteinander fördert. Und was<br />

symbolisierte Geselligkeit besser als ein Kreis?<br />

NICHTS FÜR EIGENBRÖTLER<br />

Im Inneren des Ringes planten die Architekten die Gemeinschaftsräume,<br />

im äußeren Teil die 25 bis 33 Quadratmeter<br />

großen Einzelzimmer. „Skandinavische Architektur ist immer<br />

funktional“, sagt Thorsen. Dass in einem Studentenwohnheim<br />

Böden und Wände Schall schlucken, dass Planer<br />

// 31<br />

WENN IN DER KÜCHE GEKOCHT WIRD, STÖRT DAS DIE<br />

STUDIERENDEN IN DEN ZIMMERN KAUM, DANK<br />

SCHALLSCHLUCKENDER BÖDEN, WÄNDE UND TÜREN.<br />

HELLE RÄUME FÜR HELLE KÖPFE. „LUKSUS“,<br />

TITELTE EINE DÄNISCHE ZEITUNG BEGEISTERT<br />

ÜBER DIESE STUDIERZIMMER.


32 \\ STUDENTENWOHNHEIM DER ZUKUNFT <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> <strong>Magazin</strong> // 01 2011<br />

BRÜCKENBAU-SPEZIALISTEN MUSSTEN HELFEN, DIE<br />

HERVORSPRINGENDEN KÜCHEN-QUADER ZU REALISIEREN,<br />

DIE VON STAHLKABELN GEHALTEN WERDEN.<br />

daran denken müssen, wo Studenten ihre nassen Gummistiefel<br />

trocknen, ist eine Selbstverständlichkeit. Auch dass<br />

es keine Kochgelegenheiten in den Zimmern gibt, ist kalkuliert:<br />

„Wir haben das Haus nicht für Leute geplant, die<br />

sich lediglich in ihren Zimmern vergraben wollen.“<br />

Dafür steht auch das Erdgeschoss. Dort chatten die<br />

Bewohner im Computerraum, machen Zirkeltraining im<br />

Fitness-Raum, nähen und schneidern in Werkstätten,<br />

spielen auf dem Flügel im Musikzimmer, und samstags<br />

gibt es im Festsaal Barbetrieb.<br />

Außen ist das Gebäude mit Tombak verkleidet, einer Messinglegierung<br />

mit hohem Kupferanteil, die auch bei „Gråvejr“<br />

gut aussieht, und das ist wichtig: „Grauwetter“ ist häufig<br />

in Kopenhagen. Einzige Kritik in der dänischen Öffentlichkeit<br />

an dem Haus: der Preis. 107 Millionen Euro hat es gekostet.<br />

Ist das nicht ein zu stolzer Betrag für ein Wohnheim?<br />

Nein, meint Peter Thorsen, über viele Jahrzehnte der Nutzung<br />

würden sich die langlebigen Materialien ökonomisch<br />

rechnen. „Das Gebäude ist wie ein guter Wein“, sagt Thorsen,<br />

„es bekommt mit der Zeit noch mehr Charakter.“ //


33<br />

VON DEN ERSTEN SKIZZEN ZUM FUNKTIONIE-<br />

RENDEN HAUS: DAS HEIM IST IN FÜNF<br />

SEGMENTE UNTERTEILT, IN JEDEM SIND ZWÖLF<br />

WOHN GRUPPEN UNTERGEBRACHT.


34 \\ INTERVIEW <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> <strong>Magazin</strong> // 01 2011<br />

