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Galerien<br />
Bruce Davidson<br />
»Subway«<br />
»When you are in the Subway, what is<br />
beautiful appears bestial, and what is<br />
bestial appears beautiful.«<br />
Bruce Davidson<br />
New York, Anfang der 1980er Jahre.<br />
Düsterer Großstadtmoloch zwischen<br />
Hedonismus und Abgrund. Die<br />
Subway in ihrem marodem Zustand ist<br />
ein gefährliches Pflaster. Tunnelfeuer,<br />
Überfälle, Mord und Drogenhandel<br />
sind an der Tagesordnung; überfüllte<br />
Waggons, häufige Verspätungen, Graffiti<br />
und Schmutz überall. Die Fahrt mit<br />
den öffentlichen Verkehrsmitteln ist ein<br />
Höllentrip. Der Fotograf Bruce Davidson<br />
steigt ein, begibt sich mitten in das<br />
rasende, ratternde Treiben der Stadt und<br />
porträtiert die Fahrgäste zwischen Uniformität<br />
und Vielfalt, Anonymität und<br />
Intimität, Depression und Inspiration.<br />
Ob Liebespaare, Musiker, Obdachlose,<br />
Touristen oder Geschäftsleute – in der<br />
Subway und ihren Passagieren findet er<br />
die perfekte Metapher für das Leben in<br />
der Metropole mit ihrer Aggression und<br />
Hässlichkeit, mit ihrer Hoffnung und<br />
Menschlichkeit.<br />
Demokratisch und radikal öffentlich<br />
– die Subway bietet Bruce Davidson<br />
das ideale Setting für seine langjährige,<br />
urbane Reportage. In diesem rollenden<br />
Gefängnis ist jeder für jeden sichtbar.<br />
Auf diese exponierte Situation reagieren<br />
die Fahrgäste höchst unterschiedlich.<br />
Während sich einige ängstlich in<br />
der Masse verstecken und wegducken,<br />
posieren andere ungeniert und nutzen<br />
Waggons und Bahnsteige als Bühne<br />
für ihre Selbstdarstellung. Auch wenn<br />
Bruce Davidson nicht aus dem Verborgenen<br />
heraus fotografiert und meist<br />
respektvoll um Erlaubnis bittet, ist nichts<br />
in seinen Bildern gestellt, jede Situation<br />
ist authentisch. Der Fotograf ist dabei<br />
immer Fahrgast, Beobachter der Szenerie<br />
– und Jäger nach dem »entscheidenden<br />
Moment«. Dadurch entsteht eine<br />
einzigartige Spannung in seinen Bildern<br />
– die Porträtierten erscheinen selbst in<br />
dieser inhumanen, grauen Welt voll<br />
menschlicher Würde.<br />
6 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />
© Bruce Davidson, (O.i.F.)<br />
Bruce Davidson beginnt sein Subway-<br />
Projekt in Schwarz/Weiß, wechselt<br />
jedoch schnell zur Farbfotografie, um<br />
die Mischung aus dunklen Schatten,<br />
glänzender Haut und sterilem Neonlicht<br />
optimal einzufangen. Meisterhaft<br />
fängt er die harten Kontraste ein und<br />
spielt gekonnt mit Hell-Dunkel-Effekten.<br />
Die saturierten Farben in seinen<br />
Bildern sind das Ergebnis vom Einsatz<br />
des Blitzes. Mit dem Aufblitzen seiner<br />
Kamera lockt Bruce Davidson die Menschen<br />
bewusst aus der Reserve und tritt<br />
so mit ihnen in einen kurzen Dialog.<br />
Mit seiner speziellen Art der Straßenfotografie<br />
transformiert Bruce Davidson<br />
die dunkle und unpersönliche Realität<br />
in eine farbige Welt voller Emotion und<br />
Energie.<br />
Bruce Davidson, 1933 in Oak Park in<br />
den USA geboren, begann schon als<br />
Jugendlicher zu fotografieren und studierte<br />
Kunst am Rochester Institute of<br />
Technology und an der Yale University<br />
– unter anderem bei Josef Albers.<br />
Während seines Militärdienstes in der<br />
Nähe von Paris lernte er 1957 Henri<br />
Cartier-Bresson, einen der Gründer<br />
der renommierten Agentur MAGNUM<br />
Photos, kennen. Im Anschluss arbeitete<br />
er als Fotograf für das LIFE Magazin,<br />
das seine ersten Serien publizierte.<br />
1958 wurde Bruce Davidson Mitglied<br />
bei MAGNUM Photos. In zahlreichen<br />
fotografischen Projekten dokumentiert<br />
er vor allem Menschen in ihrem urbanen<br />
Kontext – 1959 Mitglieder einer Gang<br />
in Brooklyn, von 1961 bis 1965 Bürgerrechtler,<br />
von 1966 bis 1968 Bewohner<br />
eines der heruntergekommenen Wohnblocks<br />
in East Harlem, 1980 Passagiere<br />
der New Yorker Subway und von 1992<br />
bis 1995 den Central Park und seine<br />
Nutzer. Bruce Davidsons Werk wurde<br />
weltweit in zahlreichen Institutionen<br />
und Museen ausgestellt, unter anderem<br />
im Museum of Modern Art in New York,<br />
Smithsonian Museum of American Art<br />
in Washington, International Center of<br />
Photography in New York, Maison Européenne<br />
de la Photographie in Paris und<br />
in der Tate Modern in London. Er hat<br />
zwei Stipendien der Stiftung »National<br />
Endowment for the Arts« und ein<br />
Guggenheim-Stipendium erhalten und<br />
wurde 2004 mit dem Lucie Award für<br />
»Outstanding Achievement in Documentary<br />
Photography« sowie 2007<br />
einem »Gold Medal Lifetime Achievement<br />
Award« des National Arts Club<br />
ausgezeichnet. Bruce Davidson lebt<br />
und arbeitet in New York City.<br />
bis 20. Mai <strong>2012</strong><br />
C/O Berlin<br />
im Postfuhramt<br />
Oranienburger Straße 35/36<br />
10117 Berlin-Mitte<br />
täglich 10 – 20 Uhr