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Sexuell grenzverletzende Kinder – Praxisansätze und ihre ...

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indlichen juristischen Rahmens angegeben. Ähnliche Erfahrungen werden<br />

von „Neue Wege“ aus Bochum berichtet. Dort konnte zwar eine Gruppe<br />

aus Unter-14-Jährigen formiert werden, diese musste aber nach einem<br />

halben Jahr wieder aufgelöst werden. Hier kam man zu der Einschätzung,<br />

dass die <strong>Kinder</strong> im Rahmen von Einzelsettings nicht intensiv genug auf die<br />

Gruppe vorbereitet worden waren. Bei Jüngeren bestünde hier offenbar ein<br />

erhöhter Bedarf an entsprechender Vorarbeit (Nowara & Pierschke, 2005).<br />

Priebe (2008) verweist auf die besondere Bedeutung der Haltung der Eltern.<br />

Da die Strafandrohung als Mittel der extrinsischen Motivation nicht zur<br />

Verfügung steht, fungieren Eltern als die wesentliche Entscheidungsinstanz<br />

in Bezug auf die Frage, ob ein Kind an einer Behandlungsmaßnahme teilnimmt<br />

<strong>und</strong> diese auch bis zum Abschluss zu absolvieren vermag. Nicht zu<br />

unterschätzen seien hier mehr oder weniger subtile Botschaften an das<br />

Kind, mit denen das Ausmaß der sexuellen Problematik bagatellisiert <strong>und</strong><br />

der Sinn der Behandlung in Frage gestellt wird.<br />

Die einzige bekannte deutsche Evaluationsstudie, die sich explizit mit<br />

der Wirksamkeit von Behandlungsmaßnahmen für sexuell übergriffige<br />

<strong>Kinder</strong> unter 14 Jahren beschäftigt, untersuchte die Arbeit von 19 Einrichtungen<br />

in Nordrhein-Westfalen (Elsner & König, 2010; Elsner, Hebebrand<br />

& König, 2008). Gemessen wurden dabei Auffälligkeiten im Behandlungsverlauf<br />

(z.B. erneutes Auftreten sexuell übergriffigen Verhaltens)<br />

sowie Veränderungen in der klinischen Symptomatik der untersuchten<br />

sexuell auffälligen Jungen (n = 56). Als Vergleichsgruppe dienten 39<br />

Jungen, die ausschließlich durch aggressives Verhalten aufgefallen waren<br />

sowie eine Kontrollgruppe bestehend aus 43 Schulkindern. Folgende<br />

zentrale Ergebnisse konnten ermittelt werden:<br />

92<br />

Zwölf sexuell auffällige <strong>und</strong> zwei aggressiv übergriffige Jungen begingen<br />

im Verlauf der Behandlung erneut bzw. erstmals sexuelle Übergriffe.<br />

Ein Drittel der <strong>Kinder</strong>, die die Behandlung begonnen hatten, brachen<br />

diese vorzeitig ab. Dieser Anteil fand sich gleichermaßen bei den sexuell<br />

auffälligen wie bei den aggressiven Jungen. Als wesentliche Faktoren, die<br />

zum Abbruch der Behandlung führten, identifizierten die Autoren<br />

Probleme im Behandlungsverlauf sowie die Haltung der Bezugspersonen<br />

der <strong>Kinder</strong>.<br />

Bezüglich der klinischen Symptome (erhoben mit dem YSR ) haben sich<br />

bei den sexuell auffälligen Jungen im Behandlungsverlauf insgesamt<br />

keine positiven oder sogar negative Veränderungen ergeben. 29% der<br />

sexuell übergriffigen Jungen berichten nach Abschluss der Behandlung<br />

mehr aggressive <strong>und</strong> dissoziale Verhaltensmuster als vor der Behandlung.<br />

Die Ergebnisse legen nahe, dass ein ausschließliches oder überwiegendes<br />

Fokussieren auf das sexuell auffällige Verhalten nicht ausreicht, um einen<br />

positiven Behandlungseffekt zu erzielen.<br />

Eine deliktorientierte Herangehensweise, wie sie bei Jugendlichen <strong>und</strong><br />

Erwachsenen praktiziert wird, ist möglicherweise sogar kontraindiziert,<br />

weil sie bestimmte psychische Probleme, die mit Ängsten, Schuld- <strong>und</strong><br />

Minderwertigkeitsgefühlen zu tun haben, verstärken könnte. Überdies

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