DER GLÜCKSBRINGER<br />

ERNST FRITZ-SCHUBERT, REKTOR DER WILLY-HELLPACH-SCHULE IN HEIDELBERG,<br />

HAT EIN NEUES SCHULFACH EINGEFÜHRT. ES HEISST „GLÜCK“.<br />

EVA WOLFANGEL / INTERVIEW /// KATHRIN HARMS / FOTO<br />

Herr Fritz-Schubert, kann man im Schulfach<br />

Glück eine schlechte Note bekommen?<br />

Theoretisch ja. Aber die Schüler machen mit so<br />

viel Begeisterung mit, dass die Noten meistens<br />

gut sind.<br />

Sind Schüler unglücklicher als früher? Oder<br />

wieso ist Unterricht in Glück nötig?<br />

Das Gegenteil von Glück sind Angst und Depression.<br />

Diese nehmen in der Gesellschaft<br />

zu, das zeigen viele Studien. Der Erwartungsdruck<br />

ist gewachsen.<br />

Was hat die Menschen früher glücklich<br />

gemacht?<br />

Einfache Dinge. Beispielsweise sich im Heu zu<br />

wälzen, sich den schönsten Apfel zu pflücken<br />

oder mit den Freunden Fußball zu spielen.<br />

Heute gibt es viel mehr Möglichkeiten, man<br />

muss sagen: Schein-Möglichkeiten. Man kann<br />

via Facebook hunderte Freunde haben und<br />

trotzdem einsam sein.<br />

Woraus besteht Glück denn ganz genau?<br />

Drei Komponenten sind grundlegend: ein Gefühl<br />

von Freiheit, Sicherheit – auch existenzielle<br />

Sicherheit – und die Sinnfrage.<br />

Haben Sie einen Tipp, wie man diesen Sinn in<br />

seinem Leben schaffen kann?<br />

Man muss sich wirksam fühlen, gedanklich<br />

oder körperlich oder beides. Außerdem gehört<br />

dazu die Fähigkeit, in eine Handlung ganz<br />

einzutauchen, in ihr aufzugehen. Drittens dür -<br />

fen wir Krisen nicht als Katastrophen begreifen,<br />

son dern müssen sie als Herausforderung<br />

wahr nehmen. Das alles ist eigentlich gar nicht<br />

so schwer.<br />

Kann man Glück also lernen?<br />

Man kann Einstellungen und Haltungen lernen,<br />

wie man Situationen bewertet und damit<br />

umgeht. Ich kann beispielsweise abends den<br />

Tag abschließen, indem ich über meine Misserfolge<br />

grüble. Ich kann aber auch überlegen,<br />

was gut gelaufen ist oder was ich noch besser<br />

machen kann, also den Blick auf die Lösung<br />

richten.<br />

Kann jeder Mensch glücklich sein?<br />

Natürlich haben es manche leichter, weil sie<br />

mit einem sonnigeren Gemüt geboren sind.<br />

Wer schlechtere Voraussetzungen hat, muss<br />

vielleicht etwas mehr an sich arbeiten.<br />

Wie vermitteln Sie Ihren Schülern die Kompetenz<br />

zum Glück?<br />

Es geht darum, prägende Erlebnisse zu schaffen<br />

und Erfahrungen mit positiven Emotionen<br />

zu verknüpfen. Zum Beispiel die Erfahrung,<br />

einem Menschen zu begegnen. Wer aufrecht<br />

geht und lächelt, bekommt in der Regel ein<br />

Lächeln zurück.<br />

Das setzt positive Emotionen frei. Solche<br />

auf der Bewegungs- und Theaterpädagogik<br />

beruhende Dinge probieren wir im Unterricht<br />

aus. Schüler entdecken ihre Stär ken also in<br />

praktischen Übungen und durch Rückmeldung<br />

der Mitschüler. Solche Übungen stei -<br />

gern auch das Selbstbewusstsein. Es fühlt sich<br />

einfach besser an, aufrecht zu gehen, als den<br />

Kopf hängen zu lassen. Probieren Sie es aus,<br />

es ist ganz einfach. „Wie man geht, so geht es<br />

einem.“<br />

Kann man denn jedes Erlebnis positiv bewerten,<br />

auch einen Misserfolg?<br />

Wenn man sich die Frage stellt, was das Gute<br />

daran ist und wie man es zukünftig besser machen<br />

kann – dann schon.


Was kann denn gut an einem Misserfolg sein?<br />

Er könnte die Motivation steigern, sich noch<br />

mehr anzustrengen. Oder ein Anlass sein, das<br />

Ziel zu korrigieren. Vielleicht ist es zu hoch gesteckt.<br />

Oder eine Chance, nach anderen Stärken<br />

zu suchen.<br />

Wieso sind Gefühle in Ihrem Unterricht so<br />

wichtig?<br />

Das gesprochene Wort hat nicht einmal zehn<br />

Prozent Nachhaltigkeit. Lernen läuft am wenigsten<br />

über das Bewusstsein ab, sondern insbesondere<br />

über Emotionen und körperliche<br />

Eindrücke. Deshalb fragen wir nach jeder<br />

Übung: Wie hast du gedacht, wie hast du dich<br />

gefühlt und wie ist es für deinen Alltag tauglich?<br />

Das ist eine Form des impliziten Lernens.<br />

Wenn das gesprochene Wort allein so wenig<br />

Bedeutung hat, wieso nimmt es dann im<br />

Schul unterricht so einen beherrschenden<br />

Raum ein?<br />

Das ist auch meine Kritik. Schule muss verstärkt<br />

darauf achten, dass sie nicht zu kopflastig<br />

wird, sondern Bauch und Herz berücksichtigt.<br />

Wir müssen die Lernziele mit Erfahrungen<br />

verknüpfen. Ein Beispiel: Wenn es darum geht,<br />

Minderheiten zu verstehen, bildet man eine<br />

Gruppe von Schülern, die alle im gleichen Tempo<br />

vorauslaufen. Ein einzelner Schüler bekommt<br />

die Aufgabe langsam hinterherzulaufen.<br />

Er wird das Alleinsein spüren: Diese Erfahrung<br />

bleibt hängen, ohne viele Worte.<br />

Die Schüler haben ein Jahr lang Glücksunterricht.<br />

Genügt das für nachhaltiges Lebens -<br />

glück?<br />

Die Schüler lernen, dass positive Gefühle bei<br />

der Zielfindung benötigt werden und wie sie<br />

diese schaffen können. Sie lernen, was ihnen<br />

guttut. Das ist nachhaltig.<br />

Ein Baustein Ihres Unterrichts heißt „Freude<br />

an der Leistung“.<br />

Ja, Leistung macht dann glücklich, wenn sie<br />

nicht auf fremder Erwartung basiert, sondern<br />

ein selbst gewähltes Ziel erreicht. Lust an der<br />

Leistung bedeutet, seinen Erfolg zu messen<br />

und sich darüber zu freuen. Das Erreichen<br />

eines selbst gewählten Ziels macht viel mehr<br />

Freude, als das Erreichen eines vorgegebenen.<br />

// 35<br />

SCHULLEITER ERNST FRITZ-SCHUBERT:<br />

„DIE SCHÜLER SOLLEN LERNEN, WAS IHNEN GUTTUT.“<br />

Wird im Glücksunterricht viel gelacht?<br />

Schon, die Erkenntnisse sind ja auch mit Freude<br />

verbunden. Freude ist der tägliche Abglanz<br />

des Glücks.<br />

Und auch mal geweint?<br />

Auch das kommt vor. Wir hätten die Freude<br />

nicht, wenn wir nicht auch die Trauer hätten.<br />

Wie haben Ihre Kollegen eigentlich reagiert,<br />

als Sie vorschlugen, Glück als Schulfach einzuführen?<br />

Die meisten haben es gutgeheißen. Obwohl<br />

die Deutschen generell ein skeptisches Verhältnis<br />

zum Glück haben.<br />

Wieso?<br />

Wir sind von der Religion her geprägt, das<br />

Glück zu „erwarten“. Manche warten auf die<br />

Ewigkeit. Dabei lohnt es sich, sein Schicksal in<br />

die Hand zu nehmen.<br />

In seinem neuen Buch „Glück kann man lernen.<br />

Was Kinder stark fürs Leben macht“ bezieht<br />

Ernst Fritz-Schubert seine Erkenntnisse zum Glück<br />

auf di e Kindererziehung. Er erklärt, wie Eltern<br />

gegensteuern können, wenn die Leistungsgesellschaft<br />

Kinder mutlos macht.<br />

Ullstein 2010, ISBN 978-3-550-08794-3, 19,95 Euro.


36 \\ SCHULTÜTEN IN DEUTSCHLAND <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> <strong>Magazin</strong> // 01 2011<br />

