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The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Gordon Welters<br />

»Geh, meine Schöne«<br />

Wunder sind scheue, zerbrechliche<br />

Wesen. Lucas, das Kind an das niemand<br />

mehr glaubte, brachte den Glauben an<br />

Wunder zurück in Danas Leben. Freunde<br />

haben Engel gemalt. Sie streicheln die<br />

ruhelose Seele und wachen über den<br />

erschöpften Körper.<br />

Diagnose Brustkrebs. Allein in<br />

Deutschland erkranken jährlich 57.000<br />

Frauen, Tendenz steigend. Die meisten<br />

Patientinnen erkranken nach den<br />

Wechseljahren, sie können bei rechtzeitiger<br />

Diagnose und optimaler Therapie<br />

mit einer nahezu 100-prozentigen<br />

Heilungschance rechnen. Dana ist<br />

25, liebt und fordert das Leben als sie<br />

den Knoten unter der Haut fühlt. Nach<br />

Brustamputation und Chemotherapie<br />

entscheidet sich für ein neues Leben in<br />

einer anderen Stadt. Und für einen Sohn,<br />

der sich medizinischen Aussagen zum<br />

Trotz seinen Platz auf der Welt erkämpft.<br />

Ein kurzes, ein turbulentes Leben - mit<br />

dem Tod und gegen die Zeit. Neun Jahre<br />

später liegt Dana auf der Palliativstation<br />

eines Krankenhauses, irgendwo in<br />

Deutschland. Sie hat viele Menschen<br />

kennen gelernt in dieser anderen Stadt.<br />

Die kostbarsten von ihnen hat sie wie<br />

einen Schatz gehütet, hat sie aneinander<br />

gereiht, wie Perlen auf einer Schnurr.<br />

Krankheit macht oft einsam. Dana ist<br />

nicht allein. Das ist sehr ungewöhnlich<br />

sagen die Stationsschwestern und beobachten<br />

wohlwollend die vielen Besucher<br />

in Zimmer H438. Es ist Dana gelungen<br />

die unterschiedlichsten Menschen zu<br />

vereinen und einen Freundeskreis zu<br />

schaffen, der sie bis ans Ende trägt und<br />

dessen einzelne Glieder sich gegenseitig<br />

zu stützen wissen. Auf diese Weise ist<br />

ein beispielsloses Netzwerk entstanden:<br />

die Freunde stimmen gemeinsam minutiös<br />

die Besuchszeiten ab, koordinieren<br />

den täglichen Übernachtungsgast, verwöhnen<br />

die Sterbende mit Massagen<br />

und überraschen sie mit einem Cello-<br />

Konzert am eigenen Bett. Liebe wärmt<br />

das Zimmer, taucht es in Geborgenheit<br />

und sanften Abschied.<br />

Wunder lassen uns erstaunen. Wunder<br />

sind selten. Freunde auch.<br />

(Text: Ines John)<br />

128 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

© Gordon Welters<br />

© Gordon Welters<br />

Gordon Welters<br />

arbeitet seit 1998 freiberuflich als<br />

Fotojournalist, für nationale und internationale<br />

Kunden und ist Vertragsfotograf<br />

der The New York Times. Seit 2006 wird<br />

er von der Agentur laif vertreten. Mit<br />

einer Leidenschaft für die sozial engagierte<br />

Reportagefotografie widmet sich<br />

Gordon in seinen freien Projekten den<br />

Geschichten am Rande der Gesellschaft<br />

und erzählt in einfühlsamen Reportagen<br />

vom Menschsein.<br />

(www.GordonWelters.com)<br />

Gordon Welters

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