Gender-Gesundheitsbericht Schweiz 2006 - Gender Campus
Gender-Gesundheitsbericht Schweiz 2006 - Gender Campus
Gender-Gesundheitsbericht Schweiz 2006 - Gender Campus
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
dringend notwendig. Konkret könnten dies zunächst Unterstützungs- und Beratungsangebote<br />
hinsichtlich der Pflegearbeit sein. Darüber hinaus wäre zielgruppenspezifisch zu<br />
prüfen, wie effektive präventive und gesundheitsfördernde Angebote für pflegende Angehörige<br />
– sowohl für Frauen als auch für Männer – aussehen könnten.<br />
Hinsichtlich der psychischen Gesundheit im Alter zeigt sich, dass das psychische Wohlbefinden<br />
bei Frauen im Alter sinkt, während es bei Männern leicht ansteigt. Auch bei den<br />
diagnostizierten depressiven Störungen überwiegt der Anteil der Frauen. Allerdings werden<br />
gerade im Alter Depressionen oftmals von ärztlicher Seite nicht erkannt, da sich das<br />
klinische Bild von der Depressionssymptomatik bei jüngeren PatientInnen unterscheidet.<br />
Daher werden vermutlich psychische Probleme und deren Auswirkungen auf die Gesundheit<br />
sowohl bei Frauen als auch bei Männern unterschätzt, und es gilt, die Erkennung<br />
und Behandlung von Depressionen im Alter zu verbessern. Depressionen können<br />
im schlimmsten Falle zum Suizid führen. Im Alter stellt der Suizid vor allem bei den<br />
hochbetagten Männern ein grosses Problem dar, obwohl sie sich im Durchschnitt psychisch<br />
besser fühlen als Frauen. Möglicherweise wird gerade bei älteren Männern eine<br />
manifeste Depression übersehen. Durch eine rechtzeitige Erkennung und Behandlung<br />
dieser Erkrankung könnten möglicherweise eine Reihe an Suiziden verhindert werden.<br />
4.5.5. Ziel: Verbesserung der psychischen Gesundheit<br />
Frauen fühlen sich in allen Altersgruppen und in den verschiedenen sozialen Schichten<br />
psychisch weniger gesund als Männer. Dieser Geschlechterunterschied stellt möglicherweise<br />
weniger die tatsächliche gesundheitliche Situation von Frauen und Männern<br />
dar, sondern ist vielmehr ein Abbild geschlechtsspezifischer Selbstwahrnehmung und<br />
Kommunikation. Männer nehmen ihre Gesundheit eher funktionalistisch wahr und bewerten<br />
das Sprechen über eigene psychische Befindlichkeiten als «unmännlich» – dies<br />
kann dazu führen, dass sie sowohl bei Gesundheitsbefragungen als auch in der ärztlichen<br />
Praxis psychische Problem nicht thematisieren. Frauen bringen dagegen psychische und<br />
somatische Belange in Zusammenhang und können aufgrund der weiblichen Geschlechterrolle<br />
ihre psychische Befindlichkeit leichter problematisieren als Männer. Dennoch<br />
zeigt sich, dass nicht nur Frauen, sondern auch Männer eine Reihe an gesundheitlichen<br />
Problemen haben, die psychisch verursacht sind. So werden beispielsweise Frauen und<br />
Männer in etwa gleichen Anteilen aufgrund schwerer psychischer Störungen stationär<br />
behandelt. Hier wird wiederum eine geschlechtsspezifische Verteilung deutlich, indem<br />
bei Männern überwiegend Störungen im Zusammenhang mit Alkohol und psychotropen<br />
Substanzen diagnostiziert werden, während es bei Frauen eher Depressionen und Persönlichkeitsstörungen<br />
sind, die eine klinische Behandlung notwendig machen. Auch für<br />
die Essstörungen (Anorexia nervosa, Bulimie und Adipositas) lassen sich geschlechtsspezifische<br />
Muster ausmachen. Ähnlich wie bei anderen psychischen Erkrankungen, die<br />
bislang als «typisch weiblich» wahrgenommen wurden, muss von einer Unterdiagnostik<br />
und Unterversorgung bei Männern ausgegangen werden. Diese geschlechtsspezifischen<br />
Muster erfordern zum einen eine gezielte Behandlung, zum anderen dürfen sie nicht zu<br />
einer vorschnell stereotypen Diagnosestellung führen. So können gerade bei Frauen<br />
Diskussion und Schlussfolgerungen | 197