09.01.2013 Aufrufe

'Gastarbeit' in der Bundesrepublik Deutschland - von Cord ...

'Gastarbeit' in der Bundesrepublik Deutschland - von Cord ...

'Gastarbeit' in der Bundesrepublik Deutschland - von Cord ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

3.2. Auslän<strong>der</strong>politik <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lassungsphase 35<br />

Mit dieser Verschiebung standen die zentralen Ziele <strong>der</strong> deutschen Auslän<strong>der</strong>politik <strong>der</strong> siebziger<br />

Jahre fest: Neben den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes sollte nun auch <strong>der</strong> bröckelnde<br />

soziale Frieden gesichert werden.<br />

Für die beiden Zwecke <strong>der</strong> sozialen Stabilisierung und <strong>der</strong> Garantie e<strong>in</strong>er flexiblen Arbeitskraftreserve<br />

wurden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Folgezeit drei Methoden <strong>in</strong> unterschiedlichem Ausmaß komb<strong>in</strong>iert:<br />

Abschottung, Integration und Rückkehrpolitik. In den zahlreichen auslän<strong>der</strong>politischen Konzepten<br />

<strong>der</strong> siebziger und frühen achtziger Jahre wurden diese Aspekte als Ziele genannt; funktional<br />

s<strong>in</strong>d sie aber Strategien, mit denen die genannten, eigentlichen Hauptziele erreicht werden sollen.<br />

Ich werde die auslän<strong>der</strong>politischen Maßnahmen nun nicht im Detail und chronologisch aufführen,<br />

son<strong>der</strong>n versuche, sie analytisch nach diesen drei Methoden zu trennen.<br />

Die Strategie <strong>der</strong> Abschottung<br />

Die wichtigste Strategie war die Abschottung, meist „sozial verantwortliche Konsolidierung“<br />

genannt 15 . Da Auslän<strong>der</strong>politik noch immer vor allem Arbeitsmarktpolitik war, versuchte zunächst<br />

die Arbeitsverwaltung, den Beschäftigungsmarkt abzuschotten. Man hoffte, damit auch<br />

den Zuzug zu stoppen.<br />

Schon vor <strong>der</strong> ‘Ölkrise’ wollte die Bundesregierung die Anwerbezahlen reduzieren: Im November<br />

1972 sperrte sie den sogenannten ‘Zweiten Weg’ <strong>der</strong> direkten Anwerbung, im Juni<br />

1973 erhöhte sie die Anfor<strong>der</strong>ungen an die Unterkünfte und die Vermittlungspauschale 16 . Das<br />

sollte weniger die E<strong>in</strong>glie<strong>der</strong>ungshilfen f<strong>in</strong>anzieren als vielmehr die Auslän<strong>der</strong>beschäftigung unattraktiv<br />

machen. Falls das nicht ausreichen würde, wurde e<strong>in</strong>e Wirtschaftsabgabe geplant.<br />

Stattdessen wurde am 23.11.1973 <strong>der</strong> Anwerbestopp verhängt. Diese wichtigste auslän<strong>der</strong>politische<br />

Maßnahme <strong>der</strong> siebziger Jahre war übrigens nur e<strong>in</strong>e fernschriftliche Weisung des<br />

Arbeitsm<strong>in</strong>isters an die Bundesanstalt, „vorübergehend“ ke<strong>in</strong>e Arbeitskräfte mehr anzuwerben.<br />

We<strong>der</strong> Bundesanstalt noch Bundestag wurden konsultiert, die türkischen Behörden erfuhren<br />

da<strong>von</strong> erst durch die Presse 17 . Die ‘Ölkrise’ diente als willkommener Anlaß e<strong>in</strong>er schon geplanten,<br />

dauerhaften Politikwende 18 . Fast alle europäischen Immigrationslän<strong>der</strong> nahmen mit<br />

dem „turn<strong>in</strong>g po<strong>in</strong>t“ 1970–74 Abschied <strong>von</strong> e<strong>in</strong>er offenen Zuwan<strong>der</strong>ungspolitik 19 .<br />

Parallel ordnete die Bundesanstalt an, <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> neue Arbeitserlaubnisse nur nach<br />

strengerer Prüfung des Inlän<strong>der</strong>primats zu erteilen. Selbst bei bestehenden Arbeitsverhältnissen<br />

sollten Verlängerungen abgelehnt werden. In <strong>der</strong> Praxis beließen die Arbeitsämter aber<br />

nach wie vor den Unternehmen ihre e<strong>in</strong>gearbeiteten Kräfte 20 .<br />

Auch die Migrantenfamilien wollte man vom Arbeitsmarkt fernhalten. Angehörige, die nach<br />

dem 1.12.1974 e<strong>in</strong>gereist waren, durften grundsätzlich nicht arbeiten. Aus Sorge vor zuvielen –<br />

womöglich krim<strong>in</strong>ell werdenden – arbeitslosen Jugendlichen wurde diese ‘Stichtagsregelung’<br />

1977 verän<strong>der</strong>t (neuer Stichtag 31.12.1976) und 1979 durch e<strong>in</strong>e Wartezeitregelung ersetzt, die<br />

Vollbeschäftigungsbranchen för<strong>der</strong>te 21 .<br />

Die Bundesregierung hoffte darauf, daß die freiwillige Rückwan<strong>der</strong>ung zusammen mit <strong>der</strong><br />

Abschottung des Arbeitsmarktes die Auslän<strong>der</strong>zahl ‘abschmelzen’ werde. In <strong>der</strong> Tat sank die<br />

Auslän<strong>der</strong>quote bei den Beschäftigten <strong>von</strong> 11.6 % (1973) auf 9.1 % (1978); e<strong>in</strong> Viertel <strong>der</strong><br />

MigrantInnen wurde vom Arbeitsmarkt verdrängt 22 . Doch pendelte sich die immigrierte Wohnbevölkerung<br />

bei rund vier Millionen e<strong>in</strong>; die Arbeitslosenquote <strong>der</strong> MigrantInnen schnellte <strong>von</strong><br />

0.8 % (1973) auf 6.8 % (1975) hoch, die ‘stille Reserve’ wuchs 23 .

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!