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Petra Katharina PFISTERER SPRACHE UND MEDIEN IN ...

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<strong>Petra</strong> <strong>Katharina</strong> <strong>PFISTERER</strong><br />

<strong>SPRACHE</strong> <strong>UND</strong> <strong>MEDIEN</strong> <strong>IN</strong> FRANKREICH<br />

Eine Untersuchung der Sprachpolitik Frankreichs in den<br />

audiovisuellen Medien<br />

Diplomarbeit zur Erlangung des<br />

Magistergrades der Philosophie aus der<br />

Studienrichtung Französisch<br />

eingereicht an der Geistes- und Kulturwissenschaftlichen<br />

Wien, 2003<br />

Fakultät der Universität Wien


Für meine Eltern,<br />

meine Großeltern,<br />

meine Schwester Pia<br />

und für Alexey


DANKSAGUNG<br />

DANKSAGUNG<br />

An der Entstehung dieser Arbeit haben viele Menschen mitgewirkt, denen ich an dieser<br />

Stelle danken möchte:<br />

Ich danke Frau Professor Dr. Schjerve-Rindler für die vielen wertvollen Ratschläge und<br />

Diskussionen sowie für die lehrreiche Zeit der Diplomarbeit.<br />

Ich danke allen Interviewpartnern und -partnerinnen für ihre Gesprächsbereitschaft,<br />

ebenso den Leiterinnen der Dokumentationszentren der Délégation générale à la langue<br />

francaise et aux langues de France und des European Bureau for Lesser Used<br />

Languages für ihre wichtigen Tipps.<br />

Sie alle haben durch zahllose Gespräche, Fragen und Hinweise dazu beigetragen, dass<br />

diese Diplomarbeit sich entwickeln konnte.<br />

Ich danke überdies allen Freundinnen und Freunden, die mich unterstüzt, beherbergt<br />

und begleitet haben, mich abgelenkt haben und viel Geduld aufgebracht haben, bis diese<br />

Diplomarbeit fertig war.<br />

Auch meinen Eltern, meinen Großeltern, meiner Schwester Pia und Alexey danke ich<br />

von Herzen, sie haben mir das Studium ermöglicht, mich gefördert und mich in jeder<br />

nur erdenklichen Weise unterstützt.<br />

Ihnen allen danke ich von Herzen.


<strong>IN</strong>HALT<br />

<strong>IN</strong>HALTSVERZEICHNIS<br />

E<strong>IN</strong>LEITUNG ........................................................................................................................ 1<br />

I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN ............................................................. 3<br />

THEORIE<br />

1. Definitionen ....................................................................................................................... 3<br />

1.1 Sprachpolitik ..................................................................................................................... 3<br />

1.2 Sprachenpolitik ................................................................................................................. 4<br />

1.3 Sprachkritik ...................................................................................................................... 4<br />

1.4 Sprachlenkung .................................................................................................................. 5<br />

1.5 Sprachplanung .................................................................................................................. 5<br />

1.6 Domäne ............................................................................................................................. 6<br />

Ergänzende Konzepte<br />

2. Sprachpolitik aus Sicht der Soziolinguistik .................................................................... 8<br />

2.1 TrägerInnen und AgentInnen von Sprachpolitik .............................................................. 9<br />

2.2 Die Instanzen und Agenturen der Sprachpolitik ............................................................... 10<br />

Staatliche Instanzen<br />

Sozialisierungsinstanzen<br />

Medien<br />

2.3 Zur Frage der Domänen von Sprachpolitik ...................................................................... 11<br />

3. Sprachpolitik nach Ager .................................................................................................. 13<br />

Analyseschema nach Cooper<br />

3.1 Aspekte von und Motivationen für Sprachpolitk .............................................................. 13<br />

ZUSAMMENFASSUNG DES THEORIEANSATZES ............................................................. 14<br />

WEITERE GR<strong>UND</strong>LAGEN<br />

4. Staat und Nation ............................................................................................................... 15<br />

5. Minderheiten und ihre Rechte ......................................................................................... 17<br />

5.1 Definition von Minderheit ................................................................................................ 18<br />

5.2 Sprachminderheit .............................................................................................................. 19<br />

5.3 Minderheitenrechte ........................................................................................................... 19<br />

Allen Minderheiten zustehende individuelle Rechte<br />

Nach Minderheitenart differenzierte individuelle Rechte<br />

5.4 Arten von Minderheiten .................................................................................................... 21<br />

6. Massenmedien und ihre Funktionen ............................................................................... 21<br />

6.1 Geschichtliche Entwicklung ............................................................................................. 22<br />

1. Absolutismus<br />

2. Konstitutionalismus<br />

3. Parlamentarische Demokratie<br />

6.2 TeilnehmerInnen an der Massenkommunikation ............................................................. 24<br />

6.3 Funktionen der Massenmedien ......................................................................................... 26<br />

a) soziale Funktionen von Massenmedien<br />

b) politische Funktionen von Massenmedien<br />

c) ökonomische Funktionen von Massenmedien<br />

6.4 Wirkung der Massenmedien ............................................................................................. 28<br />

6.5 Massenmedien und sprachliche Minderheiten .................................................................. 30<br />

6.6 Die Bedeutung von Massenmedien für sprachliche Minderheiten ................................... 30


<strong>IN</strong>HALT<br />

6.7 Die Bedeutung von Minderheitenmedien für Minderheiten ............................................. 34<br />

7. Internationale Ebene ........................................................................................................ 35<br />

7.1 Internationale Organisationen ........................................................................................... 35<br />

7.2 Internationale Standards ................................................................................................... 36<br />

7.3 Internationale Abkommen ................................................................................................ 36<br />

7.4 Richtlinien und Empfehlungen ......................................................................................... 37<br />

7.5. Die Minderheiten- und Medienpolitik der Europäischen Union ..................................... 38<br />

EBLUL: Sprachpolitik für Minderheitenmedien ............................................................ 39<br />

8. Der Untersuchungsrahmen: Frankreich ........................................................................ 40<br />

8.1 Die französische Verfassung ............................................................................................ 40<br />

8.2 Die sprachlichen Minderheiten Frankreichs ..................................................................... 42<br />

8.3 Das französische Mediensystem - Rundfunk .................................................................... 43<br />

8.4 Medien für sprachliche Minderheiten in Frankreich ........................................................ 44<br />

II. HYPOTHESEN und FORSCHUNGSFRAGEN ............................................................... 46<br />

III. PRAKTISCHER TEIL und UNTERSUCHUNG ............................................................. 48<br />

SPRACHPOLITIK <strong>UND</strong> <strong>MEDIEN</strong> <strong>IN</strong> FRANKREICH<br />

9. Etappen der Sprachpolitik ............................................................................................... 48<br />

9.1 Dreißig Schlüsseldaten der Sprach- und Mediengeschichte Frankreichs ........................ 49<br />

9.2 Sprachpolitik heute ........................................................................................................... 60<br />

2003 Premières Assises nationales des langues de France<br />

Kritik an den Premières Assises des langues de France<br />

von Seiten der WissenschaftlerInnen<br />

von Seiten der MinderheitenvertreterInnen<br />

Resumée der Konferenz von offizieller Seite<br />

10. Die Regelung der französischen Sprache im Bereich der audiovisuellen Medien .... 65<br />

10.1 Die Délégation générale à la langue française et aux langues de France ..................... 65<br />

Die Entstehung und Entwicklung der DGLFLF<br />

Die aktuelle Situation der DGLFLF<br />

Die sprachpolitischen Ziele der DGLFLF<br />

10.2 Gesetzestexte .................................................................................................................. 69<br />

1. Loi Toubon<br />

2. Gesetz zur Kommunikationsfreiheit<br />

10.3 Cahiers des missions et des charges ............................................................................... 72<br />

a) die Programmaufträge der staatlichen Rundfunkanstalten<br />

Fernsehen<br />

Radio<br />

b) Die Vereinbarungen zwischen privaten Rundfunkanstalten und CSA<br />

terrestrisches Fernsehen<br />

Kabel- und Satellitenfernsehen<br />

Privatradios<br />

10.4 Kontrolle - der Conseil supérieur de l'audiovisuel ......................................................... 75<br />

Bureau de la langue française<br />

Umfrage: Meinungen der Journalistinnen und Journalisten<br />

10.5 Rapports au Parlement .................................................................................................... 79<br />

10.6 andere überwachende Organisationen ............................................................................ 80<br />

10.7 die Rolle der Presse in der Radio- und Fernsehkritik ..................................................... 82<br />

10.8 Die staatliche Sicht der Rolle der Medien ...................................................................... 84<br />

Der Einfluss der Medien auf die Sprache<br />

Die Probleme der Sprecher und Sprecherinnen


<strong>IN</strong>HALT<br />

Die Probleme der Medien und JournalistInnen<br />

Die Lösungsvorschläge und Forderungen<br />

Die Ziele und Visionen<br />

11. Die Regelung der Verwendung von regionalen Minderheitensprachen in den<br />

audiovisuellen Medien .......................................................................................................... 89<br />

11.1 Die Politik der DGLFLF zur Aufwertung der Regionalsprachen ................................... 89<br />

Die Entwicklung der Politik zugunsten der Regionalsprachen<br />

Die aktuelle Politik der DGLFLF<br />

Die sprachpolitischen Ziele der DGLFLF<br />

11.2 Gesetzestexte .................................................................................................................. 93<br />

1. Die Loi Toubon<br />

2. Gesetz zur Kommunikationsfreiheit<br />

11.3 Cahiers des missions et des charges ............................................................................... 94<br />

France 3<br />

Radio France<br />

11.4 Kontrolle durch den Conseil supérieur de l'audiovisuel? .............................................. 94<br />

11.5 Rapports au parlement .................................................................................................... 95<br />

11.6 Kritik an der Situation der Minderheitensprachen in den audiovisuellen Medien ......... 96<br />

Ergebnisse des Ateliers "médias"<br />

Zwei zentrale Fragen für die Zukunft der Minderheitensprachen in den Medien<br />

Interviews mit den MinderheitenvertreterInnen und JournalistInnen<br />

Die staatliche Sicht der Probleme<br />

11.7 Die Rolle der Medien für Minderheitensprachen und ihre SprecherInnen ..................... 101<br />

IV. CONCLUSION ................................................................................................................ 104<br />

BIBLIOGRAPHIE .................................................................................................................. 111<br />

ANHANG ............................................................................................................................... 117


E<strong>IN</strong>LEITUNG 1<br />

E<strong>IN</strong>LEITUNG<br />

Stellen Sie sich vor, sie lebten als Mitglied einer deutschsprachigen Minderheit in<br />

Frankreich. Stellen Sie sich vor, Sie wollten, weil Sie zweisprachig sind, also sowohl<br />

fließend Französisch als auch Deutsch sprechen, gerne beide Sprachen benutzen. Und<br />

stellen Sie sich weiter vor, Sie würden gerne, so wie Sie es hier in Österreich tun,<br />

Radio- und Fernsehsendungen in deutscher Sprache hören und sehen.<br />

Nun haben Sie, lassen Sie mich raten, unser Radio und Fernsehen vor Augen und<br />

Ohren: ein volles Programm von hoher Qualität, 24 Stunden am Tag, mit<br />

abwechslungsreichen Beiträgen zu zahlreichen Themen. Sie denken an die Vielzahl an<br />

Sendern und Kanälen, die Ihnen zu jeder Tages- und Nachtzeit zur Verfügung stehen<br />

und viel zu bieten haben, das Sie informiert, zum Entspannen einlädt oder zum Lachen<br />

bringt. Angenehm vertraut und auf Knopfdruck vorhanden.<br />

Für Medien in Minderheitensprachen, die meist als Nischenprodukte auf einem<br />

mehrheitssprachlich dominierten Markt erscheinen, ist dies alles nicht<br />

selbstverständlich. Qualität, Verfügbarkeit und Themenvielfalt, drei Hauptkriterien für<br />

gutes Radio und Fernsehen aus der Perspektive der RezipientInnen, sind für Medien in<br />

Minderheitensprachen nicht selbstverständlich. Denn viele Minderheitenmedien<br />

befinden sich in einer finanziell prekären Lage und ihre JournalistInnen erhalten keine<br />

professionelle Ausbildung in der Sprache, mit der sie arbeiten. Sowohl im privaten, als<br />

auch im öffentlichen Rundfunk werden Sendungen in Minderheitensprachen häufig in<br />

Randbereiche des Programms gedrängt und bedienen aufgrund der geringen Sendezeit<br />

nur einen kleinen Teil der Interessen ihres Publikums.<br />

Diese Eindrücke entstehen, wenn man einen Blick auf die Europäische<br />

Medienlandschaft für sprachliche Minderheiten wirft. Doch wie sieht die Situation in<br />

Frankreich tatsächlich aus? Wie regelt der Staat die Sprachverwendung in den Medien?<br />

Kann man von Sprachpolitik in der Domäne Medien sprechen? Welche politischen<br />

Entscheidungen führten zum Status quo? Und welche gedanklichen Konzepte stehen<br />

hinter Sprachregelungen im Bereich der Medien?<br />

In der vorliegenden Forschungsarbeit soll die aktuelle Situation von<br />

Minderheitensprachen und Mehrheitssprache in den französischen Medien untersucht<br />

werden.


E<strong>IN</strong>LEITUNG 2<br />

Folgende Dokumente und Forschungsprojekte waren unentbehrliche Quellen für diese<br />

Untersuchung:<br />

- Zur Frage: Welche Medien für und in Minderheitensprachen gibt es in Frankreich? –<br />

haben die Studien Euromosaic und Atlantis unter der Leitung der Forschungsstelle für<br />

Mehrsprachigkeit in Brüssel wesentliche Informationen gesammelt. Auch das<br />

Mercator-Mediennetzwerk der Europäischen Union stellt ständig aktuelle Daten zu<br />

Minderheitenmedien bereit (siehe Mercator Media Guide).<br />

- Welche gesetzlichen Rahmenbedingungen existieren in Frankreich für Medien in<br />

Minderheitensprachen? Zu dieser Frage wurde soeben der Bericht "Minority-Language<br />

related Broadcasting and Legislation in the OSCE" veröffentlicht. Seine Ergebnisse<br />

waren eine wichtige Kontrolle für die durchgeführten Recherchen.<br />

Die im Auftrag der OSZE durchgeführte Studie klärt auch die Frage der<br />

- internationalen Rahmenbedingungen und Standards im Bereich von<br />

Minderheitensprachen und Medien.<br />

Die zentralen Fragen dieser Forschungsarbeit sind<br />

- Betreibt der Staat Frankreich Sprachpolitik in den Medien und mittels der Medien?<br />

Hierzu können das gesammelte Material sowie die ExpertInneninterviews<br />

aufschlussreiche Ergebnisse liefern.<br />

- Welche Gesetze sichern den Gebrauch der französischen Sprache in den Medien und<br />

wie wird er kontrolliert? Hierzu wurden Gesetzestexte ausgewertet sowie Interviews mit<br />

ExpertInnen aus dem Conseil Supérieur de l'Audiovisuel geführt. Und<br />

- wie sehen VertreterInnen von Minderheitensprachen und JournalistInnen die Situation<br />

der Minderheitensprachen Frankreichs in den Medien?<br />

Hierzu geben schließlich Interviews, die mit MinderheitenvertreterInnen und<br />

JournalistInnen geführt wurden, Auskunft.<br />

Die Frage, wie Massenmedien und Minderheitenmedien auf die Minderheitensprachen<br />

wirken, kann in dieser Arbeit nicht beantwortet werden. Es wird allerdings davon<br />

ausgegangen, dass Massenmedien die Situation sprachlicher Minderheiten beeinflussen.<br />

Die Arbeit konzentriert sich zudem ausschließlich auf die Situation im Bereich der<br />

audiovisuellen Medien. Die Sprachpolitik des Staates Frankreich im Bereich der<br />

Printmedien böte genug Stoff für eine weitere Forschungsarbeit.


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 3<br />

I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN<br />

Die zentrale Frage dieser Arbeit lautet: Beeinflussen oder bestimmen der Staat<br />

Frankreich und seine Institutionen die Sprachverwendung in den Medien?<br />

Und wenn ja, welche Handlungen betreffen die Mehrheitssprache, welche die<br />

Minderheitensprachen?<br />

In diesem Kapitel werden Begriffe wie Sprachpolitik, Sprachenpolitik, Sprachplanung,<br />

Domäne und Minderheit definiert sowie zentrale theoretische Konzepte hierzu<br />

diskutiert. Abschließend folgt eine Zusammenfassung der für die Forschungsarbeit<br />

relevanten Theorie.<br />

THEORIE<br />

1. Definitionen<br />

Während in der französischsprachigen Literatur von politique linguistique und<br />

aménagement linguistique, also Sprachpolitik und Sprachplanung im Singular die Rede<br />

ist, unterscheidet die englischsprachige Literaur language policy (Sprachpolitik) von<br />

language policies (Sprachpolitiken) sowie von language planning (Sprachplanung). Die<br />

deutschsprachige Literatur zum Thema Sprachpolitik bietet zusätzliche<br />

Unterscheidungen an: Sprachpolitik im Singular wird von Sprachenpolitik im Plural<br />

abgegrenzt, sowie zusätzlich von Sprachlenkung und Sprachplanung.<br />

1.1 Sprachpolitik<br />

Sprachpolitik ist<br />

Im Gegensatz zu Sprachenpolitik auf eine einzelne Sprache gerichtet, ihre Wörter<br />

und Formen und deren Verwendung. Sprachpolitik versucht vor allem durch<br />

Verbot oder Vorschrift betimmter Wörter und Wendungen das Bewußtsein der<br />

Sprecher zu beeinflussen; [...] Dies setzt eine entsprechende weitreichende Macht<br />

voraus. (Ammon in Glück 1993, S. 584)<br />

Ulrich Ammon zufolge kann nur der öffentliche, nicht aber der private Sprachgebrauch<br />

wirksam kontrolliert werden und ein empirischer Nachweis der Wirksamkeit von<br />

Sprachpolitik ist schwierig. Der Autor unterstreicht, Sprachpolitik gebe es bereits sehr<br />

lange, jedoch hänge ihre systematische Entwicklung mit der Entstehung des staatlichen<br />

Propagandawesens zusammen. Blütezeiten der Sprachpolitik, so Ammon, waren die


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 4<br />

Zeit der Weltkriege, des Faschismus, Nationalsozialismus, Stalinismus und die Zeit des<br />

Kalten Krieges nach 1945. (Ammon, ebd.)<br />

1.2 Sprachenpolitik<br />

wird terminologisch von Sprachpolitik unterschieden:<br />

Während sich Sprachpolitik auf politische Maßnahmen innerhalb einer<br />

Einzelsprache bezieht (z.B. das Verbot bestimmter Wörter), richtet sich<br />

Sprachenpolitik auf das Verhältnis zwischen verschiedenen Sprachen. (Ammon in<br />

Glück 1993, S. 571)<br />

Viele politische und gesellschaftlich relevante Entscheidungen sind de facto<br />

Sprachenpolitik, auch wenn sie nicht so genannt werden. Die Entscheidung<br />

beispielsweise, welche Sprachen in den Schulen unterrichtet werden sollen, ist<br />

Sprachenpolitik.<br />

Besonders deutlich, so Ammon, werde Sprachenpolitik in multilingualen Staaten,<br />

gegenüber Minderheiten und in internationalen Organisationen, wo über die<br />

Verwendung der vorhandenen Sprachen beispielsweise als Amtssprache entschieden<br />

werden muss. Ammon sieht zudem eine Änderung von der früher üblichen<br />

Assimilationspolitik gegenüber Minderheiten hin zu einer Politik des<br />

Multilingualismus. (Ammon, ebd.)<br />

1.3 Sprachkritik<br />

Sauer definiert Sprachkritik folgendermaßen:<br />

Sprachkritik ist die Auseinandersetzung und Beurteilung herrschender<br />

Sprachnormen, von Stilkritik über die Kritik von Sprachformen der Presse, des<br />

Rundfunks und Fernsehens, der Verwaltung und von Institutionen bis zur<br />

ideologiekritischen politischen Sprachpolitik. (Sauer in Glück 1993, S. 578)<br />

Die Erscheinungsformen der Sprachkritik sind sehr verschiedenartig und hängen unter<br />

anderem von ihren Zielen, ihren Gegenständen und den Intentionen der Sprachkritiker<br />

ab. Ein Ziel von Sprachkritik kann die Verbesserung des herrschenden Sprachgebrauchs<br />

durch Vorschriften zur Beachtung geltender Normen sein. Gegenstände von<br />

Sprachkritik sind z.B. das System einer Sprache oder das Sprachverhalten einzelner<br />

Sprecher oder Sprechergruppen. Von Sprachkritikern werden häufig, mitunter in<br />

gesellschaftskritischer Absicht, die Werte, z.B. Wahrheit, Schönheit, Ordnung oder<br />

Schönheit, die hinter den sprachlichen Äußerungen stehen, bewußt gemacht und<br />

hervorgehoben. (vgl. Sauer, ebd.)


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 5<br />

1.4 Sprachlenkung<br />

Sprachlenkung bezeichnet Sauer als<br />

Gezielte Maßnahmen zur Einflußnahme auf den herrschenden (öffentlichen)<br />

Sprachgebrauch, vor allem durch (staatliche) Institutionen. (Sauer in Glück 1993,<br />

S. 579)<br />

Beispiele für Sprachlenkung sind Bedeutungsfestlegungen bis hin zur Vorschreibung<br />

von Euphemismen (z.B. 'Kernkraft' für 'Atomenergie'). Allerdings überschneidet sich<br />

der Bereich der Sprachlenkung mit jenem der Sprachpolitik und es scheint wenig<br />

sinnvoll für diese Arbeit, explizit Sprachlenkung von Sprachpolitik zu unterscheiden.<br />

1.5 Sprachplanung<br />

Häufiger als der Begriff Sprachpolitik ist in der Literatur der Begriff Sprachplanung zu<br />

finden. Ammon definiert Sprachplanung folgendermaßen:<br />

Sprachplanung ist der "Versuch der bewußten Gestaltung von Sprache im Hinblick auf<br />

übergeordnete Zielsetzungen" (Ammon op.cit., S. 583) und "steht zumeist im Dienste<br />

einer bestimmten Sprachenpolitik".<br />

Die Verwendung einer Sprache in einer bestimmten Domäne kann zum Beispiel ihre<br />

Standardisierung, den Ausbau ihres Wortschatzes etc. erfordern. Zur Abgrenzung der<br />

Handlungsbereiche von Sprachplanung übernimmt Ammon die von Kloss eingeführte<br />

Unterscheidung von Statusplanung und Korpusplanung, welche in der Praxis<br />

aufeinander abgestimmt werden müssen.<br />

Korpusplanung (Planung des 'Sprachkörpers', der Struktur der Sprache) entstammt dem<br />

Bereich der strukturellen Linguistik und bezieht sich auf "die Wahl von Schrift,<br />

Orthographie, Lautstruktur, Wortschatz, Grammatik (Morphologie und Syntax) sowie<br />

unter Umständen Stil- und Textformen." (Ammon, ebd.)<br />

Statusplanung erfordert Wissen aus den Bereichen Soziologie und Politikwissenschaft<br />

und "bezieht sich auf die Rolle (den Status) der Sprache in der Gesellschaft, ihre<br />

Implementation und Verwendung in den verschiedenen Domänen (Schule, staatliche<br />

Administration usw.)." (Ammon, ebd.)


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 6<br />

Diesen beiden Anwendungsgebieten von Sprachplanung fügt Cooper noch einen dritten<br />

hinzu, die Planung des Spracherwerbs oder das Acquisition planning. (Cooper 1989, S.<br />

157) Bei der Planung des Spracherwerbs von ImmigrantInnen beispielsweise können<br />

spezielle Fernsehsendungen eingesetzt werden, die mit geringerer<br />

Sprechgeschwindigkeit und in einfacherem Vokabular die Nachrichten präsentieren.<br />

(Cooper, ebd.)<br />

Sprachplanung umfasst eine Vielzahl an Absichten und Handlungsfeldern: zum Beispiel<br />

die Verschriftlichung von Sprachen, die Standardisierung von Dialektgruppen zur<br />

Schaffung einer Standardvarietät, den Ausbau und die Modernisierung von Sprachen,<br />

Bemühungen zum Spracherhalt, zur Abwendung des Aussterbens von Sprachen,<br />

Maßnahmen zur Revitalisierung, also Wiederbelebung von Sprachen, Entwicklung und<br />

Verbreitung von Plansprachen, die Einführung neuer Schul- oder Amtssprachen, aber<br />

auch die Zurückdrängung oder Eliminierung von Sprachen aus bestimmten Regionen<br />

oder Domänen. (Ammon, op. cit., S. 583)<br />

Das Konzept der Domäne, aus dem Englischen 'domain' übersetzt mit 'Bereich', ist ein<br />

zentraler Bestandteil der Theorie der Soziolinguistik.<br />

1.6 Domäne<br />

Glück (in Glück 1993, S. 150) definiert die Domäne als<br />

soziologischen Parameter zur Identifizierung von sozialen Wertbündeln, der sich<br />

auf eine Anzahl institutionalisierter sozialer Situationen bezieht, die<br />

typischerweise von gemeinsamen Verhaltensregeln gesteuert werden.<br />

er fasst damit die Definition Fishmans zusammen, welcher zur Domäne angibt, sie sei<br />

[un] "Groupe de situations sociales typiquement dominées par une série commune de<br />

règles de conduite" (Fishman 1971, frz. Ausgabe, S. 70) - eine Gruppe von sozialen<br />

Situationen, die typischerweise von einer gemeinsamen Reihe von Verhaltensregeln<br />

dominiert werden.<br />

Das heißt in der Praxis, dass den Kontaktsprachen in multilingualen Gemeinschaften<br />

unterschiedliche soziale Funktionen zugeschrieben werden. Das Sprachverhalten ist ein<br />

Produkt verschiedener Rollen- und Situationsanforderungen an das Individuum.


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 7<br />

Domänen werden nach dem Sprachverhalten bi- oder multilingualer Sprecher und<br />

SprecherInnen unterschieden, welche dazu neigen, sich in bestimmten sozialen<br />

Situationen für die eine oder andere Sprache oder Varietät zu entscheiden.<br />

In der Fachliteratur hat sich deshalb der Begriff der Sprachverhaltensdomäne<br />

durchgesetzt, welcher ausführlich von Schjerve-Rindler besprochen wird:<br />

In diglossischen Situationen des Sprachkontaktes besteht zwischen den Sprachen ein<br />

Kräfteverhältnis, das ihnen durch die Nutzung und Einstellung der Sprecher und<br />

Sprecherinnen zugewiesen wird.<br />

Die funktionale Verteilung der Sprachen ergibt sich aus ihrer Zuordnung zu<br />

unterschiedlichen sozialen Aktivitätssphären, in denen sie gewohnheitsmäßig<br />

gebraucht und mit denen sie assoziiert werden; diese Aktivitätssphären bilden die<br />

Basis der Sprachdomänen. (Fishman 1964, zitiert nach Schjerve-Rindler in Goebl<br />

et al. 1996, S. 797)<br />

Schjerve-Rindler betont die Anwendbarkeit des Konzeptes auf die Mikro- (individuelle)<br />

wie auch auf die Makro- (gesellschaftliche) Ebene des Sprachverhaltens.<br />

Fishman bezeichnet zudem die Domäne als ”location of language maintenance and<br />

language shift.” (ebd.)<br />

In Situationen, in denen eine Sprache rückläufig ist, könne man den Einfluss der<br />

dominanten Sprache und die Vitalität der rückläufigen Sprache daran messen, welche<br />

Domänen bereits von der dominaten Sprache eingenommen wurden. Oder umgekehrt:<br />

um eine Sprache zu revitalisieren, müssen verschiedene Schritte unternommen werden,<br />

um Stück für Stück die Domänen zurückzugewinnen. Medien in der<br />

Minderheitensprache auf lokaler Ebene sind in Fishmans Graded Intergenerational<br />

Disruption Scale 1 (GIDS) die letzte Stufe der Umkehrung des Sprachwechsels. Das<br />

GIDS wird auch von Moring und Grin in ihrem Bericht über die Untersützung von<br />

Minderheitensprachen in Europa angewandt, in welchem sie Politikern praktische<br />

Empfehlungen für die Sprachrevitalisierung geben. (Moring und Grin, 2003)<br />

Problematisch scheint die Rigidität eines solchen Schemas; vor allem, wenn versucht<br />

werden soll, es Schritt für Schritt auf die Praxis anzuwenden.<br />

1 Siehe Anhang GIDS


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 8<br />

Ergänzende Konzepte<br />

Um Sprachpolitik in ihrem gesellschaftlichen und politischen Kontext zu verstehen, ist<br />

es notwendig, einen Blick auf Konzepte, welche sich auf Erkenntnisse aus der<br />

Soziologie und der Politikwissenschaft stützen, zu werfen:<br />

2. Die Sicht der Soziolinguistik<br />

Bemerkenswerte Überlegungen zum Begriff Sprachpolitik bietet vor allem der Band<br />

Sprachpolitik in der Romania der Leipziger Forschungsgruppe "Soziolinguistik". Die<br />

Forschungsgruppe verzichtet bewusst auf eine rein linguistische Zugangsweise<br />

zugunsten der Interdisziplinarität und argumentiert, erst Anleihen aus den<br />

Sozialwissenschaften machten eine Identifikation und Analyse von Sprachpolitik<br />

möglich. Sprachpolitik sei<br />

[die] Regelung der kommunikativen Praxis einer sozialen Gemeinschaft durch<br />

eine Gruppe, die die sprachlich-kulturelle Hegemonie über diese ausübt bzw.<br />

anstrebt. Sprachpolitik ist wie jede andere Art von Politik den [...] Interessen<br />

bestimmter sozialer Gruppen / Schichten / Klassen untergeordnet. (Bochmann in<br />

Boretzky 1987, S. 43, zit. nach Bochmann 1993, S. 7)<br />

Diese Definition der Sprachpolitik ist der Makro-Perspektive gesellschaftlichen<br />

Sprachgebrauchs zuzuordnen. Bochmann et al. gehen nicht auf Faktoren individuellen<br />

Sprachverhaltens ein, sondern beschäftigen sich mit der gesellschaftlichen Bedeutung<br />

von Sprachgebrauch und dessen Beeinflussung. Bemerkenswert an dieser Definition ist,<br />

dass sie sich mit der politischen Dimension von Sprachpolitik und deren Zweck im<br />

gesamtgesellschaftichen Kontext auseinandersetzt.<br />

Bochmann et al. halten eine Klärung des Begriffs Politik für eine Definition von<br />

Sprachpolitik für unerlässlich:<br />

Unter Politik wollen wir die Gesamtheit der Handlungen gesellschaftlicher<br />

Subjekte verstehen, die auf Erhaltung, Funktionieren und ggf. auch<br />

Revolutionierung des Staates bezogen sind, d.h. der organisatorischen Strukturen,<br />

die vor allem die Ausübung der wirtschaftlichen und politischen Macht<br />

garantieren. (Bochmann 1993, S. 8)<br />

Sprachpolitik hat demnach eine soziale Funktion und muss im Sinne der<br />

Reproduktionstheorie als Komponente der Reproduktion gesellschaftlicher Verhältnisse<br />

erkannt werden. (Bochmann 1993, S. 11) Ihre spezifische Funktion bei dieser ständigen<br />

Herstellung oder auch Veränderung des gesellschaftlichen Status Quo ist es, die<br />

Individuen zu einer gesamtgesellschaftlichen Kommunikation zu befähigen, und<br />

gleichzeitig Ideologie zu transportieren und zu fixieren. (Bochmann, op. cit., 10)


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 9<br />

Diese Definition scheint besonders passend für die Erklärung der Assimilierungspolitik,<br />

die lange Zeit in vielen multilingualen Staaten, auch in Frankreich, praktiziert wurde.<br />

Bochmann et al. analysieren erstens Träger und Agenten, zweitens Institutionen und<br />

drittens Domänen von Sprachpolitik.<br />

2.1 TrägerInnen und AgentInnen von Sprachpolitik<br />

TrägerInnen und AgentInnen von Sprachpolitik sind bei Bochmann et al. im Sinne von<br />

Gramsci und Maas ”die Intellektuellen”. Als Initiatoren und Ausführende der<br />

Sprachpolitik gehören sie nicht zwingend der Gruppe der Herrschenden an, sind aber<br />

durch ihre Sozialisierung auf die Reproduktion der sozialökonomischen Verhältnisse<br />

ausgerichtet.<br />

Sie müssen nicht einmal im Auftrag der politischen Herrschaft handeln, sondern können<br />

dies durchaus in völliger individueller Freiheit oder im guten Glauben daran tun.<br />

(Bochmann et al. 1993, S. 16)<br />

"Intellektuelle" sind<br />

Wissenschaftler (darunter auch Sprachwissenschaftler), Künstler des Wortes,<br />

administrative und technologische Leitungskräfte in Wirtschaft und Verwaltung,<br />

Manager und Werbefachleute, Juristen, Mitarbeiter der Medien, Lehrer aller<br />

Ebenen des Bildungswesens, kurz: alle diejenigen, die Sprache als ihr wichtigstes<br />

Arbeitsmittel täglich gebrauchen. Sie sind die Initiatoren und Ausführenden<br />

sprachpolitischer Programme, Forderungen und Handlungen. (Bochmann et al.<br />

1993, S. 17)<br />

Diese Definition müsse, so die AutorInnen, noch um die neu hinzugekommenen<br />

Betätigungsfelder Intellektueller erweitert werden, nämlich um die Medienberufe:<br />

[...] wobei vor allem die Organisatoren der materiellen Produktion und<br />

Distribution unter Einschluß der Spezialisten der Werbung und des Marketing<br />

sowie die Medienfachleute hinzuzuschlagen sind. (Bochmann et al. 1993, S. 20)<br />

Auch Ager, dessen Theorie der Sprachpolitik später erläutert werden wird, unterstreicht<br />

die Sensibilität der "Intellektuellen" für die Sprachpolitik: Besonders, was das Prestige<br />

der französischen Sprache und ihren Schutz gegenüber Einflüssen des Englischen<br />

betrifft, vertreten Gruppen von Intellektuellen in Frankreich eine andere Meinung als<br />

die Mehrheit der Bevölkerung:<br />

Insecurity, particularly with regard to French as against English, is strongly felt,<br />

although possibly less among the mass of the population than in circles such as<br />

the Parisian intelligentsia. (Ager 1998, S. 249)


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 10<br />

Unsicherheit, besonders in Bezug auf die Situation des Französischen gegenüber<br />

dem Englischen, wird als stark empfundenden, wenn auch wahrscheinlich<br />

schwächer von der breiten Bevölkerung als in Kreisen wie der Pariser<br />

Intelligentia.<br />

2.2 Instanzen und Agenturen der Sprachpolitik<br />

Staatliche Instanzen<br />

Die staatlich-institutionellen Instanzen sind die wichtigsten Agenturen von<br />

Sprachpolitik. Sie betreiben explizite Sprachpolitik in Form von Sprachgesetzgebung,<br />

Normenfestsetzungen, Empfehlungen zum Sprachgebrauch, sprachpflegerischen<br />

Publikationen und sprachplanerischen Aktionen. Hierzu gehören sowohl nationale als<br />

auch internationale Organisationen der Sprachpolitik.<br />

Sozialisierungsinstanzen<br />

Sozialisierungsinstanzen sind Institutionen, die von der Gesellschaft zum Zweck der<br />

Sozialisierung geschaffen werden. Zum Teil sind sie vom Staat getragen, zum Teil<br />

privat und haben zum Ziel, das Individuum in die Gesellschaft einzugliedern.<br />

Bochmann et al. unterteilen die Sozialisierungsinstanzen in vier Gruppen: Schule,<br />

Familie, Medien und Vereinigungen. Diese Instanzen sind zugleich sprachpolitische<br />

Agenturen, da Sozialisierung über Sprache geschieht. (Bochmann et al. 1993, S. 21)<br />

Schule<br />

Sozialisierung geschieht über Sprache. An sprachlichen Verhaltensmustern wird zudem<br />

der Grad der Sozialierung gemessen. Schule ist für alle Staatsbürger verpflichtend und<br />

folgt für alle gleichen, vom Staat bestimmten Werten und Inhalten. In diesem Sinne<br />

funktioniert die staatliche Institution Schule als Hauptfaktor für die Beeinflussung<br />

sprachlicher Gewohnheiten von Individuen. (Bochmann et al. 1993, 21)<br />

Familie<br />

Die Familie ist ebenfalls ein ”ideologischer Apparat” und eine ”sprachpolitische<br />

Agentur”. (Bochmann et al. 1993, 22)<br />

Sie übernimmt große Teile der Primärsozialisation und entscheidet über die<br />

Muttersprache der Nachkommen. Sie ist allerdings in dieser Wahl (besonders Eltern, die


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 11<br />

nicht die Standardvarietät sprechen) von Seiten des Staates beeinflusst. Sozialer und<br />

wirtschaftlicher Druck und relative Erfolglosigkeit beispielsweise der<br />

Minderheitensprachen bewegen Eltern häufig dazu, ihre Kinder in der ”erfolgreicheren”<br />

Sprache oder Verietät zu erziehen.<br />

Medien<br />

Bochmann et al. betonen, dass die Schule eine der wichtigsten Sozialisierungsinstanzen<br />

des Staates ist und räumen auch den Medien eine Schlüsselstellung ein.<br />

Famile und Schule sind Instanzen der Primärsozialisation, im Erwachsenenalter<br />

wirken heute als permanenter Sozialisierungsfaktor vor allem die Massenmedien<br />

(von denen natürlich auch die Kinder geprägt werden). (Bochmann et al. 1993, S.<br />

23)<br />

Die Schule sei zwar der wichtigste ideologische Staatsapparat,<br />

die modernen Massenmedien, ob vom Staat kontrolliert oder nicht, sind ihr aber<br />

sicherlich gleichrangig an die Seite zu setzen. (Bochmann et al. 1993, S. 21)<br />

Die relativ leichte Zugänglichkeit von Information und Unterhaltung in den<br />

audiovisuellen Medien machen ihre Nutzung für jeden und jede problemlos möglich,<br />

die Presse sehen Bochmann et al. in besonderem Maße ”als mächtige sprachpolitische<br />

Instanz der politischen Sprach- bzw. Diskursregelung”. (Bochmann et al. 1993, S. 23)<br />

Vereinigungen zur Sozialisation<br />

Der vierte Bereich der Instanzen und Agenturen von Sprachpolitik sind die sozialen<br />

Gemeinschaften, die sich aus verschiedensten Gründen innerhalb der Bevölkerung<br />

bilden. Sie sind in ihrer Wirkung auf die Sprache noch relativ unerforscht.<br />

Gewiß sei, so Bochmann et al., dass Vereinigungen von<br />

Minderheitensprachgemeinschaften, aber auch alle anderen Vereinigungen, seien es<br />

Gewerkschaften, Sport – oder Kulturvereine oder sonstige Freizeitgruppen, die nicht<br />

primär sprachliche Interessen verfolgen, auf den Sprachgebrauch des Einzelnen<br />

einwirken. (Bochmann et al. 1993, S. 25)<br />

2.3 Zur Frage der Domänen von Sprachpolitik<br />

Der Begriff Domäne ist bei Bochmann et al. als Betätigungsfeld der Sprachpolitik zu<br />

verstehen.


