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Gender-Gesundheitsbericht Schweiz 2006 - Gender Campus

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3.6.3. Forschungs- und Handlungsbedarf<br />

Die epidemiologischen Daten zu den übertragbaren und nicht übertragbaren Krankheiten<br />

im mittleren Lebensalter (also bis etwa 65 Jahre) zeigen, dass es eindeutige geschlechtsspezifische<br />

Morbiditäts- und Mortalitätsmuster gibt. Herz-Kreislauf-Krankheiten<br />

und Krebserkrankungen sind für Frauen und Männer als Todesursachen relevant, während<br />

Unfälle als Unfallursache vor allem in der Gruppe der Männer von Bedeutung sind<br />

(siehe hierzu ausführlicher Kap. 3.7). Bei den Krebserkrankungen ist hinsichtlich der verschiedenen<br />

Krebslokalitäten zu differenzieren. Der Brustkrebs ist bei Frauen seit vielen<br />

Jahren die bedeutsamste Krebserkrankung, auch wenn die Mortalitätsraten mittlerweile<br />

sinken. Inwieweit hierzu das Mammografie-Sceening beiträgt, ist Gegenstand internationaler<br />

Kontroversen, auf die an dieser Stelle nicht detailliert eingegangen werden soll<br />

(siehe hierzu z.B. Koppelin et al., 2001). Auffällig ist der Befund zum Lungenkrebs: Während<br />

die Raten bei den Männern kontinuierlich sinken, sind sie bei den Frauen – aufgrund<br />

des gestiegenen Tabakkonsums – steigend. Zusammenfassend lässt sich festhalten,<br />

dass hinter den Geschlechtsunterschieden in der Mortalität ein geschlechtsspezifisches<br />

gesundheitliches Risikoverhalten sowie gesundheitsgefährdendere Lebens- und Arbeitsbedingungen<br />

von Männern stehen. Nach wie vor verhalten sich Männer in vielen Bereichen<br />

gesundheitsriskanter als Frauen (siehe hierzu auch das Kapitel 3.9): Sie trinken<br />

mehr Alkohol, rauchen noch immer mehr und regelmässiger (auch wenn sich hier die<br />

Geschlechter angleichen), ernähren sich ungünstiger und verhalten sich im Strassenverkehr<br />

gefährlicher (z.B. indem sie alkoholisiert ein Kraftfahrzeug steuern). Zugleich arbeiten<br />

sie häufiger in solchen Berufen, die durch gesundheitsriskante Arbeitsbedingungen<br />

gekennzeichnet sind (z.B. als Bauarbeiter). Die Morbiditätsunterschiede bestätigen dies:<br />

Männer sterben häufiger an Lungenkrebs, an Herzinfarkt und durch Unfälle, also solche<br />

Krankheiten, die durch gesundheitsriskantes Verhalten (mit-) verursacht sind. Offenbar<br />

werden Männer durch die traditionellen Präventionsangebote nicht erreicht, wie sich<br />

auch ein fürsorgliches Verhalten dem eigenen Körper gegenüber nicht mit Männlichkeitsstereotypen<br />

deckt. Dies zeigt sich z.B. bei der Auswertung deutscher Daten zur<br />

Inanspruchnahme der Präventionsmassnahmen, die von den gesetzlichen Krankenkassen<br />

angeboten werden (Arbeitsgemeinsachft der Spitzenverbände <strong>2006</strong>): Diese werden<br />

zu mehr als 80% von Frauen besucht, insbesondere Kurse zur Bewegung, zur Ernährung<br />

und zur Entspannung. Einzig bei Massnahmen zum Konsum von Genussmitteln – hiermit<br />

sind vor allem Rauchentwöhnungskurse gemeint – ist das Geschlechterverhältnis annähernd<br />

ausgewogen. Hier liegt eine zentrale Herausforderung für Prävention und Gesundheitsförderung,<br />

nämlich die Frage zu klären, welche Handlungsfelder für eine geschlechtsspezifische<br />

Prävention und Gesundheitsförderung von besonderer Relevanz ist<br />

(Herstellung vertikaler Chancengleichheit: beide Geschlechter sollen die Angebote erhalten,<br />

die sie besonders benötigen). Zudem ist in Bezug auf die Qualität von Massnahmen<br />

festzuhalten, dass die methodischen Zugänge nicht für beide Geschlechter passend sind,<br />

weil offenbar Männer nicht erreicht werden (Aspekt der Qualitätssicherung durch <strong>Gender</strong><br />

Mainstreaming). Eine Schlüsselfrage ist deshalb, wie sich Männer mit Angeboten zur<br />

Prävention und Gesundheitsförderung erreichen lassen (für Umsetzungsbeispiele siehe<br />

auch Kolip & Altgeld, <strong>2006</strong>). Darüber hinaus wird gerade bei der Frage nach den Präventionspotenzialen<br />

deutlich, dass nicht nur Geschlechterunterschiede von Bedeutung sind,<br />

sondern dass weitere Faktoren bei der Gestaltung von Präventionsmassnahmen Berücksichtigung<br />

finden müssen. Die sozialepidemiologische Forschung hat in den vergange-<br />

Geschlechterblick auf die Gesundheitsziele für die <strong>Schweiz</strong> | 143

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