1900 1915 1930 1930 1932<br />

1944 1956 1958 1958 1959<br />

1967 1968 1972 1973 1974<br />

1974 1974 1975 1976 1977


1979 1980 1982 1984 1984<br />

1986 1988<br />

1994 1998<br />

2000 2007<br />

WIE SÜSS!<br />

EIN ALTER BRAUCH IN DEUTSCHLAND:<br />

DIE ZUCKERTÜTE ZUM ERSTEN SCHULTAG.<br />

PAUL LAMPE / TEXT<br />

So groß war die Tüte aus Papier, dass sie dem Jungen<br />

bis zum Gesicht ragte, und die Schleife daran behinderte<br />

seine Sicht. Stolpernd riss er die Spitze der Tüte<br />

ab, und der Schatz darin ergoss sich auf das Pflaster:<br />

Bis an die Knöchel stand der Junge „in Bonbons, Pralinen,<br />

Datteln, Osterhasen, Feigen, Apfelsinen, Tört chen,<br />

Waffeln und goldenen Maikäfern“. Der Junge hieß<br />

Erich Kästner, später sollte aus ihm ein berühmter<br />

Schriftsteller werden. An diesem Morgen im Dres den<br />

des Jahres 1906 war sein erster Schultag, und dazu gehört<br />

in Deutschland ein süßer Brauch. Um den Kindern<br />

den Weg hinein in den „Ernst des Lebens“ zu erleichtern,<br />

bekommen sie neben einem Ranzen auch einen<br />

Kegel aus Papier und Karton, gefüllt mit Geschenken,<br />

in manchen Gegenden „Schultüte“ genannt, in anderen<br />

„Zuckertüte“.<br />

Die Form hat sich in den vergangenen zweihundert<br />

Jahren nicht geändert, wohl aber Größe und Inhalt. Süßigkeiten<br />

und Obst wurde schon früh Praktisches beigegeben,<br />

Schürzen für die Mädchen zum Beispiel oder<br />

der Laptop der frühen Zeit, eine kleine Schiefertafel<br />

mit Schwamm und Griffel. Bei Arbeiterkindern wurde<br />

die Tüte zum Teil mit Zeitungspapier ausgestopft, weil<br />

das Geld nicht reichte, sie ganz zu befüllen. Heute finden<br />

die Kinder zwischen Gummibärchen, Geodreieck<br />

und Trinkflasche in ihrer Schul tüte nicht selten auch<br />

ein Mobiltelefon oder Computerspiele.<br />

Immer gehört das Foto dazu, aufgenommen von Eltern,<br />

die an diesem großen Tag die gleichen gemischten<br />

Gefühle empfinden, die sich in den Gesichtern der<br />

Kinder spiegeln: Freude, Stolz und manchmal auch ein<br />

wenig Angst.<br />

1993<br />

1999<br />

2009<br />

// 37


38 \\ SELBST VERWALTETE SCHULKANTINE <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> <strong>Magazin</strong> // 01 2011<br />

KLASSE KÜCHE, KINDER!<br />

IM OBERFRÄNKISCHEN MÜNCHBERG BETREIBEN DIE SCHÜLER EINES GYMNASIUMS IHRE EIGENE KANTINE.<br />

DAFÜR WURDEN SIE MEHRFACH AUSGEZEICHNET. ALS PROJEKTPARTNER DES LANDKREISES SANIERT<br />

BILFINGER BERGER DIE SCHULE UND ÜBERNIMMT IN ZUKUNFT DAS GEBÄUDE-MANAGEMENT.<br />

PHILIPP MAUSSHARDT / TEXT /// HEINZ HEISS / FOTOS<br />

/// „Wie sagt man?“, Carolin Strößner, 17 Jahre<br />

alt, 11. Klasse, hält den Teller mit der duftenden<br />

Hähnchenbrust fest und gibt ihn nicht aus<br />

der Hand. „Wie sagt man?“, wiederholt sie, bis<br />

der Junge, der vor ihr steht, begriffen hat und<br />

ein „vielen Dank“ murmelt. Endlich gibt sie<br />

ihm den Teller und er kann zu seinen Klassenkameraden<br />

an den Tisch. Münchberg in Oberfranken,<br />

Mittagszeit. Mit dem Pausenläuten<br />

nach der fünften Stunde füllt sich die Schulkantine<br />

des Gymnasiums. Wo gerade noch<br />

leises Klappern von der Theke und das sanfte<br />

Gebläse des Dampfgarers eine entspannte<br />

Atmosphäre erzeugten, hat nun quirliges Gewusel<br />

und aufgeregtes Gequatsche den Raum<br />

ergriffen. „Ich habe leider nicht vorbestellt“,<br />

sagt ein Zwölftklässler, „und hätte trotzdem<br />

gerne ein Essen.“ Ihn trifft der strenge Blick<br />

von Lehrer Elmar Hofmann, der aus der Küche<br />

heraus die Szenerie im Auge behält. Natürlich<br />

bekommt der Hungrige sein Zigeunerschnitzel,<br />

so flexibel ist man immer in der laut einem<br />

Wettbewerb des Fernsehsenders Pro7 „besten<br />

Kantine Deutsch lands“.<br />

ABSPÜLEN IST EHRENSACHE<br />

Das Besondere, was inzwischen nicht nur die<br />

Pro7-Jury überzeugte, ist nicht in erster Linie<br />

die Qualität des Essens. Die ist zwar gut, die<br />

Zutaten oft auch biologisch produziert; aber<br />

ein anständiges Kantinenessen können auch<br />

andere Schul- oder Betriebsküchen herstellen.<br />

Was das Münchberger Modell so einzigartig<br />

macht, ist das Engagement der Schüler. Es ist<br />

ihre eigene, selbst verwaltete Kantine. Sie haben<br />

von der Planung der Küche vor fünf Jahren<br />

bis zum heutigen Tag ein gewichtiges Wort<br />

mitzureden. Viele Schüler kommen, wenn sie<br />

am Vormittag eine Freistunde haben, um Zwiebeln<br />

zu schneiden, den Tisch zu decken oder<br />

sonst wie behilflich zu sein. Auch wenn sich<br />

manche zu Hause um den Abwasch drücken –<br />

in der Schule ist Abspülen Ehrensache.<br />

Wer Elmar Hofmann sucht, braucht nicht<br />

im Sekretariat nachzufragen oder im Lehrer-


MANCHMAL IST SCHULE EIN ZUCKERSCHLECKEN:<br />

DAS PUDDING-DESSERT KRÖNT EIN GUTES MENÜ.<br />

// 39


40 \\ SELBST VERWALTETE SCHULKANTINE <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> <strong>Magazin</strong> // 01 2011<br />

