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Sexuell grenzverletzende Kinder – Praxisansätze und ihre ...

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lichen Raten, die in einer Vergleichsgruppe gef<strong>und</strong>en wurde, die im Kindesalter<br />

klinische (aber nicht sexuelle) Auffälligkeiten zeigte. Die Autoren<br />

betonen, dass <strong>ihre</strong> Ergebnisse der Annahme widersprechen, dass eine große<br />

Anzahl sexuell auffälliger <strong>Kinder</strong> im Jugend- oder Erwachsenenalter zu<br />

Sexualtätern heranreift (Letourneau, Chapman & Schoenwald, 2008).<br />

Einschränkend wird darauf hingewiesen, dass nur Personen untersucht<br />

wurden, die als <strong>Kinder</strong> an ambulanten Behandlungsprogrammen teilnahmen.<br />

<strong>Kinder</strong> mit ungewöhnlich schwerwiegenden sexuellen Auffälligkeiten<br />

oder schweren klinischen Störungen seien in der Studie unterrepräsentiert.<br />

Auch Silovsky & Niec (2002), die sexuell auffällige Vorschulkinder<br />

untersuchten, interpretierten <strong>ihre</strong> Ergebnisse dahin gehend, dass sexuell<br />

auffälliges Verhalten im Kindesalter nicht überdauernd fortbesteht. Da sich<br />

diese Stichprobe sehr junger <strong>Kinder</strong> in einigen Variablen signifikant von<br />

Stichproben älterer <strong>Kinder</strong> aus anderen Untersuchungen unterschied,<br />

kamen die Autorinnen zu dem Schluss, dass verschiedenen Altersgruppen<br />

offenbar verschiedene Entwicklungswege zugr<strong>und</strong>e liegen. Als Hauptunterscheidungsmerkmal<br />

identifizierten Silovsky & Niec das Geschlecht der<br />

untersuchten <strong>Kinder</strong>. Der in <strong>ihre</strong>r Untersuchung gef<strong>und</strong>ene Anteil von 65%<br />

Mädchen konnte in keiner anderen Studie gef<strong>und</strong>en werden. Würde sexuell<br />

auffälliges Verhalten gehäuft persistieren, dann müsste sich eine ähnliche<br />

Geschlechterverteilungen auch in anderen Alterskohorten finden.<br />

Auf der Basis des vorliegenden Forschungsstandes hat sich inzwischen<br />

die Auffassung durchgesetzt, dass es unzulässig wäre, sexuell auffällige <strong>Kinder</strong><br />

als Risikogruppe für spätere Sexualdelikte zu betrachten (Johnson &<br />

Doonan, 2005; Chaffin et al., 2008; Bange, 2012; Letourneau et al., 2008).<br />

Vieles spricht dafür, dass in dieser Frage sorgfältige Differenzierungen getroffen<br />

werden müssen, wobei vor allem zwei Aspekte von gr<strong>und</strong>legender<br />

Bedeutung sind: (1) Es gibt ein Segment aus <strong>Kinder</strong>n, deren sexuelles Verhalten<br />

als besonders problematisch zu klassifizieren ist (Hall et al., 2002,<br />

Pithers et al., 1998a; Wieckowski et al., 1998; Johnson, 1988; Friedrich &<br />

Luecke, 1988; Ray & English, 1995). Wenn diese <strong>Kinder</strong> längerfristig unter<br />

sehr belastenden Lebensbedingungen sozialisiert werden, keiner Behandlung<br />

zugeführt werden oder eingeleitete Behandlungsmaßnahmen abbrechen,<br />

dann besteht ein erhöhtes Risiko, dass problematische sexuelle<br />

Verhaltensweisen überdauern (Friedrich et al., 2005). Der Weg in Richtung<br />

einer möglichen Sexualdelinquenz ist an eine Reihe von Bedingungen geknüpft<br />

<strong>und</strong> kann daher keinesfalls auf alle <strong>Kinder</strong>, die in irgendeiner Phase<br />

<strong>ihre</strong>r Entwicklung sexuelle Auffälligkeiten zeigen, verallgemeinert werden.<br />

(2) <strong>Sexuell</strong> auffälliges Verhalten ist in den meisten Fällen kein isoliertes<br />

Symptom. Häufig existieren neben sexuellen Verhaltensmanifestationen<br />

vielfältige psychopathologische Belastungen (Friedrich et al., 2001; Gray et<br />

al., 1999; Silovsky & Niec, 2002; Tarren-Sweeney, 2008; Baker et al., 2008).<br />

Es würde daher diesen <strong>Kinder</strong>n nicht gerecht werden, wenn sich<br />

prognostische Überlegungen vorwiegend auf die Frage einer künftigen<br />

Sexualdelinquenz konzentrieren würden. Vielmehr erscheint es notwendig,<br />

die gesamte psychopathologische Belastung dieser <strong>Kinder</strong> als Ausgangspunkt<br />

für korrigierende Interventionen heranzuziehen (Gray et al., 1999).<br />

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