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 12<br />

Sprachpolitik hat soziale Funktion und geschieht in gesellschaftlichen<br />

Problemsituationen, die eine politische Lösung erforderlich machen. In der Regel wird<br />

Sprachpolitik nicht offensiv öffentlich thematisiert. Die Regel sind<br />

latente sprachpolitische Problemlagen, die eine permanente sprachpolitische<br />

Praxis ohne öffentliche Thematisierung sprachpolitischer Programme<br />

hervorbringen. (Bochmann et al. 1993, 26)<br />

Sprachpolitik verfolge immer das Interesse der Reproduktion gesellschaftlicher<br />

Verhältnisse, daher seien die Domänen der Sprachpolitik den einzelnen Seiten der<br />

sozialen Reproduktion zuzuordnen. (Bochmann et al. 1993, 26).<br />

Sprachpolitik greife immer dort ein,<br />

wo gegebene sprachliche Handlungsnormen mit gesellschaftlichen Interessen<br />

kollidieren oder eine solche Gefahr gesehen wird. (Bochmann et al. 1993, S. 27)<br />

Es wird daher vorgeschlagen, sozialwissenschaftliche Kriterien für die Identifizierung<br />

der Domänen von Sprachpolitik heranzuziehen. Äußerlich verschiedene Formen<br />

sprachpolitischen Handelns, ”die letzten Endes identische oder ähnliche Funktionen<br />

erfüllen” sollen zusammenhängend erklärbar sein. Die AutorInnen sehen, definiert nach<br />

ihrer Funktion für die Gesellschaft, vier zusammenhängende Domänen<br />

sprachpolitischer Handlungen: Sprachkonfliktbewältigung, Sprachplanung oder<br />

Sprachpflege, Diskursregelung und internationale Kommunikationsregelung bzw.<br />

Fremdsprachenpolitik.<br />

Diese Definition steht jener Fishmans gegenüber, welcher die Domäne nicht ausgehend<br />

von den Handlungen der Akteure, sondern ausgehend vom individuellen<br />

Sprechverhalten der Sprecher oder Sprechergruppen definiert.<br />

Hinzuzufügen ist, dass Sprachpolitik keine unmittelbare Wirkung auf die SprecherInnen<br />

zeigen muss: Bochmann et al. weisen auf die Eigendynamik sprachlicher<br />

Entwicklungen hin. So stark Sprache beeinflusst wird und so stark Sprache auch zu<br />

politischer Einflussnahme verleitet,<br />

Die politisch-soziale Determination von Sprachpolitik ist – das sollte bei aller<br />

prinzipiellen Rückführung sprachpolitischer Erscheinungen auf Interessen sozialer<br />

und politischer Gruppen nie übersehen werden – nicht kurzschlüssig als direktes<br />

Verhältnis von Ursache und Wirkung , sprachformender Aktion und politischem<br />

Erfolg aufzufassen. Die relative Autonomie kultureller und sprachlicher<br />

Phänomene ist eine Tatsache, deren Bedeutung nicht unterschätzt werden darf.<br />

(Bochmann et al. 1993, S. 15)


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 13<br />

3. Sprachpolitik nach Ager<br />

Society ist constructed through language, while language is itself altered and<br />

reinvented by society. (Ager, 1996, viii)<br />

Gesellschaft wird durch Sprache konstruiert, während Sprache ihrerseits durch die<br />

Gesellschaft verändert und erneuert wird.<br />

Sprache ist, als etwas Persönliches, Intimes, zugleich aber als vollkommen öffentliches<br />

Kommunikationsinstrument ein wesentliches Element menschlichen Lebens.<br />

Persönliche Einstellung, Weltsicht, Denksystem und Wahrnehmung sind eng verbunden<br />

mit der Art, in der Menschen sprechen. Jede Form von Kontrolle der persönlichen<br />

Sprache muss als Angriff auf die persönliche Identität erlebt werden. Gleichzeitig ist<br />

Sprache als Mittel der öffentlichen und zwischenmenschlichen Kommunikation ein<br />

Objekt politischer Handlungen und wird zur Erreichung politischer Ziele eingesetzt<br />

(Ager, 1996, 26).<br />

Dennis Ager analysiert in "Language policy in Britain and France. The process of<br />

policy" vor allem jene Prozesse, welche Sprachpolitik von der Erkenntnis eines<br />

Problems bis zur Evaluierung gesetzter Handlungen durchläuft. Eine<br />

Methodenkombination aus Soziolinguistik und Politikwissenschaft erlaubt ihm, alle<br />

acht Faktoren von Coopers' Schema zur Analyse von Sprachplanung zu behandeln:<br />

What actors attempt to influence what behaviors of which people for what ends<br />

under what conditions by what means through what decision-making process with<br />

what effect? (Cooper 1989, 98)<br />

Welche AkteurInnen versuchen welches Verhalten welcher Menschen zu<br />

beeeinflussen, mit welchen Zielen, unter welchen Voraussetzungen, mit welchen<br />

Mitteln, durch welchen Entscheidungsprozess und mit welcher Wirkung?<br />

3.1 Aspekte von und Motivationen für Sprachpolitik<br />

Staaten und ihre Institutionen betreiben Statuspolitik, Korpuspolitik und<br />

Spracherwerbspolitik, entsprechend drei verschiedenen Aspekten von Sprache.<br />

Governments' policy actions apply to three aspects of language: status, corpus and<br />

acquisition. (Ager in Morley 1998, S. 243)<br />

Diese drei Arten von Sprachpolitik (nach Cooper) ergeben, kombiniert mit vier<br />

möglichen Motivationen für Sprachpolitik Agers Analyseschema: Aus welcher


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 14<br />

Motivation setzten Staaten welche Handlungen, und welchen Aspekt der Sprache<br />

versuchen sie damit zu beeinflussen? Die vier möglichen Motivationen für<br />

Sprachpolitik sind: Identity, Insecurity, Image und Inequality. - Identität, Unsicherheit,<br />

Image und Ungleichheit. (Ager u.a. in Morley 1998, S. 249)<br />

ZUSAMMENFASSUNG DES THEORIEANSATZES<br />

In dieser Arbeit geht es grundsätzlich darum, zu erforschen, ob der Staat Frankreich und<br />

seine Institutionen irgendwelche Handlungen setzen bzw. in der Vergangenheit gesetzt<br />

haben, welche darauf abzielen, die Verwendung von Sprache - der französischen<br />

Sprache sowie der Minderheitensprachen - im Bereich der Medien in irgendeiner Weise<br />

zu beeinflussen.<br />

Diese eine oder mehrere Sprachen betreffenden Handlungen, die im Sinne Bochmanns<br />

politische Bedeutung für die Konstruktion und Rekonstruktion der gesellschaftlichen<br />

Verhältnisse haben, können als Sprachpolitik bezeichnet werden. Von besonderer<br />

Bedeutung für staatliche Sprachpolitik scheint das Argument der Ermöglichung einer<br />

gesamtgesellschaftlichen Kommunikation zu sein. Untersucht man die<br />

sprachpolitischen Handlungen genauer, so kann man ihnen planenden, lenkenden oder<br />

auch vorschreibenden Charakter zuschreiben.<br />

Es soll aber in dieser Forschungsarbeit nicht zwischen sprachplanerischen und<br />

sprachpolitischen Handlungen unterschieden werden. Es geht primär darum, eine<br />

Beeinflussung der Sprachverwendung in der Domäne Medien festzustellen und zu<br />

beschreiben.<br />

Wichtig erscheint für die vorliegende Forschungsarbeit die Einordnung der Medien<br />

durch Bochmann et al. als Sozialisierungsinstanz und damit die Feststellung ihrer<br />

wesentlichen Bedeutung für die "richtige" Eingliederung der Individuen in die<br />

Gesellschaft.<br />

Ebenso von Bedeutung ist das Analyseschema Coopers, welches es ermöglicht,<br />

Sprachpolitik in einzelnen Aspekten genauer zu beschreiben. Bei der Feststellung der<br />

Sprachpolitik Frankreichs im Bereich der Medien wird es vor allem darum gehen,<br />

Akteure zu identifizieren, ihre Vorstellungen unerwünschten Verhaltens darzustellen,<br />

ihre Ziele für die Veränderung dieses Verhaltens aufzuzeigen und auch darum, Klarheit<br />

über die zur Verfügung stehenden Mittel der Sprachpolitik zu verschaffen.


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 15<br />

Die Domäne Medien wird hier als Betätigungsfeld der staatlichen Sprachpolitik<br />

verstanden, jedoch steht dies nicht im Widerspruch zum Konzept der<br />

Sprachverhaltensdomäne, da die Sprachpolitik z.B. durch gesetzgeberische Maßnahmen<br />

letzten Endes immer versuchen muss, das Sprachverhalten einzelner Individuen und<br />

Gruppen zu beeinflussen. Es ist anzunehmen, dass versucht wird, den Sprachgebrauch<br />

in der Domäne Medien zu steuern, um durch das vorbildliche Verhalten der<br />

SprecherInnen in den Medien das Verhalten und die Einstellungen der<br />

Gesamtbevölkerung zu beeinflussen.<br />

Weitere Grundlagen für die Feststellung der Situation der Nationalsprache sowie der<br />

Minderheitensprachen Frankreichs in der Domäne Medien werden in den folgenden<br />

Kapiteln dargestellt werden. Zu beantwortende Fragen sind:<br />

In welchem Zusammenhang steht die Existenz von Minderheiten und Nationalstaat?<br />

Wie werden Minderheiten und insbesondere sprachliche Minderheiten definiert?<br />

Welche Rolle spielen Medien in einer Gesellschaft und was weiß man über ihre<br />

Wirkungen? Welche internationalen Standards können als Leitlinien für den Umgang<br />

mit Mehrsprachigkeit, Minderheiten und Massenmedien herangezogen werden? Und<br />

auf welchen Grundlagen basiert die heutige Situation in Frankreich?<br />

WEITERE GR<strong>UND</strong>LAGEN<br />

4. Staat und Nation<br />

Die Konzepte Staat und Nation sind Schöpfungen der französischen Revolution. So<br />

sieht es zumindest Despeux, der sich in seiner Analyse mit der völkerrechtlichen<br />

Situation sprachlicher Minderheiten in Frankreich auseinandergesetzt hat.<br />

Die Geschichte des "modernen Minderheitenbegriffs" (Despeux, 1999, S. 15) beginnt<br />

für ihn 1789. Davor kannten die verschiedensten Organisationsformen von Gesellschaft<br />

lediglich religiöse Minderheiten. So auch das Ancien Régime, die Monarchie in<br />

Frankreich vor 1789.<br />

Das Feudalsystem, auf dem das Ancien Régime basierte, wurde nur mit religiösen<br />

Minderheiten konfrontiert. Das System des Vasallentums und im allgemeinen der<br />

Machtdelegation erlaubte eine wichtige Dezentralisierung und Entfernung der<br />

königlichen Organisationen, so daß jedes "Land", das oft nach geographischen ,<br />

historischen und soziologischen Gründen geteilt war, seine Traditionen, seine


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 16<br />

Gewohnheiten und vor allem seine juristische Organisation oder Normen behielt.<br />

(Despeux 1999, S. 14)<br />

Wesentlich ist, dass bis ins achtzehnte Jahrhundert regionale Besonderheiten den<br />

Machtbestrebungen des Herrschers nicht im Wege standen und daher keiner<br />

Vereinheitlichung unterworfen waren.<br />

Zwar wird die Vereinheitlichung der gesamten Gesellschaft weiter vorgenommen,<br />

aber die mittelalterliche Auffassung respektierte sowohl Vielfalt als auch<br />

Verschiedenheit der Regionen und der Gebiete. Das Streben nach einer<br />

Vereinheitlichung bzw. Zentralisierung lebte also mit dem Respekt vor den<br />

lokalen Partikularismen. (Despeux, ebd.)<br />

Eine Änderung erfuhr diese Haltung durch die französische Revolution:<br />

Die Französische Revolution von 1789 brachte neue Konzepte der rechtlichen und<br />

gesellschaftlichen Organisation mit sich, unter denen die drei wichtigsten<br />

Volkssouveränität, die Nation und der Staat waren. (Despeux 1999, S. 15)<br />

"Souveränität" und "Staat" wurden vom "König" auf das "Volk" übertragen.<br />

"Menschen" und "Untertanen" wurden zu abstrakten "Bürgern" mit Rechten und<br />

Pflichten, verpflichtet zur Loyalität gegenüber ihrem Staat. Die "Nation" wird ebenso<br />

wie der "Mensch", der "Bürger" und das "Volk" als abstraktes Konzept verstanden, als<br />

Einheit aller gleichen Bürgerinnen und Bürger. Die Entstehung des Gleichheitsprinzips<br />

brachte die Minderheiten ins Blickfeld, deren Besonderheiten nun dem<br />

Einheitsgedanken der Nation im Wege standen. Spezifizitäten der Volksgruppen der<br />

Nation wurden nicht mehr anerkannt. (Despeux bezieht sich hier auf die Deklaration des<br />

Menschen und des Bürgers vom 26. August 1789.) (Despeux, ebd.)<br />

Auch Kogoj beschreibt die Wirkung des Unifikationsgedankens, der Frankreich als<br />

zentralistischen Nationalstaat auch zum Vorbild für die politischen Eliten der mittelund<br />

osteuropäischen Staaten machte. (Kogoj 1997, S. 30) Assimilationspolitik war<br />

allerorts die Folge der Idee des Nationalstaates. Kogoj führt dies darauf zurück, dass<br />

Ethnie politisch instrumentalisiert wurde. "Völker" seien ein Teil der Mythenbildung<br />

des Nationalismus. Im Gegensatz zur gemeinsamen Identität durch Status, Religion<br />

oder bei den unteren Schichten durch Herkunft aus einem Dorf, einem Tal, einer Region<br />

oder einer Familie noch im Mittelalter musste nach (teilweiser) Auflösung der<br />

Standesunterschiede ethnische Zugehörigkeit als gemeinsamer Nenner dienen. Statt<br />

Untertanen bestand der Staat nun aus freien Staatsbürgern, die jedoch identifiziert


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 17<br />

werden mussten und dem Staat gegenüber loyal sein mussten. Wir-Bewußtsein wurde<br />

geschaffen durch eine als gemeinsam konstruierte Vergangenheit der Nation.<br />

Die einzelnen Staaten versuchten sich nun durch spezifische Identitäten<br />

herauszubilden, indem Traditionen erfunden wurden, Kontinuitäten konstruiert<br />

und Symbole und Rituale popularisiert wurden. Ethnizität wird nun zu einem<br />

wichtigen Indikator und die Vergangenheit wird instrumentalisiert, um das<br />

kollektive Gedächtnis zu sichern. (Kogoj 1997, S. 33)<br />

Die Sprachvereinheitlichung wird zum ideologischen Ziel und ihr wichtigstes<br />

Instrument ist die Institutionalisierung eines Schulsystems.<br />

Auch die Medien spielen laut Benedict Anderson eine wesentliche Rolle, denn Roman<br />

und Zeitung liefern "Repräsentationsmöglichkeiten für das Bewußtsein von Nation."<br />

(Anderson 1996, S. 32)<br />

Eine Nation definiert Anderson als eine vorgestellte politische Gemeinschaft, die als<br />

begrenzt und souverän imaginiert wird:<br />

Vorgestellt ist sie deswegen, weil die Mitglieder selbst der kleinsten Nation die<br />

meisten anderen niemals kennen, ihnen begegnen oder auch nur von ihnen hören<br />

werden, aber im Kopf eines jeden die Vorstellung ihrer Gemeinschaft existiert.<br />

(Anderson 1996, S. 15)<br />

Der Zeitung kommt im Zusammenhang mit der Konstruktion nationaler Identität eine<br />

besondere Rolle zu: durch sein tägliches Erscheinen und die dadurch täglich<br />

erneuerbare Konstruktion eines Diskurses über die vorgestellte Gemeinschaft und<br />

andere als außerhalb der eigenen Gemeinschaft imaginierte Gemeinschaften, bestätigt<br />

"das Objekt Zeitung" nationale Identität:<br />

Das Veralten der Zeitung am Tag nach ihrem Erscheinen [...] bringt darum eine<br />

außergewöhnliche Massenzeremonie hervor: der praktisch gleichzeitige Konsum<br />

der Zeitung als Fiktion.[...] jedem Leser ist bewußt, daß seine Zeremonie<br />

gleichzeitig von Tausenden (oder Millionen) anderer vollzogen wird, von deren<br />

Existenz er überzeugt ist, von deren Identität er jedoch keine Ahnung hat. Darüber<br />

hinaus wird diese Zeremonie unablässig über das ganze Jahr hinweg in täglichen<br />

oder halbtäglichen Intervallen wiederholt. Kann man sich ein anschaulicheres Bild<br />

für die säkularisierte, historisch gebundene und vorgestellte Gemeinschaft<br />

denken? (Anderson 1996, S. 41)<br />

5. Minderheiten und ihre Rechte<br />

Die Idee der Einheit der Nation sollte fatale Auswirkungen für die Volksgruppen<br />

innerhalb Frankreichs haben, deren Rechte, auch wenn sie vorher selten als solche<br />

betrachtet worden waren, im Namen der neuen Nation nicht mehr anerkannt wurden.


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 18<br />

Die revolutionären Ideen führten am Ende des 18. Jahrhunderts sogar dazu, daß<br />

einflußreiche Staatstheoretiker [in Frankreich z.B. Abbé Grégoire, le Chapelier<br />

oder Robbespierre] die Verfolgung der Minderheiten propagierten: jede Form von<br />

Partikularismus mußte zerstört werden, jede Besonderheit mußte verschwinden,<br />

wenn der Nationalstaat entstehen sollte. (Despeux, op.cit., S. 16)<br />

Seit dieser Zeit hadern Nationalstaaten mit ihren selbst geschaffenen Minderheiten,<br />

bekämpfen, unterdrücken oder assimilieren sie. Die Erscheinung Minderheit wurde in<br />

Folge der Entstehung von Nationalstaaten so evident, dass ein eigenes internationales<br />

Minderheitenrecht entstand. Es definiert die Rechte von Minderheiten spieziell und<br />

zusätzlich zu den Menschenrechten, da es notwendig wurde, Minderheiten eigens zu<br />

schützen.<br />

5.1 Definition von Minderheit<br />

Der Begriff Minderheit selbst wird durchaus stark diskutiert und vor allem<br />

Minderheitenangehörige sehen sich selbst nicht gerne als Minderheit. Auch gibt es auf<br />

internationaler Ebene immer noch keinen Konsens darüber, wie denn Minderheiten zu<br />

definieren seien. 2<br />

Despeux schlägt nach Studie des Völkerrechts folgende Definition von Minderheit vor:<br />

bei einer Minderheit handelt es sich um eine in einer numerischen und<br />

machtmäßigen Inferioritätslage befindliche Menschengruppe, die die<br />

Staatsangehörigkeit des Staates, in dem sie lebt, besitzt, und die von dem<br />

Solidaritätsgefühl geprägt ist, ihre aufgrund konkreter spezifischer Merkmale<br />

gebildete Identität zu bewahren und zu schützen. (Despeux 1999, S. 90)<br />

Besonders wichtig sind das Vorhandensein des Solidaritätsgefühl als Gruppe, ihre<br />

unterlegene Lage gegenüber der Bevölkerungsmehrheit sowie die besonderen<br />

Merkmale, die sie von der Mehrheit unterscheiden.<br />

2 Das befanden z.B. einstimmig die Teilnehmer und TeilnehmerInnen der OSZE-Konferenz zum Thema<br />

"Minority-Language related broadcasting in the OSCE" von 24. bis 26. Oktober 2003 in Baden bei Wien.<br />

Die Definition von Minderheit sei "still unclear" - immer noch unklar, und die internationalen<br />

Organisationen berichteten regelmäßig, dass ihre Mitglieder (die Nationalstaaten) sich auf keine<br />

Definition einigen könnten.<br />

Ein Teilnehmer aus der Schweiz, die immer wieder als Musterbeispiel im Umgang mit sprachlichen<br />

Minderheiten und kultureller Vielfalt zitiert wird, berichtete, in der Schweiz möge man die Bezeichnung<br />

"minority" - Minderheit überhaupt nicht, man bevorzuge "group" - Gruppe.


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 19<br />

5.2 Sprachminderheit<br />

Ähnlich der Definition Despeuxs ist jene Neldes, der im Vorwort zur Studie<br />

Euromosaic zur Situation der Sprachminderheiten in der Europäischen Union<br />

Minderheiten-Sprachgemeinschaften definiert. Sprache und Kultur sind spezifische<br />

Merkmale von Minderheiten, wobei die Definition Neldes sowohl autochtone als auch<br />

allochtone Minderheiten mit einschließt. Minderheiten-Sprachgemeinschaften sind<br />

soziale Gruppen, die sich durch eine spezifische Sprache und Kultur auszeichnen<br />

und übergeordneten Gesellschaften und Staaten angehören, ohne über die<br />

politischen, institutionellen und ideologischen Strukturen zu verfügen, die die<br />

Relevanz ihrer Sprache im Alltagsleben ihrer Mitglieder sichern können. (Nelde<br />

1996, S. 1)<br />

Minderheiten sind vor allem charakterisiert durch die gesellschaftliche Machtverteilung,<br />

das Kriterium zahlenmäßiger Stärke spielt hier im Gegensatz zur Definition Despeuxs<br />

keine Rolle.<br />

Die weniger ausführliche Definition Glücks unterstreicht besonders die Gefahr, die<br />

Minderheiten durch die Mehrheit erfahren können. Häufig werden Minderheiten<br />

stigmatisiert, unterdrückt, verfolgt oder assimiliert. Glück definiert deshalb eine<br />

sprachliche Minderheit als<br />

Zahlenmäßig kleinere Sprachgemeinschaft, die mit größerer(n)<br />

Sprachgemeinschaft(en) in einem Gemeinwesen zusammenlebt. Die Möglichkeit<br />

der Majorisierung birgt grundsätzlich die Gefahr der Unterdrückung, vor allem<br />

der übermäßigen Einschränkung von sprachlichen Rechten. (Glück in Glück,<br />

1993, S. 580)<br />

Minderheiten fordern von der Gesellschaft die Anwendung der Menschenrechte auf ihre<br />

Situation.<br />

Demgegenüber wird heute bisweilen sogar das Menschenrecht auf die<br />

Verwendung der eigenen Sprache gefordert, und zwar nicht auf private, sondern<br />

auf öffentliche Verwendung als Schulsprache, Amtssprache, in den Medien.<br />

(Glück in Glück, 1993, S. 580)<br />

5.3 Minderheitenrechte<br />

Sprachliche Minderheiten können sich laut Despeux auf aus dem Völkerrecht<br />

begründbare Rechte berufen. Die Begründung liefern dabei die Menschenrechte, das<br />

Völkergewohnheitsrecht sowie internationale Deklarationen und Konventionen.


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 20<br />

Hier sollen nun die im speziellen Zusammenhang mit der Domäne Medien stehenden<br />

individuellen Rechte aller Minderheiten und besonderen individuellen Rechte<br />

sprachlicher Minderheiten angeführt werden.<br />

Allen Minderheiten zustehende individuelle Rechte<br />

Das Recht der Angehörigen der Minderheiten, ihre Identität zu behalten, zu<br />

entwickeln und zu fördern.<br />

Nichtdiskriminierung der Angehörigen einer Minderheit gegenüber der übrigen<br />

Bevölkerung.<br />

Gleichbehandlung der Angehörigen einer Minderheit gegenüber der übrigen<br />

Bevölkerung.<br />

Recht der Angehörigen der Minderheiten, Vereine, Assoziationen und<br />

Organisationen zu ihrem Schutz, ihrer Entwicklung und ihrer Förderung zu<br />

gründen.<br />

Recht der Angehörigen der Minderheiten, Kontakt untereinander oder mit anderen<br />

Staatsangehörigen aufzunehmen bzw. aufrechtzuerhalten.<br />

Recht der Angehörigen der Minderheiten, mit den Minderheiten anderer Staaten,<br />

die ähnliche Merkmale und Identität wie sie besitzen, zusammenzuarbeiten, um<br />

diese Indentität zu entwickeln und zu fördern.<br />

Recht der Angehörigen der Minderheiten, ihre Identität durch Informationsmittel<br />

(Medien) zu verbreiten, Informationen auszutauschen sowie gruppenspezifische<br />

Informationen - vor allem zu ihrer Kultur - zu erlangen.<br />

Recht der Angehörigen der Minderheiten, sich wirtschaftlich frei zu entfalten.<br />

Recht der Angehörigen der Minderheiten am kulturellen, religiösen, sozialen,<br />

wirtschaftlichen und öffentlichen Leben der Bevölkerung bzw. der Nation<br />

teilzunehmen. (Despeux, 1999, S. 125 ff.)<br />

Nach Minderheitenart differenzierte individuelle Rechte<br />

Die sprachlichen, ethnischen bzw. rassischen und kulturellen Minderheiten besitzen die<br />

folgenden Rechte:<br />

Recht der Angehörigen solcher Minderheiten, ihre Sprache privat und öffentliche<br />

unbeschränkt gebrauchen zu können.<br />

Recht der Angehörigen solcher Minderheiten, ihre Sprache und ihre Kultur auf<br />

allen Ebenen zu lehren und zu lernen. (Despeux, 1999, S. 140 ff)


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 21<br />

Auf die Rechte insbesondere von sprachlichen Minderheiten wird im Kapitel zu den<br />

internationalen Standards im Minderheitenbereich noch genauer eingegangen.<br />

5.4 Arten von Minderheiten<br />

Für das Verständnis der extrem heterogenen und diversen Situationen sprachlicher<br />

Minderheiten innerhalb Europas, aber auch innerhalb Frankreichs, ist es notwendig, die<br />

Minderheiten selbst noch in Arten zu unterteilen.<br />

Neben so genannten "alten" Minderheiten, den autochtonen Minderheiten, die seit jeher<br />

auf dem Staatsgebiet ansässig sind, sind Nationalstaaten heute immer stärker mit so<br />

genannten "neuen" Minderheiten, den MigrantInnen oder allochtonen Minderheiten<br />

konfrontiert. Bei autochtonen Minderheiten scheint es sinnvoll, sie in<br />

Sprachminderheiten mit und ohne Außengruppe zu unterteilen. Außengruppe bedeutet,<br />

dass eine sprachliche Minderheit innerhalb eines Staates auf der anderen Seite der<br />

Grenze entweder die Mehrheit oder ebenfalls eine sprachliche Minderheit bildet. Die<br />

Lage von sprachlichen Minderheiten mit Außengruppe, z.B. die der Katalanen in<br />

Frankreich, wird tendenziell als besser eingeschätzt als jene sprachlicher Minderheiten<br />

ohne Außengruppe, so genannter Eigengruppen wie etwa die der Bretonen. Dahinter<br />

steht der Gedanke, dass Minderheiten mit Außengruppen auf Ressourcen der<br />

Außengruppe zurückgreifen können oder auf deren Unterstützung hoffen können.<br />

Nach diesen Betrachtungen zum Verhältnis von Staat, Nation und Minderheiten sollen<br />

nun die Funktionen und Wirkungen der Massenmedien dargestellt werden. Darüber<br />

hinaus stellt sich die Frage der Rolle der Massenmedien für die Gesellschaft sowie ihrer<br />

Bedeutung für sprachliche Minderheiten.<br />

6. Massenmedien und ihre Funktionen<br />

Wenn heute Massenmedien als wichtiges Instrument staatlicher Sprachpolitik<br />

angesehen werden 3 ist das auf ihre weite Verbreitung, auf ihre Nutzung quer durch alle<br />

Bevölkerungsgruppen sowie auf ihre offensichtliche Massenwirkung zurückzuführen.<br />

3 siehe z.B. Cooper 1989, S. 157 zur Einführung des Mandarin durch China im soeben zurückeroberten<br />

Taiwan 1945: "Among the devices employed to promote knowledge of Mandarin have been the early use<br />

of radio and newspapers to explain the meaning and purpose of the National-Language policy, a<br />

Demonstration Broadcasting Program (1946 - 1959) which promoted the National-Language<br />

pronounciation, and the publication of newspapers in Mandarin printed in transcribed characters."


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 22<br />

Massenmedien haben sich einen festen Platz im Alltag der Menschen und vor allem im<br />

Alltag moderner politischer Gesellschaftssysteme erobert.<br />

6.1 Geschichtliche Entwicklung<br />

Kepplinger unterscheidet drei Epochen der Presse- und Mediengeschichte, welche<br />

jeweils mit der Art des herrschenden politischen Systems in Zusammenhang stehen.<br />

(Kepplinger in Rühl und Stuiber, 1983)<br />

1. Absolutismus<br />

Die Zensur der Presse war sowohl Recht als auch Pflicht des Herrschers. Die<br />

"Staatsraison" entschied darüber, was dem Frieden diente. In seiner<br />

Informationsbeschaffung war der Staatsapparat von der Presse vollkommen<br />

unabhängig, stütze sich auf die Polizei im Inland und auf Gesandte im Ausland. Eine<br />

Informationsweitergabe zwischen den Ständen - dem regierenden Adel und den<br />

bürgerlichen Journalisten - fand nicht statt. Die Presse begnügte sich mit der<br />

Berichterstattung über Ereignisse, darüber hinausgehende Information und Analyse<br />

wurde zensuriert.<br />

2. Konstitutionalismus<br />

Im Konstitutionalismus erlangte die Pressefreiheit und besonders das Recht der freien<br />

Meinungsäußerung einen neuen, zentralen Stellenwert. Immer noch herrschte eine<br />

strenge Trennung zwischen den Sphären Staat und Gesellschaft vor, doch im Gegensatz<br />

zum Absolutismus bestanden zahlreiche personelle Verschränkungen. Der Grund für<br />

die Trennung von Presse und staatlicher Entscheidungsfindung lag, so Kepplinger, in<br />

der Tatsache, dass die gesamte parlamentarische Diskussion "bis weit ins neunzehnte<br />

Jahrhundert hinein der Geheimhaltung unterlag". (Kepplinger in Rühl und Stuiber,<br />

1983, S. 52).<br />

Sowohl Parlament als auch Regierung wandten sich, so Kepplinger, überwiegend direkt<br />

ans Volk und behandelten die Presse, sofern sie sie nutzten, als reines<br />

Übermittlungsorgan.<br />

Durch Bismark kam die Presse erstmals zu ihrer Rolle als Mittel der Außenpolitik. Die<br />

zunehmende Verschränkung der Rollen von Politikern und Publizisten wurde durch ein<br />

"langsames Bröckeln der Standesschranken" ermöglicht. (Kepplinger, a.a.O., S. 53)


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 23<br />

"Der Bruch der Geheimhaltung" begründete die persönliche Macht der politischen<br />

Publizisten und schwächte die Macht der politischen Institutionen auf Kosten der<br />

Presse, die zwischen die politischen Institutionen und das Staatsvolk trat. Die Presse<br />

verfügte immer öfter über Exclusivwissen.<br />

Sie wurde nicht nur zur Mitwisserin des politischen Geschehens, die die<br />

Öffentlichkeit informierte, sondern weit darüber hinausgehend zur häufig einzigen<br />

Informationsquelle für die direkt am politischen Entscheidungsprozeß Beteiligten.<br />

(Kepplinger, a.a.O., S. 54)<br />

3. Parlamentarische Demokratie<br />

In der parlamentarischen Demokratie, dem dritten politischen Regime, bestehen enge<br />

personelle und funktionale Beziehungen zwischen den politischen Institutionen und den<br />

Massenmedien.<br />

Zwischen Regierung, Parlament und Massenmedien findet eine rege<br />

Personalfluktuation, zwischen Politikern und Journalisten ein häufiger<br />

Rollenwechsel statt. (Kepplinger, a.a.O., S. 54)<br />

Die Massenmedien selektieren die Themen, die in der täglichen Berichterstattung<br />

aufgegriffen werden. Forschungen zufolge spielen die persönlichen Meinungen und<br />

Einstellungen der JournalistInnen dabei eine große Rolle und es ist wichtig,<br />

hinzuzufügen, dass die Meinungen von JournalistInnen häufig von jenen der Mehrheit<br />

abweichen. Studien belegen dies und zeigen, dass JournalistInnen häufig auch nicht die<br />

Meinung der Mehrheit wiedergeben wollen.<br />

Die Massenmedien besitzen durch ihre Vermittlungsfunktion eine<br />

Schlüsselstellung im politischen Prozeß. Ihr Einfluß besteht nicht nur darin, daß<br />

sie vorangegangene Entscheidungen von Regierung, Parlament und Parteien<br />

mitteilen, kommentieren und kritisieren. Sie bereiten vielmehr alle wichtigen<br />

Entscheidungen der politischen Institutionen durch ihre Berichterstattung vor und<br />

definieren dadurch den Rahmen, in dem Entscheidungen als akzeptierbar und<br />

konsensfähig gelten. (Kepplinger, a.a.O., S. 58)<br />

Der hier zusammengefasste große Einfluss von Massenmedien auf gesellschaftliche<br />

Prozesse und Entwicklungen ist unbestritten. Dies zeigt auch das geflügelte Wort des<br />

"quatrième pouvoir" - der Medien als "Vierter Macht" im Staat. Kepplinger kritisiert an<br />

diesem Vergleich, dass Medien realiter zwar enormen Einfluss ausüben und ihre<br />

gesellschaftliche Verantwortung von der Forschung durchaus untersucht wird, dass die<br />

Massenmedien letzten Endes aber vom Gesetz(geber) keinen festen Platz im<br />

gesellschaftlichen System zugeteilt bekommen.


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 24<br />

Zwar wurden die gesellschaftlichen Bedingungen, die gesellschaftliche Bedeutung<br />

und die gesellschaftliche Verantwortung der Massenmedien zum Gegenstand der<br />

Theorie, die funktionalen Beziehungen zwischen politischen Institutionen und<br />

Massenmedien aber nur zum Gegenstand einer Metapher, die das Prinzip der<br />

Gewaltenteilung auf die Massenmedien ausdehnt, ohne ihnen tatsächlich einen<br />

Platz innerhalb des Systems der Gewaltenteilung zuzuweisen. (Kepplinger, a.a.O.,<br />

S. 61)<br />

Diese Tatsache tritt dann problematisch in Erscheinung, wenn es um den Auftrag der<br />

Massenmedien im Zusammenhang mit der Gewährleistung von Diversität und<br />

Informationsfreiheit geht. Viel zu oft werden die Medien anscheinend durch rein<br />

wirtschaftliche Vorgaben gelenkt, das Publikum zu KonsumentInnen degradiert und die<br />

Wirkung der Medien von den finanziell Potentesten mißbraucht. Medien sind längst<br />

nicht mehr die harmlosen Berichterstatter alltäglichen Geschehens von anno dazumal,<br />

sie haben sich zu einflussreichen Machtfaktoren im modernen Staat entwickelt und<br />

sollten im Zusammenhang mit Sprache und Minderheiten in ihrer gesamten<br />

Komplexität gesehen werden.<br />

6.2 TeilnehmerInnen an der Massenkommunikation<br />

Bertrand charakterisiert die unterschiedlichen Rollen, die Medien in modernen<br />

Gesellschaften einnehmen. Diese Rollen variieren je nach politischem Umfeld.<br />

In liberalen, demokratischen Systemen sind Medien immer gleichzeitig Industrie,<br />

Dienstleister und politische Institutionen. (Bertrand 1995, S. 27)<br />

Massengesellschaft und Massenkultur werden erst möglich durch Massenmedien, und<br />

Medien werden erst möglich durch die Massengesellschaft.<br />

Bertrand zählt sechs an der gesellschaftlichen Kommunikation teilnehmende Gruppen<br />

auf, deren Interessen unterschiedlicher nicht sein könnten und sich teilweise überlappen.<br />

(Bertrand, op.cit., S. 30, 31)<br />

1. MedieneigentümerInnen<br />

Früher waren Medieneigentümer interessiert an Prestige und politischer Einflussnahme<br />

über die Steuerung der Meinung der Massen. Heute sind die Eigentümer der häufig<br />

börsennotierten Medienunternehmen zumeist am Profit interessiert. Aus diesem Grund<br />

neigen sie dazu, eine politisch konservative Haltung anzunehmen, die ihnen den<br />

Fortbestand einer für sie günstigen Lage garantiert. Sie verbünden sich zudem aus<br />

Profitgründen mit dem Handel, dessen Werbeeinschaltungen ihnen Einnahmen bringen.


