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'Gastarbeit' in der Bundesrepublik Deutschland - von Cord ...

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3.2. Auslän<strong>der</strong>politik <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lassungsphase 43<br />

War die Auslän<strong>der</strong>politik <strong>in</strong> den sechziger Jahren re<strong>in</strong>e Arbeitsmarktpolitik gewesen, trat <strong>in</strong><br />

den siebziger Jahren die Sorge h<strong>in</strong>zu, die Nie<strong>der</strong>lassung <strong>der</strong> MigrantInnen könnte <strong>in</strong> Zeiten <strong>der</strong><br />

Arbeitslosigkeit den sozialen Frieden gefährden. Die Strategien <strong>der</strong> Abschottung, <strong>der</strong> ‘Integration’<br />

und <strong>der</strong> Rückkehrpolitik wurden <strong>in</strong> den folgenden vier Phasen unterschiedlich komb<strong>in</strong>iert.<br />

Schon vor <strong>der</strong> Wirtschaftskrise waren soziale Kosten und Überfremdungsängste zum Vorsche<strong>in</strong><br />

gekommen. Zwischen 1973 und 1978 dom<strong>in</strong>ierte dann die Politik <strong>der</strong> ‘Konsolidierung’,<br />

die <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie den Arbeitsmarkt abschotten wollte, mit e<strong>in</strong>er freiwilligen Rückwan<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

MigrantInnen rechnete und daher nur e<strong>in</strong>e ‘Integration auf Zeit’ anstrebte. Diese Annahme war<br />

aufgrund <strong>der</strong> starken Rückkehrorientierung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tat naheliegend, stellte sich aber bald als<br />

falsch heraus.<br />

1979–80 schien sich das zu än<strong>der</strong>n; erstmals wurde die E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ung realistisch diagnostiziert.<br />

In dieser kurzen Phase trat die Integrationspolitik <strong>in</strong> den Mittelpunkt <strong>der</strong> Debatte; doch<br />

wurde im Pr<strong>in</strong>zip bis heute ke<strong>in</strong>es <strong>der</strong> damals entwickelten Zukunftskonzepte verwirklicht.<br />

Ab 1981 wendete sich das Blatt wie<strong>der</strong> <strong>von</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er- zur Auslän<strong>der</strong>politik, die sich<br />

zunehmend auf Abschottung und Rückkehrför<strong>der</strong>ung zuspitzte. Die mittlerweile festgestellte<br />

Nie<strong>der</strong>lassung wurde teils zugegeben, teils geleugnet o<strong>der</strong> ignoriert. Je mehr die Parteien über<br />

Auslän<strong>der</strong>politik diskutierten, desto weniger konkrete Maßnahmen und Gesetze verabschiedeten<br />

sie.<br />

Ab Mitte <strong>der</strong> achtziger Jahre konzentrierte sich die Debatte – mit immer schrilleren Tönen –<br />

auf das Asylthema; um die ArbeitsmigrantInnen wurde es ruhiger.<br />

Allgeme<strong>in</strong> ist die schwankende, une<strong>in</strong>heitliche und letztlich konzeptionslose Entwicklung <strong>der</strong><br />

Auslän<strong>der</strong>politik kritisiert worden.<br />

Mitverantwortlich für diese „non-policy“ 108 waren die – hier nicht im e<strong>in</strong>zelnen zu untersuchenden<br />

– Mechanismen, nach denen Auslän<strong>der</strong>politik entwickelt und gehandhabt wurde 109 . So<br />

herrschte e<strong>in</strong> Kompetenzenwirrwarr auf vielen Fel<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>- und M<strong>in</strong><strong>der</strong>heitenpolitik.<br />

Da sie vor allem <strong>von</strong> <strong>der</strong> Exekutive mit Erlassen betrieben wurde, wirkten unterschiedliche Tendenzen<br />

<strong>in</strong> den Bundeslän<strong>der</strong>n ebenso auf die Bundespolitik wie die teils übere<strong>in</strong>stimmenden,<br />

teils wi<strong>der</strong>streitenden E<strong>in</strong>flüsse <strong>der</strong> Tarifpartner. Parteipolitische Unterschiede s<strong>in</strong>d erkennbar,<br />

aber nicht sehr deutlich.<br />

Inhaltlich hielt man viel zu lange an dem überholten Rotationspr<strong>in</strong>zip fest; zwar versuchte<br />

man nicht, es nachträglich mit Gewalt durchzusetzen, aber man g<strong>in</strong>g weiterh<strong>in</strong> <strong>von</strong> e<strong>in</strong>er freiwilligen<br />

Rückkehr <strong>der</strong> überwiegenden Mehrheit <strong>der</strong> MigrantInnen aus.<br />

Nach <strong>der</strong> nur an Unternehmens<strong>in</strong>teressen ausgerichteten ‘Laissez-Faire’-Politik <strong>der</strong> sechziger<br />

Jahre konnte man „nicht e<strong>in</strong>fach per Erlaß auf ‘Integration’ umschalten“ 110 . Die zahlreichen<br />

unterschiedlichen Integrationskonzepte verraten gerade e<strong>in</strong>e verbreitete Konzeptlosigkeit. So<br />

gab das Arbeitsm<strong>in</strong>isterium 1976 zu, es habe sich<br />

„die Hoffnung, nach <strong>der</strong> die Bundesregierung mit e<strong>in</strong>em Abbau <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>beschäftigung auch die Probleme <strong>der</strong> E<strong>in</strong>glie<strong>der</strong>ung<br />

lösen wollte, nicht erfüllt. Es ist im Gegenteil zu weiteren Fehlentwicklungen gekommen.“ 111<br />

Ab etwa 1980 wurde die Nie<strong>der</strong>lassung und damit die De-facto-E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ung immer sichtbarer.<br />

Darauf reagierte das politische System zwar mit e<strong>in</strong>er stärkeren Thematisierung <strong>der</strong> Frage,<br />

nicht aber mit <strong>der</strong> nötigen Wende zu e<strong>in</strong>er M<strong>in</strong><strong>der</strong>heitenpolitik. Bade kritisiert die „defensive<br />

Erkenntnisverweigerung“, die Kette<br />

„politischer Verdrängungen und Versäumnisse. Sie werden ex post gern mit dem H<strong>in</strong>weis legitimiert, all das habe man<br />

‘damals’ doch gar nicht wissen können. Man konnte, aber wollte nicht.“ 112<br />

Viele Politiker verschanzten sich h<strong>in</strong>ter <strong>der</strong> – verme<strong>in</strong>tlich o<strong>der</strong> tatsächlich auslän<strong>der</strong>fe<strong>in</strong>dlichen<br />

– Bevölkerung, <strong>der</strong> man nicht zuviel zumuten dürfe 113 :

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