Grenze - Hinterland Magazin
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heißt Mann sein“. Ein Abenteurer müsse klug sein<br />
und viele Leute kennen – denn die Realitäten der<br />
Reise ändern sich ständig und schnell. Er muss „robben<br />
wie ein Soldat“, lernen, wann man „die Zäune<br />
angreift“ oder wie man „den<br />
Zug stiehlt“. Er darf niemandem<br />
vertrauen, muss aber gleichzeitig<br />
Allianzen bilden, um die kritischen<br />
Punkte der Reise zu<br />
überwinden. Deshalb gibt es<br />
auf diesem Weg keine Frauen,<br />
ihre Taktiken sind andere. Deshalb<br />
ist die Geschichte, die ich<br />
hier erzähle, männlich. „Wenn du ohne Geld nach<br />
Hause kommst, glauben alle, dass du es gegessen<br />
hast“. Die Frage ist daher nicht, ob man es schafft,<br />
nach Europa zu kommen, sondern wie viele Anläufe,<br />
wie viel Zeit man braucht. Wie klug die Finten, wie<br />
stark der Körper. Wenn die Entscheidung einmal<br />
gefallen ist, gibt es kein Zurück mehr, zu groß wären<br />
die eigene Scham und das Unverständnis der anderen.<br />
Das Klingeln meines Handys unterbricht uns. Am<br />
anderen Ende ist ein Bekannter, er hat mir einen<br />
Gesprächstermin mit den Beamten der Grenzpolizei<br />
organisiert – informell, denn offiziell müsste ich dafür<br />
eine Erlaubnis aus Madrid oder gar Warschau einholen,<br />
schließlich geht es um die Sicherheit Spaniens<br />
und Europas, gerade jetzt, zehn Jahre nach 09/11. Ich<br />
Mit Frontex kamen die RABIT-<br />
Teams, die Polizisten aus der<br />
gesamten EU und neueste<br />
Technik.<br />
Warten...<br />
…dass die Zeit vergeht. Transitstadt Algeciras<br />
verspreche, die Namen nicht zu veröffentlichen.<br />
Im „Kampf gegen Migration“<br />
Kurze Zeit später betrete ich das Büro eines leitenden<br />
Beamten der Guardia Civil, straff<br />
baut er sich in seiner grünlichen<br />
Uniform hinter dem Schreibtisch<br />
auf, um uns zu begrüßen. Ich<br />
habe das Gefühl, er freut sich<br />
über mein Interesse, bereitwillig<br />
und nicht ohne Stolz erzählt er<br />
vom „Kampf gegen Migration“,<br />
wie er es nennt, durchgeführt<br />
mit einer Symbiose von Radarschirmen und Wärmebildkameras,<br />
Herzfrequenzmessern und Schnelleinsatzbooten.<br />
Die Hardware des modernen „Grenzmanagements“,<br />
mit dem Sicherheit und Menschenrechte<br />
gleichermaßen garantiert werden sollen. Die<br />
Geschichte, die er erzählt, ist eine des Erfolgs, Bilder,<br />
wie sie uns aus Griechenland, Lampedusa und Malta<br />
erreichen, seien hier Vergangenheit. In zwei Linien<br />
operiere die Guardia Civil heute, an der Küste und in<br />
den umliegenden Dörfern. Er schätze, dass so gut<br />
wie niemand unbemerkt über den Estrecho gelange.<br />
Zehn Kilometer weit überwache SIVE, das „integrierte<br />
Grenz-Überwachungssystem“, den kompletten Schiffsverkehr<br />
in der Meerenge von der Küste aus; seit Mai<br />
auch aus der Luft, womit er vermutlich den eigentlich<br />
zivilen Transporthubschrauber meint, der täglich zwischen<br />
Ceuta und Algeciras verkehrt.<br />
Foto: Michael Westrich