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'Gastarbeit' in der Bundesrepublik Deutschland - von Cord ...

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68 4.2. Aufschieben <strong>der</strong> Rückkehr<br />

slawInnen nicht so stark <strong>von</strong> Arbeitslosigkeit betroffen wie an<strong>der</strong>e Gruppen. Dagegen nannten<br />

die 1975 <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> befragten türkischen Männer als Hauptmotiv Arbeitslosigkeit. In <strong>der</strong> Tat konnte<br />

Arbeitslosigkeit ziemlich direkt zur Rückkehr zw<strong>in</strong>gen, da Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis<br />

nur nach Arbeitsmarktlage – und bei Sozialhilfebezug im Pr<strong>in</strong>zip gar nicht – verlängert wurden.<br />

Teilweise führte erst diese Nichtverlängerung zur Arbeitslosigkeit 48 .<br />

Zudem verloren viele MigrantInnen bei e<strong>in</strong>er Kündigung ihren Platz im Wohnheim und damit<br />

praktisch ihre gesamte Existenz <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>:<br />

„Wir s<strong>in</strong>d eigentlich gekommen, um e<strong>in</strong> Jahr bei Siemens zu arbeiten (laut Vertrag), aber nach sechs Monaten wurden<br />

wir gedrängt, unseren Urlaub <strong>in</strong> Anspruch zu nehmen. Wir freuten uns und fuhren für vier Wochen <strong>in</strong> die Heimat. Nach<br />

dem Urlaub teilten sie uns mit, daß wir gekündigt worden s<strong>in</strong>d. Siemens sollte wohl umziehen. Für uns war das etwas<br />

Schockierendes, denn wir mußten auch <strong>in</strong>nerhalb <strong>von</strong> zwei Wochen das Heim verlassen, da das Heim e<strong>in</strong> Eigentum<br />

<strong>von</strong> Siemens war.“ 49<br />

Nicht immer war so direkter Druck nötig: Wie auch bei Frauen o<strong>der</strong> älteren Arbeitnehmern<br />

festgestellt, werden bei Krisen die Gruppen, für die sozial akzeptierte Alternativrollen zur Verfügung<br />

stehen, am ehesten vom Arbeitsmarkt verdrängt; für Auslän<strong>der</strong>Innen war die – oft familiär<br />

begründete – Rückkehr diese Alternativrolle 50 .<br />

Bürkner u.a. analysieren die sich wi<strong>der</strong>sprechenden Angaben <strong>von</strong> potentiellen und tatsächlichen<br />

Rückkehrern als e<strong>in</strong>e „Verschiebung <strong>der</strong> Motivstrukturen“ <strong>von</strong> <strong>der</strong> Ökonomie zur Familie<br />

nach <strong>der</strong> Rückkehr. Die Verdrängung <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> erlittenen strukturellen Zwänge sei e<strong>in</strong><br />

psychologischer Mechanismus, mit dessen Hilfe die Remigration „im nachh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> als freiwillig <strong>in</strong>terpretiert<br />

werden“ kann 51 . Dementsprechend wurde die Remigration mit wachsendem Zeitabstand<br />

immer positiver beurteilt. So wollten 26.5 % <strong>der</strong> befragten Griechen ihre Pläne vollständig,<br />

51 % teilweise erreicht haben 52 . Bürkner u.a. konstatieren solche – durch das Befragungsverhalten<br />

noch verstärkten – Verdrängungseffekte schon während <strong>der</strong> Entscheidung<br />

zur Remigration 53 . Zudem sei die „wenig e<strong>in</strong>deutige Motivstruktur“ zur Remigration „<strong>von</strong> unverb<strong>in</strong>dlichen<br />

und unkonkreten Vorstellungs<strong>in</strong>halten ohne zw<strong>in</strong>gende Verhaltensrelevanz geprägt“<br />

54 .<br />

In <strong>der</strong> Tat ist das Verhalten (nicht nur) <strong>der</strong> MigrantInnen „<strong>in</strong>sgesamt vermutlich weniger rational<br />

und planmäßig als es mancher Sozialwissenschaftler erwartet“ 55 o<strong>der</strong> mit se<strong>in</strong>en standardisierten<br />

Befragungen erfassen kann. Noch weniger als bei <strong>der</strong> Emigration können hier<br />

Push- und Pull-Faktoren getrennt werden. Insbeson<strong>der</strong>e muß die – auch wirtschaftliche – Bedeutung<br />

<strong>der</strong> Familie als zentralem Entscheidungsrahmen für Emigration und Remigration beachtet<br />

werden. Meist griffen mehrere Gründe <strong>in</strong>e<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, <strong>in</strong>dem e<strong>in</strong> latenter Rückkehrwunsch<br />

durch e<strong>in</strong>e plötzliche Kündigung aktualisiert wurde und familiäre Ereignisse neue Berufschancen<br />

o<strong>der</strong> -notwendigkeiten ergaben.<br />

Rückkehr–Typen<br />

E<strong>in</strong>em besseren Verständnis sollten Modelle <strong>von</strong> Rückkehrtypen dienen, wie sie <strong>von</strong> Cerase<br />

und Unger aufgestellt wurden. Unger hebt zurecht die Strukturzwänge und das Problem <strong>der</strong><br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> hervor.

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