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Gender-Gesundheitsbericht Schweiz 2006 - Gender Campus

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Hinsichtlich reproduktiver Gesundheit zeigt sich die innerhalb der letzten Jahrzehnte stark<br />

absinkende Geburtenrate als einer der auffälligsten Indikatoren. Damit liegt die <strong>Schweiz</strong><br />

im europäischen Entwicklungstrend. Gleichzeitig steigt das Alter der Frauen bei der ersten<br />

Geburt, und es ist eine Zunahme an Mehrlingsgeburten zu verzeichnen. Das höhere<br />

Alter der Frauen als Erstgebärende ist vor allem den längeren Ausbildungsdauern sowie<br />

dem verstärkten Engagement im Berufsleben zuzuschreiben. Da Schwangerschaft und<br />

Geburt mit zunehmendem Alter der Frauen mehr bzw. andere gesundheitliche Risiken<br />

bergen können, müssen zum einen die Versorgungsangebote entsprechend angepasst<br />

werden. Zum anderen gilt es auch hier, zu überlegen, wie die Vereinbarkeit von Familie<br />

und Erwerbstätigkeit bereits bei Frauen jüngeren Alters erhöht werden kann, d.h. dass<br />

sich Frauen auch während der Ausbildungs- und beruflichen Konsolidierungsphase «erlauben»<br />

können, schwanger zu werden. Dazu zählt auch ein deutlicher Ausbau familienergänzender<br />

Betreuungsangebote für Kinder, damit vor allem Mütter, aber auch Väter<br />

Familie und Erwerbsarbeit vereinbaren können.<br />

Die Zunahme von Mehrlingsgeburten ist vermutlich im Zusammenhang mit medizinisch<br />

unterstützter Fortpflanzung zu erklären, wobei es über die Inanspruchnahme reproduktionsmedizinischer<br />

Verfahren an repräsentativen Daten fehlt. Auch zur Kinderlosigkeit als<br />

gesundheitliches Problem bei Frauen und Männern liegen bislang nur wenige Daten zur<br />

Erklärung der Situation vor, um daraus einen entsprechenden Versorgungsbedarf formulieren<br />

zu können. Hinsichtlich der Geburt zeigt die <strong>Schweiz</strong> europaweit die höchste Kaiserschnittrate<br />

mit starken regionalen Unterschieden. Dies weist darauf hin, dass weniger<br />

objektive medizinische Gründe zu einem Kaiserschnitt führen, sondern offenbar eher die<br />

örtlichen Gepflogenheiten in den Kliniken eine bestimmende Rolle spielen. Um eine<br />

Überversorgung und weitere Zunahme der Medikalisierung von Schwangerschaft und<br />

Geburt nachzuweisen und künftig zu verringern, müssen zu den Themen Reproduktionsmedizin<br />

und Geburtsmodi gezielt Studien durchgeführt werden.<br />

Beratung zu Familienplanung und sexueller Gesundheit wird vor allem hinsichtlich psychosozialer<br />

Aspekte nachgefragt. Allerdings ist der Zugang zu Beratungsangeboten ungleich<br />

verteilt, d.h. zielgruppenspezifische Angebote, wie geschlechtsspezifische und die<br />

Ansprache verschiedener Altersgruppen sowie verschiedener ethnischer Gruppen sind<br />

notwendig. Schwangerschaftsabbruchraten sind im internationalen Vergleich in der<br />

<strong>Schweiz</strong> bereits sehr niedrig, innerhalb des Landes aber bei Migrantinnen deutlich höher,<br />

d.h. dass sich Beratung hinsichtlich Schwangerschaftsverhütung vor allem an Migrantinnen<br />

und Migranten zu wenden hat. Die Beratung zu Fragen pränataler Diagnostik ist in<br />

ihrer derzeitigen Praxis nicht unproblematisch, da sie nicht unabhängig erfolgt: Die Frauenärztin<br />

bzw. der Frauenarzt hat die Beratungsaufgabe und führt auch die Untersuchung<br />

durch. Dennoch sind die Folgen pränataler Diagnostik bei den künftigen Eltern des Kindes<br />

oftmals nicht bekannt. So kann die Untersuchung selbst Schäden bei Mutter und<br />

Kind hervorrufen, und wenn ein positiver Befund vorliegt, gibt es keine Behandlungsoptionen,<br />

sondern als einzige Alternative den Schwangerschaftsabbruch durch eine vorzeitige<br />

Einleitung der Wehen gegen Ende des 5. Schwangerschaftsmonats.<br />

Während der Schwangerschaft und nach der Geburt ist eine besondere Aufmerksamkeit<br />

auf die psychische Gesundheit der Frauen zu legen. Aufgrund der gesellschaftlichen<br />

Erwartungen, als Schwangere und Mutter glücklich zu sein, fällt es ihnen schwer, Belastungen<br />

und psychische Probleme zu äussern, die im Zusammenhang mit der Mutterschaft<br />

stehen. Besonders bei sozial benachteiligten Frauen besteht ein erhöhtes Risiko<br />

Diskussion und Schlussfolgerungen | 194

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