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Sexuell grenzverletzende Kinder – Praxisansätze und ihre ...

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(Helming et al., S. 74).<br />

Eine Differenzierung nach Altersgruppen ergab, dass der Anteil von<br />

strafunmündigen <strong>Kinder</strong>n an den übergriffigen Heranwachsenden erheblich<br />

war: In Schulen 65% bzw. 49% <strong>und</strong> in Heimen 30%. Bei sexueller Gewalt,<br />

die durch <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> Jugendliche ausgeübt wurde, wurden durchgängig<br />

häufiger Jungen als Opfer genannt als bei Missbrauch durch Erwachsene.<br />

Interessant ist auch das Ergebnis, dass der Mädchen-Anteil bei den übergriffigen<br />

<strong>Kinder</strong>n <strong>und</strong> Jugendlichen relativ hoch ist, nämlich 19% bzw. 24%<br />

in der Schule <strong>und</strong> 33% im Heimkontext. Ein weiterer Unterschied zu<br />

sexuellem Missbrauch durch Erwachsene bestand darin, dass von einem<br />

massiveren Einsatz körperlichen Zwangs berichtet wurde. Zudem konnten<br />

bei sexuellen Übergriffen durch <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> Jugendliche die meisten Verdachtsfälle<br />

geklärt werden, wobei vermutet wird, dass sich solche Übergriffe<br />

weniger im Geheimen abspielen <strong>und</strong> dass übergriffige <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> Jugendliche<br />

sexuelle Grenzverletzungen eher zugeben als Erwachsene. Auch wenn<br />

die Ergebnisse nicht durchgängig nach Altersgruppen differenziert werden,<br />

so legen sie eine Anschauung nahe, wonach sexuelle Übergriffe durch<br />

<strong>Kinder</strong> kein gesellschaftliches Randphänomen darstellen, sondern prinzipiell<br />

in allen institutionellen Kontexten vorkommen. Vor allem bezogen auf<br />

Einrichtungen der stationären <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> Jugendhilfe wurde – in Übereinstimmung<br />

mit anderen Untersuchungen (z.B. Baker et al., 2008) – ein deutlich<br />

erhöhtes Risiko des Auftretens sexueller Gewalt durch <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong><br />

Jugendliche identifiziert. Ein signifikant positiver Zusammenhang zwischen<br />

dem Anteil im Heim betreuter <strong>Kinder</strong> mit Missbrauchserfahrungen <strong>und</strong> der<br />

Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Verdachtsfällen auf sexuelle Gewalt<br />

verweist überdies auf das erhöhte Reviktimisierungsrisiko in Einrichtungen<br />

der stationären <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> Jugendhilfe (Kindler & Unterstaller, 2007).<br />

Abgesehen von der Institutionsbefragung von Helming et al. (2011)<br />

liegen zum Bereich Schule keine Daten über das Ausmaß sexuell übergriffigen<br />

Verhaltens von <strong>Kinder</strong>n vor. Auch im Hinblick auf präventive<br />

Bemühungen erscheint dieses Thema noch nicht ausreichend wahrgenommen,<br />

während sexueller Missbrauch durch Erwachsene zunehmend in den<br />

Fokus schulischer Präventionskonzepte Eingang findet (KMK, 2010). In<br />

den angloamerikanischen Ländern hingegen hat der Umgang mit sexuell<br />

auffälligen <strong>Kinder</strong>n im schulischen Kontext schon seit längerem Eingang in<br />

den wissenschaftlichen <strong>und</strong> praxisorientierten Diskurs gef<strong>und</strong>en (Carson,<br />

2006; Horton, 1996). Bei der Planung von Prävention <strong>und</strong> Intervention ist<br />

auch in Erwägung zu ziehen, dass sexualisierte Gewalt zwischen <strong>Kinder</strong>n<br />

häufig nicht isoliert auftritt sondern in Kombination mit anderen Gewaltformen<br />

wie körperliche Gewalt, bullying oder mobbing. Dies ist auch deshalb<br />

wahrscheinlich, weil der Motivation zur Ausübung unterschiedlicher<br />

Gewaltformen ähnliche Bedingungsfaktoren zugr<strong>und</strong>e zu liegen scheinen<br />

(Basile et al., 2009). Der Weg von nicht-sexualisierten Übergriffen zu<br />

sexualisierten Formen der Gewalt scheint daher häufig nicht allzu weit zu<br />

sein.<br />

Eine spezielle Form der sexuellen Gewalt, die häufig im institutionellen<br />

Kontext auftritt, aber nicht notwendig mit Institutionen assoziiert ist, sind<br />

Rituale in Jungengruppen, die als „Mutproben“, „Aufnahmerituale“ oder<br />

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