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 25<br />

2. WerbekundInnen<br />

Sie verfügen über große Macht, da sie den Medienunternehmen in der Regel 40- 100%<br />

ihrer Einnahmen garantieren. Ihre Einflussnahme ist diffus, selten direkt, aber stark: die<br />

Inhalte der Medien dürfen nicht missfallen und wenn möglich sollen sie dem<br />

interessantesten, also größten bzw. zahlungskräftigsten Publikum gefallen.<br />

3. JournalistInnen und ProduzentInnen<br />

Ihre Teilnahme am Kommunikationsprozess ist wichtig und sollte noch an Bedeutung<br />

gewinnen, denn sie sind von Berufs wegen daran interessiert, gute Arbeit zu leisten und<br />

haben das nötige Wissen dafür. Verantwortungsgefühl, Ethik, Professionalität und<br />

Unabhängigkeit spielen eine große Rolle. Ihre persönlichen und durch Sozialisierung<br />

erworbenen Einstellungen und Meinungen bestimmen sehr weitgehend die Auswahl der<br />

Themen, über die berichtet oder nicht berichtet wird.<br />

4. TechnikerInnen<br />

Die TechnikerInnen werden oft vergessen, da sie nie im Rampenlicht stehen.<br />

Bemerkbar machen sie sich vor allem, wenn sie fehlen.<br />

Zusätzlich macht Riggins im Zusammenhang mit der Gefahr des assimilierenden<br />

Inhaltes von Minderheitenmedien darauf aufmerksam, dass auch TechnikerInnen die<br />

Inhalte von Beiträgen mitgestalten: Kulturelles Wissen und enge Kontakte mit der<br />

Minderheit aller Beteiligten hält Riggins für wichtiger als Professionalität, denn sie<br />

entscheiden über die Qualität des Inhalts.<br />

This principle should apply to everyone, including technicians, because<br />

apparently trivial technical features of media such as camera angles, editing, and<br />

the pace with which information is presented are actually part of the content.<br />

(Riggins in Riggins 1992, S. 287)<br />

Dieses Prinzip sollte für alle gelten, TechnikerInnen eingeschlossen, weil<br />

anscheinend triviale technische Merkmale von Medien wie Kamerawinkel,<br />

Herausgabe [Schneiden, Mischen, etc.] und das Tempo, in dem Informationen<br />

präsentiert werden, tatsächlich Teil des Inhaltes sind.<br />

5. RezipientInnen: VerbraucherInnen, KundInnen, BürgerInnen<br />

Vor der Einführung von Meinungsumfragen konnte das als äußerst heterogen und<br />

dispers anzusehende Publikum seine Meinung nur durch Kauf oder nicht Kauf eines<br />

Produkts bzw. durch Einschalten und Ausschalten kundtun. Es war traditionellerweise


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 26<br />

der Chefredakteur, der wusste, was das Publikum will. Doch auch die heutige Praxis der<br />

Meinungsumfragen zur Zufriedenheit des Publikums ist stark umstritten.<br />

Publikumverbände organisieren sich, um ihre Unzufriedenheit auszudrücken.<br />

Die Überschneidungen zwischen den Rollen VerbraucherIn, BürgerIn und<br />

MedienkonsumentIn stellen sich als problematisch heraus.<br />

6. PolitikerInnen<br />

Ohne Information ist Handeln unmöglich, Information ist Macht. Darum haben<br />

diejenigen, die die meiste Information besitzen, so Bertrand, großes Interesse daran,<br />

möglichst wenig korrekte Information öffentlich werden zu lassen. Gleichzeitig wissen<br />

PolitikerInnen in Zeiten des Marketing bestens darüber bescheid, wie die öffentliche<br />

Meinung manipuliert werden kann. Medienpräsenz ist für alle politischen Gruppen von<br />

Bedeutung.<br />

6.3 Funktionen der Massenmedien<br />

Niklas Luhmann veranschaulicht in "Die Realität der Massenmedien", wie Medien zur<br />

Realitätskonstruktion der Gesellschaft beitragen. Sie tun dies, indem sie sie ständig neu<br />

beschreiben und somit das kontinuierliche Erinnern und Vergessen in der Gesellschaft<br />

unterstützen.<br />

Sie [die Massenmedien] leisten einen Beitrag zur Rekonstruktion der Gesellschaft.<br />

Dazu gehört eine laufende Selbstbeschreibung der Gesellschaft und ihrer<br />

kognitiven Welthorizonte, sei es in konsensueller, sei es in dissensueller Form<br />

[...].(Luhmann, 1996, S. 183)<br />

Die Medien tragen natürlich nicht allein zur Realitätskonstruktion bei, sondern jede<br />

Kommunikation tut dies durch Aufgreifen oder Nichtaufgreifen von Information. Das<br />

Entscheidende am Beitrag der Massenmedien ist die weite Verbreitung der Information<br />

und die Unkontrollierbarkeit ihrer Aufnahme:<br />

Unentbehrlich ist jedoch die Mitwirkung von Massenmedien, wenn es um die<br />

weite Verbreitung, um die Möglichkeit anonymer und damit unvorhersehbarer<br />

Kenntnisnahme geht. (Luhmann, ebd.)<br />

Neben der Rekonstruktion der gesellschaftlichen Verhältnisse und der Konstruktion von<br />

gemeinsamer Wirklichkeit haben die Massenmedien noch weitere Funktionen. Burkart<br />

bietet einen Überblick über diese komplexen Funktionen (Burkart, 2002, S. 378 - 412):


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 27<br />

Massenmedien haben grundsätzlich soziale, politische und ökonomische Funktionen in<br />

einer Gesellschaft. Ihnen werden bestimmte "Leistungen" für die Gesellschaft und die in<br />

ihr lebenden Gruppen und Individuen attestiert.<br />

Die Grundleistung der Medien ist zu aller erst die Informationsfunktion. Als<br />

Institutionen der ständigen Weltbeobachtung bieten Medien Informationen in Form von<br />

Sekundärerfahrungen (nicht selbst erlebten Erfahrungen) an. Sie prägen in hohem Maße<br />

das Weltbild, das ein Individuum, eine Gruppe oder eine Gesellschaft hat.<br />

a) soziale Funktionen der Massenmedien<br />

Die Sozialisationsfunktion beschreibt die Rolle der Medien für das Erlernen von<br />

Verhaltensmustern und Normenbewußtsein. Menschen lernen auch durch Berichte über<br />

die Erfahrungen anderer. Ein großer Teil menschlicher Wahrnehmung erfolgt über die<br />

Massenmedien.<br />

Die soziale Orientierungsfunktion ergibt sich aus der Tatsache, dass Medien<br />

gesellschaftliche Orientierung ermöglichen, indem sie über die Gesellschaft berichten.<br />

Die Rekreationsfunktion (auch Unterhaltungsfunktion) der Medien ergibt sich aus<br />

ihrer Nutzung zum Zweck der Zerstreuung, Ablenkung oder Entspannung. Eine<br />

Dysfunktion der Rekreationsfunktion ist die Gefahr des Eskapismus - die übermäßige<br />

Nutzung von Medien als Flucht vor Alltag und Realität.<br />

Besonders stark diskutiert und wichtig für Minderheiten ist die Integrationsfunktion<br />

der Massenmedien. Von den Medien wird die Integration aller die Gesellschaft<br />

konstituierenden Gruppen gefordert. Auch Randgruppen sollen repräsentiert und so von<br />

allen Teilen der Gesellschaft wahrgenommen werden. Als Integrationsleistung ist zum<br />

Beispiel das Berichten über die Vielfalt der Kulturen, Sprachen oder Lebensformen zu<br />

werten. Durch die Berichterstattung über Randgruppen werden Themen bereitgestellt,<br />

die in der Individualkommunikation wieder aufgenommen werden.<br />

Stolte merkt an, dass von den Medien erwartet wird, "die Sammlung und<br />

Zusammenführung der verschiedenen gesellschaftlichen Kräfte zu gewährleisten."<br />

(Stolte in Rühl und Stuiber, 1983, S. 91)<br />

Dysfunktionen der Integrationsfunktion sind auf der einen Seite die Desintegration der<br />

Gesellschaft durch das so genannte Knowledge-gap: Nicht alle Teile der Bevölkerung<br />

haben denselben Zugang zu Massenmedien. Die Wissenskluft zwischen jenen, die sich<br />

regelmäßig und ausführlich durch Massenmedien informieren und jenen, die dies nicht<br />

tun, wächst ständig. Dies hat desintegrierende Wirkung auf die Gesellschaft als Ganzes.


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 28<br />

Eine zweite Dysfunktion der Integrationsfunktion ist die Überintegration, das heißt die<br />

Einebnung von Vielfalt durch die simplifizierende Berichterstattung über Unterschiede<br />

zwischen den Teilen der Gesellschaft.<br />

b) politische Funktionen der Massenmedien<br />

Politische Funktionen der Massenmedien sind erstens das Herstellen von<br />

Öffentlichkeit durch die Weitergabe von Information. Zweitens die<br />

Artikulationsfunktion durch die Artikulation der Anliegen all jener Gruppen, die nicht<br />

über ausreichendes "Marketing" verfügen. Drittens haben Massenmedien<br />

Bildungsfunktion oder auch die Funktion der politischen Sozialisation, denn ihre<br />

Aufgabe ist es, Wissen zu vermitteln. Die vierte politische Funktion ist die Kritik- und<br />

Kontrollfunktion. Massenmedien sollen Missstände publik machen und Schwächen im<br />

gesellschaftlichen System aufzeigen.<br />

Das Problem hierbei ist, dass Medien zwar gerne als vierte Gewalt bezeichnet werden,<br />

tatsächlich aber häufig einem immensen Druck von Seiten verschiedenster<br />

Interessensverbände ausgesetzt sind, beziehungsweise ohnehin im Interesse solcher<br />

Interessensverbände handeln.<br />

c) ökonomische Funktionen der Massenmedien<br />

Ökonomische Funktionen der Massenmedien sind die Aktivierung der Ware - Geld-<br />

Beziehungen durch Werbung, genannt Zirkulationsfunktion, das Beitragen zur<br />

Entspannung und damit zur Regeneration von Arbeitskraft - die regenerative Funktion<br />

sowie die herrschaftliche Funktion, die besagt, dass Massenmedien dazu beitragen,<br />

das herrschende gesellschaftliche System zu stabilisieren.<br />

6.4 Wirkungen der Massenmedien<br />

Neben den Funktionen, die Massenmedien zugeschrieben werden, macht sich die<br />

Kommunikationswissenschaft vor allem seit Ende des Zweiten Weltkrieges Gedanken<br />

über die Wirkungen von Massenmedien. Bis heute ist die Art und Weise, in der<br />

Massenmedien wirken, noch nicht zufriedenstellend geklärt. Merten spricht sogar von<br />

einem "Patt der Befunde" (Merten, in Merten, Schmidt und Weischenberg 1994, S. 291)<br />

über die Wirkungen von Massenkommunikation, denn es gebe sogar zweifelnde<br />

Stimmen, die in Frage stellen, ob Massenmedien überhaupt in meßbarem Maße wirken.


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 29<br />

Es kann davon ausgegangen werden, dass zwischen intendierten Wirkungen und<br />

tatsächlichen Wirkungen kein lineares, einfach kausales Verhältnis besteht. Zwischen<br />

Information und Wirkung steht immer ein Prozess der Selektion durch den Rezipienten,<br />

beeinflusst durch die Variablen seiner individuellen Situation.<br />

Es besteht aber auch kein Zweifel darüber, dass Medien die Gesellschaft verändern.<br />

Das sich vergrößernde Angebot an Information und Kommunikation verändert -<br />

etwa über die Freizeit oder aber inhaltlich durch die dadurch zu steigernde<br />

Selektivität des Erlebens - Normen, Werte und Lebensstile nachhaltig. (Merten,<br />

a.a.O., S. 327)<br />

Massenkommunikation trägt zur Konstruktion von Wirklichkeit bei, denn "Wirklichkeit<br />

ist nicht objektiv gegeben, sondern muss jeweils subjektiv konstruiert werden." (Merten,<br />

a.a.O., S. 309). Bei der Verarbeitung von Medieninhalten und bei der Konstruktion von<br />

Wirklichkeit sind sowohl das Informationsangebot, als auch der "interne Kontext", also<br />

Erfahrung, Vorwissen, persönliche Einstellungen, situative Disposition des Rezipienten<br />

und drittens auch der externe Kontext (die Situation und die sozialen<br />

Rahmenbedingungen) von Bedeutung. (Merten, a.a.O., S. 311, 312)<br />

Der zentrale Begriff hierbei ist "Selektion": Es werden immer nur Teile der Information<br />

wahrgenommen und verarbeitet. Medienwirkungen sind nie linear, es ist sogar<br />

anzunehmen, dass der Kontext stärker über die Wirkung einer Nachricht entscheidet als<br />

die Nachricht selbst.<br />

Der Rolle der "Anderen" bei der Konstruktion von Wirklichkeit misst Merten unter dem<br />

Stichwort "Reflexivisierung" eine besondere Bedeutung zu. Bei der Meinungsbildung<br />

verlassen sich die Individuen nicht auf sich selbst, sondern adaptieren ihre Meinung je<br />

nach den Meinungen in ihrem situativen oder sozialen Umfeld. Merten sieht in dieser<br />

Orientierung an anderen die "Grundstruktur öffentlicher Meinung" (Merten, a.a.O., S.<br />

310). In den Medien veröffentlichte Meinungen über zugrundeliegende Aussagen<br />

wirken besonders stark, da sie die Aufgabe der Strukturierung oder Einordnung von<br />

Gesagtem, Geschriebenem, Veröffentlichtem übernehmen.<br />

Dies ist von besonderer Bedeutung für die Situation von Minderheiten: Denn im<br />

Normalfall haben sie kaum Zugang zu den Massenmedien und werden im besten Fall<br />

dadurch repräsentiert, dass über sie berichtet wird. Da Diskurse über Diskurse<br />

besonders wirkungsstark sind und von den Rezipienten anscheinend leichter in ihr<br />

bestehendes Konzept von Wirklichkeit eingeordnet werden können, haben Aussagen


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 30<br />

der Mächtigen über eine Minderheit einen besonders starken Effekt, während Diskurse<br />

der Minderheit selbst nur schwer in die bestehende Wirklichkeitskonstruktion<br />

eingeordnet werden können.<br />

Die Tatsache, dass sich Gesellschaften immer mehr zu Mediengesellschaften<br />

entwickeln, bringt zudem mit sich, dass sich niemand den Wirkungen der<br />

Massenmedien entziehen kann:<br />

Auch wenn der Rezipient sich gar nicht selbst den Aussagen der Medien aussetzt,<br />

so wird er doch indirekt von dieser Strukturierung erreicht - sei es durch die<br />

Wirklichkeitsentwürfe, sei es durch eine langfristig von den Medien geprägte<br />

Mentalität [...] (Merten, a.a.O., S. 308)<br />

6.5 Massenmedien und sprachliche Minderheiten<br />

In der Literatur über Minderheiten und Massenmedien wird stets darauf hingewiesen,<br />

dass Minderheiten in den Massenmedien ihres Landes unterrepräsentiert sind. Sie sind<br />

weder selbstverständlich in den Gremien der RezipientInnen repräsentiert, noch haben<br />

sie die Möglichkeit, selbst Medieninhalte zu gestalten. Es wird über sie berichtet. Die<br />

negativen Folgen sind oft Stigmatisierungen, Pflege minderheitenfeindlichen<br />

Gedankenguts und das Schüren einer ablehnenden Haltung den Angehörigen der<br />

Minderheit gegenüber. Aus diesem Grund fordern Minderheiten immer wieder eigenene<br />

Medien und eine wirklichkeitsgerechtere Berichterstattung in den Mehrheitsmedien.<br />

6.6 Die Bedeutung von Massenmedien für sprachliche Minderheiten<br />

Welche Rolle eine entsprechende Beachtung der Minderheiten in den Medien spielen<br />

könnte, wird oft genug angeführt:<br />

Es ist von kultureller Anerkennung die Rede (Broudic, 1995, S. 143), vom<br />

Durchbrechen der Informationsmauer, von der Anerkennung dissidenter Meinungen<br />

und dem Bruch mit der Fiktion ethnischer Homogeneität. Ebenso erhofft man sich<br />

eine Einstellungsänderung der mehrheitssprachlichen Bevölkerung und vielleicht<br />

sogar ein Erwachen des Interesses an Zweisprachigkeit. (Busch in Luger und Renger<br />

1994, S. 267)<br />

Eigene Medien in Minderheitensprachen haben zudem, betont Busch, ganz wesentliche<br />

Funktionen für die Minderheitensprachgemeinschaften: Sie haben spracherhaltende<br />

Funktion, helfen, den Wortschatz zu erweitern und gewährleisten die Anpassung der


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 31<br />

Sprache an die moderne Welt. Durch die Verwendung der Sprachen in den Medien<br />

erhöht sich ihr Kommunikationswert für alle Alltagssituationen und Lebensbereiche.<br />

Zweisprachigkeit sollte zur Selbstverständlichkeit werden.<br />

Busch kritisiert auch an der Soziologie und der Mehrsprachigkeitsforschung,<br />

dass Minderheitenmedien häufig nur als Sprachrohr für die entsprechenden<br />

Gruppen gesehen werden und daß daher ihr Einfluß (zusammen mit den<br />

Mainstream-Medien) auf die sprachliche und kulturelle Sozialisation und auf die<br />

Konstruktion von Identitäten vernachlässigt wird. (Busch in Medienjournal 2,<br />

1999, S. 3)<br />

Auch Moring und Grin betonen in ihrem Endbericht zu der Studie "Unterstützung für<br />

Minderheitensprachen in Europa" - "Support for Minority Languages in Europe. Final<br />

Report" - für die Europäische Union den Wert der Medien für Minderheitensprachen:<br />

The presence of Regional Minority Languages in the media is important even in<br />

the smallest linguistic communities, in terms of attracting attention, recognition<br />

and legitimacy; depending on the type of media considered, the latest<br />

technological developments can be used at a relatively low cost and be accessible<br />

even to small Regional Minority Languages (Moring, Grin 2000, S. 37).<br />

Die Präsenz von regionalen Minderheitensprachen in den Medien ist auch für die<br />

kleinsten Sprachgemeinschaften von Bedeutung, wenn es darum geht,<br />

Aufmerksamkeit, Anerkennung und Legitimität zu erreichen. Je nach Medienart<br />

können die neuesten technologischen Entwicklungen zu relativ geringen Kosten<br />

auch von kleinen regionalen Minderheitensprachen genutzt werden und für sie<br />

zugänglich sein.<br />

Neben der ständigen Repräsentation in der Tagespresse und zusätzlichen Periodika in<br />

der Minderheitensprache können vor allem elektronische Medien den Minderheiten<br />

nützen. Busch präsentiert drei Typen elektronischer Medien (hier vor allem Radio),<br />

welche für sprachliche Minderheiten von Bedeutung sind:<br />

1. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk<br />

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist einerseits vom Gesetz dazu verpflichtet, für<br />

Pluralität in der Berichterstattung zu sorgen und seinem Kultur- und Bildungsauftrag<br />

nachzukommen. Seine Ausrichtung ist weniger kommerziell als die privater Sender und<br />

normalerweise muss der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch die entlegendsten<br />

Randgebiete des Staatsgebietes versorgen.<br />

Der Nachteil des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist der relativ starke Einfluss<br />

des Staates bzw. der Staatsraison auf sein Programm. (Busch in Luger und Renger<br />

1994, S. 272)


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 32<br />

2. kommerzieller Privatrundfunk<br />

Für den kommerziellen Privatrundfunk sind vor allem zahlungskräftige, möglichst<br />

homogene Zielgruppen in urbanen Ballungsräumen oder gut erschlossenen Bereichen<br />

interessant. Minderheiten gehören nicht zum bevorzugten RezipientInnenkreis. Bereits<br />

1987 äußerte sich der Europarat zu den Gefahren, die eine Kommerzialisierung der<br />

Medienlandschaft in Europa mit sich bringt. Es bestehe das Risiko, dass<br />

die kulturelle Identität kleiner Länder und sprachlicher Minderheiten sowie die<br />

kulturelle Vielfalt Europas in ihrer Gesamtheit unterminiert wird. (Busch in Luger<br />

und Renger 1994, S. 273 4 )<br />

3. Nichtkommerzielle, freie Radios<br />

Nichtkommerzielle, freie Radios bieten eine besonders gute Chance für sprachliche<br />

Minderheiten, ihre eigenen Medien zu betreiben. Freie Sender etablieren sich meist in<br />

Nischen und Programmbereichen, wo es Bevölkerungsgruppen gibt, die keinen oder nur<br />

schwer Zugang zu den Massenmedien haben. Der große Wille der benachteiligten<br />

Gruppen, sich Gehör und Öffentlichkeit zu verschaffen, beschert den freien Radios eine<br />

lange Lebensdauer und Stabilität.<br />

Busch meint, freie, nicht-kommerzielle Radios stellen "ein wichtiges Instrument dar,<br />

mit dessen Hilfe sich minoritäre Gruppen einen ersten Zugang zu den Massenmedien<br />

erobern." (Busch in Luger und Renger 1994, S. 276) Die Verpflichtungen des<br />

öffentlich-rechtlichen Rundfunks seien dadurch keineswegs aufgehoben. Freie Radios<br />

können sogar inhaltlichen Konkurrenzdruck auf die öffentlich-rechtlichen Medien<br />

erzeugen oder zu einer Änderung überholter Einstellungen bei den JournalistInnen<br />

beitragen.<br />

Ob im Rückgang begriffene Sprachen unter anderem durch Präsenz in den Medien<br />

revitalisiert werden können, ist fraglich. Beispielsweise hat eine Studie von<br />

Mediennutzung Jugendlicher im Elsass und in Baden (Bister-Broosen, 1998) gezeigt,<br />

dass die Nutzung des Medienangebots in der Minderheitensprache durch die<br />

Minderheitenangehörigen (hier Jugendliche) nahezu ausschließlich von deren<br />

Sprachkompetenz abhängt. Es wird angenommen, dass Angehörige der Minderheit,<br />

welche die Sprache nicht oder nur sehr schlecht beherrschen, das Medienangebot in der<br />

Minderheitensprache nicht nutzen.<br />

4 Busch zitiert in Übersetzung aus dem Englischen die "Recommendation 1067 (1987) on the Cultural<br />

Dimension of Broadcasting in Europe", adopted by the Assembly on 8 October 1987, Strasbourg


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 33<br />

Busch formuliert den Sachverhalt vorsichtiger:<br />

Welche Medien und welche Programme in der einen oder anderen Sprachein<br />

welchem Ausmaß genutzt werden, scheint zum Teil mit dem Grad der Kompetenz<br />

in den beiden Sprachen verbunden zu sein. Allerdings ist zu bedenken, daß<br />

Medien auf die sprachliche Kompetenz einen entscheidenden Einfluß ausüben.<br />

Mit Radio und Fernsehen sind Medien nicht nur weit in die Domäne der primären<br />

sprachlichen Sozialisation, die Familie, eingedrungen, sondern auch in andere<br />

Domänen wie die der Peer Group. (Busch in Medienjournal 2, 1999, S. 10)<br />

Es gebe wenig empirische Daten zur Frage der Wahl der Programme bei multilingualen<br />

Sprechern und Sprecherinnen, und Busch meint hier vor allem Situationen, in denen<br />

Medien in beiden Sprachen vorhanden sind:<br />

Eine Schlüsselfrage [für die Forschung] ist, welche Medien, Programme oder<br />

Programmteile in welcher Sprache genutzt werden und welche Bedeutung ihnen<br />

zugeschrieben wird. (Busch, ebd.)<br />

Sicher ist, dass Minderheiten als Zielgruppen ebenso heterogen sind wie die Mehrheit.<br />

Mit dem gravierenden Nachteil, dass sie, aufgrund ihrer numerischen Unterlegenheit<br />

und ihrer Ansiedelung eher in der Peripherie als im urbanen Raum, für die<br />

Werbewirtschaft und die kommerziell orientierten Rundfunkbetreiber nicht interessant<br />

sind. Wenn Kaufkraft zählt, sind Minderheiten im Nachteil. "Eine Gefahr der Zensur<br />

droht oft weniger vom Staat als durch den Markt." (Busch in Luger und Renger, 1994,<br />

S. 268)<br />

Auf jeden Fall gibt es keine "Entweder-Oder-Identität" für Angehörige von<br />

Minderheiten.<br />

Sie nutzen das breiter gewordene mediale Angebot in ihren Sprachen ebenso wie<br />

Medien in den Staatssprachen und bauen beides in ihren Alltag ein. (Busch in<br />

Medienjournal 2, 1999, S. 9)<br />

In den Forschungsarbeiten zum Thema Minderheitenmedien werden Faktoren<br />

angeführt, die das Entstehen und die Entwicklung von Minderheitenmedien begünstigen<br />

oder hemmen: Dies sind<br />

- die zahlenmäßige Stärke von Minderheiten in einem Staat<br />

- die sprachliche Situation der Minderheit<br />

- die staatliche Politik gegenüber den Minderheiten<br />

- die politischen und organisatorischen Strukturen der Minderheit<br />

(Busch in Medienjournal 2, 1999, S. 7)


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 34<br />

6.7 Die Bedeutung von Minderheitenmedien für Minderheiten<br />

Ebenso, wie die tatsächlichen Wirkungen der Massenmedien auf das Massenpublikum<br />

allgemein noch unerforscht sind, besteht Unklarheit über die Wirkung von<br />

Minderheitenmedien auf die von ihnen angesprochenen Minderheiten.<br />

Riggins stellt Hypothesen zu diesen Wirkungen auf, in denen er Minderheitenmedien<br />

auf der einen Seite positive, vor Assimilierung bewahrende Wirkung für die sprachliche<br />

Minderheit attestiert. Andererseits stellt er eine Gefahr der Assimilierung bzw. eine<br />

Beschleunigung der Assimilierung der Minderheit durch die Minderheitenmedien selbst<br />

fest. Riggins führt dies unter anderem auf den massenmedialen Charakter der<br />

Minderheitenmedien zurück. (Riggins in Riggins 1992, S. 277)<br />

Der Autor weist darauf hin, dass Minderheitenmedien als signifikanter Beitrag für das<br />

kulturelle Überleben zu werten sind, dass sie aber auf keinen Fall als ein Allheilmittel<br />

oder Wundermittel angesehen werden dürfen.<br />

Ethnic minority media might be considered a significant ingredient for cultural<br />

survival but certainly no panacea. (Riggins in Riggins 1992, S. 276)<br />

Minderheitenmedien können als signifikanter Beitrag zum kulturellen Überleben<br />

betrachtet werden, aber sie sind sicherlich kein Allheilmittel.<br />

Das Überleben einer Minderheit kann nicht ausschließlich von den Medien abhängen.<br />

Das unterstreicht auch Nelde, wenn er sagt, man gehe inzwischen davon aus,<br />

dass, um eine Minderheit erfolgreich überleben zu lassen, wenigstens drei<br />

Domänen 5 , drei Bereiche in dieser Minderheitensprache bewahrt bleiben müssen.<br />

(Nelde, Interview am 6. März 2003)<br />

Nelde hält<br />

monodirektionale Versuche, es nur über den Rundfunk, nur über die Schule zu<br />

machen, für viel zu einseitig [...] man müsste ein [...] Gesamtbündel von<br />

Maßnahmen ergreifen, wozu natürlich auch die tägliche Arbeitssituation der<br />

Minderheiten gehört. Wenn das mit eingeschlossen ist, [...] könnten die Medien<br />

Vorreiter einer solchen Revitalisierung sein. (Nelde, ebd.)<br />

Entscheidend, abgesehen von dem Willen des Staates, kulturelle Vielfalt überhaupt zu<br />

fördern, ist laut Riggins immer der politische Kontext von Minderheitenmedien.<br />

Minderheitenmedien sollten zudem den Bedürfnissen der Minderheitenangehörigen<br />

entsprechen, statt sie mit Information zu "belehren" 6 . Realistische Herangehensweise<br />

5<br />

"Diese drei Domänen, wovon zwei überall existieren, lauten: erstens die Sprache der Verwaltung,<br />

zweitens die Sprache der Bildung, des Unterrichts, und drittens die Sprache der Arbeit."<br />

6<br />

"Giving people the information they want should take precedence over giving them the information that<br />

is good for them." (Riggins, op.cit., S. 286)


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 35<br />

und enge Verflechtungen mit etwa dem Schulwesen hält der Autor ebenfalls für<br />

unverzichtbar. Die Themen der Mehrheitsmedien sollen durchaus aufgegriffen werden,<br />

jedoch muss hierfür ein passender Blickwinkel aus Minderheitenperspektive gefunden<br />

werden. (Riggins, op.cit, S. 286)<br />

Zuletzt ist es von Bedeutung, dass Minderheitenmedien auch von der Mehrheit<br />

wahrgenommen werden und Produkte der Minderheitenmedien an die Mehrheitsmedien<br />

verkauft werden können.<br />

It is not enough, that minority media are viewed only by minority audiences.<br />

Everyone benefits when minority groups are perceived by others and by<br />

themselves as valued producers of cultural forms. (Riggins, op. cit., S. 287)<br />

Es genügt nicht, dass Minderheiten nur von Minderheitenpublikum genutzt<br />

werden. Alle profitieren, wenn Minderheiten von anderen und von sich selbst als<br />

hochgeschätze Produzenten von Kultur wahrgenommen werden.<br />

7. Internationale Ebene<br />

7.1 Internationale Organisationen<br />

In den internationalen Organisationen ist man sich der Rolle der Massenmedien für<br />

sprachliche Minderheiten bewusst. Etliche Anstrengungen wurden, vor allem seit Ende<br />

der 80er Jahre, unternommen, um die Situation von Minderheiten zu verbessern.<br />

Despeux erklärt die "Wende" zur Beachtung des Minderheitenthemas nach Jahrzehnte<br />

langer Lähmung (schon nach dem Zweiten Weltkrieg hätte man sich dem Problem der<br />

Minderheitenrechte widmen sollen) mit dem Zerfall des ehemaligen Ostblocks und der<br />

Tatsache, dass sich in den ehemaligen Ostblockstaaten das Problem der Minderheiten<br />

mit aller Vehemenz aufdrängte. (Despeux, 1999, S. 4) Die "Wiedergeburt" des<br />

Minderheitenrechts setzt Despeux mit Beginn der 90er Jahre an.<br />

In der Tat befassen sich die internationalen Organisationen mittlerweile ausführlichst<br />

mit dem Thema Minderheiten. Die Institutionen der EU, ebenso der Europarat, die<br />

Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und die Vereinten<br />

Nationen (UNO), um die wichtigsten zu nennen, behandeln die Rechte von<br />

Minderheiten.


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 36<br />

7.2 Internationale Standards<br />

Im April 2003 erschien eine vom Hochkommissariat für nationale Minderheiten der<br />

OSZE in Auftrag gegebene Studie zur rechtlichen Situation der Minderheitensprachen<br />

im Bereich der elektronischen Medien innerhalb der OSZE - "Minority-Language<br />

Related Broadcasting and Legislation in the OSCE".<br />

Die Autoren McGonagle, Noll und Price behandeln in der Studie unter anderem die<br />

internationalen Standards zu den Fragen von Minderheit, Sprache und Medien.<br />

Die Grundlage der internationalen Normen bilden die Artikel 19 des Internationalen<br />

Übereinkommens zu zivilen und politischen Rechten - International Convenant on Civil<br />

and Political Rights - sowie der Artikel 10 der europäischen Menschenrechtscharta -<br />

(European) Convention for the Protection of Human Rights and Fundamental<br />

Freedoms.<br />

Beide garantieren das Recht auf freie Meinungsäußerung, welches nicht nur das<br />

Recht, ohne Berücksichtigung von Grenzen Information zu empfangen und mitzuteilen,<br />

sondern auch die verschiedenen Arten der Informations- und Meinungsweitergabe<br />

umfasst. (McGonagle, Noll, Price, 2003, S. 3)<br />

Ein zweiter international anerkannter Grundsatz ist der Schutz und die Förderung von<br />

Diversität. Er umfasst auch die Pflicht zur Darstellung der in der Gesellschaft<br />

existierenden Vielfalt.<br />

Unter diesen Voraussetzungen kann die Verwendung einer bestimmten Sprache niemals<br />

per se ein legitimer Grund für staatliche Einschränkung von Kommunikation sein.<br />

7.3 Internationale Abkommen<br />

Einige wenige Dokumente beschäftigen sich speziell mit dem Zugang zu Medien für<br />

Minderheiten (McGonagle, Noll, Price 2003, S. 4 ff.):<br />

Das Rahmenschutzabkommen für nationale Minderheiten von 1995 hält in Artikel 9<br />

fest, dass Staaten sicherstellen müssen, dass Angehörige von Minderheiten in ihrem<br />

Zugang zu Medien nicht diskriminiert werden. Mitgliedern von Minderheiten muss<br />

ermöglicht werden, ihre eigenen Medien zu gründen und zu nützen.<br />

Bereits 1992 wurde die Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen<br />

veröffentlicht, welche die Verwendung von Minderheitensprachen in vielfältiger Weise<br />

schützt. Artikel 11 beispielsweise bezieht sich auf elektronische Medien und<br />

verpflichtet die Unterzeichnerstaaten dazu, zumindest einen Radio- und einen<br />

Fernsehsender in der Minderheitensprache zu gründen, diese Gründung zu erleichtern


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 37<br />

oder Bedingungen zu schaffen, die es für bestehende Sender attraktiv machen,<br />

Programme in Minderheitensprachen anzubieten.<br />

McGonagle, Noll und Price weisen auch auf das Internationale Abkommen über<br />

wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte - the International Convenant on<br />

Economic, Social and Cultural Rights - hin. Artikel 15 darin bezieht sich auf das Recht<br />

der Teilnahme am kulturellen Leben sowie am Fortschritt der Wissenschaft und an den<br />

modernen technischen Errungenschaften; Artikel 27 garantiert<br />

Minderheitenangehörigen das Recht, ihre eigene Kultur zu fördern und ihre Sprache zu<br />

verwenden.<br />

7.4 Richtlinien und Empfehlungen<br />

Darüber hinaus beschäftigen sich zahlreiche Veröffentlichungen des<br />

Hochkommissariats für nationale Minderheiten (HCNM) und die Vertretung für die<br />

Freiheit der Medien - Representative on Freedom of the Media - der OSZE mit<br />

Fragen zu Minderheitensprachen und Medien. Zahlreiche Konferenzen haben in den<br />

letzten Jahren stattgefunden, ihre Ergebnisse sind in den Berichten und Empfehlungen<br />

zu den sprachlichen Rechten von nationalen Minderheiten festgehalten. Einige<br />

Beispiele sind: die Osloer Empfehlungen zu den sprachlichen Rechten nationaler<br />

Minderheiten - The Oslo Recommendations Regarding the Linguistic Rights of National<br />

Minorities von Februar 1998, der Bericht zu den sprachlichen Rechten von<br />

Angehörigen nationaler Minderheiten - the Report on Linguistic Rights of Persons<br />

Belonging to National Minorities in the OSCE Area von März 1999 und, neuesten<br />

Datums, die Richtlinien zum Gebrauch von Minderheitensprachen in den elektronischen<br />

Medien - Guidelines on the Use of Minority Languages in the Broadcast Media, die im<br />

Oktober 2003 auf einer internationalen Konferenz in Baden bei Wien präsentiert<br />

wurden (siehe Anhang).<br />

Alle diese Richtlinien sind wichtige Beiträge zur gesellschaftlichen Integration von<br />

sprachlichen Minderheiten. Die realen politischen Maßnahmen müssen die jeweiligen<br />

Staaten dennoch zu einem erheblichen Teil selbst setzen. "Zur Stabilisierung inter-<br />

ethnischer Beziehungen reichen [...] die nationalstaatlichen Instrumente oft nicht aus.<br />

Deshalb werden internationale Regelungsinstanzen herangezogen." (Kogoj, 1997, S.<br />

171)


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 38<br />

Die faktisch bestehenden, international gültigen Minderheitenrechte leiden darunter,<br />

dass die internationalen Instanzen, die ihre Umsetzung garantieren sollen, in der Realität<br />

leider wenig effektiv sind, sobald ein Staat seinen Minderheiten keine Rechte<br />

einräumen will. Depeux resümiert nach eingehender Analyse der internationalen Lage<br />

des Minderheitenschutzes,<br />

daß kaum internationale Verfahren für die nationalen, ethnischen, sprachlichen,<br />

religiösen u.a. Minderheiten vorgesehen sind und daß kein einziges Verfahren die<br />

Staaten wirklich zwingen kann. (Despeux, 1999, S. 170)<br />

7.5 Die Minderheiten- und Medienpolitik der Europäischen Union<br />

Frankreich ist ein Gründungsmitglied der Europäischen Union. Fest eingebunden in die<br />

noch immer wachsende Gemeinschaft europäischer Staaten, ist Frankreich um die<br />

Stellung der eigenen Sprache in den Institutionen der EU sowie in den einzelnen<br />

Mitgliedsländern besorgt. Diese Sorge und der schwindende Einfluss des Französischen<br />

angesichts der Erstarkung des Englischen, Deutschen und auch Spanischen in der EU<br />

haben unzweifelhaft Auswirkungen auf die Sprachpolitik der französischen Nation.<br />

Nach außen, im Rahmen der internationalen Organisationen und in der Frankophonie<br />

wird Statuspolitik betrieben und um Prestige gekämpft. Im Landesinneren scheint<br />

dagegen die erlebte Bedrohung des Französischen durch das Englische zu einer<br />

verständnisvolleren Linie gegenüber den Minderheitensprachen geführt zu haben.<br />

Frankreich zeigt sich als brennender Verteidiger der "diversité culturelle et linguistique<br />

en Europe" und ist sich dessen bewusst, dass ein Auftreten für sprachliche Vielfalt<br />

international auch mit einer Politik der sprachlichen und kulturellen Vielfalt im eigenen<br />

Land einhergehen muss.<br />

Welche Politik betreibt die Europäische Union in puncto Sprachen, Minderheiten und<br />

Medien und wie geht Frankreich damit um?<br />

Zu allererst sind alle offiziellen Sprachen der Mitgliedsländer der Europäischen Union<br />

auf EU-Ebene gleichgestellt. Alle Sprachen, die in den Beitrittsländern den Status einer<br />

offiziellen Sprache haben sind auch Amtssprachen der EU. Die Vielzahl an<br />

Amtssprachen führt zu einer Explosion der Dolmetsch- und Übersetzungskosten, hat<br />

aber die EU bisher noch nicht dazu veranlasst, die Zahl ihrer Amtssprachen offiziell<br />

einzuschränken.


