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The Browse Fotofestival Berlin 2012 Gerhard Kassner »Professional –Privat« Bilder von Menschen Die kurze Zeit, die Gerhard Kassner bei seinen fotografischen Begegnungen mit den Stars der Berlinale zur Verfügung steht, schafft eine Kondensation besonderer Art. Dabei spielen die technischen Aspekte die geringere Rolle, viel wichtiger ist die Präsenz, die sich in den Bildern wiederspiegelt. Bekanntlich gibt es keine fotografische oder filmische Objektivität, denn immer ist der Autor gewissermaßen das unsichtbare Subjekt, dessen Blick sich im porträtierten Modell reflektiert. Oder, wie Godard es formulierte, »die Kamera ist ein Ort mit zwei entgegengesetzten Richtungen«. So gesehen, sind die Berlinale-Porträts von Kassner zwar erst einmal technisch perfekte Star-Porträts, die unter höchster Konzentration und in kürzester Zeit enstehen - jede dieser Studiosessions dauert zwischen 3 - 5 Minuten, manchmal auch noch kürzer. Dabei sehen sich der Fotograf und der Star meist zum ersten Mal und es gilt, in wenigen Sekunden den Einstieg in die gemeinsame Arbeit zu finden. Die Porträts sind aber auch und vor allem Zeugnisse von Kassners Ehrlichkeit im Umgang mit seinen Modellen und von seinem intuitiven Gespür für Menschen, die hauptberuflich vor der Kamera stehen. Man gewinnt den Eindruck eines Fotografen, der sich zurückzunehmen weiß und dessen eigene Natürlichkeit sich in den Modellen reflektiert, der aber gleichzeitig einen äußerst akuten Blick für entscheidende Nuancen besitzt. Dies schafft die subtile dialogische Spannung, die in den Bildern liegt und die vorallem dann sichtbar wird, wenn man die Porträts in Serien betrachtet, bzw. in den Anordnungen, die jeweils zu einem Film gehören. Dann entfaltet sich in den Bilder ein Gefühl für das unsichtbare Subjekt, den Zeitzeugen, den Fotografen Kassner. In den zehn Jahren seit Gerhard Kassner als Berlinale-Porträtist tätig ist, hat er 1156 Porträts von Filmregisseuren und Schauspielern, darunter viele internationale Stars, fotogra- 150 brennpunkt 2/2012 © Gerhard Kassner, »Oma und Opa«, 1989 fiert und hat damit Zeitzeugnisse des internationalen Films und der Berlinale selbst geschaffen. Um den kurzen Moment der Begegnung und um das Bewusstsein einer Zeitzeugenschaft geht es auch in den anderen, den »privaten« Porträts von Gerhard Kassner, die bis in die neunziger Jahre zurückreichen. Die Fotografien von Freunden, den Großeltern und Eltern, den Kindern, haben eine gemeinsame Charakteristik: Sie dokumentieren, was dem unvermeidlichen Wandel der Zeit untersteht, dies jedoch in einer Intimität, die nur im privaten Bereich entstehen kann. Sie zeigen einen Blick auf Wohlbekanntes und Geliebtes, der sich der Vergänglichkeit bewusst ist und sich ihr emotional aussetzt. Dabei kommt dieselbe Ehrlichkeit, die in den Berlinale- Porträts zart aufscheint, zu ihrem vollen Ausdruck. Und so groß die Genre-Distanz zwischen den privaten und den Star-Porträts erscheinen mag, reflektieren doch beide denselben Respekt für das por- trätierte Gegenüber, denselben Sinn für die Schönheit unter der Oberfläche, dasselbe Wissen um die Intensität des kurzen Augenblicks - und speisen sich so aus demselben Menschenbild. Barbara Weigel Gerhard Kassner
© Gerhard Kassner, Meryl Streep, The Iron Lady, Berlinale, 14.02.2012, 17:19:24 Uhr, (Original in Farbe) The Browse Fotofestival Berlin 2012 brennpunkt 2/2012 151
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