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The Browse Fotofestival Berlin <strong>2012</strong><br />

Androniki<br />

Christodoulou<br />

»UNDERWORLD«<br />

Tohoku, Küstenstädte im Norden Japans,<br />

die am 11. März 2011 vom Erdbeben<br />

und dem Tsunami zerstört wurden.<br />

Nach dem Erdbeben sank der Norden<br />

Japans um mehrere Zentimeter tiefer.<br />

Die Erde bewegte sich wie ein wütendes<br />

Tier, schüttelte das Meer und kehrte<br />

zurück in einen unruhigen Schlaf, ließ<br />

uns machtlos zurück, um über unsere<br />

Existenz nachzudenken.<br />

Vier Monate nach dem Erdbeben waren<br />

die Menschen verschwunden. Niemand<br />

sucht mehr nach Leichen, niemand<br />

versucht mehr, die Habseligkei-<br />

© Androniki Christodoulou, (Original Pictures in Colour)<br />

120 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2012</strong><br />

ten zu retten. Nur Bauarbeiter sind zu<br />

sehen, die Ruinen von Städten und Dörfern<br />

abreißen.<br />

In Gegenden, die abgesunken waren,<br />

hatte das Wasser die Regie übernommen.<br />

Das Meer kam ins Landesinnere,<br />

entweder für immer oder für Stunden<br />

während der Flut. Diese Landschaften<br />

der Katastrophe, die an eine Unterwelt<br />

erinnern, sind nun weg, aber bleiben<br />

hoffentlich unvergessen als Denkmäler<br />

unserer Ohnmacht und der Vergänglichkeit<br />

des Lebens.<br />

Juli 2011 In der Stadt Kesenuma sank<br />

die Erde um etwa 74 cm und das Gebiet<br />

rund um den Hafen ist den ganzen Tag<br />

lang überflutet. Eine Schicht aus Steinen<br />

ermöglicht es mir durch die Stätte der<br />

Zerstörung zu gehen. Es regnet von Zeit<br />

zu Zeit und der Himmel ist bewölkt, aber<br />

hell. Überall Schutt und dazwischen<br />

zerborstene Gebäude, die sich reglos im<br />

Wasser spiegeln. Krähen fliegen überall<br />

herum und es stinkt. Die Landschaft um<br />

mich herum sieht unwirklich aus. Die<br />

Farben sind schön, aber das, was ich<br />

sehe ist schrecklich.... Weiter unten hört<br />

man der Klang vom Abriss der Gebäude<br />

und Schiffe, die vom Tsunami ins Lnadesinnere<br />

gespült worden waren. Die<br />

1000 Toten und mehr als 400 Vermissten<br />

finden erst Ruhe, wenn die Geisterstadt<br />

verschwunden ist.<br />

Die Stadt Ishinomaki sank um etwa 78<br />

cm. Ich sehe ein großes Schild mit der<br />

Aufschrift »Ganbaro Ishinomaki«, Ishinomaki<br />

gib Dein Bestes, weiter zu kämpfen.<br />

Daneben Blumen für die Menschen,<br />

die durch den Tsunami verschwanden.<br />

3097 Tote und 2770 Vermisste ... Die<br />

zerstörte Stadt hinter dem Schild ist von<br />

Wasser umgeben. Ich gehe und werde<br />

nie wieder kommen, denn was ich sehe,<br />

wird es dann nicht mehr geben.<br />

www.androniki.com<br />

Text & Fotos von Androniki Christodoulou

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