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Sexuell grenzverletzende Kinder – Praxisansätze und ihre ...

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sicht zum victim-to-offender-cycle von Thomas & Freemouw (2009; vgl.<br />

dazu auch Bange, 2010). Zwar gäbe es Hinweise darauf, dass sexuelle<br />

Viktimisierung in der Kindheit einen Risikofaktor für Sexualdelinquenz im<br />

Jugend- <strong>und</strong> Erwachsenenalter darstellt, allerdings wird dieser Zusammenhang<br />

durch eine Reihe von Variablen moderiert. Die Beobachtung, dass<br />

sexuelle Viktimisierungen mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit zu auffälligen<br />

sexuellen Verhaltensmanifestationen führen, lässt jedenfalls nicht<br />

den verallgemeinerbaren Schluss zu, dass sich daraus eine persistierende<br />

Sexualdelinquenz entwickelt. Zur Interpretation solcher Ergebnisse bemerkt<br />

König (2011), dass von retrospektiven Wahrscheinlichkeiten nicht<br />

auf prospektive Wahrscheinlichkeiten geschlossen werden darf. Das bedeutet,<br />

der Umstand, dass in Stichproben erwachsener Sexualtäter ein erhöhtes<br />

Ausmaß sexueller Viktimisierungen <strong>und</strong> sexueller Auffälligkeiten in<br />

der Kindheit erhoben wurde, ist nicht als Beleg dafür zu interpretieren, dass<br />

sexuell misshandelte <strong>und</strong>/oder sexuell auffällige <strong>Kinder</strong> mit einer erhöhten<br />

Wahrscheinlichkeit zu erwachsenen Sexualtätern werden.<br />

Tragfähige Bef<strong>und</strong>e sind in dieser Frage vor allem von prospektiven<br />

Langzeituntersuchungen sexuell viktimisierter <strong>und</strong> sexuell auffälliger <strong>Kinder</strong><br />

zu erwarten. Derzeit sind aber nur zwei solcher Studien bekannt. Simon &<br />

Feiring (2008) untersuchten in einem Beobachtungszeitraum von sechs<br />

Jahren den Zusammenhang zwischen initialen Reaktionen auf sexuelle Gewalterfahrungen<br />

<strong>und</strong> der sexuellen Aktivität in der Adoleszenz. <strong>Sexuell</strong>e Erregung<br />

<strong>und</strong> das Beanspruchtsein von sexuellen Gedanken als unmittelbare<br />

Folgen sexueller Viktimisierungen führten zu einer erhöhten sexuellen<br />

Aktivität im Jugendalter. Umgekehrt führten sexuelle Missbrauchserfahrungen,<br />

die nicht mit Begleiterscheinungen i.S. eines Erotizismus im<br />

Zusammenhang standen, zu sexuellen Ängsten <strong>und</strong> damit zu einer verringerten<br />

sexuellen Aktivität in der Adoleszenz. Dieser Bef<strong>und</strong> spricht zwar<br />

dafür, dass initiale Reaktionen auf sexuelle Misshandlungen das Sexualverhalten<br />

im Jugendalter in einem bestimmten Ausmaß zu determinieren<br />

scheinen, allerdings lassen sich daraus keine Schlüsse in Bezug auf eine<br />

spätere Ausübung sexueller Gewalt ziehen.<br />

Die bislang aussagekräftigsten Daten zu dieser Fragestellung liefern<br />

Carpentier, Silovsky & Chaffin (2006). Die Erhebung eines 10-Jahres-<br />

Follow-up nach der Behandlung sexuell auffälliger <strong>Kinder</strong> ermöglichte eine<br />

umfassende Rekonstruktion der (sexuellen) Entwicklung der untersuchten<br />

<strong>Kinder</strong>, die zum Zeitpunkt der Ersterhebung im Alter von 5 – 12 waren<br />

(Bonner et al., 1999). Die Follow-up-Erhebung beinhaltete sowohl Deliktberichte<br />

aus Jugendämtern als auch Informationen über Jugendarrest oder<br />

Inhaftierungen im Erwachsenenalter sowohl als Folge von Sexualdelikten<br />

als auch anderer Deliktformen. Untersucht werden sollten dabei auch die<br />

langfristigen Auswirkungen zweier unterschiedlicher Behandlungsprogramme.<br />

Es zeigte sich, dass ein verhaltenstherapeutisch orientiertes Behandlungsprogramm<br />

zu signifikant besseren Ergebnissen führte als ein spieltherapeutisch<br />

ausgerichtetes Programm. Bezüglich jener sexuell auffälligen<br />

<strong>Kinder</strong>, die an der verhaltenstherapeutischen Maßnahme teilnahmen, stellen<br />

Carpentier et al. fest, dass das Ausmaß späterer Delikte (1) in absoluten<br />

Zahlen sehr gering ist <strong>und</strong> (2) sich nicht unterscheidet von den diesbezüg-<br />

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