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'Gastarbeit' in der Bundesrepublik Deutschland - von Cord ...

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40 3.2. Auslän<strong>der</strong>politik <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lassungsphase<br />

Dementsprechend plädierten sie dafür, die auch den Nicht-StaatsbürgerInnen zugestandenen<br />

politischen Rechte auszuweiten, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e ihnen das kommunale Wahlrecht zu geben. Das<br />

hätte die MigrantInnen zu größerem Engagement ermutigt und wenigstens lokal e<strong>in</strong>e konsequentere<br />

M<strong>in</strong><strong>der</strong>heitenpolitik geför<strong>der</strong>t.<br />

Jedoch konnte sich ke<strong>in</strong>er dieser Ansätze durchsetzen; statt politischer Rechte wurden lediglich<br />

Auslän<strong>der</strong>beiräte und -beauftragte e<strong>in</strong>geführt 69 , die e<strong>in</strong>e mehr o<strong>der</strong> weniger aktive Öffentlichkeitsarbeit<br />

betrieben, im Verhältnis zur zuständigen Innenbehörde aber ohne E<strong>in</strong>fluß blieben.<br />

Die Dauerfehden zwischen Lieselotte Funcke (FDP) und Friedrich Zimmermann (CSU) <strong>in</strong><br />

Bonn o<strong>der</strong> Barbara John und He<strong>in</strong>rich Lummer (beide CDU) <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> standen für entgegengesetzte<br />

L<strong>in</strong>ien <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Regierungen, zugleich für die gängige auslän<strong>der</strong>politische Doppelstrategie<br />

aus Repression und Sympathiewerbung 70 .<br />

Abgesehen <strong>von</strong> gewissen E<strong>in</strong>bürgerungserleichterungen im neuen Auslän<strong>der</strong>gesetz <strong>von</strong><br />

1991 steht die Debatte noch heute im wesentlichen auf dem Stand <strong>von</strong> Anfang <strong>der</strong> achtziger<br />

Jahre.<br />

Die Strategie <strong>der</strong> Rückkehrpolitik<br />

Alle auslän<strong>der</strong>politischen Konzepte rechneten mit e<strong>in</strong>er – freiwilligen – Rückkehr <strong>der</strong> Mehrheit<br />

<strong>der</strong> MigrantInnen. 1976 verkündete die baden-württembergische Regierung gar: „Im Vor<strong>der</strong>grund<br />

e<strong>in</strong>er künftigen Auslän<strong>der</strong>politik steht das Rückkehrpr<strong>in</strong>zip.“ 71 E<strong>in</strong> striktes Rotationspr<strong>in</strong>zip<br />

wurde nur für den Fall neuer Anwerbungen diskutiert. Als die freiwillige Rückwan<strong>der</strong>ung<br />

nachließ, verstärkte sich Anfang <strong>der</strong> achtziger Jahre <strong>der</strong> Druck auf die MigrantInnen.<br />

Zunächst aber hieß es im Bonner Aktionsprogramm vom Juni 1973:<br />

„Aus sozialen und humanitären Gründen lehnt es die Bundesregierung ab, den Aufenthalt ausländischer Arbeitnehmer<br />

nach Ablauf e<strong>in</strong>er bestimmten Zeit durch behördliche E<strong>in</strong>griffe zwangsweise zu beenden.“ 72<br />

Die Bundesregierung wollte das Rotationspr<strong>in</strong>zip also nicht umsetzen. Da dies wie<strong>der</strong>holt beteuert<br />

wurde, sche<strong>in</strong>t es durchaus e<strong>in</strong>e Diskussion und entsprechende Erwartungen gegeben<br />

zu haben. 1975 war im Kab<strong>in</strong>ett selbst umstritten, ob sich die Bundesregierung darauf festlegen<br />

sollte, auch <strong>in</strong> Zukunft auf Zwangsmaßnahmen zu verzichten 73 .<br />

Tatsächlich wurde e<strong>in</strong>e massenhafte Zwangsrückkehr (wie 1885 <strong>in</strong> Preußen o<strong>der</strong> mehrfach<br />

<strong>in</strong> den Ölstaaten am Golf) <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Bundesrepublik</strong> nie ernsthaft diskutiert. Das lag weniger an<br />

den häufig angesprochenen, aber nicht vorhandenen „Grundsätzen unseres liberalen Auslän<strong>der</strong>rechtes“<br />

74 . Vielmehr stand dem das Verfassungsrecht und e<strong>in</strong>e kritische Öffentlichkeit entgegen.<br />

Die Gewerkschaften waren wegen des s<strong>in</strong>kenden Organisationsgrad bei den Deutschen<br />

<strong>in</strong>zwischen stärker auf ihre recht aktiven zugewan<strong>der</strong>ten Mitglie<strong>der</strong> angewiesen 75 : „Wir werden<br />

und können nicht dulden, daß sie e<strong>in</strong>fach abgeschoben werden.“ 76 An<strong>der</strong>erseits for<strong>der</strong>te e<strong>in</strong>er<br />

ihrer Vertreter 1974:<br />

„Um die deutschen Arbeitnehmer zu schützen, müssen alle gesetzlichen Möglichkeiten genutzt werden, um nicht benötigte<br />

ausländische Arbeiter nach Hause zu schicken. Wenn sie nicht freiwillig gehen, müssen die Vorschriften, die ihre<br />

Abschiebung zulassen, eben schärfer angewandt werden.“ 77<br />

Außenpolitisch mußte die <strong>Bundesrepublik</strong> nicht nur vermeiden, Er<strong>in</strong>nerungen an die ‘Fremdarbeiter’-Zeit<br />

zu wecken, son<strong>der</strong>n auch Rücksicht auf die EG-Partner 78 und die Stabilität <strong>der</strong><br />

strategisch wichtigen Herkunftslän<strong>der</strong> Jugoslawien und Türkei nehmen. In ke<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en<br />

westeuropäischen Land gab es e<strong>in</strong>e Massenausweisung; vielmehr versuchte die OECD, e<strong>in</strong>e<br />

behutsame Rückkehrpolitik zu koord<strong>in</strong>ieren 79 .<br />

Zudem hätten die Unternehmen dagegen entschieden protestiert. Zwar sahen auch sie bei<br />

<strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>beschäftigung e<strong>in</strong>en „Grenzwert erreicht“ 80 , brauchten aber weiterh<strong>in</strong> Arbeitskräf-

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