09.01.2013 Aufrufe

'Gastarbeit' in der Bundesrepublik Deutschland - von Cord ...

'Gastarbeit' in der Bundesrepublik Deutschland - von Cord ...

'Gastarbeit' in der Bundesrepublik Deutschland - von Cord ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

70 4.2. Aufschieben <strong>der</strong> Rückkehr<br />

den werden sie vor allem nach den erhofften Mo<strong>der</strong>nisierungseffekten: Der ‘Innovator’ würde<br />

die Idee <strong>der</strong> „Rotationseuphoriker“ <strong>von</strong> <strong>der</strong> ‘Gastarbeit’ als Entwicklungshilfe bestätigen 59 . Während<br />

schon beim ersten Aufbruch konservative und <strong>in</strong>novative Motive zusammenwirkten 60 , haben<br />

die mit <strong>der</strong> Migrationserfahrung verbundenen Assimilationstendenzen viele E<strong>in</strong>stellungen<br />

und Erwartungen verän<strong>der</strong>t. Die Schwierigkeiten, auf die die meisten Rückkehrer stießen,<br />

sche<strong>in</strong>en die des ‘Innovators’ gewesen zu se<strong>in</strong>, <strong>der</strong> nicht mehr <strong>in</strong> das Leben vor <strong>der</strong> Migration<br />

zurückfallen will, se<strong>in</strong>e neuen Erwartungen aber nicht realisieren kann.<br />

Die Schwierigkeiten <strong>der</strong> RückkehrerInnen im Herkunftsland<br />

Die MigrantInnen träumten vom sozialen Aufstieg zu e<strong>in</strong>er geachteten Existenz im Heimatland.<br />

Sie erhofften sich vor allem e<strong>in</strong>e berufliche Verbesserung, soziale Anerkennung und<br />

e<strong>in</strong>e bessere Ausbildung <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>. Doch erfüllten sich nicht alle Erwartungen <strong>der</strong> Rückkehrenden,<br />

da sie auf wirtschaftliche, politische und kulturelle Schwierigkeiten stießen.<br />

Die wirtschaftliche Situation <strong>der</strong> Herkunftslän<strong>der</strong> war schwierig geblieben: Sie hatten meist<br />

vergeblich auf e<strong>in</strong>e eigenständige Entwicklung durch den Export <strong>von</strong> überschüssiger Arbeit (Migration)<br />

und den Import <strong>von</strong> fehlendem Kapital (Lohnüberweisungen) gehofft. Aber nun fehlten<br />

wichtige Fachkräfte, verschärften sich die regionalen Entwicklungsgefälle und die Abhängigkeit<br />

<strong>von</strong> den Konjunkturschwankungen <strong>in</strong> Mitteleuropa. E<strong>in</strong>e Massenrückkehr <strong>der</strong> EmigrantInnen<br />

(knapp 10 Mio PortugiesInnen leben <strong>in</strong> Portugal, fast 4 Mio im Ausland!) wäre verheerend gewesen.<br />

Die meisten Studien stimmen dar<strong>in</strong> übere<strong>in</strong>, daß Emigration und Remigration kaum positive<br />

Effekte für die Herkunftslän<strong>der</strong> hatten 61 . Dem wi<strong>der</strong>spricht ansche<strong>in</strong>end die erhebliche wirtschaftliche<br />

Dynamik mehrerer Mittelmeerlän<strong>der</strong> während <strong>der</strong> achtziger Jahre. Wieweit dafür die<br />

Migration neben an<strong>der</strong>en Faktoren wie <strong>der</strong> europäischen Integration verantwortlich war, sche<strong>in</strong>t<br />

bislang aber ungeklärt und kann hier auch nicht diskutiert werden 62 . Bis etwa 1980 waren jedenfalls<br />

„trotz <strong>der</strong> unterschiedlichen sozialen und ökonomischen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Entsendelän<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> -<br />

regionen die <strong>in</strong>dividuellen Probleme <strong>der</strong> Rückwan<strong>der</strong>er weitgehend ähnlich“ 63 .<br />

Auch danach bestanden trotz des Wachstums überall Strukturprobleme fort, etwa auf dem<br />

Arbeitsmarkt. Ferner waren viele RemigrantInnen enttäuscht, daß sie den Zug des Fortschritts<br />

verpaßt hatten, <strong>der</strong> auch ihr Dorf <strong>in</strong>zwischen aus <strong>der</strong> Armut geführt hatte 64 .<br />

Zudem litten um 1970 alle Herkunftslän<strong>der</strong> außer Italien unter diktatorischen Regimes, die<br />

das Unzufriedenheits-Ventil Migration bewußt offenhielten. Gleichzeitig wollten die Regierungen<br />

aber die Heimatb<strong>in</strong>dung <strong>der</strong> EmigrantInnen erhalten, da sie <strong>der</strong>en Überweisungen brauchten,<br />

um ihre Handelsbilanzdefizite zu verm<strong>in</strong><strong>der</strong>n. Außer Jugoslawien betrieb ke<strong>in</strong> Land e<strong>in</strong>e Re<strong>in</strong>tegrationspolitik.<br />

Vor allem Ankara beschränkte sich auf Sonntagsreden:<br />

„Als wir die Arbeiter <strong>in</strong>s Ausland geschickt haben (sic!), haben wir auch an diese Probleme gedacht. Zu diesen Problemen<br />

haben wir Pläne entwickelt. Die Arbeiter, die bisher zurückgefahren s<strong>in</strong>d, haben ke<strong>in</strong>e ökonomischen und sozialen<br />

Probleme.“ 65<br />

Alle diese Pläne wie auch die OECD- und ILO-Programme blieben weitgehend wirkungslos 66 .<br />

Mit dem gesparten Geld hatten die meisten Rückkehrenden Häuser und Grundstücke gekauft<br />

67 . Für die ersten Remigranten war dieser soziale Aufstieg noch leicht greifbar; doch trug<br />

die massenhafte Migration mit dazu bei, daß die Grundstückspreise explodierten 68 und die<br />

Rückkehrkalkulationen durche<strong>in</strong>an<strong>der</strong> brachten.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!