Gender-Gesundheitsbericht Schweiz 2006 - Gender Campus
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sundheit aufdecken und zum Teil auch erklären zu können (Kuhlmann & Kolip, 2005).<br />
Dabei ist eine kritische Reflexion von sex und gender notwendig, da beide Konstrukte<br />
durch weiter gehende Erkenntnisse regelmässig zu aktualisieren sind. Im Folgenden wird<br />
auf die Ausbildung und Bedeutung bzw. Auswirkungen des sozialen Geschlechts eingegangen,<br />
um gesundheitsbeeinflussende Verhaltensweisen (Sozialisation) und Verhältnisse<br />
(Lebensbedingungen) bei Frauen und Männern zu beleuchten.<br />
Geschlechtsspezifische (Körper-)Sozialisation<br />
Wie bereits aufgezeigt, sind die Geschlechterunterschiede in der Mortalität von Frauen<br />
und Männern in ganz erheblichem Masse auf verhaltensbedingte Unterschiede zurückzuführen:<br />
Männer verhalten sich in vielen Bereichen gesundheitsriskanter als Frauen. Diese<br />
unterschiedlichen Verhaltensweisen beruhen zu einem nicht unbeträchtlichen Teil auf<br />
geschlechtsspezifischen Ausprägungen der Geschlechterrollen. Frauen und Männer füllen<br />
unterschiedliche Rollen aus, die allerdings auch mit einem geschlechtsspezifischen<br />
Umgang mit dem Körper verbunden sind und langfristige Auswirkungen auf die Gesundheit<br />
haben.<br />
Die geschlechtsspezifische (Körper-)Sozialisation kann sich darin äussern, dass Frauen<br />
und Männer unterschiedlich sensibel auf körperliche und damit gesundheitsrelevante<br />
Vorgänge reagieren. So gilt es als typisch «männliches» Verhalten, gesundheitliche Risiken<br />
bewusst in Kauf zu nehmen und eigene körperliche sowie psychische Grenzen weit<br />
zu überschreiten bzw. Warnsignale wie Schmerzen zu verleugnen oder lange auszuhalten,<br />
um nicht Hilfe und Unterstützung in Anspruch nehmen zu müssen. So wird die geringere<br />
Überlebenszeit von Männern mit einem Melanom damit erklärt, dass sie die Körpersignale<br />
lange ignorieren und in einem deutlich späteren Stadium einen Arzt oder eine<br />
Ärztin aufsuchen. Dagegen gilt eine sich um gesundheitliche Belange sorgende Haltung<br />
sich selbst sowie anderen gegenüber als typisch «weibliche» Angelegenheit. Das bedeutet,<br />
dass sowohl Männer als auch Frauen ihre geschlechtsspezifische Identität über entsprechende<br />
gesundheitsrelevante Verhaltensweisen ausbilden (Doyal, 2004; Raithel,<br />
2004; Courtenay, 2000; Hollstein, 2000; Kolip, 1997). Damit bergen geschlechtsspezifische<br />
Verhaltensweisen sowohl gesundheitliche Risiken als auch Ressourcen, die es<br />
entsprechend zu minimieren bzw. zu fördern gilt (Altgeld, 2004).<br />
Lebensbedingungen von Frauen und Männern<br />
Neben den geschlechtsspezifischen Verhaltensweisen sind auch die Lebens- und Arbeitswelten<br />
und damit die Verhältnisse, in denen Männer und Frauen leben, geschlechtsspezifisch<br />
geprägt. So sind – wie in vielen anderen industrialisierten Ländern –<br />
auch in der <strong>Schweiz</strong> Frauen und Männer in unterschiedlichem Masse in Familien- und<br />
Erwerbsarbeit eingebunden. Haus- und Familienarbeit sowie Hilfeleistungen innerhalb<br />
sozialer Netze stellen wichtige, allerdings unbezahlte gesellschaftliche Arbeitsleistungen<br />
dar, die nicht zuletzt deshalb ein nur geringes soziales Prestige geniessen und die in erster<br />
Linie von Frauen erbracht werden. Insgesamt gesehen verwenden Frauen in der<br />
<strong>Schweiz</strong> im Schnitt fast doppelt so viel Zeit wie Männer für Haus- und Familienarbeit,<br />
während Männer in höherem Masse erwerbstätig sind (siehe Kapitel 2). Zur Haus- und<br />
Familienarbeit zählt nicht nur die Versorgung der eigenen Kinder und der Wohnung bzw.<br />
des Hauses, sondern auch die Versorgung pflegebedürftiger Angehöriger. Frauen übernehmen<br />
in verstärktem Masse die Pflege von (Ehe-)Partnern, während sie selbst – auf-<br />
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