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 39<br />

Selbstverständlich gibt es Arbeitssprachen, zu denen auch Französisch gehört und genau<br />

in diesem Bereich bekommt Frankreich den schwindenden Einfluss seiner Sprache auch<br />

zu spüren.<br />

Gegenüber den Minderheitensprachen in den Mitgliedsländern vertritt die EU eine<br />

fördernde und beschützende Haltung: Das European Bureau for Lesser Used<br />

Languages (EBLUL) hat die Aufgabe, die Situation der Minderheitensprachen in den<br />

Mitgliedsländern zu dokumentieren (http://www.eblul.org). Das EBLUL berät das<br />

Parlament und die Kommission.<br />

Die Forschungsstelle für Mehrsprachigkeit (FFM) in Brüssel hat im Auftrag der EU<br />

bereits mehrere Studien zum Thema Minderheiten und Medien durchgeführt. Die ersten<br />

beiden waren Euromosaic I und Euromosaic II, die sich mit der Situation sprachlicher<br />

Minderheiten in den EU-Mitgliedsstaaten auseinandersetzten. Ein Teil der<br />

Untersuchungen erhob jeweils die Situation der Minderheiten im Bereich der Medien:<br />

Presse, Radio, Fernsehen, Filmproduktion, Verlagswesen und Internet.<br />

(http://www.uoc.edu/euromosaic , 16.11.2003)<br />

Ein drittes Forschungsprojekt folgte wenig später: Das "Observatorio Atlantis"<br />

recherchierte in einer Zusammenarbeit zwischen Brüssel (FFM), Barcelona (Università<br />

operta de Catalunya) und Aborystwyth (Mercator Media Research Center) Mediendaten<br />

zur Präsenz von Minderheitensprachen im Internet. Eine ausführliche Datenbank ist im<br />

Internet zu finden. (http://www.aber.ac.uk/~merwww/allang.htm , 20.10.2003)<br />

Im Medienbereich arbeitet das EBLUL ebenfalls mit dem Mercator-Mediennetzwerk<br />

zusammen. Mercator publiziert regelmäßig Mediendaten zu den einzelnen<br />

Minderheitensprachen der EU (Mercator Media Guide) und gibt wissenschaftliche<br />

Texte zu den verschiedenen Minderheitenmedien der EU heraus (Mercator Media<br />

Forum). Eine der interessantesten Publikationen des EBLUL ist eine Broschüre der<br />

Serie "L'Europe du petit écran", die zusammenfasst, welche Anforderungen<br />

Minderheitenmedien an die Sprachpolitik stellen:<br />

EBLUL: Sprachpolitik für Minderheitenmedien<br />

1. Die Sendungen müssen kommunikabel sein für ihr Zielpublikum. Das heißt, sie<br />

müssen ihr Publikum erreichen.<br />

2. es ist notwendig, dass Minderheitenmedien mehrsprachig senden und mehrsprachige<br />

Sendungen produzieren, damit sie sich von den Sendungen, die in der dominanten<br />

Sprache gesendet werden, unterscheiden.


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 40<br />

3. müssen die Sendungen vor allem anderen den herausgeberischen Anforderungen<br />

entsprechen, das heißt die Deontologie der journalistischen Berufsfelder muss auch in<br />

Minderheitenmedien unbedingt gewahrt bleiben. (EBLUL 1995, S. 28 und 29)<br />

Von einer Minderheitensprachgemeinschaft zur anderen werden verschiedene<br />

Haltungen gegenüber den verschiedenen Varianten der Minderheitensprache<br />

beobachtet: die einen bestehen auf einer gemeinsamen Norm, die für die Sprecher und<br />

Sprecherinnen aller Varietäten verständlich sein soll und in der dann JournalistInnen<br />

ausgebildet werden. Die anderen halten die Präsenz aller existierenden Varietäten ihrer<br />

Sprache, so wie sie tatsächlich gesprochen werden, in den Medien für essentiell.<br />

Uneinig sind sich die verschiedenen Gemeinschaften auch darüber, ob und wieviel<br />

dominante Sprache in den Sendungen der Minderheiten verwendet werden darf.<br />

Absolute Einigkeit besteht nur in einem äußerst wichtigen Punkt: Die Sendungen in<br />

Regionalsprachen für Kinder müssen einsprachig sein und dürfen nicht übersetzt und<br />

auch nicht untertitelt werden. (vgl. EBLUL 1995, S. 28 und 29)<br />

8. Der Untersuchungsrahmen: Frankreich<br />

8.1 Die französische Verfassung<br />

Im Gegensatz zu den Verfassungen mehrerer anderer europäischer Länder, wie<br />

beispielsweise Belgien, Ungarn und auch Österreich, werden in der französischen<br />

Verfassung die sprachlichen Minderheiten nicht erwähnt. Die französische Verfassung<br />

stützt sich auf das Konzept der Gleichheit aller Bürgerinnen und Bürger und<br />

unterscheidet nicht nach Rassen, Religionen, ethnischer Zugehörigkeit etc. Grund für<br />

anhaltende Proteste der Minderheiten, die eine Änderung fordern, ist der erst 1992 dem<br />

Artikel 2 hinzugefügte Satz "Die Sprache der Republik ist Französisch".<br />

Die Abwendung des Staates von der zentralistischen Verwaltung des Landes und die<br />

neue Dezentralisierungspolitik werden vor allem von den Autoritäten als förderlich für<br />

die sprachlichen Minderheiten präsentiert. Kompetenzen sollen an die Regionen und<br />

Départements abgegeben werden, welche in Zukunft selbst für die Förderung ihrer<br />

sprachlichen Minderheiten verantwortlich sein sollen.


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 41<br />

Die beiden ersten Artikel der französischen Verfassung lauten folgendermaßen:<br />

Article premier<br />

La France est une République indivisible, laïque, démocratique et sociale. Elle<br />

assure l'égalité devant la loi de tous les citoyens sans distinction d'origine, de race<br />

ou de religion. Elle respecte toutes les croyances. Son organisation est<br />

décentralisée.<br />

Article 2<br />

La langue de la République est le français. L'emblème national est le drapeau<br />

tricolore, bleu, blanc, rouge. L'hymne national est la "Marseillaise". La devise de<br />

la République est « Liberté, Égalité, Fraternité ». Son principe est : gouvernement<br />

du peuple, par le peuple et pour le peuple. (http://www.assembleenat.fr/connaissance/constitution.asp#P8_1609)<br />

Artikel 1<br />

Frankreich ist eine unteilbare, laizistische, demokratische und soziale Republik.<br />

Sie gewährleistet die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz ohne Unterschied<br />

der Herkunft, Rasse oder Religion. Sie achtet jeden Glauben. (Übersetzung aus<br />

http://www.verfassungen.de/eu/)<br />

Ihre Organisation ist dezentralisiert.<br />

Artikel 2<br />

Die Sprache der Republik ist Französisch. Das Nationalemblem ist die blau-weißrote<br />

Trikolore. Die Nationalhymne ist die Marseillaise. Der Wahlspruch der<br />

Republik lautet: "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit". Ihr Grundsatz lautet:<br />

Regierung des Volkes durch das Volk und für das Volk. (Übersetzung ebd.)<br />

In der Präambel ist darüber hinaus die Achtung der Menschenrechte und der<br />

Souveränität festgeschrieben.<br />

Préambule<br />

Le peuple français proclame solennellement son attachement aux Droits de<br />

l'Homme et aux principes de la souveraineté nationale tels qu'ils ont été définis<br />

par la Déclaration de 1789, confirmée et complétée par le préambule de la<br />

Constitution de 1946. [...] (ebd.)<br />

Präambel<br />

Das französische Volk verkündet feierlich seine Verbundenheit mit den<br />

Menschenrechten und mit den Grundsätzen der nationalen Souveränität, so wie<br />

sie in der Erklärung von 1789 niedergelegt und in der Präambel der Verfassung<br />

von 1946 bestätigt und ergänzt wurden. (Übersetzung ebd.)<br />

Weder die verschiedenen auf dem Territorium des französischen Staates gesprochenen<br />

Sprachen werden erwähnt, noch die verschiedenen ethnischen Gruppen, aus denen sich<br />

das französische Volk zusammensetzt. Der Grund dafür ist das im Article 1er<br />

festgeschriebene Prinzip der Gleichheit aller Bürgerinnen und Bürger.


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 42<br />

8.2 Die sprachlichen Minderheiten Frankreichs 7<br />

Als offizielles, alle Sprachen Frankreichs auflistendes Dokument, wird in der Regel der<br />

"Rapport Cerquiglini" zitiert. Der Rapport Cerquiglini wurde im Rahmen der<br />

Vorerhebungen zur Unterzeichnung der Europäischen Charta der Regional- und<br />

Minderheitensprachen von den Ministerien für Kultur und Kommunikation sowie für<br />

Erziehung in Auftrag gegeben. Er listet zehn autochtone Sprachen bzw. Sprachgruppen<br />

auf französischem Staatsgebiet, dem Gebiet der "France Métropolitaine" auf:<br />

Baskisch - basque<br />

Bretonisch - breton<br />

Katalanisch - catalan<br />

Korsisch - corse<br />

Elsässisch - alsacien<br />

Fränkisch - francique mosellan<br />

Flämisch - flamand occidental<br />

Frankoprovenzalisch - francoprovençal<br />

Gruppe der Oil-Sprachen - langues d’oïl (franc-comtois, wallon, picard,<br />

champenois, normand, gallo, poitevin-saintongeais, bourguignon-morvandiau,<br />

lorrain)<br />

Okzitanisch oder Langues d'Oc - occitan ou langue d’oc (gascon, languedocien,<br />

provençal, auvergnat, limousin, vivaro-alpin) (Cerquiglini, 1999, S. 13)<br />

Diese Liste ist wesentlich ausführlicher als alle anderen Auflistungen zu den<br />

Minderheitensprachen Frankreichs. Die Idiome werden nicht als<br />

"Minderheitensprachen" sondern, entsprechend der französischen Linie, als "langues de<br />

France" - Sprachen Frankreichs bezeichnet.<br />

Das Europäische Büro für weniger verbreitete Sprachen in Brüssel erwähnt in einer<br />

Übersicht über die "Langues moins répandues" in Frankreich folgende Sprachen:<br />

Bretonisch - Brezhoneg (breton)<br />

Katalanisch - Català (catalan)<br />

Korsisch - Corsu (corse)<br />

Deutsch - Deutsch (allemand)<br />

Baskisch - Euskara (basque)<br />

Letzeburgisch - Lëtzebuergesch (luxembourgois)<br />

Niederländisch - Nederlands (néerlandais)<br />

Okkzitanisch - Occitan und<br />

Oil-Sprachen - Oïl (langues d'oïl) (EBLUL, 1998, S. 52-63)<br />

7 die ebenfalls in allen drei Dokumenten erwähnten Sprachen der Départements d'Outre Mer sowie der<br />

Territoires d'Outre Mer werden hier nicht mit angeführt.


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 43<br />

Und Despeux nennt nur sechs autochtone Sprachen, auf die die völkerrechtliche<br />

Definition sprachlicher Minderheiten (siehe Kapitel 5, S.18) anzuwenden sei:<br />

Flämisch, Elsässisch, Korsisch, Bretonisch, Okzitanisch, Baskisch und Katalonisch.<br />

(Despeux, 1999, S. 198 - 223)<br />

Diese verschiedenen Versionen sollen zeigen, dass die Diskussion um die<br />

schützenswerten Sprachen Frankreichs anhält, wenn auch von offizieller französischer<br />

Seite die Zusammenstellung Cerquiglinis angenommen worden zu sein scheint.<br />

Tatsache bleibt weiterhin, dass Frankreich seine sprachlichen Minderheiten offiziell<br />

nicht anerkennt, dass es die Europäische Rahmenkonvention nicht unterzeichnet hat und<br />

die Europäische Charta der regionalen Minderheitensprachen zwar unterzeichnet, doch<br />

dann mit dem Vorwand der Verfassungswidrigkeit nicht ratifiziert hat.<br />

Die innerstaatliche Lage Frankreichs erkennt offiziell keine Minderheiten im<br />

Sinne des Völkerrechts an. Selbst wenn gewisse Minderheiten durch die<br />

Verfassung indirekt geschützt werden, ist der Minderheitenbegriff der<br />

französischen Rechtsordnung völlig fremd. (Despeux, 1999, S. 224)<br />

8.3 Das französische Mediensystem - Rundfunk 8<br />

Das französischer Mediensystem unterteilt die Sendeanstalten für Radio und Fernsehen<br />

in öffentliche und private Rundfunkunternehmen, in solche nationaler und lokaler<br />

Reichweite sowie im Bereich des Satellitenfernsehens in kostenlose und zu bezahlende<br />

Angebote. Die älteste der drei großen weltweiten Presseagenturen, Agence France<br />

Presse (AFP), ist in französischem Besitz. Und Bertrand bezeichnet das französische<br />

Mediensystem als selbstgenügend - "autosuffisant" in seiner Produktionskapazität.<br />

(Bertrand, 1995, 77)<br />

Drei einflussreiche französische Medienkonzerne, Lagardère Groupe, Vivendi und<br />

Canal+ finden sich außerdem im internationalen Ranking unter den 50 größten<br />

Medienkonzernen der Welt. (Hachmeister und Rager 2000, S. 23)<br />

In den 80-er Jahren hat die elektronische Medienlandschaft in Frankreich große<br />

Veränderungen erfahren. Das staatliche Monopol, und damit die extreme Kontrolle von<br />

Radio und Fernsehen durch die Regierung, wurde abgeschafft, die öffentlichen Sender<br />

8 In diesem Kapitel wird die vielfältige französische Presselandschaft nicht behandelt. Es wird<br />

ausschließlich das französische, hexagonale Rundfunksystem charakterisiert.


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 44<br />

bekamen Konkurrenz durch kommerzielle Rundfunksender und durch die<br />

Dezentralisierung der elektronischen Medienlandschaft kam es zu vielen<br />

Neugründungen. Darüber hinaus fand eine Spezialisierung und Ausweitung des<br />

Medienangebotes statt, die sich mittlerweile auf den Bereich des Kabel- und<br />

Satellitenfernsehens ausdehnt. Eine Regulierungsinstanz und Aufsichtsbehörde für<br />

audiovisuelle Medien, der Conseil Supérieur de l'Audiovisuel (CSA), wurde<br />

gegründet, welcher die Kontrollfunktion der Regierung und die Erteilung von Lizenzen<br />

übernahm.<br />

Mehr als 1500 Radiosender sowie mehr als 30 Fernsehsender (Kabel- und<br />

Satellitenfernsehen mit eingerechnet) bevölkern derzeit die französische<br />

Rundfunklandschaft.<br />

Alle öffentlichen Sender haben einen gesetzlich definierten Programmauftrag zu<br />

erfüllen, die privaten Rundfunkunternehmen verpflichten sich durch Übereinkommen<br />

mit dem CSA, so genannten "conventions" zu einer bestimmten Programmstruktur.<br />

Finanziert werden die öffentlichen Fernsehender durch Rundfunkgebühr und<br />

Werbeeinnahmen, die Privaten durch Werbung. (Bertrand, 1995, S. 84)<br />

Eine Besonderheit im französischen Mediensystem ist der zweisprachige<br />

Fernsehsender ARTE, eine französisch-deutsche Kulturkooperation, die 1992 begann.<br />

Im Bereich des Radios existieren neben öffentlichen und kommerziellen Privatradios,<br />

welche zu einem nicht unerheblichen Teil über so genannte "réseaux" - Netzwerke<br />

landesweit identische Programme senden, bereits etliche Radiosender, die<br />

ausschließlich über Internet verfügbar sind. Zusätzlich dazu spielen für die Wahrung<br />

der Meinungsvielfalt, besonders im Bereich der Minderheiten, so genannte "radios<br />

associatives" eine wichige Rolle. Diese von Vereinen betriebenen Radiosender sind<br />

über den 1991 gegründeten Conseil National des Radios Associatives (CNRA)<br />

organisiert und erhalten finanzielle Unterstützung durch die öffentliche Hand.<br />

8.4 Medien für sprachliche Minderheiten in Frankreich<br />

France 3 ist jene der drei nationalen Fernsehgesellschaften, die einen besonderen<br />

Kulturauftrag im regionalen Bereich wahrzunehmen hat. France 3 ist mit France 2 und<br />

France 5 in einer Gesellschaft mit dem Namen "France Télévisions"<br />

zusammengeschlossen, unter Aufsicht eines vom CSA ernannten Präsidenten.


I. THEORIE und ALLGEME<strong>IN</strong>E GR<strong>UND</strong>LAGEN 45<br />

France 3 sendet ein vielseitiges, für ein breites Publikum produziertes Programm, das zu<br />

bestimmten Tageszeiten von dreizehn regionalen Stationen aus durch speziell auf die<br />

Regionen und auf die lokale Ebene zugeschnittene Programme ergänzt wird. (vgl.<br />

http://www.csa.fr/infos/operateurs/operateurs_television_publiques.php, 9.11.2003)<br />

Einige Sendungen werden in Regionalsprachen produziert, die Sendezeit in<br />

Regionalsprachen variiert sehr stark von einer Region zur anderen.<br />

Der private, regionale, bretonische Kabelfernsehsender TV Breizh startete seinen<br />

Betrieb am ersten September 2000. 9<br />

Eine Liste aller in Regionalsprachen sendenden Radiostationen ist auf der Homepage<br />

des Conseil Supérieur de l'Audiovisuel zugänglich. 13 Regionalsprachen oder "Patois" -<br />

Dialekte werden demzufolge regelmäßig in Radiosendungen verwendet.<br />

(www.csa.fr/infos/langue/langue_listeradios.php , 9.11.2003)<br />

Auch Euromosaic, Mercator Media und das Europäische Büro für weniger verbreitete<br />

Sprachen (EBLUL) sowie die "Rapports au Parlement" der Délégation générale à la<br />

langue française et aux langues de France dokumentieren die Verwendung beinahe<br />

aller Minderheitensprachen in etlichen lokalen Radios - vorwiegend "radios<br />

associatives".<br />

Beispiele sind für Bretonisch Radio Kreiz Breizh, für Elsässisch das öffentliche Radio<br />

Radio France Alsace (EBLUL, 1998, S. 52, 56), für Baskisch unter anderem Gure<br />

Irratia, eines von drei "radios associatives" in der Region. Unter den öffentlichrechtlichen<br />

Sendern ist vor allem Radio France Bleu zu nennen, das teilweise in<br />

Regionalsprachen sendet und im Rahmen des "Plan Bleu" aus dem Jahr 2000 die<br />

Anzahl seiner regionalen Sender von 40 auf 53 steigern möchte. (vgl.<br />

www.csa.fr/infos/operateurs/operateurs_radio_publiques.php , 9.11.2003)<br />

9 Der Artikel aus Humanité vom 1.9.2000 dazu ist im Anhang abgedruckt. Weitere 9 Artikel über TV<br />

Breizh veröffentlichte die Nachrichtenagentur für Belange sprachlihcer Minderheiten eurolang.<br />

www.eurolang.net


II. HYPOTHESEN 46<br />

II. HYPOTHESEN<br />

Folgende Hypothesen sind auf der Grundlage der erarbeiteten Theorie entstanden und<br />

sollen im folgenden, praktischen Teil untersucht werden.<br />

Hypothese 1<br />

Die Sprachpolitik des Staates Frankreich und seiner Institutionen hat sich in den<br />

letzten Jahren zugunsten der regionalen Minderheitensprachen verändert.<br />

Diese Hypothese geht von der Annahme aus, dass die französische Sprache innerhalb<br />

der Europäischen Union an Prestige verliert und Frankreich deshalb international eine<br />

neue sprachpolitische Richtung der Diversität eingeschlagen hat. Im Zusammenhang<br />

mit der neuen Initiative für sprachliche Vielfalt in Europa und der Welt und vor allem<br />

gegen das anglo-amerikanische Sprachdiktat hat Frankreich innerhalb der eigenen<br />

Staatsgrenzen begonnen, ebenfalls für den Schutz des "kulturellen Erbes" aufzutreten.<br />

Hypothese 2<br />

Der Staat Frankreich und seine Institutionen betreiben Sprachpolitik in der<br />

Domäne Medien.<br />

Der Staat Frankreich betreibt, wie jeder Nationalstaat, Sprachpolitik. Doch betreibt er<br />

auch Sprachpolitik in den Medien? Auf der Grundlage der soeben präsentierten Theorie<br />

soll nachgewiesen werden, dass der Staat Frankreich und seine Institutionen im Bereich<br />

der audiovisuellen Medien Handlungen setzen, die darauf abzielen, mittels<br />

Vorschriften, Verboten oder anderen Maßnahmen eine oder mehrere Sprachen und das<br />

Bewußtsein ihrer SprecherInnen zu beeinflussen. Im Sinne Bochmanns sollte dabei die<br />

Sprachpolitik den Zweck der Rekonstruktion sozialer Verhältnisse erfüllen. Von<br />

besonderem Interesse sind Antworten auf Fragen nach Cooper und Ager: Welche<br />

Akteure beeinflussen aus welcher Motivation heraus welches unerwünschte Verhalten<br />

welcher Menschen durch welche Mittel/Maßnahmen/Handlungen mit welchem Effekt.


II. HYPOTHESEN 47<br />

Hypothese 3<br />

Die Bewahrung des Prestiges der französischen Sprache steht im Vordergrund der<br />

Sprachpolitik in der Domäne Medien.<br />

Nachdem Frankreich auf internationaler Ebene weiterhin intensivst Statuspolitik<br />

betreibt, ist anzunehmen, dass das Hauptinteresse der französischen innerstaatlichen<br />

Sprachpolitik dem Prestige der französischen Sprache gilt. Die Situation der<br />

Minderheitensprachen im Medienbereich müsste dieser Annahme nach wesentlich<br />

prekärer sein, schlechter geregelt sein und die Minderheitensprachen weniger<br />

unterstützt werden als die französische Sprache.<br />

Hypothese 4<br />

Medien werden als beeinflussende Faktoren für die Situation der französischen<br />

Sprache sowie der Minderheitensprachen wahrgenommen.<br />

Hypothese 4 soll in gewisser Weise diese und weitere Forschungsarbeiten im Bereich<br />

der Sprachpolitik in den Medien legitimieren. Es wird angenommen, dass Sprachpolitik<br />

in den Medien betrieben wird, weil man allerseits davon überzeugt ist, dass Medien die<br />

Sprachgewohnheiten von Individuen und Sprachgemeinschaften beeinflussen.<br />

Diese Annahmen werden das nun folgende Praxiskapitel strukturieren, die Hypothesen<br />

werden schließlich in der Conclusio einer Evaluierung unterzogen werden.


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 48<br />

III. PRAKTISCHER TEIL und UNTERSUCHUNG<br />

SPRACHPOLITIK <strong>UND</strong> <strong>MEDIEN</strong> <strong>IN</strong> FRANKREICH<br />

9. Etappen der Sprachpolitik Frankreichs<br />

Frankreich war niemals in seiner Geschichte eine Nation mit nur einer einzigen, alles<br />

verbindenden Sprache. Doch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist es dies mehr<br />

als je zuvor, dank einer rigiden, lang andauernden assimilierenden Sprachpolitik. Die<br />

Nationalsprache Französisch ist fest in allen Domänen und Lebensbereichen verankert.<br />

Sie ist bestens gesetzlich geschützt, vortrefflich ausgebaut und wird im Rahmen der<br />

Frankophonie weiterhin international verbreitet. Während die Mythen der Durchsetzung<br />

des Französichen intensive Pflege erfahren, wird vielen Regionalsprachen auf<br />

französischem Staatsgebiet seit Jahrzehnten (oder Jahrhunderten) der endgültige<br />

Sprachtod vorausgesagt. Es wäre an der Zeit, neben der Geschichte der "langue unique"<br />

die ganz und gar nicht nebensächliche Geschichte der sprachlichen Vielfalt Frankreichs<br />

zu schreiben. Dieser Ansicht ist auch Simoni-Aurembou, die daran erinnert:<br />

"Une histoire de la langue française n'est pas une histoire du langage des Français" -<br />

Eine Geschichte der französischen Sprache ist nicht eine Geschichte der Sprache der<br />

Franzosen. (Simoni-Arembou in Chaurand 1999, S. 549).<br />

Erste Veränderungen der Sprachpolitik Frankreichs sind bereits erkennbar.<br />

Zur Entstehung der französischen Sprache sowie zur Entwicklung der französischen<br />

Sprachpolitik gibt es zahllose Veröffentlichungen. Etliche Diplomarbeiten allein am<br />

Wiener Institut für Romanistik beschäftigen sich mit verschiedenen Perioden<br />

französischer Sprachpolitik, wie etwa mit dem Purismus, dem Régime de Vichy oder<br />

der Europäischen Sprachenpolitik. Auch das Internet ist reich an Material, und eine der<br />

ausführlichsten Chronologien französischer Sprachgeschichte bietet das "ABC de la<br />

langue française" (http://languefrançaise.free.fr , 14.11.2003)<br />

Statt einmal mehr die bereits bekannten Fakten aneinanderzureihen, soll nun die<br />

Geschichte der französischen Sprache und Sprachpolitik mit Daten der französischen<br />

Mediengeschichte in Zusammenhang gebracht werden um zu zeigen, dass Sprachpolitik<br />

und Medienpolitik einander häufig ergänzen.


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 49<br />

9.1 Dreißig Schlüsseldaten der Sprach- und Mediengeschichte Frankreichs<br />

813 Serments de Strasbourg<br />

Die Serments des Strasbourg werden als Geburtsstunde des Französischen oder<br />

zumindest eines "protofrançais" betrachtet. (Chaurand in Chaurand 1999, S. 29) Karl<br />

der Kahle verwendete, als er zu seinen Untertanen sprach, die "lingua romana". Diese<br />

Vorform des Französischen war auch Symbol der Herrschaft Karls, sein Bruder<br />

bediente sich in seinem Teil des Reiches der "lingua teudisca". Der Inhalt der Serments<br />

de Strasbourg wurde von Nithard zuerst in lateinischer Sprache niedergeschrieben und<br />

dann für die Verlautbarung durch die beiden Herrscher in die Vulgärsprachen, die<br />

"langue romane" und "francique" übersetzt.<br />

1438 Erfindung des Buchdrucks durch Gutenberg<br />

Als Geburtsstunde der Massenmedien im weitesten Sinn kann die Erfindung des<br />

Buchdrucks durch Gutenberg betrachtet werden. Durch das Druckverfahren, welches<br />

das mühsame händische Abschreiben von Texten ersetzte und die Herstellung von<br />

Büchern und Schriften technisierte, wurde die massenhafte Verbreitung geschriebener<br />

Information möglich. Revolutionär war vor allem die Geschwindigkeit, mit der sich<br />

Informationen nun ausbreiten konnten, die Alphabetisierung der Massen nahm ihren<br />

Lauf.<br />

1539 Ordonnance de Villers Cotterêts<br />

Der Übergang von Latein zu Französisch vollzog sich zögerlich, wenig harmonisch und<br />

war durchaus von Kontroversen begleitet: Der Schrift- und Kirchensprache Latein, die<br />

auch Sprache der Wissenschaft war, wurde wesentlich mehr Wert zugemessen als den<br />

mündlichen, als ländlich abgetanen Vorformen des heutigen Französisch.<br />

Im 13. Jahrundert begann das Französische an Prestige zu gewinnen. Es wurde zur<br />

Konkurrenz für das Lateinische, erreichte nach und nach die Domänen des Rechts und<br />

des Wissens und wurde zur dominanten Sprache in Europa. (ABC de la langue<br />

française, Chronologie) Nach Meinung Raunets 1 bestätigte die Ordonnance von Villers<br />

Cotterêts 1539 nur mehr, was bereits längst königliche Praxis war:<br />

1 Raunet zitiert Lusignan, welcher 1330 als Datum für den Beginn des Sprachwechsels von Latein zu<br />

Französisch angibt. "la date est une découverte récente du l'historien Serge Lusignan". Bibliographische<br />

Angaben aber fehlen.


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 50<br />

la chancellerie royale abandonne le latin pour le français, bien avant le célèbre<br />

édit de Villers Cotterêts de François 1er qui, en proclamant la nécessité de rédiger<br />

tous les actes publics en langaidge maternel François, ne fait que confirmer une<br />

pratique vieille de deux siècles. (Raunet in Raymond und Lafrance, 2001, S. 74)<br />

Das königliche Justizministerium gibt das Latein zugunsten des Französischen<br />

auf, lange vor dem berühmten Edikt von Villers-Cotterêts von François 1er, der,<br />

durch die Verlautbarung der Notwendigkeit, alle öffentlichen Schriftstücke in<br />

Französisch zu verfassen, lediglich eine zwei Jahrhunderte alte Praxis bestätigt.<br />

Ende XV./ Anfang XVI. Jahrhundert: Entstehung der "occasionnels"<br />

Nachdem das erste Buch des "Westens" 2 1473 in Lyon erschienen war, erblickten neue<br />

Druckerzeugnisse das Licht der Welt: die Vorgänger der heutigen "Periodika", die<br />

"occasionnels" - Gelegenheitsblätter entstanden. Anfangs erschienen sie nur in<br />

unregelmäßigen Intervallen. In Frankreich waren die ersten "occasionnels" 8 bis 16seitige<br />

Blätter, die alle möglichen Arten von Sensationen verbreiteten. (Jeanney, 1996,<br />

S. 25)<br />

1631 La Gazette<br />

Erst Anfang des 17. Jahrhunderts breitete sich das Phänomen der periodischen Presse,<br />

ausgehend von den Niederlanden, in Europa aus. In Frankreich erschien die erste<br />

Wochenzeitschrift, herausgegeben von Théophraste Renaudot unter dem Namen "La<br />

Gazette", 1631. Sie bestand aus 4 Blättern und hatte eine Auflage von 300 bis 800<br />

Stück. (Jeanney, 1996, S. 27)<br />

1635 Gründung der Académie française<br />

1635 gründete Kardinal Richelieu die Académie française. Sie entstand durch die<br />

Vereinnahmung einer kleinen Gesellschaft von Literaten, die sich schon vor der<br />

"Gründung" der Académie für die Situation der französischen Sprache interessiert hatte,<br />

durch die staatliche Autorität. Ziel der Überwachung der Sprache wurde es, den Diskurs<br />

- die élocution zu regeln, Ordnung - ordre in die Sprache und in die Sprachverwendung<br />

zu bringen sowie zu Klarheit - pureté zu verpflichten. Seguin resümiert, seit der Klassik<br />

bestehe die Meinung, die französische Sprache sei ein fragiles Wesen, welches man<br />

ständig überwachen und regeln müsse.<br />

2 im Gegensatz zu China, wo die Druckkunst bereits seit mehreren Jahrunderten dank der Dynastie der<br />

T'ang (618-907) bekannt war (Jeanney 1996, S. 25)


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 51<br />

À l'époque classique on s'est convaincu une fois pour toutes que notre langue est<br />

un être fragile qu'il faut sans cesse surveiller et régler. (Seguin in Chaurand 1999,<br />

S. 232)<br />

18. Jahrhundert<br />

Die sprachpolitischen Bemühungen Richelieus erlebten erst nach dessen Tod ihren<br />

Höhepunkt. Vor allem dem Theater Racines und der Idealisierung der klaren Sprache<br />

Racines durch Voltaire verdankt die französiche Nation ihr Ideal der "langue classique".<br />

(Seguin in Chaurand 1999, S. 240) Dieses Ideal wird komplettiert durch eine<br />

Selbstdarstellung der französischen Nation als die zivilisierteste aller Nationen. Erfreut<br />

wird die Darstellung des Französischen als universelle Sprache durch Rivarol<br />

aufgenommen, welcher 1784 in seinem Essai Discours sur l'universalité de la langue<br />

française die Vormachtstellung Frankreichs in der Welt mit der Klarheit, der Ordnung<br />

und der Logik der französischen Sprache in Verbindung bringt. Seguin kommentiert<br />

Rivarol a construit une image mythique de la langue française sur l'idée que son<br />

excellence est due à la clarté de l'ordre direct [...] traduction d'un ordre naturel de<br />

la pensée[...] (Seguin in Chaurand 1999, S. 262)<br />

Rivarol hat ein mythisches Bild der französischen Sprache konstruiert, basierend<br />

auf der Idee, dass sie ihre Exzellenz der Klarheit der direkten Ordnung verdanke,<br />

welche der Ausdruck einer natürlichen Ordnung der Gedanken sei.<br />

1777 Premier quotidien français, le Journal de Paris<br />

Neben den Periodika wie der Gazette, dem Journal des savants oder dem Mercure de<br />

France, die bis zur französischen Revolution ihren Einfluss nicht verlieren, erscheint<br />

1777 erstmals eine französische Tageszeitung, das Journal de Paris. Wie alle Zeitungen<br />

leidet auch sie unter dem Druck und der Zensur des Staates, die sich immer weiter<br />

verschlimmern. Trotz vorsichtigen Umgangs mit den politisch Mächtigen wird Le<br />

Journal de Paris mehrmals verboten. (Jeanney 1996, S. 54)<br />

1789 Die Französische Revolution<br />

Ein großes politisches Ereignis, jedoch ein Ereignis ohne revolutionären Einfluss auf<br />

die französische Sprache, ist die Französische Revolution.<br />

Rien n'a mieux préservé le modèle de Rivarol et de Voltaire qu'une politique<br />

linguistique visant à promouvoir une langue unique et déjà parfaite, sous réserve<br />

d'adaptations lexicales idéologiques. (Seguin in Chaurand 1999, S. 263)


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 52<br />

Nichts hat das Modell von Rivarol und Voltaire besser bewahrt als eine<br />

Sprachpolitik, die darauf abzielte, eine einzige und bereits perfekte Sprache,<br />

vorbehaltlich einiger ideologischer Adaptationen des Wortschatzes, zu verbreiten.<br />

Zur Verbreitung der Ideen der Revolution wie der Souveränität des Volkes, der Freiheit<br />

und Gleichheit aller Bürgerinnen und Bürger oder der Menschenrechte trug in<br />

erheblichem Maße auch die Presse bei. Besonders für das Revolutionsjahr 1788-1789<br />

verzeichnen Historiker einen explosionsartigen Anstieg der Periodika, und auch neue<br />

Tageszeitungen wurden gegründet. Jeanney sieht drei wesentliche neue Ideen, welche<br />

das zukünftige Verhältnis von Massenmedien, Staat und BürgerInnen prägen sollten:<br />

Die erste Idee ist, das Geheime sei verachtenswert und kontrarevolutionär.<br />

Le secret est par essence contre-révolutionnaire. Par conséquent, le régime<br />

nouveau se donne pour première ambition de permettre de mériter la transparence<br />

des affaires publiques. [...] Il faut que tout se passe en public, sous le regard<br />

attentif et sévère des citoyens. (Jeanney, 1996, S. 60)<br />

Das Geheimnis ist von Natur aus kontrarevolutionär. Deshalb hat das neue<br />

Regime den Ehrgeiz, die Transparenz öffentlicher Angelegenheiten zu<br />

ermöglichen und zu verdienen. [...] Alles muss in der Öffentlichkeit geschehen,<br />

unter den aufmerksamen und strengen Augen der BürgerInnen.<br />

Die zweite Idee ist jene der direkten Demokratie: Journalisten, die meisten waren<br />

Politiker der Revolution 3 , versuchten direkten Kontakt zwischen den LeserInnen/<br />