Zahl der Schüler am Gymnasium Münchberg: 872<br />

Durchschnittliche Zahl der täglichen Essen: 150<br />

Küchenteam: 3 Halbtagskräfte, 2 Praktikanten, 25 Schüler<br />

Preise: zwischen 2 und 4 Euro<br />

Öffentlicher Zuschuss: 0 Euro<br />

MANIEREN WERDEN GROSSGESCHRIEBEN<br />

12 TISCHSITTEN<br />

1. Vor dem Essen: Hände waschen! Nach dem Essen<br />

auch?<br />

2. Sitzen ist angesagt, nicht Lümmeln!<br />

Keiner sollte sich breiter machen, als er ist.<br />

3. Das Messer ist kein Hackbeil, die Gabel kein Spaten,<br />

der Löffel keine Baggerschaufel.<br />

4. Essen hat etwas mit Rechtschreibung zu tun: Wie<br />

man isst, so ist man. Iss in Maßen, nicht in Massen.<br />

5. Suppenteller solltet ihr auslöffeln, nicht austrinken.<br />

6. Servietten sind nicht nur Zier, sie sollen auch genutzt<br />

werden.<br />

7. Arbeitsgeräusche wie Schlürfen, Schmatzen und<br />

Rülpsen sind nicht „in“!<br />

8. Spätestens ab 50 Gramm Mundinhalt werden<br />

Gespräche unappetitlich.<br />

9. Wir brüllen nicht quer durch den Saal, wir sprechen<br />

leise.<br />

10. Wer kleckern kann, kann auch aufräumen.<br />

11. Wie wäre es mit „Bitte“ und „Danke“ statt „Her<br />

damit“ und „Geht scho“?<br />

12. Im π KANT-Team arbeiten Mitschüler, nicht Knechte.<br />

Das π KANT-Team wünscht allen Gästen guten Appetit.


zimmer. Hofmann, Lehrer für Deutsch und Philosophie,<br />

steht in jeder freien Stunde in der<br />

Schulküche. Mal rädelt er Karotten, mal spricht<br />

er mit Schülern, mal klärt er mit der Betriebsleiterin<br />

Gabi Ruckdeschel die Abläufe der<br />

nächsten Tage. Hofmann, Mitglied der Schulleitung,<br />

hat die Schulküche als Lernort fürs Leben<br />

ausgemacht und jahrelang für eine solche<br />

Einrichtung gekämpft.<br />

TALENTE ENTWICKELN<br />

Es geht Hofmann und seinen Kollegen um weit<br />

mehr als hungrige Mäuler zu stopfen. Bei allen<br />

unterschiedlichen Auffassungen über Lern -<br />

methoden und Schulkonzepte – in einem sind<br />

sich Pädagogen einig: gelernt wird immer<br />

dort am intensivsten, wo Schüler eigenes Er -<br />

leben mit dem Lernstoff verbinden. Nicht erst<br />

seit den verheerenden Pisa-Ergebnissen wird<br />

darum in Kultusministerien und Lehrerseminaren<br />

an Konzepten gefeilt, wie Wissensvermittlung<br />

in kreative Prozesse umgesetzt werden<br />

kann. Einfach ausgedrückt: Wer Spaß beim<br />

Lernen hat, will mehr davon.<br />

Oberflächlich betrachtet, entsteht am Gym -<br />

nasium Münchberg jeden Tag nur ein Mit tag -<br />

essen. Für Elmar Hofmann aber ist es viel mehr:<br />

„Die Schüler lernen Verantwortung zu übernehmen,<br />

kreativ zu sein, sich auszudrücken,<br />

einen Betrieb zu organisieren, vom Bestellsystem<br />

im Internet bis zur Monatsabrechnung.“<br />

An diesem Montag stehen drei Gerichte auf<br />

der Speisekarte: Hähnchenbrust an Zigeunersoße,<br />

Pangasius-Filet und ein Hamburger. Alles<br />

natürlich selbst zubereitet und zu einem<br />

für diese Qualität erstaunlich niedrigen Preis<br />

von zwei bis maximal vier Euro. Dazu Salat vom<br />

Büffet, so viel man möchte, und kostenlose<br />

// 41<br />

SCHLANGE BEI DER ESSENSAUSGABE:<br />

LEHRER HOFMANN UNTERSTÜTZT DAS KÜCHEN-TEAM.<br />

ZU HAUSE MÖGEN SIE SICH BEIM ABSPÜLEN DRÜCKEN,<br />

ABER IN DER SCHULKANTINE REINIGEN<br />

DIE JUNGEN LEUTE BESTECK UND TELLER IM AKKORD.


42 \\ SELBST VERWALTETE SCHULKANTINE <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> <strong>Magazin</strong> // 01 2011<br />

GUTES ESSEN STARTET MIT LIEBEVOLL HERGERICHTETEN<br />

TISCHGEDECKEN: EINE SCHÜLERIN FALTET SERVIETTEN.<br />

PROJEKTLEITER MARTIN KÜPPERS FÜHRT DIE<br />

SANIERUNG SO LEISE WIE MÖGLICH DURCH, BESON-<br />

DERS WENN IN DER SCHULE ZETTEL AUSHÄNGEN:<br />

„BITTE RUHE, PRÜFUNG!“<br />

ÖPP IM BILDUNGSBEREICH IST GEFRAGT WIE NIE<br />

KOMMUNEN WOLLEN MODERNE SCHULEN<br />

Viele Kommunen stehen vor einer Herkulesaufgabe: Kaum eine<br />

Schule in Deutschland, bei der nicht akuter Sanierungsbedarf besteht.<br />

Dämmung, Heizung und sanitäre Anlagen sind oft vierzig<br />

Jahre alt und älter, ebenso die technische Ausstattung der Unterrichtsräume,<br />

die Gestaltung von Freiflächen und Mensen – falls sie<br />

überhaupt vorhanden sind.<br />

Im bayerischen Landkreis Hof werden gerade vier Schulen parallel<br />

in einer öffentlich-privaten Partnerschaft (ÖPP) erweitert und<br />

generalsaniert, eine davon ist das Gymnasium Münchberg (siehe<br />

nebenstehenden Bericht). Nach nicht einmal drei Jahren werden<br />

die Bauarbeiten in den Schulen abgeschlossen sein – zwölf Jahre<br />

hätte sich das Projekt ohne ÖPP gezogen. Der Landkreis zahlt die<br />

Sanierungskosten über einen Zeitraum von 22 Jahren bei <strong>Bilfinger</strong><br />

<strong>Berger</strong> ab, während das Unternehmen die Schulen betreibt. Das Gesamtpaket<br />

wird den Landkreis rund zehn Prozent billiger kommen<br />

als eine konventionelle Modernisierung, da bei öffentlich-privaten<br />

Partnerschaften Gebäude über ihren gesamten Lebenszyklus optimiert<br />

werden.<br />

Auch in Halle an der Saale sind viele Schulen sanierungsbedürftig.<br />

Seit 2008 setzt die Stadt zunehmend auf Partnerschaften mit<br />

<strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong>. Fünf Schulen modernisierte das Unternehmen<br />

2008, vier Schulen 2009, und jetzt hat die Stadt noch eine Grundschule<br />

und einen Hort in Auftrag gegeben. In allen Fällen übernimmt<br />

<strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> auch den Betrieb.<br />

