09.01.2013 Aufrufe

Gender-Gesundheitsbericht Schweiz 2006 - Gender Campus

Gender-Gesundheitsbericht Schweiz 2006 - Gender Campus

Gender-Gesundheitsbericht Schweiz 2006 - Gender Campus

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

sundheit aufdecken und zum Teil auch erklären zu können (Kuhlmann & Kolip, 2005).<br />

Dabei ist eine kritische Reflexion von sex und gender notwendig, da beide Konstrukte<br />

durch weiter gehende Erkenntnisse regelmässig zu aktualisieren sind. Im Folgenden wird<br />

auf die Ausbildung und Bedeutung bzw. Auswirkungen des sozialen Geschlechts eingegangen,<br />

um gesundheitsbeeinflussende Verhaltensweisen (Sozialisation) und Verhältnisse<br />

(Lebensbedingungen) bei Frauen und Männern zu beleuchten.<br />

Geschlechtsspezifische (Körper-)Sozialisation<br />

Wie bereits aufgezeigt, sind die Geschlechterunterschiede in der Mortalität von Frauen<br />

und Männern in ganz erheblichem Masse auf verhaltensbedingte Unterschiede zurückzuführen:<br />

Männer verhalten sich in vielen Bereichen gesundheitsriskanter als Frauen. Diese<br />

unterschiedlichen Verhaltensweisen beruhen zu einem nicht unbeträchtlichen Teil auf<br />

geschlechtsspezifischen Ausprägungen der Geschlechterrollen. Frauen und Männer füllen<br />

unterschiedliche Rollen aus, die allerdings auch mit einem geschlechtsspezifischen<br />

Umgang mit dem Körper verbunden sind und langfristige Auswirkungen auf die Gesundheit<br />

haben.<br />

Die geschlechtsspezifische (Körper-)Sozialisation kann sich darin äussern, dass Frauen<br />

und Männer unterschiedlich sensibel auf körperliche und damit gesundheitsrelevante<br />

Vorgänge reagieren. So gilt es als typisch «männliches» Verhalten, gesundheitliche Risiken<br />

bewusst in Kauf zu nehmen und eigene körperliche sowie psychische Grenzen weit<br />

zu überschreiten bzw. Warnsignale wie Schmerzen zu verleugnen oder lange auszuhalten,<br />

um nicht Hilfe und Unterstützung in Anspruch nehmen zu müssen. So wird die geringere<br />

Überlebenszeit von Männern mit einem Melanom damit erklärt, dass sie die Körpersignale<br />

lange ignorieren und in einem deutlich späteren Stadium einen Arzt oder eine<br />

Ärztin aufsuchen. Dagegen gilt eine sich um gesundheitliche Belange sorgende Haltung<br />

sich selbst sowie anderen gegenüber als typisch «weibliche» Angelegenheit. Das bedeutet,<br />

dass sowohl Männer als auch Frauen ihre geschlechtsspezifische Identität über entsprechende<br />

gesundheitsrelevante Verhaltensweisen ausbilden (Doyal, 2004; Raithel,<br />

2004; Courtenay, 2000; Hollstein, 2000; Kolip, 1997). Damit bergen geschlechtsspezifische<br />

Verhaltensweisen sowohl gesundheitliche Risiken als auch Ressourcen, die es<br />

entsprechend zu minimieren bzw. zu fördern gilt (Altgeld, 2004).<br />

Lebensbedingungen von Frauen und Männern<br />

Neben den geschlechtsspezifischen Verhaltensweisen sind auch die Lebens- und Arbeitswelten<br />

und damit die Verhältnisse, in denen Männer und Frauen leben, geschlechtsspezifisch<br />

geprägt. So sind – wie in vielen anderen industrialisierten Ländern –<br />

auch in der <strong>Schweiz</strong> Frauen und Männer in unterschiedlichem Masse in Familien- und<br />

Erwerbsarbeit eingebunden. Haus- und Familienarbeit sowie Hilfeleistungen innerhalb<br />

sozialer Netze stellen wichtige, allerdings unbezahlte gesellschaftliche Arbeitsleistungen<br />

dar, die nicht zuletzt deshalb ein nur geringes soziales Prestige geniessen und die in erster<br />

Linie von Frauen erbracht werden. Insgesamt gesehen verwenden Frauen in der<br />

<strong>Schweiz</strong> im Schnitt fast doppelt so viel Zeit wie Männer für Haus- und Familienarbeit,<br />

während Männer in höherem Masse erwerbstätig sind (siehe Kapitel 2). Zur Haus- und<br />

Familienarbeit zählt nicht nur die Versorgung der eigenen Kinder und der Wohnung bzw.<br />

des Hauses, sondern auch die Versorgung pflegebedürftiger Angehöriger. Frauen übernehmen<br />

in verstärktem Masse die Pflege von (Ehe-)Partnern, während sie selbst – auf-<br />

Einleitung | 48

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!