Gender-Gesundheitsbericht Schweiz 2006 - Gender Campus
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Ungleichheit zurückführen. Zum anderen kommen persönliche (Aufenthaltsstatus) und<br />
strukturelle Faktoren (Anzahl, Art, Konzentration, Ort und Organisation der Gesundheitseinrichtung,<br />
kultursensitive Angebote, interkulturelle ÜbersetzerInnen, transkulturell<br />
kompetente Fachpersonen) zum Tragen (Weiss, 2003).<br />
3.1.5. Armut und Gesundheit<br />
Ueli Mäder, Claudia Meier, Hector Schmassmann<br />
Armut und soziale Ungleichheit in der <strong>Schweiz</strong><br />
Seit den späten 1970er-Jahren haben in der <strong>Schweiz</strong> die Armut, absolut oder relativ gemessen,<br />
und die soziale Ungleichheit zugenommen. 32 Die Nationale Armutsstudie (Leu,<br />
Burri & Priester, 1997) weist zwischen 1982 und 1992 einen signifikanten Rückgang der<br />
Einkommensanteile der vier untersten Dezile nach. Wer nur das durchschnittliche Bruttoeinkommen<br />
der Haushalte betrachtet, stellt zwar in den folgenden Jahren bis 2001 ein<br />
jährliches Wachstum von 0,6% fest. 33 Ein anderes Bild zeigt jedoch die Entwicklung der<br />
verfügbaren Einkommen (nach Abzug der Ausgaben für Versicherungen, Steuern etc.).<br />
Diese nahmen zwischen 1990 und 1999 bei den obersten 10% stark zu, bei den untersten<br />
10% stark ab (Ecoplan, 2004). Ein kleiner Aufwärtstrend zeichnete sich bei einzelnen<br />
niedrigen Einkommen nach dem Jahr 1999 ab. Seit den rezessiven Einbrüchen der<br />
1970er-Jahre steigen die Lebenshaltungskosten stärker als Teile der unteren Löhne. 34<br />
Nebst Erwerbslosen und erwerbstätigen Armen nehmen auch die Anteile der Alleinlebenden<br />
und Alleinerziehenden zu, die auf staatliche finanzielle Unterstützung angewiesen<br />
sind. Das relativ gute System der sozialen Sicherung hält mit dem Wandel der Lebensformen<br />
nicht Schritt. Es orientiert sich an Vollbeschäftigung, an Existenz sichernden<br />
Einkommen, an so genannten Normalbiografien und an traditionellen Familienhaushalten.<br />
Doch diese Voraussetzungen treffen immer weniger zu.<br />
In der <strong>Schweiz</strong> liegt die Armutsquote je nach Messgrösse zwischen 5% und 10% und<br />
betrifft damit zwischen 350'000 und 700'000 Personen. Die Mehrheit sind Paare mit (oft<br />
mehreren) Kindern. Mindestens 200'000 Kinder wachsen in Armut auf, in <strong>Schweiz</strong>er<br />
Städten wohnt jedes zehnte Kind in einer Familie, die Sozialhilfe benötigt (<strong>Schweiz</strong>er<br />
Städteinitiative, 2002). Die Haushalte mit Kindern machen 42% aller Haushalte von Erwerbstätigen<br />
aus – in ihnen leben 72% der armen Personen. Ihr Einkommen liegt unter<br />
dem Existenzminimum, wie es durch den Anspruch auf Sozialhilfe definiert wird. Die<br />
Familienarmut nimmt trotz steigender Erwerbsbeteiligung der Mütter zu (Bauer, Strub &<br />
Stutz, 2004). Kinder können ein Armutsrisiko darstellen. Dies betrifft besonders Frauen:<br />
Haushalte mit Alleinerziehenden werden zu 87% von Frauen geführt. Die «Working<br />
Poor»-Quote in Vollzeit- und Teilzeit-Haushalten ist bei Frauen insgesamt höher als bei<br />
Männern (9% gegenüber 6%) und liegt bei Alleinerziehenden am höchsten (29,2%),<br />
gefolgt von Familien mit mindestens 3 Kindern (18%), (Streuli & Bauer, 2002).<br />
32<br />
Armut wird hier als Mangel an sozialer Sicherung verstanden. Soziale Ungleichheit liegt vor, wenn<br />
Mitglieder einer Gesellschaft dauerhaft in unterschiedlichem Mass über notwendige oder begehrte<br />
Güter verfügen. Es geht dabei um die Verteilung von Wohlstand, Ansehen und Macht.<br />
33<br />
Bei den untersten und obersten 20% der Einkommen lag der Anstieg etwas höher, bei Teilen der<br />
Mittelschicht etwas tiefer.<br />
34<br />
Laut Bundesamt für Statistik (Streuli & Bauer, 2002) gehört jede dreizehnte erwerbstätige Person zu<br />
den einkommensschwachen «Working Poor». Das sind 250'000 Personen. Werden die Haushaltsmitglieder<br />
einbezogen, steigt die Zahl auf 535'000 Betroffene.<br />
Geschlechterblick auf die Gesundheitsziele für die <strong>Schweiz</strong> | 74