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The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Michael Hughes<br />

»Souvenirs«<br />

Die Idee zu »Souvenirs« kam mir an<br />

einem kalten, grauen Novembertag im<br />

Jahr 1999 bei einem Fotoauftrag am<br />

Loreley-Felsen in der Nähe von Mainz.<br />

Die Postkarte in meiner Tasche, für<br />

meine Tochter gedacht, sah viel besser<br />

aus als die triste Landschaft um mich<br />

herum. Plötzlich wurde mir klar, ich<br />

stand genau an der Stelle, an der der<br />

andere Fotograf sein Bild gemacht hatte.<br />

Es entstand eine Verbindung und das<br />

Abenteuer begann. Es gibt drei Arten<br />

von Menschen, die Souvenirs kaufen:<br />

die völlig Unschuldigen, die überhaupt<br />

nichts Ordinäres darin sehen, die Snobs,<br />

© Michael Hughes, (Originalbild in Farbe)<br />

148 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

die auf anspruchsvolle Souvenirs stehen<br />

und die postmodernen Menschen, die<br />

noch schlimmeres Zeug kaufen als die<br />

Unschuldigen, um zu zeigen, wie klever<br />

sie sind. Ich muss zugeben, dass ich eine<br />

lange Zeit lang zu der dritten Gruppe<br />

gehörte, bis ich verstand, was eigentlich<br />

Souvenirs für die Menschen bedeuten.<br />

Souvenirs sind die Wegpunkte in<br />

der Erzählung unseres Lebens, leicht<br />

identifizierbare Zeichen, die uns und<br />

anderen zeigen, womit wir uns beschäftigen.<br />

Viel später erst habe ich verstanden,<br />

daß ich mich nicht nur über die<br />

Souvenirs lustig gemacht habe, sondern<br />

auch über die Originale. Losgelöst von<br />

ihrem ursprünglichen Kontext wurden<br />

sie zu bloßen Zeichen in der Sprache<br />

der Weltkultur. Aber das Beste an Souvenirs<br />

ist, daß wir sie mit nach Hause<br />

nehmen können; sie gehören zu uns wie<br />

die Fotos, die wir schießen.<br />

Das Medium Fotografie hat sich zu<br />

einer Souvenir-Maschine entwickelt.<br />

Die Fotografie friert winzige Fragmente<br />

aus dem Fluss unserer Erfahrung ein und<br />

gibt uns das flüchtige Gefühl, Kontrolle<br />

über unser Leben zu haben.

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