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Die Stimmen der Arbeiterinnen - Christliche Initiative Romero eV

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Viele <strong>der</strong> ArbeiterInnen haben gesundheitliche Beschwerden,<br />

die auf die exzessiven Überstunden und ungesunden<br />

Arbeitsbedingungen zurückzuführen sind: Schmerzen in<br />

<strong>der</strong> Lendenwirbelsäule, in Armen und Händen, sowie<br />

erhöhten Blutdruck. Eine <strong>der</strong> Befragten gab an, dass sie<br />

wegen dem Stress und Mangel an Schlaf und Zeit zum<br />

Ausruhen an zu hohem Blutdruck leide. Im Jahr zuvor habe<br />

eine Arbeiterin an <strong>der</strong> Nähmaschine einen Herzinfarkt<br />

erlitten und sei am Arbeitsplatz zusammengebrochen.<br />

ArbeiterInnen in <strong>der</strong> Bügelabteilung verlieren manchmal<br />

auf Grund <strong>der</strong> Hitze das Bewusstsein. In keinem <strong>der</strong> Fälle<br />

wurde ein Notarzt in die Fabrik gerufen.<br />

<strong>Die</strong> ArbeiterInnen sitzen auf einfachen Holzstühlen und<br />

arbeiten an alten Maschinen, die oft kaputt gehen und<br />

ständig repariert werden müssen. Nur für das Ärmeleinnähen<br />

wurden neue Maschinen angeschafft, denn damit ließen<br />

sich die Arbeitsproduktivität und die Qualität erhöhen.<br />

Im Winter müssen die ArbeiterInnen frieren, da die Türen<br />

direkt nach draußen führen und die Wände schlecht isoliert<br />

sind; dagegen wird es im Sommer beson<strong>der</strong>s heiß. Eine<br />

Klimaanlage gibt es nur im Büro des Fabrikleiters, in <strong>der</strong><br />

Bügelabteilung jedoch nur Ventilatoren.<br />

Arbeitsschutzunterrichtungen werden nicht durchgeführt,<br />

obwohl es gesetzlich vorgeschrieben ist. <strong>Die</strong> Frauen wissen<br />

nicht, ob es Notausgänge gibt und ob das externe Treppenhaus<br />

im Notfall dafür benutzt werden kann. Zwei Feuerlöscher<br />

sind sichtbar aufgehängt, aber die ArbeiterInnen<br />

könnten nicht damit umgehen.<br />

Kurzzeitverträge und ,Flexibilität'<br />

Als sie in <strong>der</strong> Firma angefangen haben zu arbeiten, hatte<br />

keine <strong>der</strong> Befragten einen Arbeitsvertrag. Später haben sie<br />

einen Kurzzeitvertrag unterschrieben, in dem auch steht,<br />

dass sie bereit sind, Überstunden zu machen. Einige ältere<br />

Frauen, die schon Rente bekommen, arbeiten dort ohne<br />

Vertrag.<br />

Trotz <strong>der</strong> vielen Arbeitslosen, die beim örtlichen Arbeitsamt<br />

registriert sind, meldet <strong>der</strong> Fabrikinhaber dort niemals freie<br />

Stellen, um möglichen Kontrollen <strong>der</strong> Arbeitsbedingungen,<br />

Sozialabgaben und Arbeitsverträge gemäß den gesetzlichen<br />

Normen auszuweichen.<br />

„Än<strong>der</strong>n wird sich doch nichts”<br />

Ihre dringlichsten Probleme sahen die <strong>Arbeiterinnen</strong> in<br />

höheren Löhnen, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu<br />

können, und Regelarbeitszeit mit Überstundenbegrenzung.<br />

Noch nie hatten sie etwas von Verhaltenskodizes großer<br />

Marken und an<strong>der</strong>er Auftraggeber gehört, und sie würden<br />

von sich aus ausländischen Auditoren gegenüber niemals<br />

irgend etwas beanstanden o<strong>der</strong> sich bei <strong>der</strong> Arbeitsinspektion<br />

beschweren, denn diese „notieren sich zwar all die<br />

Verletzungen fein säuberlich, aber än<strong>der</strong>n tut sich nie<br />

etwas”.<br />

Fallstudie 2:<br />

Kleinbetrieb in Nordwestbulgarien 2<br />

<strong>Die</strong>se Fabrik gehört ebenfalls einem Bulgaren und auch sie<br />

liegt in einem Landesteil mit hoher Arbeitslosenrate und<br />

hohem Anteil ethnischer Minoritätsbevölkerung (Roma).<br />

Allerdings ist es ein traditioneller Standort <strong>der</strong> Beklei-<br />

2 <strong>Die</strong> <strong>Arbeiterinnen</strong> dieser Fabrik wurden im September 2004 befragt.

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