BürgerInnen und den Entscheidungsträgern herzustellen. Die Rubrik der Leserbriefe in<br />

der Revolutionspresse war wesentlich ausführlicher als wir uns heutige Leserbriefseiten<br />

vorstellen, der Austausch zwischen Volksvetretern und Volk war rege. Zudem<br />

fungierten die Leser und Leserinnen damals teilweise als KorrespondentInnen und<br />

BerichterstatterInnen ihrer Regionen.<br />

Roederer, zitiert von Jeanney, publizierte 1796 im Journal d'économie publique einen<br />

Artikel über die neuen Funktion der Presse für die Politik und das Volk:<br />

...on a découvert que les journaux sont de loin les liens les plus efficaces entre les<br />

représentants du peuple et du peuple lui-même, seuls à permettre que la<br />

souveraineté populaire s'exerce concrètement (Jeanney 1996, S. 62)<br />

...man hat entdeckt, dass die Zeitungen bei weitem die effizientesten Bindeglieder<br />

zwischen den Volksvertretern und dem Volk selbst sind, dass allein sie die<br />

konkrete Ausübung der Volkssouveränität ermöglichen.<br />

Roederer nannte 1796 fünf Gründe für die mächtige Rolle der Presse:<br />

3<br />

"Pour la première fois dans l'histoire de la France [...], la plupart des acteurs politiques importants se<br />

font journalistes" (Jeanney 1996, S. 59)


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 53<br />

Erstens die Regelmäßigkeit der Erscheinung der Zeitungen, zweitens ihre Verteilung<br />

durch die Schreier auf allen öffentlichen Plätzen, drittens die Einfachheit der Lektüre,<br />

viertens ihren geringer Preis und schließlich fünftens ihren leicht zugänglichen Stil.<br />

Die dritte Idee, die die Presse während der Französischen Revolution beherrschte, ist<br />

heute noch immer ein zentraler und viel diskutierter Bestandteil jeder Definition von<br />

Medien:<br />

elle [la presse en France sous la Révolution] ne constitue pas seulement un miroir<br />

du jeu politique, mais [...] elle en est un acteur central. (Jeanney 1996, S. 62)<br />

Die Presse ist nicht nur ein Spiegel des politischen Spiels, sie ist an ihm als<br />

zentrale Akteurin beteiligt.<br />

Zur Zeit der Revolution kann noch nicht von Beschleunigung der Geschichte die Rede<br />

sein, doch erleben die Menschen die Revolution mit einem Gefühl der ständigen<br />

Dringlichkeit und des rapiden Wechsels der Politik im Vergleich zum Ancien Régime<br />

(vgl. Jeanney, ebd.). Die Presse gibt den Rhythmus des Erlebens vor, sie strukturiert<br />

Themen und Wahrnehmung und macht bereits zum Zeitpunkt der Berichterstattung die<br />

französische Revolution in ihren Schlagzeilen zu einem sensationellen, unvergesslichen,<br />

immens wichtigen Ereignis der Menschheitsgeschichte.<br />

Selbstverständlich gab es auch eine Presse der Gegenrevolution und einer ihrer<br />

begabtesten Journalisten war Rivarol. Er war der wichtigste Redakteur des Journal<br />

politique et national und der Actes des Apôtres. In den Actes des Apôtres schrieb er<br />

beispielsweise:<br />

Sur vingt personnes qui parlent de nous, dix-neuf en disent du mal et la vingtième,<br />

qui en dit du bien, le dit mal. (Jeanney 1996, S. 76)<br />

Von zwanzig Personen, die von uns sprechen, sprechen neunzehn schlecht über<br />

uns, und die zwanzigste, die gut von uns spricht, sagt es schlecht.<br />

Doch auch während der Revolution war ein erheblicher Teil der Bevölkerung von der<br />

Massenkommunikation ausgeschlossen: Die weitgehend analphabetische<br />

Landbevölkerung konnte die Druckwerke weder lesen, noch kam sie in ihnen vor.<br />

Genau betrachtet wurden die Interessen der überwiegenden Bevölkerungsmehrheit<br />

einfach ausgeblendet. Sie waren nicht Teil der "opinion publique". (Jeanney 1996, S.<br />

64)


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 54<br />

1794 Enquête des Abbé Grégoire<br />

Die Enquête des Abbé Grégoire erhob die Anzahl und Verbreitung der verschiedenen<br />

"patois" - Dialekte auf französischem Staatsgebiet. Die Schlussfolgerung, die Abbé<br />

Grégoire in seinem Bericht zog, sollte sich verheerend auf die Regionalsprachen<br />

auswirken. Der Titel des Berichts lautete "Sur la nécessité et le moyens d'anéantir les<br />

patois et d'universaliser l'usage de la langue française" - "Von der Notwendigkeit und<br />

den Mitteln, die Patois zu vernichten und die Verwendung der französischen Sprache zu<br />

verbreiten" und läutete eine Ära der Bekämpfung der Minderheitensprachen ein.<br />

1833 Première revue bretonnante<br />

Das ABC de la langue française berichtet von der Gründung der ersten Zeitschrift, die<br />

sich der Pflege und der Erhaltung des Bretonischen widmete. Die Vernichtung der<br />

Patois ging offensichtlich nicht vollkommen widerstandsfrei vor sich, besonders gegen<br />

Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts sind Gründungen von Zeitschriften in<br />

Regionalsprachen, Erscheinen von Grammatiken und 1870 auch eine Petition vor dem<br />

Gesetzgeber für die Regionalsprachen zu verzeichnen. (vgl. ABC, op.cit.)<br />

1881 Lois Ferry und Loi du 29 juillet<br />

Die Lois Ferry führten den kostenlosen, verpflichtenden und laizistischen Unterricht in<br />

Frankreich - "l'enseignement gratuit, obligatoire et laïque en France" ein. Weniger<br />

bekannt ist ein zweites Gesetz desselben Jahres: Durch das Gesetz vom 29. Juli 1881<br />

wurden bis dahin entstandene, auf 42 Gesetzestexte verteilte, 300 Artikel zu einem<br />

Gesetz zusammengefasst, das erstmals die Publikationsfreiheit und die Freiheit der<br />

Verbreitung von Information regelte. Von nun an wurden diese Freiheiten als absolut<br />

angenommen und administrativ kaum beschränkt. "La liberté de publication et la liberté<br />

de diffusion y sont posées comme absolues avec très peu de formalités administratives."<br />

(Jeanney, 1996, S. 114)<br />

1908 1. Radiosendung von der Tour Eiffel<br />

Die Geburt des Radios ist mit Beginn des 20. Jahrhunderts anzusetzen: In Paris wird die<br />

erste Radiosendung 1908 vom Eiffelturm aus ausgestrahlt (und rettet diesen damit vor<br />

dem Abriss - vgl. Jeanney 1996, S. 146). Zu Beginn der 20er Jahre sind die technischen<br />

Entwicklungen so weit fortgeschritten, dass an unidentifizierte Empfänger gesendet<br />

werden kann. Der technische Fortschritt scheint rasend im Vergleich zur Entwicklung


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 55<br />

der Presse, 1935 gibt es in Frankreich 1,9 Millionen Radioempfänger, 1937 bereits 4<br />

Millionen und 1939 5,2 Millionen.<br />

Die Rolle, die das Radio schließlich während des Zweiten Weltkriegs eingenommen<br />

hat, begründet das heute noch große Misstrauen gegenüber den Wirkungen der<br />

Massenkommunikation. Zu leicht war es für die Propagandamaschinerie, mittels Radio<br />

in die Wohnzimmer der Menschen einzudringen und die Massen zu manipulieren.<br />

1949 Beginn des Fernsehens, die RDF wird zur RTF<br />

Nach dem zweiten Weltkrieg, in den 50er Jahren, erreichte eine zweite mediale<br />

Revolution die Haushalte: Nicht nur Ton, sondern auch bewegte Bilder kamen nun mit<br />

dem Fernsehen in die Familien. Die französische Gesellschaft für Radiodiffusion -<br />

Radio Diffusion Française (RDF) wurde zur Radio Télévision Française (RTF) und<br />

Massenkommunikation wurde staatlich geregelt. (Almeida und Delporte 2003, S. 153)<br />

Broudic zitiert einen interessanten und nicht seltenen Eindruck des bretonischen<br />

Medienexperten Gérard Le Febvre, der nach dreißig Jahren Fernsehkonsum zu dem<br />

Schluss kommt:<br />

la télévision centraliste d'Etat a fait son oeuvre: elle a laminé les cultures et<br />

langues régionales. Elle tend même à atténuer les accents régionaux. Dans mon<br />

enfance des années 50 en Bretagne, beaucoup de gens de la campagne ne parlaient<br />

que le breton. Aujourd'hui, au bout de trente-cinq ans de télévision à raison de<br />

plus de deux heures de langue française consommée par jour et par individu, la<br />

langue bretonne est entrée au musée. [...] il aura suffi de quelques années de<br />

télévision pour parachever une oeuvre de centralisme technocratique qu'il avait<br />

fallu des siècles pour construire. (LeFebvre 1987, S. 111 zit. nach Broudic 1995,<br />

S. 358)<br />

Das zentralistische Staatsfernsehen hat gewirkt: es hat die regionalen Kulturen<br />

und Sprachen niedergewalzt. Es tendiert sogar dazu, die regionalen Akzente<br />

abzuschwächen. In meiner Kindheit während der 50er Jahre in der Bretagne<br />

sprachen viele Menschen am Land ausschließlich bretonisch. Heute, nach 35<br />

Jahren Fernsehen und auf Grund von mehr als zwei Stunden Französischkonsum<br />

pro Tag und pro Person, ist die bretonische Sprache im Museum gelandet. [...]<br />

Wenige Jahre Fernsehen haben genügt, um ein Werk technokratischen<br />

Zentralismus zu beenden, das während mehrerer Jahrhunderte aufgebaut worden<br />

ist.<br />

Auch Steiner berichtet Ähnliches über die Auswirkungen des Fernsehens auf das<br />

Baskische: Die neuen Kommunikationsformen verändern die Einstellungen der<br />

Sprecher und Sprecherinnen.


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 56<br />

Sprache und Ideologie des Staates fanden mit Radio und Fernsehen Eingang in<br />

jeden baskischen Haushalt. Bei jener Generation, die als erste mit den<br />

audiovisuellen Medien aufgewachsen war, ließ sich der bisher stärkste Rückgang<br />

der baskischen Sprache feststellen, denn mit Auftreten der neuen Medien lief die<br />

Staatssprache der Regionalsprache den Rang ab. (Steiner 1990, S. 24)<br />

1951 Loi Deixonne<br />

Mit der Loi Deixonne wurde den Regionalsprachen und Dialekten erstmals ein<br />

Existenzrecht zugebilligt, sie wurden erstmals offiziell anerkannt. (vgl. McGonagle,<br />

Noll, Price 2003, S. 207). Konkret erlaubte die Loi Deixonne die Verwendung der<br />

Regionalsprachen im Unterricht mit dem Argument, dass die Verwendung der<br />

Regionalsprachen das Erlernen der französischen Sprache erleichtern würde. Im Jahr<br />

1951 war es außerhalb der région parisienne noch keine Seltenheit, eine andere<br />

Muttersprache als Französisch zu sprechen, was sich schlagartig ändern sollte.<br />

1958 Die Verfassung der fünften Republik<br />

Die Verfassung der fünften Republik von 1958 unterlässt absichtlich jede Anerkennung<br />

von "Minderheiten" und stellt sich Gemeinschaftsbildungen entgegen. Die Verfassung<br />

erkennt keine Zugehörigkeiten zu Gruppen, welche sich nach kulturellen, ethnischen,<br />

religiösen oder sprachlichen Merkmalen definieren, an. Aus Sicht der Verfassung setzt<br />

sich das französische Volk ausschließlich aus Bürgerinnen und Bürgern ohne<br />

Unterscheidung nach Herkunft, Rasse oder Religion zusammen. (vgl. McGonagle, Noll,<br />

Price 2003, S. 206)<br />

1971 Erste Fernsehsendung in bretonischer Sprache<br />

1971 kam es zur ersten Fernsehsendung in bretonischer Sprache im staatlichen<br />

Fernsehen, dem Magazin "Breizh o veva", das alle zwei Wochen 15 Minuten auf<br />

bretonisch sendete.<br />

1975 Loi Bas/Lauriol<br />

Die Loi Bas/Lauriol betraf die ausschließliche Verwendung der Französischen Sprache<br />

in Frankreich. Das Gesetz schrieb erstmals, in seinem Artikel 1, die ausschließliche<br />

Verwendung der französischen Sprache in der Werbung und in den Medien - Fernsehen<br />

und Radio werden explizit genannt - vor.<br />

[...]l'emploi de la langue française est obligatoire. Le recours à tout terme étranger<br />

ou à toute expression étrangère est prohibé lorsqu'il existe une expression ou un


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 57<br />

terme approuvés [...]. Le texte français peut se compléter d'une ou plusieurs<br />

traductions en langue étrangère. Les mêmes règles s'appliquent à toutes<br />

informations ou présentations de programmes de radiodiffusion et de télévision,<br />

sauf lorsqu'elles sont destinées expressément à un public étranger. (loi N° 75-1349<br />

du 31 décembre 1975, http://www.culture.gouv.fr/culture/dglf , 15.11.2003)<br />

[...] die Verwendung der französischen Sprache ist verpflichtend. Verwendung<br />

eines jeden fremdsprachigen Wortes oder eines jeden fremdsprachigen Ausdrucks<br />

ist verboten, wenn es dafür ein anerkanntes Wort oder Ausdruck gibt [...]. Der<br />

französische Text kann von einer oder mehreren fremdsprachigen Übersetzungen<br />

ergänzt werden. Dieselben Regeln finden Anwendung auf alle Informationen oder<br />

Präsentationen von Radio- oder Fernsehprogrammen, außer, wenn diese direkt an<br />

ein ausländisches Publikum gerichtet sind.<br />

Weil die Durchsetzungskraft dieses Gesetzes, das vor allem darauf abzielte, die<br />

französische Sprache vor den zunehmenden Anglizismen zu schützen, zu gering war,<br />

wurde das Gesetz 1994 von der Loi Toubon abgelöst.<br />

1981 Regierungsantritt Mittérands - neue Minderheitenpolitik<br />

Mit dem Regierungsantritt Mittérands schien Hoffnung auf Besserung für die<br />

Minderheitensprachen aufzukommen: Mittérand versprach "les langues et cultures<br />

minoritaires seront respectées et enseignées" - "Die Minderheitensprachen und -kulturen<br />

werden respektiert und gelehrt werden." (ABC de la langue française,<br />

http://languefrançaise.free.fr/histoire/chronologie_histoire.htm , 15.11.2003)<br />

1982 Abschaffung des staatlichen Rundfunkmonopols<br />

1982 wurde, nachdem der Druck auf die Regierung zu groß geworden war, das<br />

Rundfunkmonopol des Staates abgeschafft. Bis 1982 waren alle Radio- und<br />

Fernsehsendungen in Paris und von Paris produziert worden, es war für die<br />

Minderheiten schon rein geographisch ein Problem, Zugang zu den audiovisuellen<br />

Medien zu bekommen. Im Zuge der Rundfunkreform kam es zur lange erwarteten<br />

Liberalisierung und Dezentralisierung der audiovisuellen Medien. Dadurch konnten<br />

auch einige Radiosender für sprachliche Minderheiten gegründet werden. Steiner<br />

schreibt, "Im Rückblick lässt sich erkennen, daß sich die Situation der Regionalsprachen<br />

im staatlichen Radio und im Fernsehen mit dem Mediengesetz von 1982 erstmals<br />

prinzipiell verbessert hat." (Steiner 1990, S. 52)


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 58<br />

1982 Änderung des cahier des missions et des charges von France 3<br />

Im selben Jahr erfuhr auch France 3 eine Änderung seines Programmauftrages - des<br />

"cahier des missions et des charges". Von nun an hatte France 3 den Auftrag, die<br />

Regionalsprachen zu unterstützen - "soutenir l'expression des langues régionales" (ABC<br />

de la langue française, http://languefrançaise.free.fr/histoire/chronologie_histoire.htm ,<br />

15.11.2003)<br />

1985 Conseil national des langues et cultures régionales - ein Flop<br />

1985 wurde der nationale Rat der Regionalsprachen und -kulturen gegründet. Dieser<br />

Rat tagte jedoch nur zweimal und war kurz nach seiner Gründung arbeitsunfähig. Bei<br />

den Premières Assises nationales des langues de France im Oktober 2003 äußerte Jean-<br />

Jacques Aillagon, Minister für Kultur und Kommunikation, den Wunsch, den Conseil<br />

national des langues et cultures régionales zu reaktivieren.<br />

1986 Loi relative à la liberté de la communication<br />

Im Gesetz zur Kommunikationsfreiheit, das bis dato in Grundzügen gültig ist, erhält der<br />

CSA - Conseil Supérieur de l'Audiovisuel den Auftrag, die Verteidigung und die<br />

Darstellung der französischen Sprache und Kultur in den audiovisuellen Medien zu<br />

gewährleisten.<br />

1987 Radio France: Änderung des Programmauftrags<br />

1987 wurde auch der Programmauftrag von Radio France aktualisiert: Radio France<br />

bekam die Aufgabe, Zugang zu den Medien und Information für die<br />

Kulturgemeinschaften zu gewährleisten. Darüber hinaus wurde festgelegt, dass die<br />

Lokalen Radiostationen von Radio France zur "expression des langues régionales" -<br />

zum Ausdruck der Regionalsprachen beitragen sollen. (Decret N°87-717 vom<br />

28.9.1987, zit. nach McGonagle, Noll, Price 2003, S. 209)<br />

1990 Gründung des zweisprachigen Fernsehkanals ARTE<br />

1990 begann die deutsch-französische Zusammenarbeit im Rahmen des zweisprachigen<br />

Fernsehsenders und Kulturkanals ARTE.


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 59<br />

1992 Verfassungsänderung<br />

Für die Minderheiten Frankreichs war die Änderung der Verfassung Frankreichs am 15.<br />

Juni 1992 ein Rückschritt: Dem Artikel 2 der Verfassung wurde der Satz "la langue de<br />

la république est le français" - "Die Sprache der Republik ist Französisch" hinzugefügt.<br />

1994 Loi Toubon<br />

1994 trat ein neues Gesetz zur Verwendung der französischen Sprache in Kraft, das die<br />

loi Bas/Lauriol ersetzte. Die gesetzlichen Eingriffe in die Sprachverwendung fielen<br />

wesentlich umfangreicher aus und der Gesetzgeber sah auch Strafen vor. Von den<br />

Medien und der Öffentlichkeit wurde das Gesetz äußerst kritisch aufgenommen. Artikel<br />

21 der Loi Toubon sieht jedoch auch vor, dass die gesetzlichen Bestimmungen, welche<br />

zur Verwendung der französischen Sprache verpflichten, die Gesetze zur Verwendung<br />

der Regionalsprachen nicht außer Kraft setzen.<br />

1999 Rapport Cerquiglini<br />

Bereits 1992 war vom Europarat die Charta der Regional- und Minderheitensprachen<br />

vorgelegt worden. 1998 beauftragten schließlich Cathérine Trautmann (Ministerin für<br />

Kultur und Kommunikation) und Claude Allègre (Minister für Erziehung, Wissenschaft<br />

und Technologie) Bernard Cerquiglini, den Direktor des Institut National de la Langue<br />

Française und ersten Délégue général der 1989 gegründeten Délégation Générale à la<br />

Langue Française (DGLF, heute DGLFLF), einen Bericht über die Regional- und<br />

Minderheitensprachen Frankreichs zu verfassen. Denn bei der Unterzeichnung der<br />

Charta mussten Sprachen genannt werden, die in den Genuss der<br />

Förderungsmaßnahmen kommen sollten. Bernard Cerquiglini listet in seinem Bericht<br />

zehn autochtone Sprachen bzw. Sprachgruppen auf französischem Staatsgebiet 4 , dem<br />

Gebiet der "France Métropolitaine" auf, die in die Regionalsprachenpolitik der<br />

Délégation générale à la langue française et aux langues de France eingebunden<br />

werden. Diese Liste ist wesentlich ausführlicher als alle anderen Auflistungen zu den<br />

Minderheitensprachen Frankreichs und wird von offizieller Seite anerkannt. Die Idiome<br />

werden nicht als "Minderheitensprachen" sondern, entsprechend der französischen<br />

Haltung, als "langues de France" - Sprachen Frankreichs bezeichnet. In der<br />

Veröffentlichung der Délégation générale à la langue française et aux langues de<br />

4 siehe Kapitel 8.2


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 60<br />

France anlässlich der Premières Assises nationales des langues de France "Des langues<br />

plein les poches. Les langues de France" sind schließlich neun Sprachen zu finden, da<br />

das Fränkische mit dem Elsässischen unter "l'alsacien" zusammengefasst wird.<br />

1999 Unterzeichnung der Charte européenne des langues régionales ou<br />

minoritares<br />

1999 unterzeichnete Frankreich schließlich die Europäische Charta für Regional- und<br />

Minderheitensprachen, die aber nie ratifiziert wurde. Der Grund dafür ist Artikel zwei<br />

der französischen Verfassung "la langue de la République est le français". Die<br />

Ratifizierung der Charta wurde für verfassungswidrig erklärt.<br />

2001 Start von TV Breizh<br />

Im Jahr 2001 kam es schließlich, zwanzig Jahre nach Abschaffung des französischen<br />

Rundfunkmonopols zur Gründung des ersten Fernsehsenders in einer Regionalsprache:<br />

TV Breizh (siehe auch dazu Artikel im Anhang). Im selben Jahr wurden Name und<br />

Mission der Délégation générale à la langue française erweitert: Die DGLF LF - et aux<br />

langues de France - erhielt den Auftrag, die kulturelle und sprachliche Vielfalt<br />

Frankreichs zu unterstützen und zu fördern.<br />

Man könnte noch viele weitere Schlüsseldaten aus der Sprachen- und Mediengeschichte<br />

Frankreichs zitieren, doch trotz ihrer Unvollständigkeit kann diese Übersicht vielleicht<br />

vermitteln, dass der Mythos der einheitlichen französischen Sprache sich gegenüber<br />

einer weitaus differenzierteren Realität durchgesetzt hat und dass Medien und<br />

Medienpolitik zu einem erheblichen Teil zur heutigen sprachlichen Situation in<br />

Frankreich beigetragen haben.<br />

9.2 Sprachpolitik heute<br />

Die jüngste Etappe der französischen Sprachpolitik sind die Premières Assises<br />

nationales des langues de France - die erste nationale Konferenz der Sprachen<br />

Frankreichs. Dieses Ereignis hat gute Chancen, ein neuer Meilenstein und Fixpunkt in<br />

dem neuen Mythos der französichen Sprach- und Kulturvielfalt - der "diversité<br />

culturelle et linguistique" - zu werden.


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 61<br />

2003 Premières Assises nationales des Langues de France<br />

Die erste nationale Konferenz der Sprachen Frankreichs fand am 4. Oktober 2003 in der<br />

Cité des Sciences in Paris statt. Eingeladen waren Vertreter und Vertreterinnen aller<br />

"Sprachen Frankreichs" - aller Regionalsprachen, aller staatenlosen Sprachen, der<br />

Sprachen der Immigration sowie der Gehörlosensprache. Die Einladung erfolgte durch<br />

den Kultur- und Kommunikationsminister Jean-Jacques Aillagon, der sich selbst als<br />

Verfechter der Regionalsprachen präsentierte.<br />

Nach zwei "Tables rondes" am Vormittag wurden die Teilnehmer und Teilnehmerinnen<br />

der Konferenz eingeladen, sich in so genannten "Ateliers" konkreten Thema zu widmen.<br />

Neben traditionellen Diskussionsthemen im Rahmen der<br />

Minderheitensprachproblematik wie der Schule und der Terminologie gab es auch<br />

Ateliers zum Thema Medien, Verlagswesen (Buch, Ton und Bild) sowie "spectacle<br />

vivant", das von Ballett bis Variété alles umfasste.<br />

Die Premières Assises nationales des langues de France können durchaus als<br />

historisches Moment in der Sprachengeschichte Frankreichs betrachtet werden. Sie<br />

waren eine öffentliche Bekundung der neuen Haltung der Politik Frankreichs gegenüber<br />

seinen Minderheitensprachen und ermöglichten erstmals zumindest den Ansatz eines<br />

öffentlichen Dialoges zwischen Minderheiten und Politik.<br />

Bemerkenswert war auch, dass Aillagon die Gelegenheit nützte, um öffentlich die<br />

Zuständigkeit des Kultur- und Kommunikationsministeriums für die regionalen<br />

Minderheitensprachen zu erklären, welche lange Zeit als Aufgabenbereich des<br />

Erziehungsministeriums galten. Aillagon sagte, er wünsche sich mehr Zusammenarbeit<br />

zwischen den einzelnen Ministerien, um die Aufgabe, das kulturelle Erbe Frankreichs<br />

und seine sprachliche Vielfalt bestmöglich zu schützen, besser zu erfüllen. Am Ende der<br />

Veranstaltung stellte er eine neuerliche Konferenz der Sprachen Frankreichs in Aussicht<br />

und kündigte an, den 1985 gegründeten und sogleich wieder begrabenen Conseil<br />

national des langues et cultures régionales mit neuen Kompetenzen und Aufgaben<br />

auszustatten und ihn zu reaktivieren.<br />

Selbstverständlich gab es auch Kritik an der Konferenz. Sie kam vor allem von Seiten<br />

der Wissenschaft sowie auch von den Vertretern und Vertreterinnen der Minderheiten:


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 62<br />

Kritik an den Premières Assises nationales des langues de France<br />

Von Seiten der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen wurde an den Assises im<br />

Rahmen eines offiziellen Treffens mit der DGLFLF am Vorabend der Assises folgende<br />

Kritik vorgebracht:<br />

1. keine WissenschaftlerInnen unter den TeilnehmerInnen an den<br />

Podiumsdiskussionen. Unter den Teilnehmern und Teilnehmerinnen der Tables rondes<br />

am Vormittag, zusammengesetzt aus MinderheitenvertreterInnen und PolitikerInnen,<br />

seien keine WissenschaftlerInnen vertreten.<br />

2. Keine WissenschaftlerInnen unter den LeiterInnen der Ateliers.<br />

Die Ateliers am Nachmittag hätten zumindest teilweise von "universitaires" -<br />

Universitätsangehörigen, ForscherInnen geleitet werden können. Die OrganisatorInnen<br />

bevorzugten AtelierleiterInnen aus der Praxis.<br />

3. Schlechte Öffentlichkeitsarbeit<br />

Die Öffentlichkeitsarbeit für die Assises und für die Sprachenvielfalt im Allgemeinen<br />

sei schlecht. Während Francophonie ein gerne und häufig aufgegriffenes Thema sei,<br />

seien JournalistInnen an den langues de France nicht interessiert. Hier sei Werbung und<br />

Aufklärungsarbeit zu betreiben, auch in den Journalismusschulen. Es müsse klar<br />

werden, dass die sprachliche Vielfalt eine Angelegenheit der gesamten Gesellschaft sei.<br />

Ein Beispiel: Der erste Presseartikel zu den Assises erschien erst am Vortag der Assises<br />

in Le Monde. Daher die Kritik, die Assises erregten zu wenig Aufmerksamkeit und<br />

würden von der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen.<br />

4. Um die öffentliche Meinung zu beeinflussen, muss die Sprachenvielfalt<br />

Frankreichs einen Stellenwert in der Berichterstattung der nationalen, nicht nur<br />

der regionalen Medien erlangen.<br />

Wenn überhaupt über langues de France oder die langues régionales berichtet würde,<br />

dann lediglich in der Regionalpresse. Entgegen der gängigen Meinung sei es jedoch<br />

gerade von Bedeutung, dass die Angelegenheiten der Sprachen Frankreichs in die<br />

nationale Presse und in den nationalen Rundfunk gelangen - "les médias nationaux sont


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 63<br />

une cible fondamentale", weil sie, nicht die Regionalpresse, Meinungen beeinflusse. "la<br />

presse régionale ne fait pas d'opinion".<br />

5. Sprachliche Vielfalt muss als Angelegenheit der gesamten Gesellschaft erkannt<br />

werden.<br />

Es müsse, besonders im Rahmen der Dezentralisierungspolitik begonnen werden, co-,<br />

trans- und interregionale Zusammenarbeit aufzubauen, damit die Regionalsprachen am<br />

Ende nicht einfach vom Staat auf die Regionen abgeschoben werden. Nochmals: die<br />

sprachliche Vielfalt muss als Angelegenheit der gesamten Gesellschaft erkannt werden,<br />

statt als "exotisme" - Exotismus behandelt zu werden.<br />

Am Ende der Assises zeigten sich die VertreterInnen der Minderheiten größtenteils<br />

zufrieden mit der beginnenden Diskussion, doch es wurden auch Bedenken und<br />

Wünsche geäußert:<br />

6. Ein Tag ist zu kurz<br />

Die Premières Assises nationales des langues de France dauerten genau einen Tag. Mit<br />

zwei tables rondes am Vormittag und fünf parallel laufenden, etwa eineinhalb-stündigen<br />

Ateliers könne zwar ein erster Eindruck der Situation der Sprachen Frankreichs<br />

gewonnen werden, doch eine seriöse Diskussion, die sich auch mit Lösungsansätzen<br />

beschäftigen wolle, könne nur im Rahmen einer längeren Tagung stattfinden.<br />

7. Konferenz von oben bestimmt<br />

Die zweite große Kritik an den Assises bestand darin, dass die Minderheiten nicht in die<br />

Vorbereitung der Assises miteinbezogen worden seien. Die nächsten Assises, so<br />

mehrere Meldungen aus dem Publikum, sollten von den regionalen Organisationen und<br />

den VertreterInnen der einzelnen Sprachen organisiert werden.<br />

Resumée der Konferenz von offizieller Seite<br />

Die DGLFLF geht in ihrer Zusammenfassung der Premières Assises nationales des<br />

langues de France stark auf die Situation und die Forderungen der Minderheiten ein 5 .<br />

5 Die vollständige Zusammenfassung befindet sich im Anhang und kann auch im Internet unter<br />

http://www.culture.gouv.fr/culture/dglf unter dem Menüpunkt "les langues de France" - "compte rendu<br />

des assises" (15.11.2003) abgerufen werden.


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 64<br />

Die Forderungen, die in dieser Zusammenfassung von offizieller Seite präsentiert<br />

werden - eine Verbesserung der gesetzlichen Lage der Minderheiten, eine Übergabe der<br />

Schulpolitik an die Regionen selbst, eine Verbesserung der Programmaufträge der<br />

öffentlich-rechtlichen Medien und eine Bereitstellung von Mitteln der Modernisierung<br />

für die Minderheitensprachen - zeigen deutlich den Kurswechsel in der französischen<br />

Sprachpolitik.


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 65<br />

10. Die Regelung der französischen Sprache im Bereich der audiovisuellen Medien<br />

10.1 Die Délégation générale à la langue française et aux langues de France<br />

Die Entstehung und Entwicklung der DGLFLF<br />

Die Entstehungsgeschichte der DGLFLF veranschaulicht die Entwicklung der<br />

französischen Sprachpolitik. Diese hat sich in den letzten Jahren den autochtonen<br />

Minderheitensprachen geöffnet, welche in Frankreich konsequent gemeinsam mit<br />

staatenlosen Sprachen, Gebärdensprache und Sprachen der Immigration unter der<br />

Bezeichnung "langues de France" zusammengefasst werden. 6<br />

Die DGLFLF vermerkt die Gründung des Haut Comité pour la défense et l'expansion<br />

de la langue française am 31. März 1966 als Beginn ihrer Entstehungsgeschichte. Das<br />

Haut Comité war direkt dem Premierminister unterstellt.<br />

Das Dekret vom 31. März 1966 wurde durch das Dekret vom 24. Januar 1973<br />

abgeändert. Die nunmehr Haut Comité de la langue française genannte Institution blieb<br />

weiterhin dem Premierminister direkt unterstellt. Zusätzlich zu diesem Haut Comité<br />

wurde am 7. März 1975 ein Service des affaires francophones unter der Obhut des<br />

Außenministeriums gegründet.<br />

Am 9. Februar 1984 wurde das Haut Comité de la langue française zum Commissariat<br />

général de la langue française, weiterhin zur Disposition des Premierministers.<br />

Zusätzlich entstand ein Comité consultatif de la langue française sowie am 12. März<br />

desselben Jahres der Haut Conseil de la Francophonie, dessen Vorsitz der Präsident der<br />

Republik, damals François Mittérand, innehat.<br />

Am 2. Juni 1989 wurde das Commissariat général de la langue française, weiterhin<br />

eine Institution zur Verfügung des Premierministers, zur Délégation générale à la<br />

langue française. Daneben entstand im Zuge desselben Gesetzes der Conseil supérieur<br />

de la langue française. Der Conseil supérieur ist den Belangen und verschiedenen<br />

Staatssekretären für Frankophonie und kulturelle Angelegenheiten unterstellt, sein<br />

zweiter Vizepräsident nach der Amtsperiode von Bernard Quemada war Bernard<br />

6 Eine detaillierte Chronologie der Entstehung der DGLFLF inclusive sämtlicher PräsidentInnen ist im<br />

Internet unter der Adresse http://www.culture.gouv.fr/culture/dglf/lois/archives/histoire2.htm<br />

(17.11.2003) zu finden. Im Anhang befindet sich ein von der DGLFLF erstelltes Schaubild ihrer<br />

Entwicklung.


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 66<br />

Cerquiglini, der davor, von 1989 bis 1993, der erste Délégué général der DGLF<br />

gewesen war.<br />

Während der Amtsperiode von Anne Magnant (1993 - 2001) wurde die Délégation<br />

générale à la langue française 1996 dem Kulturministerium unterstellt.<br />

Im Oktober 2001 schließlich wurde aus der, bis auf weiteres dem Kultur- und<br />

Kommunikationsministerium unterstellten, Délégation générale à la langue française<br />

(DGLF) die Délégation générale à la langue française et aux langues de France<br />

(DGLFLF).<br />

Ironie der Geschichte: Die neue Bezeichnung "Délégation générale à la langue<br />

française et aux langues de France" scheint sich bei den Abkürzungen liebenden<br />

Französinnen und Franzosen nicht durchzusetzen. Denn sie verursacht einige<br />

Schwierigkeiten bei der Aussprache. Die Lösung in der Gesprächssituation sind<br />

entweder schnellere und schlampigere Aussprache des vollen Namens der DGLFLF<br />

oder auch veschiedene Abkürzungsversuche. Im unangenehmsten und häufigsten Fall<br />

wird die "DGLFLF" im Gespräch als "DGLF" abgekürzt, die langues de France werden<br />

einfach gekappt. Und es ist nicht klar, ob die Bezeichnung der DGLFLF im Internet 7 ,<br />

wo nur das Kürzel "dglf" aufscheint, nur noch nicht aktualisiert oder bereits wieder<br />

abgekürzt wurde.<br />

Die aktuelle Situation der DGLFLF 8<br />

Die Délégation générale à la langue française et aux langues de France ist ein Teil des<br />

Ministeriums für Kultur und Kommunikation unter Jean-Jacques Aillagon.<br />

Die Aufgaben des Kulturministeriums sind im Dekret n° 97-713 vom 11.Juni 1997<br />

geregelt. Dessen Artikel 2 besagt<br />

Le ministre de la culture et de la communication, porte-parole du Gouvernement,<br />

prépare et met en oeuvre la politique du Gouvernement dans le domaine des<br />

médias.<br />

Der Minister für Kultur und Kommunikation, Sprecher der Regierung, bereitet die<br />

Politik der Regierung im Bereich der Medien vor und führt sie aus.<br />

7 z.B. die Hauptseite der DGLFLF im Internet: http://www.culture.fr/culture/dglf/ (16.11.2003)<br />

8 Die jüngste Fassung der Aufgaben und der Organisation der DGLFLF enthält der Arrêté du 11<br />

septembre 2003, der vollständig im Anhang bzw. im Internet unter<br />

http://www.adminet.com/jo/20030914/MCCB0300452A.html (16.11.2003) zu finden ist.


