Gender-Gesundheitsbericht Schweiz 2006 - Gender Campus
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nach der Niederkunft. Am 26. September 2004 wurde in einer erneuten Volksabstimmung<br />
die Änderung der Erwerbsersatzordnung (EO) angenommen. Damit trat die so<br />
genannte «Mutterschaftsentschädigung für erwerbstätige Mütter» auf 1.Juli 2005 in<br />
Kraft. Erwerbstätige Mütter erhalten während 14 Wochen nach der Geburt 80% ihres<br />
Lohnes.<br />
3.2.7. Forschungs- und Handlungsbedarf<br />
Die fast schon historisch tiefe Geburtenrate ist zu einer grossen gesellschafts- und wirtschaftspolitischen<br />
Herausforderung geworden. Die Geburtenrate bei den <strong>Schweiz</strong>er<br />
Frauen liegt heute bei 1,2 Kindern je Frau und ist in den letzten Jahren in Medien und<br />
Politik zu einem Thema geworden. Bei gleichbleibender Geburtenrate wird die Überalterung<br />
der Gesellschaft die Folge sein. Bei den Sozialversicherungen werden neue Modelle<br />
diskutiert werden müssen, wie etwa das Anheben des AHV-Alters von heute 65 Jahren.<br />
Diese Entwicklungen entsprechen einem allgemeinen Entwicklungstrend in Europa.<br />
Die <strong>Schweiz</strong> verzeichnet im Jahr 2003 mit 29,2% europaweit die höchste Kaiserschnittrate.<br />
Kaiserschnitte sind in der Regel mit 7000 Franken doppelt so teuer wie eine natürliche<br />
Geburt. Der Trend zum Wunsch-Kaiserschnitt bzw. Wahlkaiserschnitt wird von den<br />
GegnerInnen wegen der fehlenden medizinischen Notwendigkeit und der daraus folgenden<br />
Kostensteigerungen kritisiert sowie der Auswirkungen auf die psychische und physische<br />
Gesundheit der Frauen kritisiert. Über die Hintergründe des Anstiegs der Kaiserschnittraten<br />
ist bislang wenig bekannt und verlangt nach weiterer Forschung. Generell ist<br />
zu fragen, welche Betreuungsbedürfnisse Frauen und ihre Partner in der reproduktiven<br />
Phase haben und wie eine frauengerechte Gesundheitsversorgung aussehen kann, die<br />
das Bedürfnis nach Sicherheit und Wohlbefinden erfüllt, ohne einer Medikalisierung Vorschub<br />
zu leisten. Neue Versorgungsmodelle, wie z.B. ein Hebammenkreisssaal, der im<br />
klinischen Setting parallel zum ärztlich geleiteten Kreisssaal für Frauen ohne Risiken angeboten<br />
wird, könnten auch in der <strong>Schweiz</strong> erprobt und evaluiert werden.<br />
Als eine zentrale Ursache für die tiefe Geburtenrate wird die schwierige Vereinbarkeit<br />
von Beruf und Familie insbesondere bei Frauen gesehen. Um dem entgegenzuwirken,<br />
verlangen immer mehr politische Kreise weitreichende familienergänzende Betreuungsangebote<br />
wie Kinderkrippen, Mittagstische und Blockzeiten in Schulen. Erste Anreize<br />
wurden durch die Bundes-Finanzhilfe zur Schaffung von Betreuungsplätzen im Jahr 2003<br />
geleistet. Am 1.Juli 2005 trat schliesslich die erste gesamtschweizerische Mutterschaftsversicherung<br />
in Kraft. Die Auswirkungen der veränderten Rahmenbedingungen<br />
auf die familiale Arbeitsteilung und die Gesundheit von Frauen und Männern wären zu<br />
überprüfen. Nebst diesen strukturellen und gesamtgesellschaftlichen Veränderungen gibt<br />
es weiterhin im privaten Bereich noch Aufholbedarf bei der Gleichberechtigung in unbezahlter<br />
Familien- und Hausarbeit.<br />
Es bedarf einer systematischen Information und Aufklärung junger Menschen bezüglich<br />
Ursachen und Häufigkeit von übertragbaren Krankheiten, Unfruchtbarkeit bzw. ungewollter<br />
Kinderlosigkeit sowie zu Präventions- und Interventionsmöglichkeiten, inklusive psychosozialer<br />
Implikationen, im Bereich der Pränatal-Diagnostik und der Reproduktionsmedizin.<br />
Geschlechterblick auf die Gesundheitsziele für die <strong>Schweiz</strong> | 92