Gender-Gesundheitsbericht Schweiz 2006 - Gender Campus
Gender-Gesundheitsbericht Schweiz 2006 - Gender Campus
Gender-Gesundheitsbericht Schweiz 2006 - Gender Campus
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Ein Heimeintritt ist nicht alleine vom Gesundheitszustand abhängig, sondern auch von<br />
sozialen und sozio-ökonomischen Faktoren, wie zum Beispiel der Existenz eigener Kinder,<br />
dem Einkommen und dem Zivilstand. Betagte mit eigenen Kindern werden häufiger<br />
zu Hause gepflegt, reiche Betagte leben länger in Privathaushalten und unverheiratete<br />
Betagte leben häufiger im Altersheim als Verheiratete. Hier zeigt sich, dass die häufige<br />
Verwitwung von Frauen ein Grund ist, dass mehr betagte Frauen in einem Heim gepflegt<br />
werden als Männer (Höpflinger, 2003). Auch sozialpolitische Begebenheiten spielen eine<br />
wichtige Rolle beim Heimeintritt: Regionale Engpässe an günstigen Wohnungen oder<br />
regional verzögerter Ausbau der ambulanten Pflege können zu einem höheren Bedarf an<br />
stationären Heimplätzen führen.<br />
Häusliche Pflege<br />
Auf der Basis der <strong>Schweiz</strong>erischen Gesundheitsbefragung 2002 wird der Anteil der zu<br />
Hause lebenden über 65-Jährigen mit Einschränkungen bei Aktivitäten des täglichen<br />
Lebens (ADL) für Frauen und Männer auf jeweils 3% geschätzt. Bei den über 80-<br />
Jährigen liegt der Anteil mit ADL-Einschränkungen bei knapp 7% (Obsan, 2004, Indikator<br />
2.7.10). Gemäss den formulierten Gesundheitszielen für die <strong>Schweiz</strong> soll der Anteil der<br />
Zuhause lebenden Betagten bis ins Jahr 2020 erhöht werden und sollen Massnahmen<br />
ergriffen werden, welche den älteren Menschen erlauben, ihre Unabhängigkeit und ihren<br />
Platz in der Gesellschaft zu bewahren.<br />
Trotz Ausbau der gesundheitlichen Grundversorgung und der ambulanten Pflege besteht<br />
immer noch für viele betagte Menschen ein ungedeckter Hilfsbedarf, was vor allem<br />
Frauen betrifft. So stellen Abelin, Beer & Gurtner (1998) fest, dass Frauen über 65 Jahre,<br />
die in Privatwohnungen leben, zweimal häufiger unerfüllte Hilfebedürfnisse haben als<br />
Männer.<br />
Die überwiegende Mehrheit dementer PatientInnen, die Zuhause leben, wird von ihren<br />
Angehörigen gepflegt. Es handelt sich dabei in erster Linie um die PartnerInnen, Töchter<br />
und Schwiegertöchter. Zu 70%–80% sind es Frauen, die Angehörige pflegen (Kesselring,<br />
2004). Die Betreuung eines dementen Menschen erfordert ein äusserst intensives Engagement<br />
und führt an die Grenzen der Belastbarkeit. Dabei kann das Sozialleben der<br />
pflegenden Angehörigen stark eingeschränkt werden und sich belastend auf das ganze<br />
Familiensystem auswirken.<br />
Häufig werden Pflegebedürftige von Angehörigen Zuhause so lange versorgt, bis die<br />
Pflegearbeit die Kräfte der Familie übersteigt und sich das Risiko der Pflegenden, selber<br />
zu erkranken, erheblich erhöht. Aus regionalen Befragungen bei pflegenden Angehörigen<br />
von DemenzpatientInnen wurde bei einer durchschnittlichen Betreuungsdauer in Basel<br />
von 34 Monaten und im Tessin von 58 Monaten eine durchschnittliche betreuungsfreie<br />
Zeit einer bzw. eines pflegenden Angehörigen auf 2 bis 3 Stunden pro Tag berechnet<br />
(Höpflinger & Stuckelberger, 1999). Dies belegt die grosse Intensität der Angehörigenpflege,<br />
und daher überrascht auch nicht, dass im Tessin 44% und in Basel sogar 70%<br />
der pflegenden Angehörigen von ernsthaften eigenen gesundheitlichen Problemen berichteten.<br />
Von den betreuenden Ehepartnerinnen – zumeist selbst hochbetagt – wurden<br />
am häufigsten psychische bzw. psychosomatische und rheumatische sowie orthopädische<br />
Probleme genannt. Hinzu kommt, dass die subjektive Belastung und die Gefahr<br />
krankhafter Depressionszustände bei pflegenden Angehörigen mit fortschreitendem<br />
Demenzstadium der bzw. des Pflegebedürftigen steigen.<br />
Geschlechterblick auf die Gesundheitsziele für die <strong>Schweiz</strong> | 115