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 67<br />

Ebenso ist das Kultur- und Kommunikationsministerium für die Verbreitung der<br />

französischen Sprache zuständig: Artikel 3 der Verordnung besagt<br />

Le ministre de la culture et de la communication, porte-parole du Gouvernement,<br />

prépare et met en oeuvre les actions qui concourent à la diffusion, à l'emploi et à<br />

l'enrichissement de la langue française.<br />

Der Minister für Kultur und Kommunikation, Sprecher der Regierung, bereitet die<br />

Aktionen, welche die Verbreitung, die Verwendung und die Bereicherung der<br />

französischen Sprache betreffen, vor und führt sie aus.<br />

und im Artikel 7 derselben Verordnung folgt<br />

Pour l'exercice de ses attributions définies à l'article 3, le ministre de la culture et<br />

de la communication, porte-parole du Gouvernement, a autorité sur la délégation<br />

générale à la langue française.<br />

Für die Durchführung der in Artikel 3 definierten Zuständigkeiten hat der<br />

Minister für Kultur und Kommunikation, Sprecher der Regierung, die Autorität<br />

über die Délégation générale à la langue française.<br />

Die DGLFLF wird von einem Délégué général, derzeit Bernard Cerquiglini, geleitet.<br />

Einen Teil seiner Aufgaben übernimmt der Délégué général adjoint, derzeit Abraham<br />

Bengio. Ein Dokumentationszentrum unter der Leitung von Josseline Bruchet archiviert<br />

sämtliche Unterlagen und Arbeitsdokumente der DGLFLF, die die Sprachpolitik und<br />

sprachpolitische Handlungen betreffen, bereitet sie auf und stellt eine Auswahl an<br />

Literatur zu den Themen Sprache, Minderheitensprachen, Sprachen Frankreichs,<br />

Erziehung, Kultur, Europäische Union und vielem mehr zur Verfügung. Erst vor<br />

kurzem wurde innerhalb der DGLFLF das "Observatoire des pratiques linguistiques"<br />

gegründet, welches auch eine monatlich erscheinende Zeitschrift mit dem Titel "langues<br />

et cité" herausgibt. Seit der letzten Gesetzesänderung vom 11. September 2003 hat die<br />

Délégation générale à la langue française et aux langues de France fünf Aufträge -<br />

"missions", von denen drei direkt die französische Sprache betreffen:<br />

- la mission de l'emploi et de la diffusion de la langue française<br />

- la mission de la maîtrise de la langue française, de la lutte contre l'illettrisme et<br />

de l'action territoriale<br />

- la mission du développement et de la modernisation de la langue française<br />

(Arrêté du 11 septembre 2003, Article 2)<br />

- der Auftrag betreffend die Verwendung und Verbreitung der französischen<br />

Sprache<br />

- der Auftrag betreffend die Beherrschung der französischen Sprache, den Kampf<br />

gegen den Analphabetismus und die Aktionen innerhalb des Staatsgebietes


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 68<br />

- der Auftrag betreffend die Entwicklung und die Modernisierung der<br />

französischen Sprache.<br />

Die DGLFLF entspricht in ihrer Organisationsstruktur exakt diesen, durch das Gesetz<br />

zugeteilten, Aufgabenbereichen 9 .<br />

Die sprachpolitischen Ziele der DGLFLF<br />

Die sprachpolitischen Ziele sind ebenso gesetzlich festgelegt. Dem Arrêté vom<br />

11.9.2003 sind folgende sprachpolitische Ziele und Aufgaben zu entnehmen (arrêté du<br />

11 septembre 2003, Articles 3, 4 et 6):<br />

Die Délégation générale à la langue française et aux langues de France<br />

- veille à l'application de la loi du 4 août 1994 [...] et élabore le rapport annuel au<br />

Parlement prévu par la loi;<br />

- überwacht die Umsetzung der loi Toubon und erstellt den jährlichen,<br />

von Gesetz vorgesehenen, Bericht an das Parlament;<br />

- favorise l'emploi et la diffusion de la langue française, les actions en faveur de la<br />

francophonie ainsi que la promotion du plurilinguisme;<br />

- fördert die Verwendung und die Verbreitung der französischen Sprache,<br />

die Aktionen zugunsten der Francophonie und das Voranschreiten der<br />

Mehrsprachigkeit;<br />

- coordonne aux échelons ministériels et interministériel les actions en faveur du<br />

français dans le monde et dans les organisations internationales.<br />

- koordiniert auf ministerieller und interministerieller Ebene die Aktionen<br />

zugunsten des Französischen in der Welt und in den internationalen<br />

Organisationen.<br />

- coordonne [...] la politique de maîtrise du français et de lutte contre l'illettrisme;<br />

- koordiniert die Politik zur Beherrschung der französischen Sprache und<br />

zur Bekämpfung des Analphabetismus;<br />

- anime [...] la politique de déconcentration et de conduite des programmes de<br />

coopération linguistique avec les collectivités territoriales.<br />

9<br />

dies zeigt ein Blick auf das Organigramm der DGLFLF: http://www.culture.gouv.fr/culture/dglf ,<br />

16.11.2003, Menüpunkt Organigramm


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 69<br />

- leitet [...] die Politik der Dekonzentration und der Durchführung von<br />

Programmen zur Zusammenarbeit in Sprachfragen mit den<br />

Gebietskörperschaften.<br />

- coordonne l'ensemble du dispositif d'enrichissement de la langue française et,<br />

notemment, les travaux des commissions spécialisées de terminologie et de<br />

néologie, dont elle favorise la diffusion;<br />

- koordiniert die gesamte Politik des Ausbaus der französischen Sprache<br />

und besonders die Arbeiten der Terminologie- und<br />

Neologiekommissionen, deren Verbreitung sie unterstützt;<br />

- assure la présence du français et la diversité linguistique dans les technologies de<br />

l'information.<br />

- garantiert die Präsenz des Französischen und die sprachliche Vielfalt in<br />

den Informationstechnologien.<br />

Diese gesetzlich verankerten Aufträge an die DGLFLF umfassen verschiedenste Felder<br />

von Sprachpolitik und Sprachplanung. Ein wesentlicher, nicht explizit erwähnter Motor<br />

für die französische Sprachpolitik neben der Sprachqualität (Register, Vokabular,<br />

Grammatik) ist die Angst vor der Übermacht der Anglizismen. Die Hauptgegnerin, vor<br />

der die französische Sprache geschützt werden muss und mit der sie international und<br />

national um Prestige und Verbreitung kämpft, ist weiterhin die englische Sprache.<br />

10.2 Gesetzestexte<br />

Gesetzestexte, die die Verwendung des Französischen in den verschiedensten Domänen<br />

des Alltags vorschreiben, sind konkrete sprachpolitische Handlungen<br />

(Sprachgesetzgebung). Folgende Gesetzespassagen verpflichten in Frankreich zur<br />

Verwendung der französischen Sprache in den audiovisuellen Medien:<br />

1. Loi Toubon - Loi n° 94-665 vom 4. August 1994, betreffend die Verwendung der<br />

französischen Sprache - "relative à l'emploi de la langue française" 10<br />

Artikel 1<br />

Als Sprache der Republik ist die französische Sprache kraft der Verfassung ein<br />

grundlegender Bestandteil der Persönlichkeit und des Kulturerbes Frankreichs.<br />

10 die Passagen werden hier nur in der Übersetzung (entnommen der untenstehenden Adresse)<br />

wiedergegeben, das französische Original befindet sich vollständig im Anhang und ist in englischer,<br />

deutscher und französischer Sprache im Internet unter<br />

http://www.culture.gouv.fr/culture/dglf/lois/sommaire_loi.htm (16.11.2003) abrufbar.


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 70<br />

Sie ist die Sprache, die im Unterricht, bei der Arbeit, beim Austauschverkehr<br />

sowie im öffentlichen Dienst zu verwenden ist. Sie ist das bevorzugte Bindeglied<br />

zwischen allen Staaten der Gemeinschaft französischsprechender Völker.<br />

Die Grundlage der gesamten Sprachregelung im Bereich der audiovisuellen Medien ist<br />

der Artikel 2 der französischen Verfassung.<br />

Artikel 2 der Loi Toubon bezieht sich besonders auf den "Konsumentenschutz" -<br />

"protection du consommateur", welcher das Recht des Konsumenten auf<br />

Produktbeschreibung und Werbung in französischer Sprache beihaltet. Werbung ist ein<br />

essentlieller Bestandteil fast aller Fernseh- und Radioprogramme: Die<br />

Werbeeinschaltungen der Wirtschaft sind die Haupteinnahmequelle der audiovisuellen<br />

Medien.<br />

Artikel 2<br />

In der Bezeichnung, dem Angebot, der Aufmachung, der Gebrauchsanweisung<br />

oder Bedienungsanleitung, der Beschreibung des Umfangs und den<br />

Garantiebedingungen von Gütern, Produkten oder Dienstleistungen sowie in<br />

Rechnungen und Quittungen ist die französische Sprache zu benutzen.<br />

Dieselben Bestimmungen kommen bei jeder schriftlichen, gesprochenen oder<br />

audiovisuellen Werbung zur Anwendung. [...]<br />

eine wesentliche Ergänzung, die besonderen Stellenwert für die Medien hat, folgt in<br />

Artikel 4:<br />

Artikel 4<br />

[...] In allen Fällen, in denen die in den Artikeln 2 und 3 dieses Gesetzes<br />

genannten Vermerke, Mitteilungen und Aufschriften durch eine oder mehrere<br />

Übersetzungen ergänzt werden, muß die französische Fassung ebenso leserlich,<br />

hörbar oder verständlich sein wie die Fassung in den anderen Sprachen.<br />

2. Gesetz zur Kommunikationsfreiheit - Loi n° 86-1067 vom 30. September 1986,<br />

"modifiée relative à la liberté de la communication"<br />

Die Artikel 12 und 13 der Loi Toubon beziehen sich direkt auf die Veränderungen, die<br />

im Gesetz n° 86-1067 vom 30. September 1986, dem Gesetz über die<br />

Kommunikationsfreiheit vorgenommen werden. Artikel 1 des Gesetzes der<br />

Kommunikationsfreiheit besagt zwar, dass die audiovisuelle Kommunikation frei ist -<br />

"La communication audiovisuelle est libre". Das hindert den Gesetzgeber jedoch<br />

nicht daran, den audiovisuellen Medien die Verwendung der französischen Sprache<br />

vorzuschreiben.<br />

Die Einfügungen in das Gesetz zur Kommunikationsfreiheit durch die Loi Toubon<br />

verpflichten sowohl Radio als auch Fernsehen, nationale öffentlich-rechtliche Sender


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 71<br />

ebenso wie kommerziellen Privatrundfunk zur "Achtung der französischen Sprache und<br />

zur Ausstrahlung der Francophonie".<br />

Artikel 12 der Loi Toubon<br />

Vor Kapitel I in Titel II des Gesetzes Nr. 86-1067 vom 30. September 1986 über<br />

die Kommunikationsfreiheit wird ein Artikel 20-1 mit folgendem Wortlaut<br />

eingefügt:<br />

"Art. 20-1. - Bei allen Sendungen und Werbungen, die von den Rundfunk- und<br />

Fernsehanstalten ausgestrahlt werden, ist unabhängig von der Art der<br />

Ausstrahlung oder Verbreitung und außer bei Kinofilmen und audiovisuellen<br />

Werken in Originalfassung die französische Sprache zu verwenden."<br />

[...] "Wenn die im ersten Absatz dieses Artikels genannten Sendungen oder<br />

Werbungen von Übersetzungen in Fremdsprachen begleitet werden, muß die<br />

französische Fassung ebenso leserlich, hörbar oder verständlich sein wie die<br />

Fassungen in der Fremdsprache."<br />

Artikel 13 der Loi Toubon<br />

Das obengenannte Gesetz Nr. 86-1067 vom 30. September 1986 wird wie folgt<br />

abgeändert:<br />

I. -<br />

Nach Absatz 6 von Ziffer II in Artikel 24 wird ein Absatz mit folgendem Wortlaut<br />

eingefügt:<br />

"- die Achtung der französischen Sprache und die Ausstrahlungskraft der<br />

französischsprechenden Gemeinschaft."<br />

Artikel 28 des Gesetzes über die Kommunikationsfreiheit schreibt vor, dass jeder<br />

Radiosender, der die Hertzschen Wellen benutzt, nur nach Abschluss einer "convention"<br />

- einer Vereinbarung mit dem CSA, der die Vertretung des Staates Frankreich<br />

übernimmt, Sendeerlaubnis bekommt. Diese Vereinbarung enthält auch<br />

II. -<br />

"4bis. die Bestimmungen, die die Achtung der französischen Sprache und die<br />

Ausstrahlungskraft der französischsprechenden Gemeinschaft sicherstellen sollen"<br />

Somit können theoretisch alle Radioprogramme, die über Kurz- Mittel- oder Langwelle<br />

senden, per Gesetz zum Schutz und zur Verwendung der französischen Sprache<br />

verpflichtet werden. Zudem haben sie den gesetzlichen Auftrag, die Verbreitung von<br />

Inhalten, welche die Francophonie betreffen, zu sichern.<br />

Artikel 33 des Gesetzes über die Kommunikationsfreiheit betrifft die Vereinbarungen<br />

zwischen dem CSA als Vertreter des Staates Frankreich und sämtlichen Radio- und


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 72<br />

Fernsehsendern, die über Kabel oder Satellit ausgestrahlt werden. Auch ihre<br />

Sendeerlaubnis fixiert<br />

III. -<br />

"2bis. die Bestimmungen, die die Achtung der französischen Sprache und die<br />

Ausstrahlungskraft der französischsprechenden Gemeinschaft sicherstellen<br />

sollen;".<br />

Durch die soeben zitierten Bestimmungen sorgt der Staat Frankreich dafür, dass<br />

theoretisch alle auf dem französischen Staatsgebiet sendenden Radio- und<br />

Fernsehsender, sowohl terrestrische als auch Kabel- oder Satellitenprogramme, zur<br />

Verwendung der französischen Sprache verpflichtet sind und dem nationalen Interesse<br />

der Verbreitung der Frankophonie nachkommen.<br />

10.3 Cahiers des missions et des charges 11<br />

Im Gegensatz zu den kommerziellen Privatsendern schließen die nationalen<br />

Rundfunkanstalten keine "convention" - Vereinbarung mit dem Conseil Supérieur de<br />

l'Audiovisuel ab. Sie haben einen vom Gesetzgeber festgelegten Programmauftrag,<br />

genannt "cahier des missions et des charges". Durch die oben dargestellten<br />

Gesetzespassagen sind theoretisch alle audiovisuellen Medien in Frankreich zur<br />

Verwendung der französischen Sprache und zur Unterstüzung der Francophonie<br />

verpflichtet. Theoretisch deshalb, weil in der Praxis die Vereinbarungen mit den<br />

privaten Rundfunksendern eine Ausnahme bilden: Sie enthalten keinen Artikel über die<br />

Verwendung der französischen Sprache.<br />

11 Übersetzungen durch die Verfasserin. Die "cahiers des missions et des charges" und "conventions" aller<br />

Rundfunkanstalten stehen auf der Internetseite des CSA zur Verfügung:<br />

http://www.csa.fr/infos/textes/textes_resultats.php?cat=7 (16.11.2003)


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 73<br />

a) Die Programmaufträge der staatlichen Rundfunkanstalten<br />

FERNSEHEN<br />

1. Gesellschaft France Télévisions<br />

France 2<br />

Artikel 4<br />

Die Gesellschaft trägt zur Verbreitung und Illustration der französischen Sprache bei,<br />

entsprechend den Empfehlungen des Conseil Supérieur de l'Audiovisuel.<br />

Sie sorgt für die Verwendung und die Achtung der französischen Sprache durch die<br />

Angestellten, die auf Sendung gehen und verbietet vor allem Fremdwörter wenn es für<br />

sie eine französische Entsprechung gibt.<br />

France 3 Artikel 4 ist identisch mit Artikel 4 von France 2<br />

France 5<br />

Artikel 4<br />

Die Gesellschaft fördert, besonders durch Sendungen, die eigens dafür konzipiert sind,<br />

die Kenntnis, die Verbreitung und die Veranschaulichung der französischen Sprache in<br />

Frankreich und in der Welt.<br />

Die Angestellten, die auf Sendung gehen, sind zu einer korrekten Verwendung der<br />

französischen Sprache angehalten, entsprechend den Bestimmungen des Gesetzes n°<br />

94-665 vom 4. August 1994 [Loi Toubon]. Sie verwenden keine fremdsprachigen<br />

Ausdrücke wenn diese eine Entsprechung auf Französisch besitzen. Eine Ausnahme<br />

bilden die Sendungen, die dem Fremdsprachenunterricht dienen und denen die<br />

Gesellschaft einen bedeutenden Stellenwert zumisst.<br />

RADIO<br />

Radio France<br />

Artikel 6<br />

Die Gesellschaft trägt zur Verbreitung und zur Veranschaulichung der französischen<br />

Sprache bei, entsprechend den Empfehlungen des Conseil supérieur de l'audiovisuel.<br />

Sie achtet auf die Qualität der Sprache in ihren Programmen.


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 74<br />

b) Die Vereinbarungen der privaten Rundfunkanstalten mit dem Conseil Supérieur<br />

de l'Audiovisuel<br />

Terrestrisches Fernsehen<br />

TF1, M6<br />

Artikel 27<br />

Die Gesellschaft achtet darauf, eine korrekte Verwendung der französischen Sprache<br />

sowohl in ihren Sendungen als auch in den Adaptationen, Synchronisationen und<br />

Untertitelungen ausländischer Programme zu gewährleisten. Die Gesellschaft bemüht<br />

sich, die französische Sprache im Titel ihrer Sendungen zu verwenden. Von der<br />

Gesellschaft wird ein Beauftragter für Belange der französischen Sprache ernannt.<br />

Canal +<br />

Artikel 22<br />

Die Gesellschaft achtet auf die Gewährleistung der Qualität der französischen Sprache<br />

in ihren Programmen. Zu diesem Zweck ernennt sie einen qualifizierten Beauftragten.<br />

Wird eine Sendung in einer Fremdsprache ausgestrahlt, muss sie simultanübersetzt oder<br />

untertitelt werden.<br />

Kabel- und Satellitenfernsehen<br />

Artikel 2-2-2: französische Sprache oder Sprachen der Ausstrahlungen<br />

Die Ausstrahlungssprache ist Französisch. (Für die Dienste in französischer Sprache,<br />

ansonst die Ausstrahlungssprache oder -sprachen angeben). Wird eine Sendung in einer<br />

Fremdsprache ausgestrahlt, muss sie simultanübersetzt oder untertitelt werden.<br />

Die im vorhergehenden Absatz vorgesehenen Bestimmungen gelten nicht für<br />

Musikstücke.<br />

Der Herausgeber achtet auf die Gewährleistung der korrekten Verwendung der<br />

französischen Sprache in seinen Sendungen, ebenso wie in den Adaptationen,<br />

Übersetzungen und Untertitelungen ausländischer Programme. Der Herausgeber<br />

bemüht sich, die französische Sprache im Titel seiner Sendungen zu verwenden.<br />

Privatradios<br />

Die Vereinbarungen mit den Privatradios enthalten keine speziellen Artikel, welche die<br />

Verwendung der französischen Sprache betreffen.


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 75<br />

10.4 Kontrolle - der Conseil Supérieur de l'Audiovisuel<br />

Der Conseil supérieur de l'audiovisuel ist die Aufsichts- und Regulationsbehörde für<br />

den französischen Rundfunk. Der CSA ist durch das Kommunikationsgesetz von 1986,<br />

modifiziert und erweitert 1989, zur Verteidigung der französischen Sprache und Kultur<br />

verpflichtet:<br />

Article 1<br />

[...] Le Conseil supérieur de l'audiovisuel [...] veille à la diversité des<br />

programmes, au développement de la production et de la création audiovisuelles<br />

nationales ainsi qu'à la défense et à l'illustration de la langue et de la culture<br />

françaises. Il peut formuler des propositions sur l'amélioration de la qualité des<br />

programmes. (Loi du 17 janvier 1989)<br />

Artikel 1<br />

[...] Der Conseil supérieur de l'audiovisuel [...] achtet auf die Vielfalt der<br />

Programme, auf die Entwicklung der nationalen Produktion und Entwicklung im<br />

Bereich der audiovisuellen Medien, ebenso auf die Verteidigung und<br />

Veranschaulichung der französischen Sprache und Kultur. Er kann Vorschläge zur<br />

Verbesserung der Programmqualität formulieren.<br />

Der Conseil supérieur de l'audiovisuel entstand 1989 und löste den Conseil national de<br />

la Communication et des libertés (CNCL) ab. Er setzt sich aus einem Präsidenten,<br />

derzeit Dominique Baudis, sowie acht Beratern und Beraterinnen zusammen, die<br />

jeweils mehrere Arbeitsgruppen leiten. Von den acht Beratern ist Joseph Daniel (unter<br />

anderem) für die französische Sprache und Francophonie zuständig. Für den Bereich<br />

Sprache und Medien ist von Bedeutung, dass der CSA die Frequenzen sowohl für Radio<br />

als auch Fernsehen vergibt und dass die Sendeerlaubnis von der Unterzeichnung eines<br />

Programmauftrags abhängt. In der Folge überwacht der CSA die Einhaltung der in den<br />

Programmaufträgen fixierten Pflichten.<br />

Bei Nichteinhaltung bestimmter Pflichten hat der CSA drei Sanktionsmöglichkeiten:<br />

erstens die Aussetzung der Sendeerlaubnis, zweitens die Verkürzung der Gültigkeit der<br />

Sendeerlaubnis und drittens die Aberkennung der Sendeerlaubnis. Joseph Daniel betont,<br />

dass es nie zur dritten Maßnahme kommt, denn die Fernseh- und Radioanstalten<br />

reagieren in der Regel bereits auf die Mahnung, die einer ersten Sanktion vorangeht. Im<br />

Bereich der französischen Sprache kommt es generell nicht zu großen Problemen.<br />

Eingriffe sind schwierig, da hier das Prinzip der Kommunikationsfreiheit für wesentlich<br />

wichtiger gehalten wird als die Verteidigung der französischen Sprache. Die


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 76<br />

Journalisten werden ermuntert, ermahnt und informiert. Zu Mahnungen wegen zu vieler<br />

Anglizismen kommt es in der Regel nur im Bereich der Werbung.<br />

Der CSA fühlt sich besonders stark der Frankophonie verpflichtet und sieht die Gründe<br />

für die besondere Aufmerksamkeit gegenüber der französischen Sprache in Frankreich<br />

darin, dass Französisch eine Weltsprache ist und dass die Franzosen Fremdsprachen nur<br />

sehr schlecht sprechen. Letzteres sei der Grund für die Konsumentenschutzmaßnahmen<br />

im Bereich der Sprache. (Interview mit Nicole Gendry und Joseph Daniel, 30.09.2003)<br />

Über die Verpflichtung, die durch die Frankophonie auf Frankreich lastet, sagt Gendry<br />

la tradition de défendre la langue française, ça existe en France, mais ça existe<br />

aussi dans les pays francophones. [...] Si on ne faisait rien en France, on donnerait<br />

l'impression de trahir la Francophonie. Déjà qu'on nous dit qu'on parle beaucoup<br />

mieux dans les pays francophones qu'en France et qu'on donne un très mauvais<br />

exemple. Les Québécois ont tendance à nous rappeler en ordre. (Interview Nicole<br />

Gendry, CSA, 30.9.2003)<br />

Die Tradition, die französische Sprache zu verteidigen gibt es in Frankreich, aber<br />

auch in den frankophonen Ländern. [...] Wenn wir in Frankreich nichts machen<br />

würden, würden wir den Eindruck vermitteln, die Frankophonie zu verraten. Man<br />

sagt uns ohnehin, dass man in den frankophonen Ländern sehr viel besser spricht<br />

als in Frankreich und dass wir ein sehr schlechtes Beispiel sind. Die Quebecer<br />

rufen uns immer wieder zur Ordnung.<br />

Bureau de la langue française<br />

"Les médias, ça anticipe ce que la langue sera demain, ce qui sera accepté demain." -<br />

"Die Medien nehmen vorweg, wie die Sprache morgen sein wird, was morgen<br />

akzeptiert sein wird." (Interview mit Nicole Gendry, CSA, 30.9.2003)<br />

Das erste "Service permanent de la langue de l'audiovisuel (SPLA) chargé de veiller à la<br />

qualité de la langue" - die erste Dienststelle für die Sprache in den audiovisuellen<br />

Medien, die auf die Sprachqualität achten sollte, wurde 1968 innerhalb der ORTF - der<br />

Organisation de la radio et télévision française, der Nachfolgeorganisation der RTF,<br />

gegründet. Seit der Rundfunkreform durch das Kommunikationsgesetz vom 29. Juli<br />

1982 hat die Rundfunkaufsichtsbehörde den gesetzlichen Auftrag, auf die Verteidigung<br />

und Darstellung der französischen Sprache zu achten und das SPLA wurde 1986 zum<br />

Bureau de la langue française. (vgl. Lettre du CSA, n°19, April 1991, S. 24)<br />

Innerhalb des CSA ist Nicole Gendry für die Beobachtung und Verteidigung der<br />

französischen Sprache zuständig. Sie leitet das Büro für die französische Sprache, ist


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 77<br />

Terminologiekommissionsmitglied und verfasst im monatlich erscheinenden "lettre du<br />

CSA" Artikel zum Thema französische Sprache.<br />

In diesen Artikeln ruft Gendry die JournalistInnen zu mehr Vorsicht bei der<br />

Verwendung der Sprache auf und gibt konkrete Anweisungen und Hinweise zur<br />

Grammatik und zum Wortschatz.<br />

Der Rapport au Parlement der DGLFLF aus dem Jahr 1994 stellt fest, dass die Artikel<br />

zur französischen Sprache im lettre du CSA häufig für Radiosendungen oder in der<br />

Presse herangezogen werden.<br />

Les recommendations du CSA sont en général bien acceuillies et les articles<br />

consacrés à la langue française dans la Lettre du CSA sont de plus en plus souvent<br />

repris à la radio, dans la presse nationale et dans les revues ou bulletins spécialisés<br />

dans la promotion de la langue française. (Rapport au Parlement 1994, S. 23)<br />

Die Empfehlungen des CSA werden in der Regel gut aufgenommen und die<br />

Artikel, die im Lettre du CSA der französischen Sprache gewidmet sind, werden<br />

immer öfter im Radio, in der nationalen Presse und in den Magazinen und<br />

Zeitschriften, die sich auf die Förderung der französischen Sprache spezialisiert<br />

haben, wiedergegeben.<br />

Zu diesen Spezialzeitschriften gehört auch die dreimal jährlich erscheinende "Revue<br />

trimestrielle" der Défense de la langue française, die in jeder Ausgabe Teile der Artikel<br />

des CSA abdruckt.<br />

Im ersten Artikel zur französischen Sprache im lettre du CSA (Lettre du CSA, Oktober<br />

1989) lobt Gendry die Berichterstattung über die französische Sprache anlässlich des<br />

Schulbeginns. Es sei nunmehr bewiesen, dass Sendungen über die französische Sprache<br />

ihren Platz zu den Hauptsendezeiten hätten und dass sie auch unterhaltsam, angenehm<br />

und zugleich belehrend sein könnten.<br />

Die bisher etwa 160 in der Lettre du CSA erschienenen Artikel beschäftigen sich<br />

abwechselnd mit Grammatik, Wortschatz, Aussprache, mit der Denunziation immer<br />

wiederkehrender Fehler oder besonderer Faux-pas (unter dem Titel "Entendu à<br />

l'antenne"), aber auch mit dem Thema französische Sprache. Auch die Beschlüsse der<br />

Terminologiekommissionen, Feminisierung der Berufsbezeichnungen, Anglizismen,<br />

wie auch Probleme des Journalismusberufes sind immer wieder Gegenstand der Artikel.<br />

Der CSA ist nicht der Meinung, dass die Medien zur Abwertung der Sprache beitragen<br />

und verteidigt seine Journalisten und Journalistinnen in der Lettre du CSA wie auch<br />

mitunter in den Rapports au Parlement. Besonders Radio France und Radio France Inter


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 78<br />

achten laut CSA in vorbildlicher Weise auf die Sprachqualität und sensibilisieren ihr<br />

Publikum für die französische Sprache und die Francophonie. (Lettre du CSA n° 19,<br />

April 1991, S. 24, der Artikel befindet sich im Anhang)<br />

Umfrage: die Meinung der Journalisten und Journalistinnen 12<br />

Besonders erwähnenswert ist eine Umfrage, die der CSA 1997/1998 unter<br />

Journalistinnen und Journalisten zum Thema französische Sprache durchgeführt hat.<br />

Die Studie brachte unter anderem folgende Ergebnisse:<br />

- Qualität der französischen Sprache in den Medien<br />

87% der Befragten Journalistinnen und Journalisten sind mit der Sprachqualität der<br />

Presse zufrieden, aber 67 % sind mit der Sprachqualität im Fernsehen unzufrieden. Im<br />

Fall des Radios sind 52% zufrieden, 42% unzufrieden.<br />

- Qualitätsverlust in den audiovisuellen Medien in den letzten 20 Jahren<br />

67% der befragten Journalistinnen und Journalisten denken, dass die Sprachqualität in<br />

den letzten zwanzig Jahren gesunken ist.<br />

- Verantwortungsgefühl für den Sprachgebrauch<br />

95% der Befragten empfinden Verantwortung in Hinblick auf den Sprachgebrauch und<br />

fühlen sich an der Entwicklung der Sprache beteiligt. Die Journalistinnen und<br />

Journalisten fühlen sich jedoch nicht verantwortlich für den Rückgang der<br />

Sprachqualität, den sie beobachten.<br />

- Schwierigkeiten bei der Verwendung der französischen Sprache<br />

73% der befragten JournalistInnen gibt zu, manchmal Schwierigkeiten beim<br />

Sprachgebrauch, vor allem bei der Aussprache von Fremdwörtern und bei der richtigen<br />

Wortwahl, zu haben.<br />

- Wunsch nach Hilfestellung bei sprachlichen Problemen<br />

Die Unsicherheit der JournalistInnen sieht der CSA durch den Wunsch von 68% der<br />

Befragten nach - vorzugsweise telefonischer - Hilfestellung bestätigt.<br />

12 Eine Kopie der Umfrageergebnisse befindet sich im Anhang.


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 79<br />

- Annäherung an das Publikum durch Vereinfachung, Anglizismen, Neologismen<br />

und Slang<br />

Um Nähe zum Publikum zu erzeugen kann laut 64% der Befragten Umgangssprache<br />

verwendet werden, 43% halten Anglizismen, 40% Neologismen und nur 30 bzw. 28%<br />

der Befragten Abkürzungen und Jugendsprache für akzeptabel.<br />

- Interesse für Sendungen zum Bon usage<br />

37% der Journalistinnen und Journalisten behaupten, Sendungen zum "bon usage" zu<br />

konsumieren, 24 % tun dies oft, 33% antworten, nie.<br />

- Interesse an der Diskussion über die französische Sprache<br />

47% der Befragten würden an Diskussionsveranstaltungen über die französische<br />

Sprache teilnehmen wollen.<br />

Mittlerweile gibt es auf der Internetseite des CSA einen eigenen Menüpunkt "langue<br />

française", der unter anderem auch eine ausführliche Liste mit französischen<br />

Entsprechungen häufig verwendeter Anglizismen enthält.<br />

(http://www.csa.fr/infos/langue/langue_listemots.php , 16.11.2003) Diese Liste ist ein<br />

Auszug aus der Terminologiedatenbank CRITER (Corpus du Réseau Interministériel de<br />

Terminologie) der DGLFLF.<br />

10.5 Rapports au Parlement 13<br />

Die Loi Toubon verpflichtet die Regierung in Artikel 22 zu einem jährlichen Bericht<br />

über die Anwendung des Gesetzes. Dieser Bericht wird seit 1994 von der Délégation<br />

générale à la langue française et aux langues de France verfasst und veröffentlicht.<br />

Der Inhalt dieses Berichts hat sich seit in Kraft treten des Gesetzes jährlich etwas<br />

verändert. Besonders die letzten beiden Berichte nach dem Amtswechsel von Lionel<br />

Jospin zu Jean-Pierre Raffarin, die Berichte für die Jahre 2002 und 2003, sind deutlich<br />

13 die Rapports au Parlement der Jahre 1996 bis 2003 sind auf der Internetseite der DGLFLF online<br />

verfügbar. http://www.culture.gouv.fr/culture/dglf , Menüpunkt "la langue française et le droit"<br />

(16.11.2003)


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 80<br />

weniger ausführlich und behandeln die Situation der französischen Sprache in den<br />

Medien überhaupt nicht mehr.<br />

Die Berichte der Jahre 1994 bis 2001 waren in diesem Punkt sehr konkret. Für das<br />

Kapitel, welches die Situation der französischen Sprache in den audiovisuellen Medien<br />

betraf, arbeitete die DGLFLF mit dem CSA zusammen. In allen Berichten wurde Bilanz<br />

gezogen und der CSA präsentierte seine Arbeit. Er berichtete über die Einhaltung der<br />

Loi Toubon, die Quoten der französischsprachigen Produktionen im Bereich von Lied<br />

und Kino, über seine Aktionen zugunsten der französichen Sprache und über jene Fälle,<br />

in denen er Sender ermahnt oder zurechtgewiesen hatte. Im Wesentlichen legte der CSA<br />

damit Rechenschaft über die Erfüllung seines gesetzlichen Auftrages (siehe Kapitel<br />

10.4, S. 75) ab.<br />

Alle Rapports, außer den Rapports 2002 und 2003, erwähnen mehrmals die wichtige<br />

Rolle, die die audiovisuellen Medien für die französische Sprache spielen.<br />

Bereits der Bericht des Jahres 1994 enthielt ein eigenes Kapitel mit dem Titel "le rôle<br />

essentiel de l'école et des médias audiovisuels dans la diffusion du français" - "die<br />

wichtige Rolle der Schule und der audiovisuellen Medien in der Verbreitung der<br />

französischen Sprache". Der Bericht unterstreicht<br />

[...] la place qu'occupent les médias audiovisuels dans l'information du public,<br />

dans sa pratique culturelle, et surtout dans la formation des jeunes, leur confère un<br />

rôle de facto normatif en matière de langue. Tout en prétendant de parler comme<br />

tout le monde, les professionnels de médias audiovisuels façonnent les usages.<br />

(Rapport au Parlement 1994, S. 22)<br />

[...] Der Platz, den die audiovisuellen Medien in der Information der<br />

Öffentlichkeit, in seiner kulturellen Tätigkeit und vor allem in der Ausbildung der<br />

Jugend einnehmen, verleiht ihnen eine normative Funktion für die Sprache.<br />

Während sie vorgeben, wie alle zu sprechen, formen die Medienprofis die<br />

Sprachgewohnheiten.<br />

Aus diesem Grund wird besonderer Wert darauf gelegt, dass die Journalistinnen und<br />

Journalisten über die Entscheidungen der Terminologiekommissionen unterrichtet<br />

werden. Diese Informationsfunktion übernimmt ebenfalls der CSA.<br />

10.6 andere überwachende Organisationen<br />

Die Loi Toubon autorisiert in Artikel 19 auch nichtstaatliche Organisationen dazu, die<br />

Verwendung der französischen Sprache zu überwachen. Diese Organisationen müssen


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 81<br />

unter Erfüllung bestimmter Bedingungen 14 eine Autorisierung durch die DGLFLF<br />

erwerben und können danach als Nebenkläger vor Gericht auftreten.<br />

Artikel 19, Loi Toubon schreibt vor 15<br />

Nach Artikel 2-13 der Strafprozeßordnung wird ein Artikel 2-14 mit folgendem<br />

Wortlaut eingefügt:<br />

"Art. 2-14 - Jeder ordnungsgemäß eingetragene Verein, der satzungsgemäß die<br />

Verteidigung der französischen Sprache zum Ziel hat und unter den Bedingungen,<br />

die durch nach Anhörung des Staatsrates erlassene Rechtsverordnung festgelegt<br />

sind, zugelassen worden ist, kann bei den Zuwiderhandlungen gegen die<br />

Bestimmungen der Texte, die zur Ausführung der Artikel 2, 3, 4, 6, 7 und 10 des<br />

Gesetzes Nr. 94-665 vom 4. August 1994 über den Gebrauch der französischen<br />

Sprache erlassen wurden, als Nebenkläger auftreten."<br />

Gesetzlich autorisiert sind seit dem Arrêté von 25. Juni 2001 16 folgende drei<br />

Organisationen: Association francophone d’amitié et de liaison (AFAL), Avenir de la<br />

langue française (ALF) und Défense de la langue française (DLF).<br />

Diese Organisationen wachen besonders aufmerksam über der Qualität der<br />

französischen Sprache. Besonders die Sprache der Medien und die Wirkungen der<br />

Massenmedien auf die französische Sprache werden häufig beklagt. Die Artikel der<br />

Défense de la langue française in ihrer dreimal im Jahr erscheinenden Zeitschrift<br />

können eindeutig als Sprachkritik klassifiziert werden.<br />

Chaussepied beispielsweise ärgert sich über die vielen Anglizismen in der "Télévision<br />

franco-anglo-américaine" (Chaussepied in Défense de la langue française n°203, 2002,<br />

S. 46, 47; Artikel im Anhang) und Bizet analysiert die Sprachqualität der Teilnehmer<br />

und Teilnehmerinnen der Reality-Show "Loft Story" (Bizet in Défense de la langue<br />

française n°205, 2002, S. 54-57; Artikel ebenfalls im Anhang) und schließt:<br />

Le langage du Loft n'est certainement pas un modèle. Ceux qui l'ont suivi ont<br />

appris plus de verlan que de français. Ils ont pu cependant en tirer des leçons. Les<br />

candidats ont abondamment glosé sur la nécéssité de bien s'exprimer. Conscients<br />

de l'enjeu social, ils prennent la résolution de faire des efforts, d'apprendre (enfin)<br />

à bien parler. (Bizet, op. cit., S. 57)<br />

Die Loft-Sprache ist sicherlich kein Modell. Jene, die Loft verfolgt haben, haben<br />

mehr Verlan gelernt als Französisch. Dennoch konnten sie daraus etwas lernen.<br />

Die Kandidaten haben lang und breit über die Notwendigkeit, sich gut<br />

14 Die Bedingungen sind in der "Rechtsverordnung Nr. 95-240 vom 3. März 1995 zur Ausführung des<br />

Gesetzes Nr. 94-665 vom 4. August 1994 über den Gebrauch der französischen Sprache" ausführlich<br />

dargestellt und unter http://www.culture.gouv.fr/culture/dglf/lois/decret-all.htm (16.11.2003) zu finden.<br />

15 Übersetzung aus http://www.culture.gouv.fr/culture/dglf/lois/loi-all.htm (16.11.2003)<br />

16 http://www.culture.gouv.fr/culture/dglf/lois/Arrete-250601%20.html (17.11.2003)


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 82<br />

auszudrücken geredet. Sie sind sich der sozialen Bedeutung bewusst und<br />

entschließen sich, sich zu bemühen, (endlich) richtig sprechen zu lernen.<br />

Fernsehen hat Bizets Meinung nach im Guten wie im Schlechten Vorbildwirkung für<br />

das Publikum. Schlechte Sprache im Fernsehen führe zu schlechten<br />

Sprachgewohnheiten in der Realität.<br />

10.7 Die Rolle der Presse in der Radio- und Fernsehkritik<br />

Während der Verfassung der Loi Toubon gab es auf Wunsch des damaligen Ministers<br />

für Kultur und Francophonie, Jacques Toubon, eine Arbeitsgruppe zur Rolle der Medien<br />

für die französische Sprache. Die Dokumente, auf die sich dieser "cercle de réfléxion -<br />

médias" stützte, werden im Dokumentationszentrum der DGLFLF aufbewahrt (ebenso<br />

wie die Arbeitsunterlagen der Gruppe "publicité" - Werbung und der dritten<br />

Arbeitsgruppe "économie"). Ein wesentlicher Bestandteil der Dokumente der<br />

Arbeitsgruppe Medien sind sprachkritische Zeitungsartikel, die, meist von Mitgliedern<br />

sprachverteidigender Organisationen verfasst, in der Presse erschienen sind. Drei dieser<br />

Artikel illustrieren in umfassender Weise die Meinung und Ansprüche, die<br />

Sprachpflegeorganisationen vor zehn Jahren von den und an die audiovisuellen Medien<br />

hatten und von denen anzunehmen ist, dass sie heute noch bestehen 17 :<br />

Maurice Druon, ständiger Sekretär der Académie française, richtete am 16. März 1993<br />

in der Tageszeitung Le Figaro einen offenen Brief an den Präsidenten der Republik und<br />

an den Conseil supérieur de l'audiovisuel. Anlässlich eines von ihm verfassten Artikels<br />

in Le Figaro über die Verschlechterung der französischen Sprache hatte er so viele<br />

Leserbriefe bekommen, dass er sich daraufhin "direkt an den Präsidenten wenden<br />

musste".<br />

Druon geht davon aus, dass die ständige Berieselung durch Radio und Fernsehen<br />

mit schlechtester Sprachqualität den Sprachgebrauch des Publikums und vor allem<br />

jenen der Jugend negativ beeinflussen. Denn Medien werden ernst genommen und<br />

nachgeahmt. Druon erinnert an die besondere Stellung der französischen Nation in der<br />

Welt, die sie der Qualität ihrer Sprache und der Qualität der in dieser Sprache verfassten<br />

17 Die drei im folgenden zusammengefassten Artikel sind im Anhang zu finden. Es handelt sich um "Pour<br />

en finir avec le charabia des média", verfasst von Maurice Druon für Le Figaro vom 16. März 1993, "Le<br />

langage, victime de la télévision", verfasst von Cathérine Delsol und mit der einzigen bibliographischen<br />

Angabe September 1993, sowie um "La radio enrichit et contrôle le langage", Interview mit Alain Rey,<br />

von Dezember 1993.


