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'Gastarbeit' in der Bundesrepublik Deutschland - von Cord ...

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26 3.1. 'Gastarbeits'-Politik <strong>in</strong> <strong>der</strong> Anwerbephase<br />

Abb. 4: Das Rotationspr<strong>in</strong>zip schien zu funktionieren 64 .<br />

ren Höhepunkt. Gezielte Werbemaßnahmen <strong>in</strong> den Herkunftslän<strong>der</strong>n waren höchstens anfangs<br />

o<strong>der</strong> bei beson<strong>der</strong>en Firmenwünschen nötig; sobald <strong>der</strong> Migrationsstrom angelaufen war,<br />

waren die Kommissionen vor allem damit beschäftigt, die Bewerber auszusieben.<br />

Die Auswahl folgte den Vermittlungsaufträgen <strong>der</strong> deutschen Unternehmen, die dafür <strong>der</strong><br />

Bundesanstalt e<strong>in</strong>e Pauschale <strong>von</strong> – je nach Land – 60 bis 170, später 300 Mark pro Kopf zahlen<br />

mußten 65 . Außerdem mußten sie nachweisen, daß sie für diese Stelle ke<strong>in</strong>e Deutschen gefunden<br />

hatten und e<strong>in</strong>e ‘angemessene’ Unterkunft stellten 66 .<br />

Der Bedarf <strong>der</strong> Betriebe war so groß, daß alle<strong>in</strong> die Kommission <strong>in</strong> Istanbul täglich rund 700<br />

Menschen durch ihre Untersuchungen schleuste 67 . Der gut organisierte Massenbetrieb dort er<strong>in</strong>nerte<br />

e<strong>in</strong>en deutschen Firmenvertreter an e<strong>in</strong>en „Sklavenmarkt“ 68 .<br />

Die Auswahlkriterien legte die deutsche Seite fest: Die BewerberInnen mußten jung se<strong>in</strong> und<br />

sollten lesen und schreiben können. In e<strong>in</strong>er mediz<strong>in</strong>ischen Reihenuntersuchung wurde je<strong>der</strong><br />

Zehnte wegen Tbc-Verdacht, Sehschäden o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>er körperlicher Schwächen abgelehnt,<br />

damit später ke<strong>in</strong>e Behandlungskosten anfielen. Diese Selektion war erfolgreich:<br />

„Nur vere<strong>in</strong>zelt mußten (...) ausländische Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen, die überwiegend <strong>in</strong> Störungen<br />

im psychischen Bereich lagen, wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> die Heimat zurückgeführt werden.“ 69<br />

Frauen wurden wie Männer untersucht; auch Schwangere hatten ke<strong>in</strong>e Chance. Die spätere<br />

Kritik an dem menschenunwürdigen Verfahren bezeichnen Mitarbeiter <strong>der</strong> Kommission heute<br />

als „re<strong>in</strong>e Polemikmache“ <strong>der</strong> Presse; sie hätten bei den Betroffenen ke<strong>in</strong>e Probleme bemerkt.<br />

Sie geben aber zu: „Freiwillig haben die es sicherlich auch nicht gemacht, son<strong>der</strong>n sie mußten<br />

ja durch dieses Nadelöhr durch.“ 70 Beruflich waren – entgegen den Wünschen <strong>der</strong> Herkunftslän<strong>der</strong><br />

– vor allem ausgebildete o<strong>der</strong> zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong>dustrieerfahrene Kräfte gesucht. Dazu führte<br />

die Bundesanstalt Tests durch, an denen häufig auch Arbeitgebervertreter mitwirkten.<br />

Die Bundesanstalt organisierte die tagelange Reise nach <strong>Deutschland</strong> generalstabsmäßig:<br />

Reiseleiter und Dolmetscher begleiteten jeden mit Freßpaketen versorgten „Transport“ bis zum<br />

„Bunker“ im Münchener Hauptbahnhof bzw. <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kölner Weiterleitungsstelle. Von dort fuhren<br />

die MigrantInnen zum Zielbahnhof, wo <strong>der</strong> Arbeitgeber sie abholte. Übrigens ersetzte die Bundesanstalt<br />

den Begriff „Transport“ nach Protesten durch das humaner kl<strong>in</strong>gende „Sammelreise“<br />

71 .<br />

Das gesamte Verfahren garantierte den Arbeitgebern e<strong>in</strong>e zügige und effektive Vermittlung<br />

<strong>von</strong> Arbeitskräften.

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