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'Gastarbeit' in der Bundesrepublik Deutschland - von Cord ...

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3.2. Auslän<strong>der</strong>politik <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lassungsphase 45<br />

Allmählich bildete sich e<strong>in</strong>e Lobby <strong>der</strong> MigrantInnen, die allerd<strong>in</strong>gs durch <strong>der</strong>en politische<br />

Rechtlosigkeit hauptsächlich <strong>von</strong> deutschen Initiativen, Kirchen und Wohlfahrtsverbänden getragen<br />

wurde. Auslän<strong>der</strong>politische Entscheidungen stießen auf größere Wi<strong>der</strong>stände als früher;<br />

damit ließ sich aber auch mehr politisches Kapital aus ihnen schlagen.<br />

Schon 1976 hatte <strong>der</strong> Stuttgarter SPD-Kandidat Erhard Eppler M<strong>in</strong>isterpräsident Filb<strong>in</strong>ger e<strong>in</strong>en<br />

„Wahlkampf auf Kosten <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>“ vorgeworfen 119 . Vor allem <strong>in</strong> den ‘Wende’-Wahlkämpfen<br />

<strong>in</strong>strumentalisierte die Union dann die Fremdenfe<strong>in</strong>dlichkeit. Nach Meier-Braun 120 trug<br />

das wesentlich zu ihrem Erfolg bei; nach <strong>der</strong> Wende g<strong>in</strong>g das öffentliche Interesse an <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>politik<br />

zunächst wie<strong>der</strong> zurück, ehe <strong>der</strong> Wahlkampf 1987 das Asylthema belebte.<br />

Da die sozialliberale Regierung, vor allem die SPD, <strong>in</strong> wesentlichen Punkten diesem Druck<br />

nachgab, unterschieden sich die konkreten Maßnahmen vor und nach dem Regierungswechsel<br />

wenig. Dennoch war die ‘Wende’ auch e<strong>in</strong>e Wende <strong>in</strong> <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>politik; h<strong>in</strong> nicht zu e<strong>in</strong>er<br />

realistischen M<strong>in</strong><strong>der</strong>heiten-, son<strong>der</strong>n zu e<strong>in</strong>er ideologischen Sündenbockpolitik.<br />

Darüberh<strong>in</strong>aus entstand e<strong>in</strong> Demokratiedefizit, auf das Dohse aufmerksam macht:<br />

„Erstmals nach Abschaffung des preußischen Drei-Klassen-Wahlrechts im Jahre 1918 hat sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em demokratischen<br />

deutschen Staat e<strong>in</strong>e Situation entwickelt, <strong>in</strong> welcher <strong>der</strong> Arbeiterschaft bei demokratischen Wahlen e<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>geres<br />

Gewicht zukommt, als ihrem Bevölkerungsanteil entspricht. Denn aufgrund des fehlenden Wahlrechts ihres als Auslän<strong>der</strong><br />

ausgegrenzten Teils s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Bundesrepublik</strong> <strong>der</strong>zeit 17 % aller Arbeiter ohne Wahlstimme. Dies verschiebt<br />

die politischen Gewichte <strong>in</strong>sgesamt zu ungunsten <strong>der</strong> Arbeitnehmer.“ 121<br />

Rotations- und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungspolitik im europäischen Vergleich<br />

Hätte es Alternativen zur betriebenen Auslän<strong>der</strong>politik gegeben? Für diese Frage lohnt sich<br />

e<strong>in</strong> Blick über die Grenzen: In zahlreichen nord- und westeuropäischen Industrielän<strong>der</strong>n waren<br />

<strong>in</strong> den fünfziger und sechziger Jahren ausländische ArbeiterInnen immigriert; europaweit wurden<br />

die relativ offenen Grenzen um 1970–74 weitgehend geschlossen.<br />

Trotz dieser Parallelen differierte die Politik aber erheblich. Hier sollen nur e<strong>in</strong>ige H<strong>in</strong>weise<br />

folgen, da e<strong>in</strong> ausführlicher Vergleich den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. Vor allem<br />

wird die jeweilige Politik <strong>von</strong> sehr verschiedenen Faktoren (Herkunftslän<strong>der</strong> <strong>der</strong> MigrantInnen,<br />

Staats- und Rechtsverständnis, Wirtschaftsentwicklung) bee<strong>in</strong>flußt. Während die Migrationspolitik<br />

wie<strong>der</strong>holt verglichen worden ist 122 , gibt es über die Rückkehrorientierung nur e<strong>in</strong>zelne, <strong>in</strong><br />

<strong>Deutschland</strong> zum Teil schwer zugängliche Arbeiten 123 .<br />

In Großbritannien, Frankreich und den Nie<strong>der</strong>landen hatten MigrantInnen aus den ehemaligen<br />

Kolonien <strong>von</strong> vornehere<strong>in</strong> die Staatsbürgerschaft und damit e<strong>in</strong>en sicheren Daueraufenthalt.<br />

Dennoch gab es erhebliche Rückwan<strong>der</strong>ungen, zum<strong>in</strong>dest solange, wie die erneute E<strong>in</strong>reise<br />

unproblematisch war.<br />

Die Verschärfung des Immigration Acts <strong>von</strong> 1962 hatte <strong>in</strong> Großbritannien 124 e<strong>in</strong>e ähnliche<br />

Stabilisierung zur Folge wie <strong>der</strong> Anwerbestopp 1973. Schrittweise versuchte auch London, erst<br />

den Arbeitsmarkt, dann die Zuwan<strong>der</strong>ung abzuschotten. Auch bei diesen rechtlich privilegierten<br />

MigrantInnen blieb e<strong>in</strong>e mehr o<strong>der</strong> weniger reale Rückkehrorientierung lange erhalten, auch<br />

wenn, wie bei den Pakistanis <strong>in</strong> Großbritannien, die wirtschaftliche Entwicklung des Herkunftslandes<br />

schwierig war.<br />

Schweden ist neben Großbritannien e<strong>in</strong> Son<strong>der</strong>fall, da es <strong>von</strong> vornehere<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungspolitik<br />

betrieb 125 ; nicht <strong>in</strong> dem S<strong>in</strong>n, daß es Zuwan<strong>der</strong>ung för<strong>der</strong>te, son<strong>der</strong>n daß Migran-

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