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Sexuell grenzverletzende Kinder – Praxisansätze und ihre ...

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5 Theoretische Modelle zur Entstehung<br />

sexuell auffälligen Verhaltens von <strong>Kinder</strong>n<br />

Neben der Identifikation zahlreicher ätiologisch bedeutsamer Wirkfaktoren<br />

existieren Bemühungen, theoretische Modellvorstellungen darüber zu entwickeln,<br />

auf welcher Gr<strong>und</strong>lage bzw. durch welche Mechanismen sich<br />

sexuelle Verhaltensprobleme im Kindesalter entwickeln. Im Wesentlichen<br />

werden in der Literatur zwei gr<strong>und</strong>legende Konzeptionen diskutiert, nämlich<br />

solche, die auf lerntheoretischen <strong>und</strong> solche, die auf bindungstheoretischen<br />

Annahmen basieren. Es ist wichtig, diese Modelle weder als<br />

einander ausschließend noch als isoliert von anderen psychologischen<br />

Konzepten zu betrachten. So müssen die hier vorgestellten Ansätze zum<br />

Beispiel in engem Zusammenhang mit traumatheoretischen Überlegungen<br />

verstanden werden (Araji, 1997).<br />

5.1 Lerntheoretische Erklärungen<br />

Ausgehend von der Beobachtung, dass ein hoher Anteil an sexuell auffälligen<br />

<strong>Kinder</strong>n selbst Opfer sexueller Viktimisierung geworden ist, haben<br />

ätiologische Theorien schon früh auf Hypothesen der sozialen Lerntheorie<br />

fokussiert. Howells (1981) entwickelte in diesem Zusammenhang den Begriff<br />

der „sexuellen Lerntheorie“, der an den Terminus der „traumatischen<br />

Sexualisierung“ von Finkelhor & Browne (1995) erinnert. Letztere<br />

manifestiert sich unter anderem in der positiven <strong>und</strong> negativen Verstärkung<br />

sexualisierten Verhaltens auf Seiten der Opfer sexueller Gewalt (etwa<br />

dadurch, dass die Opfer durch dieses Verhalten Aufmerksamkeit vom Täter<br />

bekommen oder aber, dass er aufgr<strong>und</strong> dieses Verhaltens von Bestrafungen<br />

Abstand nimmt). In eine ähnliche Richtung weist die Argumentation von<br />

Yates (1982), wonach sexuell missbrauchte <strong>Kinder</strong> „erotisiert“ werden.<br />

Durch den sexuellen Missbrauch entdecken manche <strong>Kinder</strong> sexuelles Lustempfinden,<br />

es kann im Rahmen der Gewalthandlungen zu sexueller Erregung<br />

oder auch zu Orgasmen kommen (Hall et al., 1998). Da betroffene<br />

<strong>Kinder</strong> häufig andere Belastungen, auch Formen der Vernachlässigung erlebt<br />

haben, können sexuelle Kontakte als Belohnung in einer ansonsten<br />

feindseligen Welt erlebt werden (Johnson & Doonan, 2005). Daher, so<br />

Yates, gäbe es für diese <strong>Kinder</strong> wenig Anlass, dieses Verhalten zu löschen.<br />

Für eine solche Sichtweise spricht auch der Bef<strong>und</strong>, dass Masturbationen,<br />

sexuelle Phantasien <strong>und</strong> sexuelle Lust im Gefolge selbst erlittener sexueller<br />

Misshandlungen wichtige Prädiktoren für die Entstehung sexueller Devianz<br />

im Sinne des victim-to-offender-cycle sind (Thomas & Freemouw, 2009).<br />

Burton, Nesmith & Badten (1997) rekurrieren in <strong>ihre</strong>m Ansatz auf die<br />

frühen Arbeiten von Bandura, in denen auch Bezüge zu sexuellen Auffälligkeiten<br />

bei <strong>Kinder</strong>n hergestellt werden: „Deviante sexuelle Reaktionen<br />

scheinen manchmal das Resultat elterlicher Ermunterung <strong>und</strong> einer Ver-<br />

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