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'Gastarbeit' in der Bundesrepublik Deutschland - von Cord ...

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42 3.2. Auslän<strong>der</strong>politik <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lassungsphase<br />

den Unternehmen – nur um e<strong>in</strong>e Abdrängung <strong>der</strong> arbeitslosen Auslän<strong>der</strong>Innen g<strong>in</strong>g 92 . Ab 1974<br />

wurde arbeitslosen Auslän<strong>der</strong>Innen teilweise das Arbeitslosengeld gestrichen o<strong>der</strong> gekürzt; Sozialhilfebezug<br />

war aber Ausweisungsgrund. Zwar wurde niemand direkt wegen bloßer Arbeitslosgkeit<br />

ausgewiesen, aber viele Arbeitslose fühlten e<strong>in</strong>en massiven Rückkehrdruck 93 .<br />

Verschiedene Re<strong>in</strong>tegrationshilfen sollten die freiwillige Rückkehr stimulieren. Die Bundesregierung<br />

betonte dabei,<br />

„daß alle Überlegungen e<strong>in</strong>er Rückkehrhilfe, e<strong>in</strong>er Unterstützung <strong>der</strong> Rückkehr da<strong>von</strong> ausgehen, daß <strong>der</strong> E<strong>in</strong>zelne se<strong>in</strong>e<br />

Entscheidung selbst treffen soll und auch treffen kann. Es soll also nicht partout für die Rückkehr geworben werden.“<br />

94<br />

E<strong>in</strong>zige konkrete Maßnahme war das Ankara-Abkommen <strong>von</strong> 1972, das e<strong>in</strong> Qualifizierungsprogramm<br />

für Rückkehrwillige und die För<strong>der</strong>ung <strong>von</strong> Arbeitnehmergesellschaften vorsah. Beide<br />

Ansätze, die später auch für an<strong>der</strong>e Län<strong>der</strong> angewendet wurden, konnten die <strong>in</strong> sie gesetzten<br />

Erwartungen nicht erfüllen 95 . Oft wurde gefor<strong>der</strong>t, durch Kapital<strong>in</strong>vestitionen <strong>in</strong> den Herkunftslän<strong>der</strong>n<br />

Arbeitsplätze zu schaffen 96 . Gezielte Entwicklungshilfe-Projekte <strong>in</strong> dieser Richtung<br />

kamen über das Diskussionsstadium jedoch nie heraus. Allerd<strong>in</strong>gs brachte die europäische<br />

Integration sowie die durch die Migration entstandenen Verb<strong>in</strong>dungen e<strong>in</strong>e erhebliche Internationalisierung<br />

des Kapitals, ohne jedoch die <strong>in</strong>ternationale Schichtung zu beseitigen.<br />

Stattdessen dachte man vor allem an e<strong>in</strong>e f<strong>in</strong>anzielle Unterstützung e<strong>in</strong>zelner RemigrantInnen.<br />

Schon 1975 hatte <strong>der</strong> baden-württembergische M<strong>in</strong>isterpräsident Filb<strong>in</strong>ger Rückkehrprämien<br />

und die Kapitalisierung des Arbeitslosengeldes vorgeschlagen 97 . Im Zusammenhang<br />

mit Entlassungen bei Audi <strong>in</strong> Neckarsulm zahlte das Land Prämien 98 . Das Arbeitsm<strong>in</strong>isterium<br />

sah das als Erfolg:<br />

„Wir fühlen uns <strong>in</strong> dieser Geschichte durch die praktischen Erfahrungen bei Audi-NSU bestärkt, wo wir das D<strong>in</strong>g mit 16<br />

Millionen Mark gemacht und etwa 2000 Leute mit durchschnittlich 8000 Mark rausgeschafft haben.“ 99<br />

Das Land brachte über den Bundesrat e<strong>in</strong>en entsprechenden Gesetzentwurf e<strong>in</strong>, <strong>der</strong> aber im<br />

Bundestag für unpraktikabel und vor allem nicht f<strong>in</strong>anzierbar gehalten wurde 100 . E<strong>in</strong> ähnliches<br />

Programm <strong>in</strong> Frankreich wurde 1981 wie<strong>der</strong> aufgegeben 101 .<br />

Anfang <strong>der</strong> achtziger Jahre hatten Studien festgestellt, daß die meisten MigrantInnen nicht<br />

mehr zurückkehren würden 102 . Die Nie<strong>der</strong>lassung war weitgehend abgeschlossen.<br />

Gerade zu dieser Zeit kamen die Rückkehrprämien im Bundestag wie<strong>der</strong> zur Sprache. 1982<br />

beschloß die sozialliberale Bundesregierung Maßnahmen zur Rückkehrför<strong>der</strong>ung 103 . Das Rückkehrhilfegesetz<br />

<strong>von</strong> 1983 bot MigrantInnen, die durch Konkurs arbeitslos geworden waren und<br />

b<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>es halben Jahres endgültig mit ihrer Familie ausreisten, e<strong>in</strong>e Prämie <strong>von</strong> 10 500.–<br />

DM (plus 1 500.– DM pro K<strong>in</strong>d). Wichtiger noch war die sofortige Rückerstattung <strong>der</strong> Rentenbeiträge<br />

104 . Rückkehrprogramme des Berl<strong>in</strong>er Senats und großer Firmen wie Mannesmann<br />

flankierten das Gesetz.<br />

Se<strong>in</strong> Erfolg war sehr umstritten 105 ; wichtiger als Zahlen war wohl die psychologische Wirkung.<br />

Dohse schreibt:<br />

„Der Bundesregierung ist es gelungen, die E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungsfrage <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Problem <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>abwehr umzudef<strong>in</strong>ieren.<br />

Ob sie nun zutreffen o<strong>der</strong> nicht, Erfolgsmeldungen über die Zahl <strong>der</strong> angeblich bewirkten Abgänge <strong>von</strong> Auslän<strong>der</strong>n haben<br />

ihre ideologischen Wirkungen auf allen Ebenen.“ 106<br />

Nach Funcke, <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>beauftragten, hatte<br />

„das Gesetz zur För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Rückkehrbereitschaft <strong>von</strong> Auslän<strong>der</strong>n, obwohl als Vergünstigung auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong><br />

Freiwilligkeit konzipiert, vielfach die Sorge <strong>von</strong> nachfolgendem direkten o<strong>der</strong> <strong>in</strong>direkten Druck ausgelöst.“ 107<br />

Ab etwa 1985 verschwand das Thema Rückkehr aus den öffentlichen Debatten; die anschwellende<br />

Asylhysterie überlagerte das Problem <strong>der</strong> Arbeitsmigration.<br />

Auslän<strong>der</strong>politik – wirre Integrationskonzepte o<strong>der</strong> gelungene Stabilisierung?

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