Gender-Gesundheitsbericht Schweiz 2006 - Gender Campus
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nationale Strategie zum Schutz, zur Förderung, Erhaltung und Wiederherstellung der<br />
psychischen Gesundheit der Bevölkerung in der <strong>Schweiz</strong> (Nationale Gesundheitspolitik,<br />
2004b), die Schwerpunktsetzung im Bereich der Psychischen Gesundheit und Stress von<br />
Gesundheitsförderung <strong>Schweiz</strong> (Steinmann, 2005), die Empfehlungen von Strategien<br />
und Massnahmen für die <strong>Schweiz</strong> (Bruhin & Ducommun, 2002) oder die qualitative Studie<br />
zur psychischen Gesundheit von Illés und Abel (2002). Auffallend ist, dass bei all diesen<br />
Arbeiten <strong>Gender</strong> kein explizites Thema ist, mit Ausnahme der letztgenannten. Es<br />
werden zwar sehr wohl Zielpopulationen (meist Kinder/Jugendliche, Arbeitstätige oder<br />
MigrantInnen) oder Settings (Schule, Arbeitsplatz oder Familie) angesprochen, aber<br />
selbst bei der Familie ist <strong>Gender</strong> kaum Thema. Überraschend ist dies, weil in den von<br />
1993 bis 2003 veröffentlichten epidemiologischen Studien, die sich mit psychischer Gesundheit<br />
in der <strong>Schweiz</strong> befassen, als Zielgruppen in ca. 20% der Studien <strong>Gender</strong> angegeben<br />
wird, hinter Kinder und Jugendlichen mit 63%, aber noch vor alten Menschen<br />
(15%), StraftäterInnen (15%) und MigrantInnen (8%), (Mehrfachnennungen möglich),<br />
(Meyer & Ricka, 2005).<br />
In den zitierten Studien werden als Konsequenzen für Gesundheitsförderung, Prävention<br />
und der gesundheitlichen Versorgung meist nur allgemeine Forderungen gestellt, z.B.<br />
nach dem zielgruppengerechten Aufbau spezialisierter Dienste, nach mehr Forschung in<br />
diesem Feld, nach einer besseren Versorgung psychisch Kranker oder einer Entstigmatisierung<br />
psychischer Leiden. Einzig in der Studie von Illés und Abel (2002) wird explizit<br />
eine geschlechtersensible Gesundheitspolicy gefordert, «welche der Erkenntnis Rechnung<br />
trägt, dass Frauen und Männer aufgrund komplexer biologischer, psychologischer,<br />
psychosozialer sowie sozio-kultureller Prozesse über differente Ressourcen und Bewältigungsstrategien<br />
verfügen und unterschiedlichen Belastungskonstellationen ausgesetzt<br />
sind.<br />
Ein strukturell gegebener, spezifisch weiblicher Belastungsfaktor ist das Vereinbarkeitsdilemma<br />
zwischen Berufs- und Familienarbeit. Ein wichtiger Schritt zur Lösung dieses<br />
Dilemmas basiert (…) auf der Schaffung von Teilzeitstellen auf allen Hierarchiestufen, der<br />
Flexibilisierung der Arbeitszeit, dem Ausbau von Kinderfremdbetreuungsstätten (sowie)<br />
der Einrichtung von Tagesschulen (…). Auf der gesellschaftlichen Werte- und Normebene<br />
bedarf es zum einen einer Aufweichung von Geschlechterrollenstereotypen, zum<br />
anderen einer Aufwertung weiblich geprägter Eigenschaften und Kompetenzen wie familiale<br />
Emotionsregulierung, Empathie und Intuition oder die Fähigkeit zu ganzheitlichem<br />
und vernetztem Denken» (S. 120ff). Dabei soll besonderes Gewicht auf den Einbezug<br />
sozialer und sozio-kultureller Faktoren gelegt werden sowie die Mitberücksichtigung der<br />
Lebensfelder, insbesondere derjenigen, in denen die <strong>Gender</strong>-Perspektive wesentlich ist,<br />
also z.B. Familie, Arbeitswelt oder zielgruppenspezifische Angebotsstrukturen. Zudem<br />
wird eine gesundheitsspezifische Bildungsoffensive gefordert, welche «für die psychische<br />
Gesundheit so relevante Variablen wie Selbstvertrauen, Leistungsmotivation oder<br />
allgemeine Lebenszufriedenheit positiv» (Illés & Abel, 2002, S. 122) beeinflusst. Diese<br />
Variablen können gerade in einer <strong>Gender</strong>-Perspektive wesentlich sein.<br />
Geschlechterblick auf die Gesundheitsziele für die <strong>Schweiz</strong> | 127