ÖPP ist im Bildungsbereich nach wie vor auf dem Vormarsch.<br />

Rund 15 Prozent aller Schulbaumaßnahmen in Deutschland werden<br />

in öffentlich-privaten Partnerschaften durchgeführt. (si)<br />

Getränke. Öffentliche Zuschüsse für den Kantinenbetrieb<br />

erhält die Schule nicht.<br />

Schüler haben die Tische herbstlich dekoriert,<br />

am Eingang erinnert ein Zettel mit den<br />

wichtigsten „12 Tischsitten“ an mitteleuropäische<br />

Umgangsformen: „Das Messer ist kein<br />

Hackbeil, die Gabel kein Spaten, der Löffel keine<br />

Baggerschaufel.“ Mehr als 150 Essen werden<br />

hier pro Tag über die Theke gereicht, meist<br />

zur vollen Zufriedenheit der „Kundschaft“. Die<br />

Schüler haben ihre Kantine „Pi-Kant“ genannt<br />

– auch Bildung geht eben durch den Magen.<br />

Als kurz nach 13 Uhr der Hochbetrieb einsetzt,<br />

ist alles bis ins Detail organisiert: Am<br />

Ausgang hat sich Carolin postiert, ihre Aufgabe:<br />

der „böse Blick“. Verlässt jemand den Tisch,


ohne ihn abgewischt zu haben, trifft ihn Caro- Frau gefunden wurde, die mehr ist als eine insgesamt vier Schulen im Landkreis Hof, die<br />

lins strafendes Auge. Keiner, der da nicht um- gute Hauswirtschafterin. Ruckdeschel ist die von <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> derzeit saniert und spädreht<br />

und den Lappen nimmt. An der Indus- Seele der Kantine, bei ihr können sich die Schüter betrieben werden (ÖPP). Der Landkreis als<br />

triespülmaschine stehen jetzt drei Mädchen, ler auch mal über die Lehrer auslassen oder Schulträger hätte die Baukosten von insge-<br />

nachdem sie zuvor schnell selbst gegessen ha- von ihrem Liebeskummer erzählen.<br />

samt rund 45 Millionen Euro kaum selbst aufben,<br />

und reinigen im Akkord Teller und Besteck. Erst vor wenigen Wochen hat das Küchen- bringen können. Erst die lang fristigen Verträ-<br />

Zwei Räume dahinter sitzen drei Zwölftkläss- Team seine renovierten Räume bezogen. Die ge, die im Rahmen des ÖPP-Projekts mit Bilfinler<br />

im Büro vor dem Computer und machen die Arbeiter, die den gesamten Schulkomplex ger <strong>Berger</strong> geschlossen wurden, ermöglichten<br />

Abrechnung des Tages.<br />

sanieren, sind nun in den nächsten Bauab- überhaupt die Sanierung.<br />

schnitt weitergezogen. Die Sanierung bei lau- Die Mittagspause ist vorbei, die Edelstahl-<br />

SANIERUNG IM LAUFENDEN BETRIEB fendem Schulbetrieb verlangt von allen Beteiflächen der Küche sind blitzblank poliert. Ga-<br />

„Wenn man das Ganze als Unterrichtsfach ligten Organisationstalent. Sind Prüfungen bi Ruckdeschel hat nur kurz Luft geholt, dann<br />

anbieten würde, wäre es sofort tot“, ist sich angesetzt, werden leisere Arbeiten verrichtet geht es weiter in ihrem Programm: Fünft kläss -<br />

Lehrer Hofmann sicher. So aber funktioniert es, und die Anlieferung von Baumaterial so orga- ler haben sich zu einem Kochkurs angemeldet.<br />

weil es auf Freiwilligkeit basiert und weil mit nisiert, dass sich niemand gestört fühlt. Dabei Fürs Leben lernen – in Münchberg ist das kei-<br />

der Kantinenleiterin Gabi Ruckdeschel eine ist das Gymnasium Münchberg nur eine von ne hohle Phrase. //<br />

// 43


44 \\ GESCHICHTENERZÄHLER IN DER ELFENBEINKÜSTE <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> <strong>Magazin</strong> // 01 2011<br />

DIE ELFENBEINKÜSTE IST VOM BÜRGERKRIEG ZERRISSEN. WIE IST VERSÖHNUNG MÖGLICH? DARAUF GIBT<br />

DER GESCHICHTENERZÄHLER FORTUNÉ ANTWORT, DER FÜR DAS FRIEDENSPROJEKT „PEACE COUNTS“<br />

ÜBERS LAND TINGELT. SEINE GESCHICHTEN WERDEN VERSTANDEN – AUCH VON DEN VIELEN ANALPHABETEN.<br />

ANDREAS LENZ / TEXT /// MACLINE HIEN / FOTOS


Der Mann auf der Bühne reißt die Augen auf und brüllt:<br />

„Bam! Bam! Bam!“ Er duckt sich weg, als ginge er vor Kugeln in<br />

Deckung, und ahmt mit zitternder Stimme Rufe von Kindern hinter<br />

einer Mauer nach: „Komm zu uns, Madame Kambou, komm<br />

zu uns!“ Der Mann richtet sich auf, hält kurz inne, lässt seine<br />

Stimme in Basslage absinken und füllt sie mit Ergriffenheit:<br />

„Doch Madame Kambou ging trotz der Kugeln hinaus auf die<br />

Straße und suchte für ihre Waisenkinder einen Sack Reis.“<br />

Vor der Bühne kauern Kinder auf einem staubigen Platz und<br />

starren hinauf zu dem Geschichtenerzähler. Die Ältesten in ihren<br />

bunten Gewändern und bestickten Käppis sitzen wie festgenagelt<br />

in einer Reihe auf Plastikstühlen, hinter ihnen steht eine<br />

Menge, so groß, dass der Lichtkegel der Scheinwerfer sie nicht<br />

ganz erfassen kann.<br />

„Sollten die Kinder etwa verhungern, frage ich Euch?“, braust<br />

der Geschichtenerzähler nun so sehr auf, dass selbst die Ältesten<br />

zusammenzucken. „Sollten sie etwa verhungern?“, wiederholt er.<br />

Die Kinder rufen: „Neeein!“<br />

„56 Waisenkinder versorgt Madame Kambou“, spricht der Erzähler<br />

weiter – und etwas leiser. „56!“ Kunstpause. „Das sind<br />

mehr als fünf Fußballmannschaften!“ Die Kinder lachen. Die Ältesten<br />

auch. Nach der Geschichte über Madame Kambou folgt eine<br />

über einen Schulrektor, der den Streit zwischen nomadischen<br />

Viehzüchtern und Bauern schlichtet, wenn die Kühe der Nomaden<br />

die Felder der Bauern zertrampelt haben. In jeder Geschichte<br />

geht es um Menschen, die Beispiel geben, die Konflikte mit<br />

friedlichen Mitteln lösen. Die Helden in den Storys vermitteln<br />

zwischen verfeindeten Gruppen, bilden ehemalige Kämpfer zu<br />

Handwerkern aus oder setzen sich für politische Gefangene ein.<br />

Es sind Engagierte aus der Zivilgesellschaft, die weder Macht<br />

noch Waffen haben – genau wie diejenigen, die gebannt dem<br />

Geschichtenerzähler lauschen.<br />

Doch gerade auf diesen Menschen liegt die Hoffnung für die<br />

Zukunft des Landes. Die Elfenbeinküste ist vier Jahre nach Ende<br />

eines blutigen Bürgerkriegs weiter zerrissen. Die ersten Präsidentschaftswahlen<br />

