Gender-Gesundheitsbericht Schweiz 2006 - Gender Campus
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terschiede zum einen auf die höhere Lebenserwartung von Frauen zurückgeführt werden kann. Da<br />
Frauen eine höhere Lebenserwartung haben als Männer, übernehmen sie in der Regel die Pflege des<br />
Partners, während sie im eigenen Pflegefall auf finanzierte Pflegeleistungen zurückgreifen müssen.<br />
Auch tragen die Kosten im Zusammenhang mit Verhütung, Schwangerschaft und Geburt, die bislang<br />
ausschliesslich durch die Krankenversicherung der Frauen, nicht aber die der Männer getragen werden,<br />
zu dem Unterschied bei. Würden Männer hälftig an diesen Kosten beteiligt, fielen die Unterschiede<br />
deutlich geringer aus. Schliesslich zeigen die AutorInnen der Studie, dass Frauen den Grossteil der<br />
informellen Pflegeleistungen übernehmen. Werden diese Leistungen in einer Gesamtbilanz berücksichtigt,<br />
lasten die Gesundheitskosten weit weniger eindeutig auf Frauenseite.<br />
1.2.2. Was bedeutet und was will <strong>Gender</strong> Mainstreaming?<br />
1999 erschien der erste deutschsprachige Männergesundheitsbericht in Wien (Magistrat<br />
der Stadt Wien), und mit ihm setzte eine Diskussion ein, ob nicht ein Blick auf beide Geschlechter<br />
lohnenswert sei, um die jeweils spezifischen Gesundheitsbedürfnisse und<br />
-bedarfe von Frauen und Männern und die geschlechtsspezifischen Präventionspotenziale<br />
ermitteln zu können. Diese Überlegungen betten sich in eine breitere Debatte zur Umsetzung<br />
des Konzepts <strong>Gender</strong>-Mainstreaming ein. Was hat es mit diesem Konzept auf<br />
sich? Das <strong>Gender</strong> Mainstreaming-Konzept wurde ursprünglich im Kontext der Entwicklungshilfepolitik<br />
entwickelt und auf der 3. Weltfrauenkonferenz 1985 in Nairobi als Strategie<br />
diskutiert, die Wertvorstellungen und die sozialen Lebensbedingungen von Frauen<br />
stärker in der Entwicklungszusammenarbeit zu berücksichtigen. Auf der 4. Weltfrauenkonferenz<br />
1995 in Beijing wurde <strong>Gender</strong> Mainstreaming als zentrale Strategie verabschiedet<br />
und avanciert seitdem zum internationalen Schlüsselbegriff für die Gleichstellung<br />
der Geschlechter. Er ist in aller Munde, ohne dass allerdings allen Beteiligten immer<br />
klar ist, was sich dahinter verbirgt. Bislang fehlt eine gelungene deutsche Übersetzung<br />
für den Begriff. Möglicherweise ist dies mit ein Grund dafür, weshalb das Konzept in<br />
vielen Bereichen als zu sperrig wahrgenommen wird. Der Begriff <strong>Gender</strong> Mainstreaming<br />
setzt sich aus zwei Komponenten zusammen:<br />
− «<strong>Gender</strong>» bezieht sich auf das soziale Geschlecht, auf die Lebensbedingungen von<br />
Frauen und Männern, auf geschlechtsspezifische Rollenzuschreibungen, Werte,<br />
Macht und Einfluss. Er ist als Gegenbegriff zum biologischen Geschlecht («sex»)<br />
gemeint, der auf die unterschiedliche biologische Ausstattung von Frauen und Männern<br />
Bezug nimmt. Die Differenzierung zwischen dem biologischen und sozialen<br />
Geschlecht, sex und gender, die in den 1980er-Jahren in der Frauenbewegung erarbeitet<br />
wurde, macht deutlich, dass es zwar biologische Unterschiede zwischen den<br />
Geschlechtern gibt, dass an diese Unterschiede aber spezifische Rollenerwartungen<br />
geknüpft werden, die für die Positionierung von Frauen und Männern in der Gesellschaft<br />
wesentlich bedeutsamer sind (siehe auch Kapitel 1.3).<br />
− «Mainstreaming» bringt zum Ausdruck, dass eine Thematik, die bislang allenfalls<br />
am Rande betrachtet wurde, nun in das Zentrum gerückt wird, in den «Hauptstrom»<br />
einfliessen soll.<br />
Das Konzept <strong>Gender</strong> Mainstreaming löst sich damit von einem Blick auf die Benachteiligung<br />
von Frauen und nimmt beide Geschlechter sowie das Verhältnis der Geschlechter<br />
zueinander in den Blick. Die Weltgesundheitsorganisation hebt 2001 in ihrem Madrid<br />
Statement «Mainstreaming gender equity in health» die Bedeutung des Geschlechts als<br />
Determinante, die den Zugang zu und die Kontrolle über Gesundheitsressourcen beein-<br />
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