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Sexuell grenzverletzende Kinder – Praxisansätze und ihre ...

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stimmten Stressoren (vorangegangene sexuelle Viktimisierung, Ausgesetztsein<br />

gegenüber frauenfeindlichen Kulturen bzw. medialen Stimuli, Devianz<br />

in der Peer-Gruppe) interagiert, um sexuell kontrollierendes/missbräuchliches<br />

Verhalten zu potenzieren. (Hier finden sich Parallelen zur Konzeptualisierung<br />

von Makro- Exo- <strong>und</strong> Mikrosystem, Elkovitch et al., 2009).<br />

<strong>Sexuell</strong>es Verhalten erscheint in diesem Modell als eine external-interpersonell<br />

begründete Selbstregulationsstrategie, um Selbstdefizite besser erscheinen<br />

zu lassen <strong>und</strong> die emotionale <strong>und</strong> kognitive Desorganisation abzuwehren,<br />

die durch inadäquate frühe Bindungsbeziehungen bewirkt<br />

wurden.<br />

Burk & Burkhart (2003) bringen sexualisierte Coping-Strategien im<br />

Jugend- <strong>und</strong> Erwachsenenalter auch in Zusammenhang mit einer frühen<br />

Verfügbarkeit sexueller Erfahrungen <strong>und</strong> den „mächtigen biologischen<br />

Konsequenzen“, die solchen Erfahrungen innewohnten. Diese fanden in<br />

einer Umgebung statt, in der es an positiven Verstärkungen <strong>und</strong> an Modellen<br />

für positives Coping mangelte. Die destruktive Natur <strong>und</strong> Pseudo-<br />

Intimität, die sexueller Gewalt inhärent ist, wird reflektiert durch eine<br />

Strategie, die darauf abzielt, das Selbst zu kontrollieren, indem andere<br />

kontrolliert werden. Primäre emotionale Bedürfnisse (Abwehr von Furcht<br />

<strong>und</strong> Angst) überschatten aktuelle interpersonelle Verhältnisse <strong>und</strong> soziale<br />

Zwänge. Aufgr<strong>und</strong> beeinträchtigter Regulationskompetenzen <strong>und</strong> mangelnder<br />

kognitiv-emotionaler Ressourcen neigen Personen, die interpersonelle<br />

Kontrollstrategien benutzen, dazu, kulturell stereotypisierte Identitäten anzunehmen,<br />

weil sie angewiesen sind auf external begründete Information<br />

über das Selbst. Es ist schwierig, so Burk <strong>und</strong> Burkhart (2003), introspektiv<br />

zu sein, wenn sich internale Erfahrungen als chaotisch <strong>und</strong> beängstigend<br />

darstellen. All das trägt zur devianten Identität sexuell übergriffiger<br />

Menschen bei.<br />

Auch wenn der Ansatz von Burk <strong>und</strong> Burkhart (2003) auf jugendliche<br />

<strong>und</strong> erwachsene Sexualtäter bezogen ist, so besitzt er dennoch einen hohen<br />

Erklärungswert für die Genese kindlicher sexueller Auffälligkeiten.<br />

<strong>Sexuell</strong>es Agieren als Versuch der Kompensation unzureichender interpersoneller<br />

Bindungen ist ein Motiv, das durchaus auch im Kindesalter nachweisbar<br />

ist – zumal wenn es auf ein Lernmilieu trifft, das diese Form der<br />

Verhaltensmanifestation nahe legt.<br />

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass vieles dafür spricht, dass eine<br />

Integration bindungs- <strong>und</strong> lerntheoretischer Überlegungen über einen<br />

hohen Erklärungswert für die Entstehung sexuell auffälligen Verhaltens im<br />

Kindesalter verfügt, insbesondere dann, wenn die zugr<strong>und</strong>e liegenden<br />

Wirkmechanismen als eingebettet in verschiedene Systembereiche (Makro-,<br />

Exo- <strong>und</strong> Mikrosystem) gesehen werden.<br />

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