bringen nun eine Chance auf einen Neuanfang<br />

– vorausgesetzt, sie münden nicht in eine neue Runde der<br />

Gewalt in diesem fünftärmsten Land der Welt, in dem nur die<br />

Hälfte der Bevölkerung lesen und schreiben kann.<br />

KONTINENT DER MÜNDLICHKEIT<br />

Zeitungen sind ein Medium der Eliten in der Stadt. Auf dem Land<br />

hat niemand einen Fernseher. Stellt sich ein Reisender vor, fragt<br />

das Familienoberhaupt zuerst: „Et les nouvelles?“ – „Und die<br />

Neuigkeiten?“ Es herrscht Informationspflicht für Reisende im<br />

ländlichen Afrika, und das Erzählen hat in Westafrika eine lan-<br />

ge Tradition: „Griots“ heißen die Barden, die seit Jahrhunderten<br />

die Annalen von Generation zu Generation tragen. Manchmal<br />

reicht die mündliche Überlieferung der Stämme bis zurück zu<br />

den alten Königen der Tuaregs in der Sahara. Aber solch traditionelle<br />

„griots“ gibt es heute nur noch wenige. Ihre Kunst lebt in<br />

modernen Formen weiter. Rapper, Erzähler und Spaßmacher im<br />

Fernsehen und auf Kindergeburtstagen – sie alle verstehen sich<br />

als „maîtres du mot“, Meister des Worts. Denn Afrika ist ein Kontinent<br />

der Mündlichkeit. Schulkinder auf dem Land haben kaum<br />

Hefte und Bücher. Sie lernen übers Hören und Nachsprechen.<br />

Nicht nur in Abidjan, der größten Metropole der Elfenbeinküste,<br />

sondern auch in den abgelegenen kleinen Städten quasseln<br />

die Menschen an jeder Ecke in ihre Mobiltelefone; aber wehe,<br />

man erhofft sich Antwort auf eine E-Mail: Selbst bei Adressaten<br />

mit ständigem Internet-Zugang ein Rufen in die Wüste.<br />

ROADSHOW FÜR DEN FRIEDEN<br />

„Wir machen uns diese mündliche Tradition zunutze“, erklärt<br />

Tilman Wörtz, 37, Journalist und Projektleiter der Initiative „Peace<br />

Counts“, die weltweit Friedensprozesse in Konfliktregionen unterstützt.<br />

Zunächst trainierte Wörtz ein Dutzend ivorischer Journalisten,<br />

recherchierte und fotografierte mit ihnen Geschichten,<br />

die zeigen, dass Menschen überall im Land am Frieden arbeiten,<br />

egal welcher Volksgruppe oder Religion sie angehören. Die Reportagen<br />

wurden von einheimischen Zeitungen veröffentlicht. Um<br />

auch die Menschen auf dem Land zu erreichen, entwickelte das<br />

deutsch-ivorische Team um Tilman Wörtz die Idee der Roadshow<br />

mit dem Geschichtenerzähler Fortuné.<br />

„Et les nouvelles?“ – „Und die Neuigkeiten?“<br />

Es herrscht Informationspflicht für Reisende<br />

im ländlichen Afrika.<br />

Ein Laster, ein Geländewagen und zwei Kleinbusse transportie-<br />

ren Erzähler, Moderator, Radiotechniker, Assistenten, Musiker und<br />

Tänzer samt Equipment. Der Konvoi startet im Norden, in Korhogo,<br />

bewegt sich von dort langsam nach Bouaké im Zentrum der<br />

Elfenbeinküste, dann nach Westen, 2 800 Kilometer insgesamt.<br />

Die Auftritte werden im Radio übertragen, im landes weiten Sender<br />

RTI auf Französisch und in lokalen Sendern in der einhei -<br />

// 45


46 \\ GESCHICHTENERZÄHLER IN DER ELFENBEINKÜSTE <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> <strong>Magazin</strong> // 01 2011<br />

