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Grenze - Hinterland Magazin

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Bleierner Nachmittag<br />

Yolga und seine Bettnachbarn überbrücken die Zeit<br />

Foto: Michael Westrich<br />

Die die Freiheit kontrollieren<br />

Anfang 2000, zur Hochzeit der „Boat People“, war<br />

hier noch alles anders, erinnert er sich. Da es keine<br />

lückenlose Radarüberwachung gab, erkannte die<br />

Küstenwache die kleinen Boote sehr spät und musste<br />

oft mitansehen, wie acht Boote gleichzeitig landeten.<br />

Dann wurde das Budget zur Überwachung der<br />

Außengrenzen aufgestockt und Frontex gegründet,<br />

und mit Frontex kamen die RABIT-Teams, die Polizisten<br />

aus der gesamten EU und neueste Technik. Über<br />

die Zusammenarbeit der Fron-<br />

tex-Teams wisse jedoch der Chef<br />

der Policía Nacional mehr. In<br />

diesem Moment stößt auch er zu<br />

uns, ein junger, groß gewachsener<br />

Mann, sympathisch, gebildet,<br />

politisch korrekt in seiner Wortwahl.<br />

Die Bedeutung der EU-<br />

Grenzschutzagentur bestehe für<br />

ihn vor allem in der Zentralisierung von Informationen<br />

und in den regelmäßigen internationalen Einsätzen<br />

– wobei er kurz darüber klagt, wie schwierig die<br />

Zusammenarbeit zum Teil sei, da so gut wie niemand<br />

in seinem lokalen Team eine Fremdsprache und nur<br />

Yolga dreht, raucht und raunt mit<br />

tiefer Stimme, wie leid er es sei,<br />

um jede Zigarette betteln zu müssen.<br />

Und um jedes Telefonat<br />

nach Hause.<br />

wenige ausländische Kollegen und Kolleginnen spanisch<br />

sprächen. Dann erklärt er mir, wieso eine intensivere<br />

Kontrolle und ein entschiedeneres Durchgreifen<br />

an der Schengener Außengrenze alleine aus Perspektive<br />

der Menschenrechte absolut notwendig sei.<br />

Er selbst sei dabei gewesen, als ein Ruderboot mit<br />

Flüchtlingen vor einigen Jahren an Land gezogen<br />

wurde und alle 33 Insassen tot waren. Oder erst vergangene<br />

Woche, als eine Frau in einer Patera, die<br />

geborgen wurde, entbunden hatte. Um das alles zu<br />

verstehen, müsse man die Geschichten dahinter kennen,<br />

die armen Leute fielen Menschenhändlern zum<br />

Opfer – Europa aber sei ein<br />

Raum der Sicherheit und der<br />

Freiheit.<br />

Sein oder Nicht-Sein in Europa<br />

Als ich mich auf den Rückweg<br />

mache, dämmert es bereits.<br />

Yolga sitzt auf einem Plastikstuhl<br />

vor dem Haus und wartet, dass die Zeit vergeht.<br />

Nach Arbeit kann er erst morgen wieder suchen. Wieder<br />

wird er an den Hafen gehen, bei Vovis fragen,<br />

den Schwarzmarkt durchkämmen. Ich setze mich zu<br />

ihm, lege meinen Tabak auf den Tisch und warte mit

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