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 83<br />

Gedanken verdankt. Der Autor ist der Meinung, die Medien sabotierten die Zukunft<br />

der französischen Nation indem sie die Sprache sabotieren. JournalistInnen müssten<br />

deshalb vor allem eine bessere Ausbildung bekommen und Sprachkompetenz (i. S. v.<br />

Pflege der Norm) sollte ein Aufnahmekriterium für Journalismusberufe sein. Denn die<br />

JournalistInnen hätten ungeheure Macht, "le plus important pouvoir qui soit, le pouvoir<br />

des mots" - die größte Macht, die es gibt, die Macht der Worte. Abschließend fordert<br />

Druon eine Überwachung der Sprachqualität in Fernsehen und Radio rund um die<br />

Uhr, zum Beispiel durch pensionierte Akademiker. (vgl. Druon in Le Figaro,<br />

16.3.1993)<br />

Catherine Delsol analysiert die Auswirkungen des Fernsehens auf den Sprachgebrauch.<br />

Sie sieht einen wesentlichen Grund für die Wirkungskraft der Medien darin, dass sie in<br />

alle Haushalte vordringen.<br />

"C'est l'un des miracles de la civilisation audiovisuelle, où les mots nouveaux, les<br />

modes du langage, et même les emprunts à une langue étrangère sont<br />

immédiatement relayés et pénètrent massivement dans les foyers, dans les<br />

appartements du boulevard Saint-Germain comme dans les HLM des banlieues<br />

chaudes ou au plus profond de nos provinces." (Delsol, September 1993)<br />

Das passive Publikum sei geneigt, das, was ihm vorgesetzt werde, nachzuahmen.<br />

Die Simplifizierung der französischen Sprache in den audiovisuelen Medien führt<br />

Delsol darauf zurück, dass JournalistInnen eine standardisierte, stereotypisierte Sprache<br />

mit armem Wortschatz und Lässigkeit im Satzbau verwenden, um vom Publikum<br />

verstanden zu werden und ein Gefühl der Verbundenheit herzustellen. Die<br />

Internationalisierung der Programme bringe totale weltweite Vereinfachung und<br />

Uniformierung von Sendeformaten und Sprachformen mit sich. Die Folge sei die<br />

Verarmung der Sprache.<br />

Delsol beklagt, dass auch Politiker sich dem Trend der Vereinfachung hingeben und<br />

zitiert Laurent Fabius, der sich dafür lobe, nicht mehr als 200 Wörter zu verwenden,<br />

wenn er im Fernsehen spricht.<br />

Die audiovisuellen Medien geben eine Norm der Vereinfachung vor, alle passen sich<br />

an. Delsol schließt, Massenmedien führen zu einer Massensprache.<br />

Alain Rey, Herausgeber der Wörterbücher Le Robert, interviewt von Radio France<br />

Inter, antwortete auf die Frage, welche Rolle das Radio für die Sprache spielen solle:


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 84<br />

La radio doit [...] jouer à la fois un rôle enrichissant en utilisant des mots<br />

nouveaux en les commentant, et un rôle de contrôle, qui en général, se fait<br />

d'ailleurs en souriant, en critiquant et en se moquant des effets excessifs. (Alain<br />

Rey, 1993)<br />

Das Radio muss [...] sowohl eine bereichernde Rolle spielen, in dem es neue<br />

Wörter verwendet und kommentiert, als auch eine kontrollierende Funktion<br />

erfüllen, hauptsächlich durch Spaß, durch Kritisieren und durch sich lustig<br />

machen über Extreme.<br />

Die Tageszeitungen dienen auch heute noch, wie vor zehn Jahren als Bühne für<br />

sprachkritische Äußerungen, in denen in der Regel mit Radio oder Fernsehen zu Gericht<br />

gezogen wird.<br />

So erschien in der Libération an demselben Wochenende, an dem die Premières Assises<br />

nationales des langues de France stattfanden, kein einziger Artikel über die Konferenz,<br />

die Regionalsprachen oder die sprachlichen Minderheiten Frankreichs. Stattdessen<br />

bekundete Steven Beigebeder, er habe die Nase voll vom Franglais im Fernsehen: "Ras<br />

le bol du franglais à la télé". (Beigebeder in Libération, 4. und 5. Oktober 2003, S. 8,<br />

Artikel im Anhang)<br />

10.8 Die staatliche Sicht der Rolle der Medien für die französische Sprache<br />

Die Arbeitsgruppe Medien verfasste 1995 einen Endbericht ihrer Reflexionstätigkeit, in<br />

dem sie die Situation und den Einfluss der Medien auf die französische Sprache<br />

analysierte und anschließend Empfehlungen gab. Als "rapporteur" - Berichterstatterin<br />

wird auf dem Deckblatt Nicole Gendry (CSA) angegeben.<br />

Der Einfluss der Medien auf die Sprache<br />

Die Mitglieder des cercle de réflexion sind davon überzeugt, dass die Sprache der<br />

Medien einen "immensen Einfluss" auf die Sprachgewohnheiten der Bürgerinnen und<br />

Bürger hat. Diese Überzeugungen resultieren wahrscheinlich aus persönlichen<br />

Eindrücken und der veröffentlichten Meinung über die schlechte Sprache in den<br />

Medien. Denn der Vorgang der Beeinflussung des Publikums wird nicht analysiert. Der<br />

sehr große Einfluss der audiovisuellen Medien auf ihr Publikum wird als gewiß<br />

angenommen.


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 85<br />

Est-il besoin de souligner l'immense influence du langage audiovisuel sur celui du<br />

public. [sic!] Si le vocabulaire des médias s'appauvrit, celui du public risque de<br />

connaître la même évolution. (Gendry 1995, S. 6)<br />

Ist es notwendig, den immensen Einfluss der Sprache in den audiovisuellen<br />

Medien auf jene des Publikums zu unterstreichen? Wenn das Vokabular der<br />

Medien ärmer wird, läuft jenes des Publikums Gefahr, dieselbe Entwicklung zu<br />

erleben.<br />

In der Zusammenfassung nimmt die Bemerkung über den immensen Einfluss der<br />

Medien nur einen Nebensatz ein:<br />

Dans les radios et les télévisions, qui ont une immense influence sur leurs publics,<br />

la qualité de la langue s'est aussi trop souvent relachée, notamment dans les<br />

domaines du sport et des variétés. (Gendry, 1995, S. 15)<br />

Im Radio und im Fernsehen, die einen immensen Einfluss auf ihr Publikum<br />

haben, hat sich die Qualität der Sprache auch zu oft gelockert, besonders in den<br />

Bereichen des Sports und der Unterhaltungssendungen.<br />

Man nimmt an, die Rolle der JournalistInnen für die Sprache sei ebenso essentiell. Dies<br />

wird mit der großen Anzahl an ZuseherInnen und ZuhörerInnen begründet:<br />

Leur large audience confère aux journalistes un rôle important sur l'état et la vie<br />

de la langue.<br />

Ihr großes Publikum verleiht den JournalistInnen eine wichtige Rolle für den<br />

Zustand und das Leben der Sprache.<br />

Die Probleme der Sprecher und Sprecherinnen<br />

Vor allem die Jugendlichen sprechen schlecht, haben die Angewohnheit, in<br />

unvollständigen Sätzen zu sprechen und wenden Grammatik, Register und Wortschatz<br />

nicht richtig an. Die beunruhigende Tendenz, so der Bericht, gehe dahin, dass<br />

Jugendliche, besonders jene aus sozial schwächeren Schichten, in eine Art<br />

linguistisches Ghetto geraten. Man müsse ihnen die Bedeutung der mündlichen Sprache<br />

und ihrer richtigen Verwendung vor Augen führen. Der Reichtum einer Sprache liege<br />

vor allem in ihren verschiedenen Niveaus und man müsse die Benutzer (die Mitbürger<br />

und Mitbürgerinnen) und die Vorbilder (im Text "préscripteurs"), also die<br />

JournalistInnen und Journalistinnen, dazu bringen, die Sprache wieder mit Leichtigkeit<br />

zu verwenden. (vgl. Gendry 1995, S. 5)


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 86<br />

Die Probleme der Medien und der Journalisten und Journalistinnen<br />

Grund für die Fahrlässigkeit und Schlampigkeit der Journalisten sind laut cercle de<br />

réfléxion die technischen Entwicklungen der letzten Jahre, die Produktionsbedingungen<br />

der Massenmedien und die Arbeitsbedingungen der JournalistInnen. Während ihrer<br />

Ausbildung werden sie eher zu TechnikerInnen als zu JournalistInnen ausgebildet<br />

(Gendry 1995, S. 5, 6), viele lernen den Beruf überhaupt erst "en terrain" - in Aktion.<br />

Was der Bericht für die Presse formuliert, gilt auch für Radio und Fernsehen:<br />

La presse est en crise et cette crise modifie profondément la manière de travailler<br />

des journalistes. On leur demande d'être rapides et utilitaires avant d'avoir l'esprit<br />

critique. (Gendry 1995, S. 15)<br />

Die Presse ist in einer Krise und diese Krise verändert weitgehend die<br />

Arbeitsweise der JournalistInnen. Man verlangt von ihnen eher Schnelligkeit und<br />

Zweckdenken als einen kritischen Geist.<br />

Für den Bereich Radio und Fernsehen werden vier konkrete Probleme festgehalten:<br />

1. Die Sprache hat an Qualität verloren, sie ist lockerer geworden.<br />

2. Es gibt Unterschiede zwischen Radio und Fernsehen, zwischen Unterhaltungs- und<br />

Informationssendungen, die Zuschauerkreise variieren stark und die Päsentatoren<br />

versuchen, die Sprache ihres Publikums zu verwenden, um verstanden zu werden.<br />

3. Die Radiosender tendieren dazu, mit ihren Zuhörern und Zuhörerinnen durch<br />

Sprachticks, eine jeweils ganz spezielle Sprache, durch überraschende sprachliche<br />

Wendungen, eine enge Beziehung aufzubauen.<br />

4. Die Verwendung des Englischen setzt sich in gewissen Bereichen, wie etwa im Sport<br />

oder in den Unterhaltungssendungen (hier wegen dessen spielerischer, moderner<br />

Konnotation), besonders fest. (Gendry 1995, S. 6 und 7)<br />

Die Lösungsvorschläge und Forderungen<br />

Die JournalistInnen müssen, so der Schluß der Arbeitsgruppe, wieder Spaß und Freude<br />

an der Beherrschung der französischen Sprache finden. Zu diesem Zweck schlägt die<br />

Beratungsgruppe Medien vor,<br />

1. die Aus- und Fortbildung der JournalistInnen zu verbessern,<br />

2. die Werkzeuge, Informationen und Dienstleistungen - "les informations et soutiens<br />

linguistiques indispensables" (Gendry 1995, S. 8) wie Redaktionsleitlinien,<br />

Informationen über neue Wörter, ausreichende Anzahl an LektorInnen, günstigere


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 87<br />

Computerprogramme mit integrierter Korrekturfunktion, die die JournalistInnen dazu<br />

brauchen, zu erfinden, bereitzustellen und zu verbessern sowie<br />

3. die Auseinandersetzung mit dem eigenen Beruf zu fördern, um einen Code des<br />

Berufsethos - einen "code de déontologie" zu entwickeln.<br />

Zusätzlich müsse das Publikum sensibilisiert werden. Dies geschehe am besten durch<br />

Aktionen auf zwei Ebenen: Indem über die Sprache berichtet und gesprochen wird und<br />

indem sie zum Leben erweckt wird.<br />

Il est pour les médias deux voies possibles et complémentaires pour sensibiliser<br />

leurs publics à la langue française: en parler et la faire vivre. (Gendry 1995, S. 15)<br />

Medien haben zwei sich ergänzende Möglichkeiten, um ihr Publikum für die<br />

französische Sprache zu sensibilisieren: über sie sprechen und sie zum Leben<br />

erwecken.<br />

Die Ziele und Visionen<br />

Mit ihren Überlegungen zu den Mitteln und Maßnahmen, um die Situation der<br />

französischen Sprache in den Medien und durch die Medien zu verbessern, haben die<br />

Mitglieder der Arbeitsgruppe eigentlich Ziele von Sprachpolitik im Medienbereich<br />

festgelegt:<br />

Sprachpolitik im Medienbereich sollte<br />

- redonner à tous les journalistes goût et maîtrise de la langue française<br />

- faire que les médias sachent mieux sensibiliser leurs publics à la langue<br />

française<br />

- développer, grâce à eux, la présence de la langue française dans le monde entier.<br />

- alle JournalistInnen wieder auf den Geschmack der französischen Sprache<br />

bringen<br />

- erreichen, dass die Medien ihr Publikum besser für die französische Sprache<br />

sensibilisieren können<br />

- mit Hilfe der Medien die Präsenz der französischen Sprache in der ganzen Welt<br />

vorantreiben.<br />

Michel Alessio, Leiter des Arbeitsbereichs "Langues de France" der DGLFLF, bringt<br />

die Grundannahme der offiziellen Sprachpolitik auf den Punkt: Frankreich will<br />

promouvoir une politique linguistique équilibrée en France [...] à travers<br />

l'enseignement, à travers les médias, à travers des mesures qui garantissent au<br />

français sa place dans la vie collective. (Interview Michel Alessio, DGLFLF,<br />

30.9.2003)


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 88<br />

in Frankreich eine ausgeglichene Sprachpolitik betreiben [...] durch Bildung,<br />

durch die Medien, durch Maßnahmen, die dem Französischen seinen Platz im<br />

Gemeinschaftsleben sichern.<br />

Die Medien tragen dazu bei, den Platz der französischen Sprache in der Gesellschaft zu<br />

sichern.


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 89<br />

11. Die Regelung der Verwendung von regionalen Minderheitensprachen in den<br />

audiovisuellen Medien<br />

11.1 Die Politik der DGLFLF zur Aufwertung der Regionalsprachen<br />

Die Entwicklung der Politik zugunsten der Regionalsprachen<br />

Die öffentliche Politik zugunsten der Regionalsprachen, genauer der "Aufwertung der<br />

Regionalsprachen" hat sich im Laufe der neuziger Jahre entwickelt. Der<br />

Parlamentsbericht der DGLFLF des Jahres 1999, in dem erstmals die Regionalsprachen<br />

erwähnt werden, ehrt den damaligen Premierminister Lionel Jospin, wenn er ihm den<br />

Verdienst der Neuorientierung der Regionalsprachenpolitik Frankreichs zuschreibt:<br />

Lors du sommet du Conseil de l'Europe en octobre 1997 à Strasbourg, le Premier<br />

ministre a rappelé que l'identité de l'Europe était fondée notemment sur son<br />

patrimoine linguistique et qu'à ce titre une attention toute particulière devait être<br />

portée aux langues et aux cultures régionales. (Rapport au Parlement 1999, S.<br />

158)<br />

Anlässlich der Versammlung des Europarats im Oktober 1997 in Straßburg hat<br />

der Premierminister daran erinnert, dass die Identität Europas vor allem auf ihrem<br />

sprachlichen Erbe aufbaue und dass deshalb den regionalen Sprachen und<br />

Kulturen eine besondere Aufmerksamkeit zuteil werden müsse.<br />

Kurz darauf erhielt Nicole Péry und durch einen Amtswechsel ihr Nachfolger Bernard<br />

Poignant den Auftrag, einen Bericht über die französische Politik zugunsten der<br />

Regionalsprachen zu verfassen und Vorschläge zu unterbreiten. Der als "rapport<br />

Poignant" bekannte Bericht beschönigte die Situation nicht und befürwortete einige<br />

Maßnahmen im Bereich der Erziehung und der Kultur. Darüber hinaus empfahl er die<br />

Unterzeichnung der Europäischen Charta für Regional- und Minderheitensprachen.<br />

Poignant stellte die Regionalsprachenpolitik in einen größeren Rahmen: Die<br />

Regionalsprachenpolitik müsse die Europapolitik, die Dezentralisierungspolitik und die<br />

Frankophoniepolitik begleiten und unterstützen.<br />

1998 beauftragte dann das Kulturministerium gemeinsam mit dem Bildungsministerium<br />

den bereits erwähnten Rapport Cerquiglini. 1999 wurde die Europäische Charta für<br />

Regional- und Minderheitensprachen unterzeichnet, jedoch nie ratifiziert.<br />

Das Problem der Verfassungswidrigkeit liegt laut Verfassungsgerichtshof in der<br />

Unvereinbarkeit folgender Punkte mit der Verfassung:


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 90<br />

1. Die Charta garantiert den Minderheiten ein unantastbares Recht auf Verwendung<br />

ihrer Sprache nicht nur im privaten, sondern auch im öffentlichen Leben.<br />

2. Die Charta spricht von sprachlichen Gruppen innerhalb des Staatsgebietes. (vgl.<br />

Rapport au Parlement 1999, S. 159)<br />

Alle anderen Punkte stellten keine Probleme dar, besonders weil der<br />

Verfassungsgerichtshof feststellte, dass die bestehenden Aktionen Frankreichs im<br />

Bezug auf die Regionalsprachen ohnehin schon gewährleisteten, wozu sich Frankreich<br />

mit Unterzeichnung der Charta bereit erklären sollte. 18<br />

Der Rapport au Parlement berichtet weiters, dass der Premierminister einen Vorschlag<br />

an den Präsidenten (seit 1995 Jacques Chirac) zur Verfassungsänderung gesandt habe,<br />

dieser eine Verfassungsänderung abgelehnt habe und erklärt habe, "la vitalité et le<br />

rayonnement des langues régionales peuvent et doivent être renforcés pour que nous<br />

puissions nous enrichir de notre diversité" (zitiert nach Rapport au Parlement 1999, S.<br />

160) - "Die Vitalität und die Ausstrahlungskraft unserer Regionalsprachen können und<br />

müssen gestärkt werden, damit wir reicher an Vielfalt werden."<br />

In der Folge begann Catherine Trautmann, die damalige Ministerin für Kultur und<br />

Kommunikation, eine neue Kulturpolitik vorzubereiten, die die Lage aller Regionaloder<br />

Minderheitensprachen, die im Rapport Cerquiglini genannt sind, verbessern sollte.<br />

Sie plante, parallel zum Conseil supérieur de la langue française einen Conseil<br />

supérieur des langues de France einzurichten (als Nachfogler des wenig erfolgreichen<br />

Conseil des langues et cultures régionales) und die Délégation générale à la langue<br />

française in Délégation générale à la langue française et aux langues de France<br />

umzubenennen. Die DGLFLF sollte nach den Vorstellungen Trautmanns die gesamte<br />

Kulturpolitik zugunsten der Regionalsprachen koordinieren und diese Sprachen<br />

bewahren und aufwerten. (vgl. Rapport au Parlement 1999, S. 160)<br />

Die aktuelle Politik der DGLFLF<br />

"Les langues régionales sont l'expression de la diversité culturelle dont notre pays<br />

s'enorgeuillit" - "Die Regionalsprachen sind der Ausdruck der kulturellen Vielfalt, auf<br />

die unser Land so stolz ist", sagte Kultur- und Kommunikationsminister Jean-Jacques<br />

18 Auch der Conseil international de la langue française (CILF) widmet den Diskussionen um die Charta<br />

zwischen 1992 und 2000 ein ausführliches, zwanzigseitiges Dokument<br />

http://www.cilf.org/pub/charte.fr.html , 15.11.2003


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 91<br />

Aillagon bei den Premières Assises nationales des langues des France. Diese<br />

Veranstaltung ist das jüngste Projekt der DGLFLF. Die Konferenz wird stolz als<br />

Premiere, als wesentliches Ereignis in der Geschichte Frankreichs und als<br />

Hoffnungszeichen zelebriert. Lange zuvor schon wurde Werbung gemacht und<br />

Öffentlichkeitsarbeit betrieben. Am 16. Juli 2003 ging durch die Agence France Presse<br />

die Meldung an alle Medien: Auf Initiative Aillagons<br />

[...]sera ouvert pour la première fois un large débat autour des questions<br />

linguistiques de notre territoire. Débat qui s'inscrit à la fois dans la perspective de<br />

la construction européenne et de la décentralisation [...] (Agence France Press,<br />

mercredi 16 juillet 2003)<br />

wird zum ersten Mal eine breite Diskussion rund um Sprachfragen in unserem<br />

Staat eröffnet. Eine Debatte, die sowohl mit der Perspektive der europäischen<br />

Entwicklung als auch mit der Dezentralisierung zusammenhängt.<br />

Neben den Maßnahmen zum Schutz und zur Verbreitung des Französischen und neben<br />

den neuen Maßnahmen zur Bewahrung und Erforschung des kulturellen Erbes<br />

Frankreichs versucht die DGLFLF auch, Einstellungen zu verändern. Mit Beharrlichkeit<br />

und öffentlichkeitswirksamen Aktionen wie den "Assises" soll der neuen Politik<br />

Frankreichs für die Diversität Aufmerksamkeit verschafft werden. Denn die "alte"<br />

Ideologie ist tief im Denken vieler Französinnen und Franzosen verwurzelt. Die<br />

DGLFL sieht sich, so Michel Alessio, Leiter des Aufgabenbereichs der Sprachen<br />

Frankreichs innerhalb der DGLFLF, vor allem als Instanz zur Verbreitung einer neuen<br />

Politik. Die finanziellen Mittel seien gering, und es gehe hauptsächlich darum, lange<br />

eingebläute Meinungen zu verändern.<br />

Le ministère d'éducation nationale a la mission d'assurer à un certain point<br />

l'enseignement. [...] Pour ce qui est du ministère de la culture, c'est plutôt la<br />

mission d'élaboration d'un discours; c'est plutôt théorique en quelque sorte. [...]<br />

C'est simplement la mise en point d'une doctrine. (Interview Michel Alessio,<br />

DGLFLF, 30.9.2003)<br />

Das Bildungsministerium hat die Aufgabe, bis zu einem gewissen Grad, den<br />

Unterricht zu gewährleisten. [...] Beim Kulturministerium handelt es sich eher<br />

darum, einen Diskurs zu erarbeiten; das ist gewissermaßen eher theoretisch. Es ist<br />

einfach eine Entwicklung einer Doktrin.<br />

Der Mythos der "langue unique", in dem Frankreich lange Zeit gelebt habe, müsse<br />

verändert werden.<br />

"En France on ne parle que le Français", disait-on encore récemment. Beaucoup<br />

de gens en sont toujours persuadés; et notre tâche au fond c'est [...]d'agir sur les<br />

mentalités, de transformer les choses, les représentations. (ebd.)


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 92<br />

"In Frankreich spricht man nur Französisch", sagten man noch vor kurzem. Viele<br />

Leute sind noch immer davon überzeugt; Und unsere Aufgabe ist im<br />

Wesentlichen [...], auf die Denkweisen einzuwirken, die Dinge, die Vorstellungen<br />

zu verändern.<br />

Die Funktionäre und Beamten seien besonders hartnäckig was die Beibehaltung der<br />

alten Ideologie betreffe und die Schwierigkeiten beginnen bereits im eigenen<br />

Ministerium. Auch die Medien müssten auf den neuesten Stand gebracht werden, damit<br />

die Berichterstattung über die Diversität besser werde:<br />

[...] dans tous les secteurs d'une société, lorsque une idée nouvelle se fait jour, tout<br />

le monde est affecté avec des décalages [...], et certes, les médias ne sont pas les<br />

plus avancés dans le domaine des langues de France [...] (ebd.)<br />

[...] in allen Bereichen einer Gesellschaft, wenn eine neue Idee zum Durchbruch<br />

kommt, erreicht sie alle mit Zeitverzögerungen [...], und die Medien sind<br />

bestimmt nicht die fortgeschrittensten im Bereich der Sprachen Frankreichs.<br />

deshalb könne die DGLFLF eigentlich nur an die Verpflichtungen aus den<br />

Programmaufträgen erinnern.<br />

Per Gesetz hat die DGLFLF, wie bereits im vorangehenden Kapitel unter Punkt 9.1<br />

erwähnt, fünf durch den Gesetzgeber formulierte Missionen. Drei Missionen beziehen<br />

sich auf die Verwendung der französischen Sprache, eine - die "mission des langues de<br />

France" - betrifft die regionalen Minderheitensprachen Frankreichs, die zu den "langues<br />

de France" gezählt werden. Jede Mission entspricht einem eigenen Arbeitsbereich<br />

innerhalb der DGLFLF, Leiter der "mission des langues de France" ist Michel Alessio.<br />

Die sprachpolitischen Ziele der DGLFLF<br />

Die sprachpolitischen Ziele, die unter dem Auftrag "Sprachen Frankreichs" in dem<br />

Arrêté vom 11. September 2003 formuliert wurden, sind folgende:<br />

Article 5<br />

La mission des langues des France:<br />

- contribue au développement et à la valorisation des langues de France;<br />

Die DGLFLF<br />

- trägt zur Entwicklung und zur Aufwertung der Sprachen Frankreichs bei.<br />

- assure l'observation et l'évaluation des pratiques linguistiques; à cette fin, la<br />

délégation générale à la langue française et aux langues de France fait appel aux<br />

administrations et aux organismes de recherche compétents dans ce domaine.


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 93<br />

- sorgt für die Beobachtung und Evaluierung der sprachlichen Gepflogenheiten.<br />

Zu diesem Zweck stüzt sich die Délégation générale à la langue française et aux<br />

langues de France auf die in diesem Bereich kompetenten Behörden und<br />

wissenschaftlichen Einrichtungen.<br />

11.2 Gesetzestexte<br />

Es existieren, wenn auch wenige, Gesetzestexte, die die Verwendung der<br />

Regionalsprachen in den audiovisuellen Medien regeln. Sie sind als sprachpolitische<br />

Handlungen zu werten.<br />

Folgende Passagen von Gesetzestexten betreffen die Verwendung der Regionalsprachen<br />

in den audiovisuellen Medien Frankreichs:<br />

1. Loi Toubon<br />

Im vorigen Kapitel wurden jene Passagen, welche zur Verwendung der französischen<br />

Sprache in den audiovisuellen Medien verpflichten, zitiert. Artikel 21 (von 24 Artikeln)<br />

der Loi Toubon stellt abschließend fest:<br />

Artikel 21. -<br />

Die Bestimmungen dieses Gesetzes kommen unbeschadet der Gesetze und<br />

Verordnungen über die Regionalsprachen Frankreichs zur Anwendung und stehen<br />

ihrem Gebrauch nicht entgegen.<br />

2. Gesetz zur Kommunikationsfreiheit - Loi n° 86-1067 vom 30. September 1986,<br />

"modifiée relative à la liberté de la communication"<br />

Zufolge Artikel 12 der Loi Toubon wird in Artikel 20-1 des Gesetzes zur<br />

Kommunikationsfreiheit einfügt:<br />

[...] "Die im ersten Absatz vorgesehene Verpflichtung [Verwendung der<br />

französischen Sprache in allen Sendungen und Werbungen in Radio und<br />

Fernsehen] gilt nicht für Programme, Teile von Programmen oder darin enthaltene<br />

Werbungen, die für eine vollständige Ausstrahlung in einer Fremdsprache<br />

bestimmt sind oder die dem Erlernen einer Sprache dienen, sowie nicht für die<br />

Übertragung kultischer Veranstaltungen.<br />

Genauer wird die Verwendung von Minderheiten- oder Regionalsprachen in den<br />

audiovisuellen Medien nicht geregelt. Sie ist nicht verboten, wird aber auch nicht<br />

explizit gefordert, noch gefördert oder unterstützt.


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 94<br />

Die Programmaufträge enthalten zwar Passagen zu den Regionalsprachen, gehen aber<br />

nicht auf einzelne Aspekte der Minderheitensprachen ein. Sie bestimmen lediglich,<br />

welche Sender Minderheitensprachen in ihr Programm aufnehmen sollen.<br />

11.3 Cahiers des missions et des charges<br />

Die Vereinbarungen der privaten Rundfunkanstalten sowie der Kabel- und<br />

Satellitensender mit dem CSA enthalten keine Passagen, in denen die regionalen<br />

Minderheitensprachen Frankreichs erwähnt werden. Nur zwei staatliche Sender, France<br />

3 und Radio France haben laut ihrem cahier des charges die Verpflichtung, die<br />

regionalen Minderheitensprachen in ihr Programm aufzunehmen.<br />

Artikel 16 des cahier des charges et missions von France 3, Teil der Gesellschaft<br />

France Télévision, besagt:<br />

La société contribue à l'expression des principales langues régionales parlées sur<br />

le territoire métropolitain.<br />

Die Gesellschaft trägt zum Ausdruck der wichtigsten Regionalsprachen, die im<br />

französischen Mutterland gesprochen werden, bei.<br />

Article 6 des cahier des charges et missions von Radio France endet mit dem Satz<br />

Elle [la société] veille à ce que les stations locales contribuent à l'expression des<br />

langues régionales.<br />

Die Gesellschaft achtet darauf, dass die Lokalen Radiostationen zum Ausdruck<br />

der Regionalsprachen beitragen.<br />

Diese Regelungen sind äußerst vage, definieren die "wichtigsten Regionalsprachen" -<br />

"langues régionales principales" nicht und enthalten im Fall von Radio France keine<br />

verpflichtende Formulierung. Das Gesetz klärt überdies nicht, wodurch, wie und in<br />

welchem Ausmaß der Ausdruck der Regionalsprachen unterstützt werden soll.<br />

11.4 Kontrolle durch den Conseil Supérieur de l'Audiovisuel?<br />

Artikel 1 des Gesetzes zur Kommunikationsfreiheit, in dem der Auftrag an den CSA<br />

definiert ist, erwähnt die regionalen Minderheitensprachen Frankreichs nicht. Allerdings<br />

lautet der erste Satz des Gesetzes "la communication audiovisuelle est libre" - "die<br />

audiovisuelle Kommunikation ist frei". Auch Vielfalt wird erwähnt:<br />

Le Conseil supérieur de l'audiovisuel [...] veille à la diversité des programmes, au<br />

développement de la production et de la création audiovisuelles nationales ainsi


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 95<br />

qu'à la défense et à l'illustration de la langue et de la culture françaises. Il peut<br />

formuler des propositions sur l'amélioration de la qualité des programmes.<br />

Der Conseil supérieur de l'audiovisuel [...] achtet auf die Vielfalt der Programme,<br />

auf die Entwicklung der nationalen Produktion und Entwicklung im Bereich der<br />

audiovisuellen Medien, ebenso auf die Verteidigung und Veranschaulichung der<br />

französischen Sprache und Kultur. Er kann Vorschläge zur Verbesserung der<br />

Programmqualität formulieren.<br />

Die Verwendung der regionalen Minderheitensprachen überwacht der CSA nur<br />

insofern, als er die Programmaufträge der staatlichen Rundfunkanstalten überwacht, die<br />

den Sendern France 3 und Radio France die Förderung der Regionalsprachen<br />

vorschreiben.<br />

Keiner der acht Berater hat einen expliziten Auftrag, der die Minderheitensprachen mit<br />

einschließt, zu erfüllen. Institutionen wie der Artikel über die französische Sprache im<br />

Lettre du CSA existieren für Regionalsprachen nicht. Der CSA fördert und überwacht<br />

de facto nur die französische Sprache.<br />

In einem Interview erklärte Madame Gendry zur nicht ratifierten Europäischen Charta<br />

der Regional- und Minderheitensprachen, dass der CSA besonders, was die<br />

Feminisierung von Berufsbezeichnungen betreffe, aber auch im Bereich der<br />

Regionalsprachen immer schon etwas seiner Zeit voraus gewesen sei.<br />

Nous on était en avance. On a France 3 et on a Radio France. Il y a toujours eu<br />

des émissions en langues régionales à la télévision et à la radio publique.<br />

Toujours. Donc nous, si vous voulez, nous on n'a pas de progrès à faire, ça existe<br />

déjà. (Interview mit Nicole Gendry, CSA, 30.9.2003)<br />

War waren schon voraus. Wir haben France 3 und wir haben Radio France. Es hat<br />

immer Sendungen in Regionalsprachen im staatlichen Fernsehen und Radio<br />

gegeben. Immer. Also wir, wenn Sie so wollen, müssen keinen Fortschritt mehr<br />

machen. Das gibt es schon.<br />

11.5 Rapports au Parlement<br />

Der erste Parlamentsbericht zur Anwendung der Loi Toubon wurde 1994 veröffentlicht.<br />

Er enthielt bereits, wie im Kapitel zur Situation der französischen Sprache erwähnt, ein<br />

gesondertes Kapitel über die audiovisuellen Medien, denen besondere Bedeutung für<br />

die Entwicklung der Sprache und des Sprachgebrauchs zugeschrieben wurde. Die


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 96<br />

Regionalsprachen kamen erstmals 1999 im Parlamentsbericht vor, als sich die offizielle<br />

Sprachpolitik geändert hatte:<br />

Durant l'été 1998, Mme Cathérine Trautmann, ministre de la culture et de la<br />

communication, a demandé à la délégation générale à la langue française (DGLF)<br />

[...] de contribuer à la définition d'une nouvelle politique en faveur des langues<br />

régionales, tout en poursuivant les actions dont elle est chargée pour l'emploi de la<br />

langue française et la promotion du plurilinguisme. (Rapport au Parlement 1999,<br />

S. 156)<br />

Während des Sommers 1998 hat die Ministerin für Kultur und Kommunikation<br />

die DGLF aufgefordert, an der Entwicklung einer neuen Politik zugunsten der<br />

Regionalsprachen beizutragen, selbstverständlich in Weiterführung der Aktionen<br />

für die Verwendung der französischen Sprache und die Förderung der<br />

Mehrsprachigkeit, mit denen sie beauftragt ist.<br />

Es wurde ein Beobachtungszentrum für die Sprachpraxis "Observatoire des pratiques<br />

linguistiques" gegründet, dessen erste Aufgabe darin bestand, die Sprachenpraxis sowie<br />

die Sprachkontakte in Frankreich zu untersuchen. Darauf aufbauend sollte eine neue<br />

Erziehungs-, Sozial- und Kulturpolitik entwickelt werden; Mit dem Ziel, die<br />

französische Sprache besser verbreiten zu können, aber auch in der Absicht, "de mieux<br />

connaître le patrimoine linguistique commun" - "das gemeinsame sprachliche Erbe<br />

besser zu kennen".<br />

Ab 1999 sprechen die Rapports au Parlement von der "valorisation des langues<br />

régionales" - der Aufwertung der Regionalsprachen.<br />

In dem Kapitel, das seit 1999 im Parlamentsbericht den Regionalsprachen gewidmet ist,<br />

wird in einem Unterpunkt immer auch die Situation der Regionalsprachen in Bezug auf<br />

ihre Repräsentation in den audiovisuellen Medien untersucht. Es handelt sich dabei um<br />

eine Auflistung der staatlichen Medien, die in Regionalsprachen senden inclusive<br />

ungefähren Angaben zur Summe der Sendezeit in Regionalsprachen pro Jahr. Die<br />