LAUTSPRECHERBOXEN BRÜLLEN MUSIK ÜBER DEN „PLATZ DER REPUBLIK“.<br />

mischen Sprache. Zum ersten Mal kooperiert der Regierungssender<br />

RTI auch mit den Radiostationen der Rebellen im Norden.<br />

Der Geschichtenerzähler von „Peace Counts“ ist in seiner<br />

Hauptbeschäftigung Schauspieler der Seifenoper „Quoi de neuf?“<br />

(„Was gibt’s Neues?“), den in der Elfenbeinküste jeder kennt.<br />

Vor seinen Auftritten in den Dörfern ziehen Jungs mit Mega -<br />

fonen durch die Straße und werben um Zuhörer: „Heute Abend,<br />

Mesdames et Messieurs, präsentieren wir eine Sensation – aber<br />

verratet es niemandem weiter: Der berühmte Schauspieler Fortuné<br />

kommt um sieben Uhr auf den Platz der Republik!“<br />

IN DER SPRACHE DES VOLKES<br />

Um sieben ist dann freilich noch niemand auf dem Platz. Lautsprecherboxen<br />

müssen erst Musik in die Nachbarschaft brüllen.<br />

Nach einer Stunde drängen sich schließlich tausend, zweitau-<br />

send Menschen im Halbkreis um die Bühne, hungrig nach neuen<br />

Eindrücken, von denen sie in ihrer medienfreien Zone so wenige<br />

bekommen.<br />

„Ihr wisst, dass ich gerne Witze mache“, eröffnet Fortuné seine<br />

Auftritte und gibt zunächst den Scherz über den Bauern zum<br />

Besten, der beim Maniokernten sein bestes Stück abhackt. „Aber<br />

heute Abend möchte ich Euch von ernsten Dingen erzählen“,<br />

fährt er fort und die Aufmerksamkeit ist ihm sicher. „In den<br />

sogenannten Parlamenten – wisst ihr’s noch? – da wurde gegen<br />

politische Gegner gehetzt, da wurden Minderheiten ausgegrenzt,<br />

Menschen, die schon lange in der Elfenbeinküste leben,<br />

Senufo, Yacouba, Wê.“<br />

Fortuné redet nicht wie ein Hochschulprofessor. Er verwendet<br />

keine abstrakten Wendungen der akademischen Entwicklungshelfer,<br />

nie würde er von „Synergien zwischen Nomaden und Bau-


TAUSEND, ZWEITAUSEND MENSCHEN DRÄNGEN SICH IM HALBKREIS UM DIE BÜHNE.<br />

ern“ sprechen. Stattdessen spielt er den Menschen eine Kuh vor,<br />

die ihren Fladen auf ein Feld fallen lässt und es dadurch düngt:<br />

„Nomaden und Bauern brauchen einander! Sollen doch die Bauern<br />

das Vieh der Nomaden auf die Felder lassen, die brach liegen!<br />

Dann ist allen gedient. Dann brauchen sie einander nicht mehr<br />

umzubringen. Stimmt doch, oder?“ – „Jaaaaa“, rufen die Kinder.<br />

JEDE GESCHICHTE BRAUCHT EINE MORAL<br />

Neben seiner Stimme ist Fortunés wichtigstes Instrument sein<br />

Zeigefinger. „Auch ihr könnt so sein wie Madame Kambou!“,<br />

herrscht er das Publikum an, „egal was jemand beruflich macht:<br />

Jeder kann helfen! Auch Du! Du und Du!“ Sein Zeigefinger sticht<br />

auf Einzelne in der Menge ein.<br />

Europäische Zuschauer mögen das als zu emphatisch emp -<br />

finden. „Ich hatte am Anfang Bedenken, dass Fortuné zu sehr<br />

dramatisiert, zu sehr moralisiert, statt Informationen zu vermitteln“,<br />

gibt Projektleiter Wörtz zu. Doch Fortuné lachte nur über<br />

seinen Einwand. „Eine Geschichte ohne Moral? Jede Geschichte<br />

braucht eine Moral. Zumindest in Afrika!“ Auch den Zeigefinger<br />

und das Brüllen wollte er nicht lassen. „Ihr Europäer seid zimperlich!<br />

Für Afrikaner sind das keine aggressiven Gesten. Die Leute<br />

wollen diese Eindeutigkeit!“<br />

Der Erfolg gab Fortuné Recht. Die Friedens-Shows wurden<br />

nicht nur in den Dörfern gefeiert, sondern landesweit im Radio<br />

übertragen und erreichten eine Breitenwirkung, die sämtliche<br />

Erwartungen übertraf.<br />

2009 wurde „Peace Counts“ für seine unkonventionellen didaktischen<br />

Ansätze mit dem Peter-Becker-Preis der Universität Marburg<br />

ausgezeichnet.<br />

// 47


48 \\ NEWS <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> <strong>Magazin</strong> // 01 2011<br />

DIE SCHWEIZ FEIERT<br />

DEN DURCHBRUCH<br />

AM GOTTHARD<br />

FUSSBALL-EUROPAMEISTERSCHAFT 2012<br />

POLEN BAUT AUTOBAHNEN AUS<br />

Ein von <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> Ingenieurbau geführtes Konsortium hat<br />

den Auftrag erhalten, einen 12,6 Kilometer langen Abschnitt des<br />

neuen Autobahnrings um Warschau zu bauen. Das Teilstück bindet<br />

den internationalen Flughafen der polnischen Hauptstadt an<br />

ANLAGEN ZUR BRENNSTOFFAUFBEREITUNG<br />

ROTRING ENGINEERING<br />

ÜBERNOMMEN<br />

<strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> Power Services übernimmt<br />

die Rotring Engineering AG, einen<br />

weltweit agierenden Spezialisten für die<br />

Brennstoffaufbereitung in der Kraftwerksindustrie.<br />

Das Leistungsspektrum<br />

von Rotring Engineering umfasst Planung,<br />

Lieferung und Montage kompletter<br />

Anlagen zur Aufbereitung flüssiger und<br />

gasförmiger Brennstoffe. Das Unternehmen<br />

erzielt eine Jahresleistung von rund<br />

30 Millionen Euro und zeichnet sich durch<br />

hohe Ertragskraft aus. Im Geschäftsfeld<br />

Power Services hat <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> im<br />

ver gangenen Geschäftsjahr eine Leistung<br />

von mehr als einer Milliarde Euro erbracht.<br />

Die Aktivitäten bilden das margenstärkste<br />

Segment des Konzerns.<br />

PRÜFSTRECKE FÜR BMW<br />

SCHNEESTURM SCHLÜSSELFERTIG<br />

DURCHBRUCH AM GOTTHARD<br />

HERZSTÜCK DES LÄNGSTEN<br />

BAHNTUNNELS DER WELT<br />

Am 15. Oktober 2010 feiert <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong><br />

den Durchbruch am Gotthard-Basistunnel,<br />

dem mit 57 Kilometern längsten Bahntunnel<br />

der Welt. Gemeinsam mit Partnern aus der<br />

Schweiz und Italien arbeitet das Unternehmen<br />

seit 2002 am Herzstück der neuen Alpentransversale,<br />

an dessen südlichem Ende unter großer<br />

öffentlicher Resonanz der Durchschlag erfolgte.<br />

Der Gotthard-Basistunnel ist eines der ambi -<br />

tioniertesten Verkehrsprojekte Europas. Die Eröffnung<br />

für den Bahnbetrieb ist für 2017 vor -<br />

ge sehen.<br />

die Autobahn A 2 an. Das Projekt hat ein Gesamtvolumen von 200<br />

Millionen Euro, der Auftragswert für <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> beläuft sich<br />

auf 135 Millionen Euro. Die Autobahn soll noch vor Beginn der Fußball-Europameisterschaft<br />

im Juni 2012 in Betrieb gehen. <strong>Bilfinger</strong><br />

<strong>Berger</strong> baut außerdem den neun Kilometer langen südlichen Teil<br />

des Autobahnrings um Danzig sowie einen elf Kilometer langen<br />

Autobahnabschnitt bei Bialystok.<br />

KLIMAWINDKANAL FÜR RAIL<br />

TEC ARSENAL IN WIEN<br />

BMW hat sein Energie- und umwelttechnisches Versuchszentrum (EVZ) in München in<br />

Betrieb genommen. In der größten derartigen Anlage der Welt lassen sich Bergfahrten,<br />

hohe Geschwindigkeiten, Witterungseinflüsse und Klimazonen simulieren. <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong><br />

Industrial Services erstellte die Prüfstrecke schlüsselfertig. Zuvor hatte das Unternehmen<br />

bereits den größten Klimawindkanal für Schienenfahrzeuge in Wien errichtet.


BILFINGER BERGER WIRD EUROPÄISCH<br />

UMFIRMIERUNG ZUR „SE“<br />

Seit Oktober 2010 firmiert <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong><br />

als SE und damit nicht mehr als deutsche,<br />

sondern als europäische Aktien -<br />

gesellschaft (Societas Europaea – SE).<br />

Die Umfirmierung trägt dem starken<br />

Wachstum von <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> speziell<br />

in Europa Rechnung und soll das euro -<br />

päische Selbstverständnis des Konzerns<br />

nach außen sichtbar machen. Der Aufsichtsrat<br />

der <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> SE besteht<br />

aus zwölf Mitgliedern, Vorsitzender ist<br />

Dr. h. c. Bernhard Walter.<br />

AUS DER POLITIK IN DIE WIRTSCHAFT<br />

ROLAND KOCH WIRD<br />

VORSTANDSVORSITZENDER<br />

Roland Koch, ehemaliger Ministerpräsident<br />

des Landes Hessen, wird Herbert<br />

Bodner als Vorstandsvorsitzender der Bil -<br />

finger <strong>Berger</strong> SE nachfolgen. Koch wird<br />

dem Vorstand ab 1. März 2011 angehören<br />

und zum 1. Juli 2011 den Vorsitz des Gremiums<br />

übernehmen. Zu diesem Zeitpunkt<br />

wird Herbert Bodner nach vierzehn<br />

Jahren Vorstandstätigkeit, davon zwölf<br />

Jahre als Vorsitzender, in den Ruhestand<br />

treten. Er freue sich sehr auf seine zukünftige<br />

Arbeit, erklärte Roland Koch.<br />

„Bil finger <strong>Berger</strong> ist eine erste Adresse<br />

der deutschen Wirtschaft und zugleich<br />

eines der spannendsten Unternehmen,<br />

das ich kenne.“<br />

ROLAND KOCH<br />

WIRD NEUER CHEF.<br />

ANTEILE AN BETREIBERPROJEKTEN VERKAUFT<br />

SPIELRAUM FÜR NEUE ENGAGEMENTS<br />

<strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> Project Investments beteiligt einen Partner an vier seiner insgesamt 29<br />

privatwirtschaftlichen Projekte. HSBC Infrastructure übernimmt jeweils die Hälfte der<br />

von <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> gehaltenen Anteile an den Schnellstraßen Edmonton Ringroad und<br />

Kicking Horse Canyon in Kanada, am Projekt Kent Schools in England sowie indirekt 41,6<br />

Prozent am M80 Motorway in Schottland. Der Verkaufspreis beläuft sich auf 72 Millionen<br />

Euro und liegt über dem von <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> ausgewiesenen Barwert der vier Projekte.<br />

Durch die Veräußerung gewinnt das Unternehmen finanziellen Spielraum für neue<br />

Engagements.<br />

SCHNELLSTRASSE ÜBER DEN<br />

KICKING HORSE CANYON, KANADA.<br />

PPP IN KANADA<br />

FRAUENKLINIK<br />

IN TORONTO<br />

Das neue Women’s College Hospital in<br />

Toronto wird von <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> Project<br />

Investments geplant, finanziert, gebaut<br />

und betrieben. Das Projekt hat ein Investitionsvolumen<br />

von rund 340 Millionen<br />

Euro, <strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> bringt Eigenkapital<br />

in Höhe von 27 Millionen Euro ein. Die<br />

Konzessionsdauer beträgt 30 Jahre. Nach<br />

Fertigstellung der vom Gesundheits -<br />

ministerium der Provinz Ontario getra -<br />

genen Tagesklinik können pro Jahr rund<br />

400 000 Patientinnen behandelt werden.<br />

NORDSEE-SERVICE<br />

RAHMENVERTRÄGE<br />

MIT STATOIL<br />

<strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> Industrial Services hat<br />

mit dem norwegischen Energiekonzern<br />

Statoil neue Rahmenverträge im Gesamtvolumen<br />

von mehr als 250 Millionen<br />

Euro geschlossen. Die Vereinbarungen<br />

umfassen Instandhaltungs arbeiten an<br />

Offshore-Förderplattfor men und Verarbeitungsschiffen<br />

in der Nord see sowie<br />

an Onshore-Standorten in Norwegen und<br />

Dänemark. Die Vertrags laufzeit beträgt<br />

vier Jahre mit Verlängerungsoptionen<br />

für weitere vier Jahre.<br />

// 49


50 \\ STRASSEN DER WELT<br />

„HIER WOHNTE GOETHE“<br />

Der große Dichter Goethe ist in Deutschland<br />

immer gegenwärtig. Es gibt Hunderte von<br />

Goethe-Gymnasien und Goethestraßen, und<br />

wo immer der Gelehrte seinen Fuß hinsetzte,<br />

hängen Gedenktafeln. So auch am Haus der<br />

Münzgasse 15 in Tübingen, wo eine steinerne<br />

Tafel wissen lässt: „Hier wohnte Goethe“,<br />

nämlich 14 Tage lang, als er auf dem Weg<br />

nach Italien einst Johann Friedrich Cotta besuchte,<br />

den großen Verleger der deutschen<br />

Klassik. Im Jahr 1986 inspirierten die Touristen,<br />

die zum Cottahaus pilgerten, die Studenten<br />

des benachbarten Wohnheims, ein nicht<br />

minder informatives Schild aus dem Fenster<br />

zu hängen: „Hier kotzte Goethe“. Dabei mag<br />

die Provokation einen Kern Wahrheit enthalten,<br />

denn Goethe soll lange Abende in den<br />

Wirtshäusern von Tübingen verbracht haben.<br />

Längst ist das Ulk-Schild bekannter als das<br />

Original, und für Stadtführer ist ein Hinweis<br />

darauf häufig Schlusspointe ihrer Führung.<br />

Inzwischen ist das alte Sperrholzschild jedoch<br />

arg ramponiert, deshalb soll nun ein neues<br />

an gebracht werden, aus klassischem Ge denk -<br />

tafelmaterial: Das neue Schild wird aus Carrara-Marmor<br />

sein.<br />

BERND HAUSER / TEXT ///<br />

HEINZ HEISS / FOTO<br />

<strong>Bilfinger</strong> <strong>Berger</strong> <strong>Magazin</strong> // 01 2011


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