Qualität der Sendungen oder die Sprachqualität werden nicht behandelt.<br />

11.6 Kritik an der Situation der Minderheitensprachen in den audiovisuellen<br />

Medien<br />

Als bei den Premières Assises nationales des Langues de France die Sprache auf die<br />

staatlichen Medien und ihren Beitrag für die Minderheitensprachen kam, ging ein<br />

Pfeiffen und Buhrufen durch den Raum. Die regionalen Minderheiten sind auf die<br />

Medien nicht gut zu sprechen. Dieser Eindruck setzte sich auch im Atelier Medien fort,


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 97<br />

in dem in einem vollen Raum unter der Diskussionsleitung von Yves Laplume erhitzt<br />

und fordernd die Probleme der Minderheitensprachen diskutiert wurden.<br />

Ergebnisse des Atelier "médias"<br />

Yves Laplume, Koordinator der Aufgabenbereiche Langes de France und Francophonie<br />

bei Radio France Bleu, präsentierte am Nachmittag stellvertretend für die<br />

Ateliersteilnehmer und -teilnehmerinnen die Forderungen und Problemfelder:<br />

1. Der gesetzliche Rahmen: Artikel 1 und 2 der französischen Verfassung müssen<br />

überdacht und neu gestaltet werden<br />

2. France 3, Radio France und die "radios associatives" - freien Radios brauchen<br />

präzisere Programmaufträge<br />

3. die Subventionen für die freien Radios, welche eine wichtige Rolle in der<br />

Versorgung der Minderheitensprachen einnehmen, müssen verbessert werden<br />

4. staatliche Radiosender in Minderheitensprachen sind wünschenswert.<br />

5. Die Ausbildung in Regionalsprachen (bis CAPES vorhanden) sollte auch<br />

Ausbildungzweige enthalten, die zu Medienberufen hinführen.<br />

6. Die Medien müssen in der Regionalsprache über die Welt sprechen, nicht über die<br />

Sprache.<br />

7. Programme für Kinder müssen erarbeitet werden<br />

8. Untertitelung ist ein weiterer wichtiger Arbeitsbereich<br />

9. grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Medien sollte gefördert werden.<br />

Am Ende stellten sich für Yves Laplume zwei zentrale Fragen für die Zukunft der<br />

Minderheitensprachen in den Medien.<br />

Erstens: Wird man Journalismusausbildung in den Regionalsprachen einrichten?<br />

Dadurch würde sich die Qualität des Journalismus in Minderheitensprachen deutlich<br />

erhöhen. Und<br />

zweitens: Welche Möglichkeiten eröffnen sich durch das digitale Fernsehen und Radio<br />

für die Minderheitensprachen?<br />

Die Forderungen, die während der "Assises" an die staatliche Politik gerichtet wurden,<br />

fassen die Einschätzungen und die Kritik der MinderheitenvertreterInnen und<br />

JournalistInnen zusammen:


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 98<br />

Interviews mit MinderheitenvertreterInnen und JournalistInnen<br />

Unter den regionalen Minderheiten herrscht große Unzufriedenheit mit der Situation<br />

ihrer Sprache in den Medien. Wenn es Medien gibt, die ausreichend in der<br />

Regionalsprache senden, sind dies meist freie Radios, die in der Regel finanzielle<br />

Probleme haben.<br />

Finanzielle Mittel<br />

Die baskischen freien Radios sehen sich als Lückenfüller, wo der Staat seinen<br />

Verpflichtungen nicht nachkommt. Sie kritisieren, dass Radiosender, denen mehr Arbeit<br />

an Übersetzung anfällt, weil sie in Regionalsprachen senden, keine höheren<br />

Subventionen bekommen.<br />

on recoit les soutiens, ce qui est important parce que nous faisons des émissions<br />

de qualité, mais le fait que nous travaillons en langue basque n'est pas pris en<br />

compte. (Interview Naroa Gorostiaga, Radios associatives basques, 4.10.2003)<br />

Anzahl der Sendungen<br />

eine häufig vorgebrachte Kritik am Angebot des staatlichen Rundfunks für sprachliche<br />

Minderheiten ist, dass es zu wenige Sendungen gibt.<br />

il y a un tout petit peu d'émissions en langues régionales effectivement sur les<br />

radios service public [...], trop peu généralement. (Interview Emanuele Fournier,<br />

DGLFLF, 4.10.2003)<br />

auch Henri Boyer, Linguist und Professor an der Universität Montpellier III, ist der<br />

Meinung, das Angebot sei sehr beschränkt und sehr verschieden.<br />

manifestement très peu de choses sont faites, et je dirais même que c'est tout à fait<br />

insignifiant. En fait c'est très variable d'abord et surtout c'est très, très, très limité.<br />

(Interview Henri Boyer, Univ. Montpellier 3, 4.10.2003)<br />

ihm schließen sich unter anderen David Grosclaude und René Ricarrère an:<br />

David Grosclaude ist okzitanischer Journalist und Herausgeber der okzitanischen<br />

Wochenzeitung "La Setmana". Er hält nichts vom staatlichen Fernsehprogramm für<br />

Minderheiten.<br />

Il y a peu d'émissions en occitan à la télévision. Radio France rien, enfin,<br />

quasiment rien, c'est nul. (Interview David Grosclaude, journaliste et éditeur<br />

occitan, 4.10.2003)<br />

René Ricarrère, Vizepräsident des Regionalrates der Aquitaine sieht dennoch eine<br />

positive Entwicklung in den letzten Jahren:


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 99<br />

à mon avis, aujourd'hui les cultures et langues régionales commencent à être un<br />

petit peu représentés dans les médias, qu'il s'agisse de la presse écrite, des<br />

télévisions ou des radios, mais de façon quand même encore très insuffisante.<br />

(Interview René Ricarrère, Conseil régional d'Aquitaine, 4.10.2003)<br />

Ungenaue cahiers des charges<br />

Ein wesentlicher Grund für die schlechte Repräsentanz der regionalen<br />

Minderheitensprachen liegt gewiss in der ungenauen Formulierung der<br />

Programmaufträge. Private Rundfunkanstalten haben keinerlei Verpflichtung, die<br />

Regionalsprachen zu berücksichtigen und die staatlichen Sender nur sehr vage<br />

Vorschriften. Es fehlen Leitlinien für das Ausmaß an Sendezeit, das den<br />

Minderheitensprachen zusteht sowie über die Uhrzeiten, zu denen Sendungen in<br />

Minderheitensprachen gesendet werden sollen.<br />

Nous avons dans les cahiers de charges de France 3 régions et de radio France<br />

Bleu, un article qui dit que les radios doivent donner une place aux langues<br />

régionales. Malheureusement cet article il ne dit pas combien, ce qui fait que vous<br />

avez ces réponses extrèment variées d'une région à l'autre. (Fred Urban,<br />

ehemaliger Direktor des Büros für Zweisprachigkeit im Elsass, 4.10.2003)<br />

Keine Ausbildung in regionalen Minderheitensprachen<br />

il n'y a aucune formation qui soit organisé par l'éducation nationale, aucune<br />

formation par les chaînes de radio et de télévision. [...] il n'y a pas vraiment de<br />

volonté de fabriquer des professionnels. (David Grosclaude, Interview, 4.10.2003)<br />

David Grosclaude wirft dem Staat Unwillen, professionelle JournalistInnen in den<br />

Regionalsprachen auszubilden, vor. Es gibt keine journalistische Ausbildung in<br />

Regionalsprachen.<br />

Dem schließen sich auch Henri Boyer und René Ricarrère an.<br />

Qualität der Sendungen<br />

Professionelle Ausbildung und Sensibilität für journalistische Arbeitsweisen sind eine<br />

wesentliche Voraussetzung für Sendungen von hoher Qualität. Mangelnde Qualität,<br />

sowohl auf sprachlichem, als auch auf inhaltlichem Niveau wird den Medien häufig<br />

vorgeworfen.<br />

Auf die Frage, wie er die Qualität der Sendungen in Regionalsprachen beurteile,<br />

antwortete Henri Boyer, jene in seiner Region seien nicht gerade hervorragend -<br />

"Je vois seulement celles de ma région, elles ne sont pas très bonnes." (Henri Boyer,<br />

Interview, 4.10.2003)


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 100<br />

Yves Laplume, verantwortlich für die Missionen "langues de France" und<br />

"Francophonie" bei Radio France Bleu erinnert daran, dass bei Sprachen, die im<br />

Rückgang begriffen sind, selbstverständlich die Qualität nachlasse: "une langue qui s'en<br />

va, elle commence à être moins bien parlée." (Yves Laplume, France Bleu, Interview<br />

4.10.2003)<br />

Konsumsendungen<br />

Ein weiterer Aspekt von Qualität wird von Fañch Broudic, der bei France 3 Ouest für<br />

die Sendungen in bretonischer Sprache verantwortlich ist, angesprochen: Die für den<br />

Massenkonsum konzipierten Sendungen und Zeichentrickfilme machen auch vor<br />

Minderheitenmedien wie dem französisch-bretonischen Sender TV Breizh nicht halt. Zu<br />

häufig werden diese Sendungen übernommen.<br />

"Pas d'émissions de consommation! Les chaînes passent trop souvent des dessins<br />

animés les uns après les autres, ce que fait d'ailleurs aussi TV Breizh." (Interview mit<br />

Fañch Broudic, France 3 Ouest, 3.10.2003)<br />

Problem der verschiedenen Sprachniveaus beim Publikum<br />

Die unterschiedliche Sprachkompetenz der HörerInnen und ZuseherInnen erschwert es<br />

den Medien, Sendungen in Minderheitensprachen zu konzipieren. Im Fernsehen hilft<br />

die Möglichkeit der Untertitel sehr. Ricarrère spricht von drei Sprachniveaus, die<br />

berücksichtigt werden sollten. Es gibt Sprecher, Hörer und Interessierte. Um sie alle zu<br />

interessieren, müsse man vor allem über Aktuelles sprechen, über das tägliche Leben.<br />

Il y a trois niveaux: il y a ceux qui parlent, ceux qui comprennent, il y a ceux qui<br />

s'interessent. Si on veut que véritablement qu'il soit en prise avec ces réalités, je<br />

crois qu'il faut faire un effort supplémentaire en parlant des sujets de la vie de tous<br />

les jours. C'est à dire, des actualités. (Ricarrère, Interview, 4.10.2003)<br />

Die staatliche Sicht der Probleme<br />

Michel Alessio bestätigt, dass die Regionalradios Schwierigkeiten haben, ihre<br />

Programmaufträge einzuhalten.<br />

Ce qu'on constate c'est que les radios [stations de Radio France] peinent à<br />

respecter leurs propres cahiers des charges, à tenir leurs promesses en quelque<br />

sorte. C'est toujours un peu à la portion congrue que sont soumises les<br />

malheureuses langues régionales qui ont droit dans le meilleur cas à une demie<br />

heure par semaine, dans cet ordre-là. Voilà la réalité. (Michel Alessio, DGLFLF,<br />

Interview am 30.9.2003)


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 101<br />

Im Bereich der Privatradios werde überhaupt nichts getan. "Vous avez tout le secteur<br />

privé où nous n'avons finalement à peu près aucune action." (Alessio, ebd.)<br />

Yves Laplume verteidigt die Bemühungen von France 3. Die Regionalsprachen seien<br />

entsprechend ihres Anteils an der Bevölkerung in den Medien vertreten.<br />

Les média en France sont à l'image du pays. [...] Dans une région comme la Corse où la<br />

moitié à peu près de la population parle le Corse, eh bien on peut se permettre de faire<br />

une antenne bilingue. Dans une région comme la Catalogne où la population est que de<br />

25 pourcent, on va entendre beaucoup moins de la langue. Parce que on s'adresse à tout<br />

le monde. (Yves Laplume, France Bleu, Interview 4.10.2003)<br />

Zudem sei es schwierig, die vielen zersplitterten Sprachgruppen und zahlreichen<br />

Dialekte zu vereinbaren.<br />

11.7 Die Rolle der Medien für Minderheitensprachen und ihre SprecherInnen<br />

Die im Folgenden aufgezählten Funktionen von Medien für Minderheiten sind gewiß<br />

nicht komplett, doch sie zeigen, welche Rollen den Medien von Minderheiten- und von<br />

staatlicher Seite zugeschrieben werden.<br />

Naroa Gorostiaga, die Leiterin dreier baskischer freier Radios resümiert, ihre drei<br />

Sender haben seit der in Betriebnahme 1981 vor allem drei Leistungen erbracht: Sie<br />

haben den Menschen die Scham genommen, ihre Sprache zu verwenden, sie haben zum<br />

Spracherwerb und zur Perfektion des Wortschatzes beigetragen und die verschiedenen<br />

Dialekte des Baskischen zu einer Standardvarietät vereint.<br />

les radios basques ont fait un travail de banalisation. c'est à dire que maintenant<br />

les gens se sont rendu compte qu'ils n'ont plus honte de parler le basque. [...]<br />

Ensuite il y a eu un travail d'éducation également, parce que étant donné que en<br />

langue basque, les gens perdaient le vocabulaire, grâce aux radios qui rentraient<br />

dans tous les foyers ou dans les foyers où les gens comprenaient un petit peu la<br />

langue basque, ils ont pu perfectionner également leur langue.<br />

Ça a fait un travail d'unification également. parce que il y a pas mal de dialectes<br />

en langue basque. Le fait qu'il y ait les dialectes et la langue unifiée à la radio, ça<br />

crée un pont entre les dialectes et la langue unifiée. Il y a tout un tas de signes<br />

positives qui sortent des médias. (Naroa Gorostiaga, Interview, 4.10.2003)<br />

Neben ihren Funktionen, zu informieren, zu unterhalten und in gewisser Weise zu<br />

bilden, haben die Medien in Minderheitensprachen die Möglichkeit, die lokale Politik


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 102<br />

zugunsten der Minderheitensprache zu unterstützen. Die Medien dienen überdies als<br />

Spiegel der Gesellschaft, als Selbstdarstellung.<br />

Davyth Hicks, Leiter der Nachrichtenagentur für Minderheitenbelange Eurolang in<br />

Brüssel, unterstreicht vor allem die Fähigkeit des Radios, Zusammengehörigkeitsgefühl<br />

hervorzurufen. (vgl. Davyth Hicks, Eurolang, Interview 8.10.2003).<br />

Ricarrère macht darauf aufmerksam, dass auch die Übertragung im Nachhinein von<br />

wichtigen kulturellen Ereignissen, wie eines Konzerts, die Gemeinschaft stärke und<br />

gemeinsame starke Momente schaffe. (vgl. Ricarrère, Président du Conseil régional<br />

d'Acquitaine, Interview 4.10.2003).<br />

Fañch Broudic schildert seine in vielen Jahren Fernseh- und Radiojournalismus<br />

gewonnen Erkenntnisse über die positiven Funktionen von Sendungen in<br />

Minderheitensprachen, die die Minderheitensprachen in die Hörlandschaft bringen:<br />

La radio évidemment contribue à rendre le breton, à mettre le breton dans le<br />

paysage sonore. Parce que si vous tombez par hasard sur une émission de radio en<br />

breton, ou si vous oubliez après avoir écouté un programme en français et celui<br />

passe au breton, vous vous rendez compte que le Breton existe, même si vous<br />

même ne parlez pas breton.<br />

mais la télé a une autre qualité de ce point de vue là: c'est qu'elle rend visible la<br />

présence de la langue. (Broudic, France 3 Ouest, Interview, 3.10.2003)<br />

Auch Michel Alessio (DGLFLF) sieht positive Aspekte der Medien für die<br />

Minderheiten:<br />

Die Zukunft einer Sprache liege natürlich in ihren Ausdrucksmitteln und<br />

Sozialisationsformen und hierbei spielen die Medien eine wesentliche Rolle.<br />

l'avenir d'une langue repose aussi, bien sûr, sur les moyens d'expression et de<br />

socialisation dans la langue et c'est là que aujourd'hui [...] les médias ont un rôle<br />

essentiel, prépondérant, tout simplement parce que à la radio ça parle, à la<br />

télévision, ça parle. (Michel Alessio, DGLFLF, Interview, 30.9.2003)<br />

Damit das Überleben einer Sprache gesichert werde, müsse sie in Radio und Fernsehen<br />

präsent sein.<br />

Il est important pour que demain on puisse encore entendre parler telle ou telle<br />

langue que celle-ci soit présente à la radio et à la télévision. (Alessio, ebd.)


III. PRAKTISCHER TEIL - UNTERSUCHUNG 103<br />

Mittlerweile ist man in der staatlichen Sprachpolitik gegenüber den regionalen<br />

Minderheitensprachen bereits so weit gelangt, dass man die Entwicklungen, welche zur<br />

heutigen Situation geführt haben, bedauert. Michel Alessio hofft auf den Beitrag der<br />

Medien, um die Diversität ins Bewusstsein der Französinnen und Franzosen<br />

zurückzurufen.


IV. CONCLUSION 104<br />

IV. CONCLUSION<br />

Au début du de cette étude ont été posés quatre hypothèses de travail:<br />

1. La politique linguistique de la France et de ses institutions a connu des<br />

changements pendant les dernières années en faveur des langues régionales en<br />

France.<br />

2. L'Etat français et ses institutions pratiquent une politique linguistique dans le<br />

domaine des médias audiovisuels.<br />

3. La préservation du préstige de la langue française joue un rôle prioritaire dans<br />

la politique linguistique dans le domaine des médias audiovisuels.<br />

4. De l'avis unanime les médias audiovisuels influencent la situation de la langue<br />

française ainsi que la situation des langues régionales en France.<br />

Hypothèse 1<br />

La politique linguistique de la France et de ses institutions a connu des changements<br />

pendant les dernières années en faveur des langues régionales en France.<br />

Pendant des siècles, la France a pratiqué et construit une politique linguistique. Elle<br />

visait d'abord la défense d'une langue nouvelle, du français, contre le latin.<br />

L'Ordonnance de Villers Cotterêts est devenue une date symbolique pour la victoire de<br />

la langue française sur le latin. Une deuxième date symbolique et un mythe construit<br />

déjà à l'époque à l'aide de la presse, est la Révolution française. Elle a fait triompher le<br />

peuple de l'aristocratie et la langue unique française est devenu alors le symbole de<br />

l'unité de la nation. Pour garantir les mêmes droits et les mêmes moyens de participation<br />

à la démocratie à tous les citoyens, la langue française a été propagé sur le territoire<br />

français. A cette époque, la fameuse enquête de l'Abbé Grégoire a mis au point une<br />

doctrine qui caractérisait la politique linguistique française jusqu'au siècle dernier:


IV. CONCLUSION 105<br />

Pendant deux siècles on a essayé d'annéantir les "patois" - les différentes et nombreuses<br />

langues des régions - pour leur attribuer dans la deuxième moitié du vingtième siècle<br />

face à leur agonie enfin le droit de vie.<br />

Les changements fondamentaux sont faits à partir des années quatre-vingt, à partir de la<br />

présidence de Francois Mittérand qui a déclaré de vouloir pratiquer une politique plus<br />

favorable aux langues régionales en France. Pendant les années quatre-vingt-dix, les<br />

choses se sont précipitées lors des discussions au niveau européen sur le rôle des divers<br />

langues dans l'Union Européenne. La France a dû constater un déclin de l'usage du<br />

français au même temps qu'une augmentation de l'influence anglo-américaine sur la<br />

culture et les langues européennes s'est fait remarquer aussi en France.<br />

La "diversité culturelle et linguistique" est devenu à partir de 1994 (date donnée par<br />

Ager) le nouveau slogan de la France, et au niveau international et au niveau national.<br />

Après de longues hésitations, la France a signé en 1999 la Charte Européenne des<br />

langues minoritaires ou régionales mais ne l'a jamais ratifiée. Elle a été jugée contreconstitutionnel<br />

non seulement contre l'article deux de la Constitution française qui dit<br />

depuis 1992 que "la langue de la république est le français", mais aussi contre l'article 1<br />

de la constitution, constatant l'égalité de tous les citoyens "sans distinction d'origine, de<br />

race ou de religion".<br />

Tout de même la Charte Européenne des langues minoritaires ou régionales a eu un<br />

effet sur la politique linguistique française. Elle a permis un large débat publique sur le<br />

rôle des langues régionales en France, ceci pensent unanimement politiciens et<br />

défendeurs des langues minoritaires. Pour la politique officielle, la question de la<br />

ratification de la Charte est terminée tandis que dans les régions elle vit une renaissance<br />

depuis les Premières Assises nationales des langues de France.<br />

Vu la situation précaire des langues régionales en France - la retransmission familale a<br />

baissée de manière significative et met en danger les langues - les ministères de la<br />

culture et de la communication et de l'éducation nationale ont commencé à mettre en<br />

place une politique de "valorisation des langues de France".<br />

Depuis l'année 2001 la Délégation générale à la langue française voit élargi ses<br />

missions et aux langues de France et a organisé pour la première fois en octobre 2003<br />

les Premières Assises nationales des langues de France, la première conférence<br />

officielle d'un ministère français sur les langues régionales et minoritaires en France.<br />

Michel Alessio, chargé de la mission des langues de France au sein de la DGLFLF,<br />

souligne l'un des effets de la nouvelle politique linguistique: selon des sondages,


IV. CONCLUSION 106<br />

l'opinion publique commence à être plus ouverte aux questions de la diversité<br />

linguistique, même dans le domaine de l'enseignement.<br />

La politique pratiquée par l'Etat français et ses institutions a changé pendant les années<br />

dernières et est désormais plus ouverte aux langues régionales de France.<br />

Hypothèse 2<br />

L'Etat français et ses institutions pratiquent une politique linguistique dans le domaine<br />

des médias.<br />

Politique linguistique, ce sont des actions qui visent, par préscription, interdiction ou<br />

autres mesures, à influencer une ou plusieures langues et/ ou la conscience des locuteurs<br />

et locutrices.<br />

Les acteurs principaux en France sont la Délégation générale à la langue française et<br />

aux langues de France, le ministère de la communication et de la culture ainsi que le<br />

ministère de l'éducation nationale, les associations agrées par la loi et au niveau du<br />

contrôle, l'autorité dans le secteur des médias audiovisuels: le Conseil supérieur de<br />

l'audiovisuel. Il existent de bonnes relations et de nombreuses coopérations entre la<br />

DGLFLF, le CSA et aussi les associations agrées par la loi.<br />

En matière de langue française, la DGLFLF et le CSA mènent la même politique et en<br />

sont obligés par la loi: ils veillent à la protection et à l'enrichissement de la langue<br />

française ainsi qu'à son rayonnement dans le monde entier. Les langues régionales sont<br />

un interêt mineur du CSA mais le Conseil a, comme la DGLFLF, la mission de veiller à<br />

la pérennité des langues régionales.<br />

Un régime politique au pouvoir essaye toujours plutôt de changer le pays que de<br />

l'administrer. Ceci se passe par des actions qui reconstruisent et reproduisent la société.<br />

Les deux moteurs principaux de la politique linguistique de l'état français dans le<br />

domaine des média sont premièrement, la lutte contre les anglicismes et américanismes<br />

dans le langage des médias et ensuite la qualité de la langue parlée aux antennes. Il est<br />

généralement reconnu que les journalistes exercent un grand pouvoir sur le langage à<br />

cause du nombre important de gens qui les écoutent. Si les journalistes parlent bien la<br />

langue française, croit-on, ou s'ils parlent en langues régionales dans leurs émissions,<br />

ceci produira son effet sur le public.


IV. CONCLUSION 107<br />

La politique linguistique de l'Etat français prend le plus souvent la forme de lois, décrets<br />

et circulaires dans lesquels l'état règle pour le français la quantité et la qualité de<br />

l'emploi. En ce qui concerne les langues régionales, il se limite à obliger les stations<br />

nationales, dont deux spécialement, à utiliser les langues régionales sans en définier ni<br />

quantité ni qualité.<br />

Au CSA incombe d'abord le rôle de surveiller le respect des obligations inscrites dans la<br />

loi ainsi que de mener des actions diverses pour assurer une meilleure qualité de la<br />

langue française à la radio et à la télévision (par exemple la Lettre du CSA).<br />

En matière de langues régionales, la politique linguistique de la DGLFLF consiste<br />

surtout à répandre l'idée du patrimoine linguistique riche en France, par exemple par des<br />

publications et des actions en public comme les Premières Assises. Avoir mis le sujet<br />

des "langues de France" sur l'ordre du jour d'abord des médias et par ce biais sur l'ordre<br />

du jour de l'actualité publique, serait déjà un succès.<br />

Toutes les motivations nommées par Ager - identité de la nation, image à l'extérieur et<br />

gestion de l'inégalité des langues qui est étroitement liée au sentiment de l'insécurité -<br />

sont valables pour la politique linguistique française dans le domaine des médias.<br />

L'Etat français et ses institutions pratiquent une politique linguistique variée dans le<br />

domaine des médias audiovisuels français.<br />

Hypothèse 3<br />

La préservation du préstige de la langue française joue un rôle prioritaire dans la<br />

politique linguistique dans le domaine des médias.<br />

Afin de pouvoir vérifier cette hypothèse, la politique linguistique pour la langue<br />

française et la politique linguistique pour les langues minoritaires ont été présentés dans<br />

le châpitre précédent selon la même structure:<br />

La politique linguistique de l'état français, et de la DGLFLF notamment, en matière de<br />

langue française dans le domaine des médias a une tradition d'un demi sciècle environ.<br />

La politique linguistique en faveur des langues régionales ne s'est développé qu'au cours<br />

des années quatre-vingt.<br />

La politique actuelle pour le français repose toujours sur le principe du prestige et de<br />

l'universalité de la langue française qui est une des langues mondiales. La langue


IV. CONCLUSION 108<br />

française elle-même est l'objet de politique linguistique, il s'agit d'aménager son statut,<br />

son corpus et son acquisition.<br />

La politique actuelle de l'état français pour les langues régionales s'inscrit dans le cadre<br />

de la politique pour la francophonie, dans la politique de la diversité linguistique pour<br />

l'Europe ainsi que dans la politique de la décentralisation. Il est généralement reconnue<br />

que les langues régionales servent en tant que patrimoine et en tant que ressource et<br />

richesse à la diversité de la France. Les buts de la politique linguistique en faveur des<br />

langues régionales se traduisent par la préservation du patrimoine et par l'observation<br />

des pratiques linguistiques.<br />

Les lois concernant l'emploi de la langue française dans les médias audiovisuels sont<br />

plus nombreux et aussi nettement plus précis que les lois visant l'emploi des langues<br />

régionales. Dans la loi Toubon, un seul paragraphe concerne l'emploi des langues<br />

régionales en disant que les dispositions de la loi ne s'opposaient pas à l'emploi des<br />

langues régionales.<br />

Cette situation se traduit dans les cahiers des missions et des charges des sociétés de<br />

radio et de télévision: toutes les sociétés de radio et de télévision, publiques et privées,<br />

sont obligées d'employer la langue française; certaines sont amenées aussi à veiller à sa<br />

qualité. Les langues régionales par contre sont présentes seulement dans les cahiers des<br />

charges de deux sociétés publiques, Radio France et France 3.<br />

Le CSA joue un rôle majeur dans l'observation de la liberté de la communication dans le<br />

secteur de l'audiovisuel. Il veille aussi à l'emploi de la langue française, à sa qualité et<br />

au rayonnement de la culture et de la langue française. Il existe une mission de la langue<br />

française au sein du CSA ainsi qu'un bureau de la langue française qui a une longue<br />

histoire au sein des organismes de contrôle de l'audiovisuel. Depuis 1989 le sujet de la<br />

langue française dans la radio et dans la télévision a sa place dans la lettre mensuelle du<br />

CSA.<br />

L'observation des obligations concernant les langues régionales est assuré également par<br />

le CSA, mais elle n'a droit à aucune institution dans celui-ci. Il est regrettable que le<br />

CSA pense qu'il n'y ait, pour la France, aucun progrès supplémentaire à faire dans<br />

l'emploi des langues régionales dans le domaine des médias.<br />

Les rapports au parlement donnent une impression positive de la volonté de promouvoir<br />

les langues régionales en France. Tandis que l'emploi de la langue française dans le<br />

domaine des média audiovisuels ne fait plus objet d'explication dans le rapport depuis


IV. CONCLUSION 109<br />

deux ans, le chapître concernant les langues régionales qui existe depuis le rapport au<br />

parlement 1999 fait toujours état de progrès des langues régionales sur les antennes.<br />

La critique de la situation de la langue française ainsi que la critique de la situation des<br />

langues minoritaires à la radio et à la télévision sont sévères, mais concernent des<br />

aspects différents: puisque la langue française est la langue principale et obligatoire de<br />

la communication audiovisuelle en France, la diversité des chaînes implique aussi une<br />

diversité de langages. En général, ce sont les défenseurs de la langue française qui se<br />

pleignent de la mauvaise qualité du langage des médias en évoquant le pouvoir des<br />

médias: en parlant mal ils nuisent au langage de tout le monde, à la langue française et<br />

au prestige de la France dans le monde.<br />

La critique des défenseurs des langues régionales concerne plus fondamentalement la<br />

simple existence des langues sur les antennes. Ils demandent entre autres un cadre<br />

législatif plus favorable aux langues régionales en général, des obligations plus précises<br />

pour les médias audiovisuels publics qui diffusent aussi en langues régionales et de<br />

l'aide financière pour les radios associatives qui assurent en France la présence des<br />

langues régionales sur les ondes.<br />

La préservation du préstige de la langue française joue un rôle prioritaire dans la<br />

politique linguistique dans le domaine des médias audiovisuels. La politique<br />

linguistique pour les langues minoritaires devrait assurer d'abord plus de présence de<br />

cettes langues dans les médias, garantir également la formation de professionnels en<br />

langues régionales et assurer par cela la qualité des émissions en langues régionales.<br />

Hypothèse 4<br />

De l'avis unanime, les médias influencent la situation de la langue française ainsi que<br />

la situation des langues régionales en France.<br />

Plusieurs interviews avec des experts de journalisme en langue régionale, avec des<br />

représentants de la politique linguistique officielle de la France et la consultation d'un<br />

rapport sur "les médias et la langue française" établi par un cercle de réfléxion au sein<br />

du ministère de la culture et de la communication en 1995, ont permis de présenter<br />

l'opinion unanime que spécialement les médias audiovisuels influencent le langage, la<br />

situation d'une communauté linguistique et la situation de la langue.


IV. CONCLUSION 110<br />

Pour la langue française les médias audiovisuels sont avant tout un bon ou mauvais<br />

example qui est souvent imité par les locuteurs. Ensuite les médias assurent la présence<br />

de la langue française dans la vie publique et font sa promotion.<br />

Pour les locuteurs d'une langue régionale, les médias servent d'abord de créateurs de<br />

confiance et pionniers dans l'utilisation de la langue dans la vie publique.<br />

Deuxièmement, les médias audiovisuels, le plus souvent les radios, assurent la<br />

modernisation de la langue et son adaptation à la vie moderne au niveau lexical. Et<br />

troisièmement, ils permettent à la communauté linguistique de créer un sentiment de<br />

solidarité. Ces examples ne sont pas exhaustifs, mais ils démontrent que<br />

les acteurs ont l'impression et l'expérience que les médias influencent la situation de la<br />

langue française ainsi que la situation des langues régionales en France.<br />

PERSPECTIVES<br />

Le sujet de la politique linguistique dans le domaine des médias est passionnant. Et il<br />

serait souhaitable d'en savoir plus. Les médias sont, certes, un instrument de la politique<br />

linguistique. L'état a besoin des médias pour se faire entendre et doit se présenter par les<br />

médias. Mais comment l'etat influence-t-il les usages et langages dans les métiers qui<br />

travaillent avec la langue? Pour la presse, la situation n'est pas encore clarifiée. La<br />

DGLFLF annonce que la diversité linguistique va s'exprimer dans le futur surtout dans<br />

l'internet. Ceci serait une autre piste à suivre. Comment est-ce que s'exprimera la<br />

diversité et quels effets est-ce que ce développement aura sur les langues?<br />

La question la plus importante reste finalement celle des effets des média sur le langage,<br />

les langues et les locuteurs: les effets des médias en général sur les locuteurs et les<br />

langues sont insuffisamment connus. Tout le monde pense que les médias influencent la<br />

situation linguistique en France. Mais est-ce vrai? Et si c'est vrai, comment est-ce que se<br />

passe cette influence?<br />

Des données sur ce sujet pourraient intéresser aussi l'Union Européenne qui augmente<br />

toutes les années ses aides pour les langues minoritaires et finance de plus en plus de<br />

projets dans le domaine des médias pour langues régionales ou minoritaires.


BIBLIOGRAPHIE 111<br />

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http://europa.eu.int/comm/education/policies/lang/langmin/support.pdf<br />

VERFASSUNG FRANKREICHS,<br />

http://www.assemblee-nat.fr/connaissance/constitution.asp#P8_1609<br />

Übersetzung: http://www.verfassungen.de/eu/)


ANHANG 117<br />

ANHANG<br />

- Übersicht der geographischen Verteilung der regionalen Minderheitensprachen<br />

Frankreichs (nur France métropolitaine), aus CHAURAND, Jacques (Hrsg.),<br />

Nouvelle Histoire de la langue française, Paris, Seuil, 1999<br />

weiters befinden sich folgende, in der Arbeit erwähnte Dokumente im Anhang:<br />

- GIDS: Stufen der Umkehr des Sprachwechsels - Stages of Reversing Language<br />

Shift, aus FISHMAN, Joshua Aaron, Can threatened languages be saved?, Ontario,<br />

UTP, 2001<br />

- Grafik zur Entstehung der Délégation générale à la langue française et aux langues<br />

de France, erstellt vom Dokumentationszentrum der DGLFLF, Paris, 2002<br />

- Arrêté vom 11. September 2003, das die Organisation der DGLFLF festlegt. Auszug<br />

aus dem Journal Officiel de la République Française vom 14. September 2003<br />

- Loi n° 94-665 vom 4. August 1994, betreffend die Verwendung der französischen<br />

Sprache, genannt Loi Toubon, Auszug aus dem Journal Officiel de la République<br />

Française vom 5. August 1994<br />

- "Guidelines on the Use of Minority Language in the Broadcasting Media",<br />

Enddokument der OSZE-Konferenz zum Thema "The Use of Minority-Languages<br />

in Broadcast Media in the OSCE" in Baden bei Wien von 24. - 26. Oktober 2003<br />

- "Regionales Privatfernsehen. TV Breizh geht auf Sendung". Artikel aus dem Journal<br />

L'Humanité, Rubrik Medien, erschienen am 1. September 2000<br />

- Offizielle Zusammenfassung der Ergebnisse der Premières Assises nationales des<br />

langues de France vom 4. Oktober 2003 in Paris, veröffentlicht im Internet unter<br />

http://www.culture.gouv.fr/culture/dglf<br />

- Zeitungsartikel "Die Nase voll vom Franglais im Fernsehen", verfasst von Steven<br />

Beigebeder für die Zeitung Libération vom 5. Oktober 2003, S.8<br />

- "Das Franko-Anglo-Amerikanische Fernsehen", verfasst von Claude Chaussepied<br />

für die Zeitschrift Défense de la langue française, n° 203, 1. Trimester 2002, S. 46,<br />

47<br />

- "Sprache und 'Loft Story'", verfasst von Ange Bizet für die Zeitschrift Défense de la<br />

langue française, N° 205, 3. Trimester 2002, S. 54-57<br />

- Offener Brief des ständigen Sekretärs der Académie française an den Präsidenten<br />

des Conseil supérieur de l'Audiovisuel vom 16. März 1993, erschienen in der<br />

Tageszeitung Le Figaro, entnommen den Arbeitsunterlagen der Arbeitsgruppe<br />

"Medien" , zugänglich im Dokumentationsarchiv der DGLFLF, Paris


ANHANG 118<br />

- "Sprache, Opfer des Fernsehens", Artikel von Catherine Delsol, erschienen am 4./5.<br />

September 1993, ohne weitere bibliographische Angaben den Arbeitsunterlagen der<br />

Arbeitsgruppe "Medien", zugänglich im Dokumentationsarchiv der DGLFLF, Paris<br />

entnommen<br />

- "Das Radio bereichert und kontrolliert die Sprache", Interview mit Alain Rey im<br />

Dezember 1993, ohne weiter bibliographische Angaben den Arbeitsunterlagen der<br />

Arbeitsgruppe "Medien" , zugänglich im Dokumentationsarchiv der DGLFLF, Paris<br />

entnommen<br />

- "Französische Sprache und audiovisuelle Medien", Lettre du CSA n° 19, April<br />

1991, S. 24<br />

- Ergebnisse der Umfrage zur französischen Sprache in den audiovisuellen Medien,<br />

Lettre du CSA n° 102, März 1998, S. 6-8<br />

Die oben angeführten Dokumente des Anhangs können nicht per E-Mail verschickt<br />

werden und sind unter der folgenden Adresse abrufbar:<br />

http://dev.viatec.at/thomas.kastner/petra.pfisterer/Pfisterer-Diplomarbeit-ANHANG_Dokumente.pdf

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