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Sexuell grenzverletzende Kinder – Praxisansätze und ihre ...

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Gil (1993b) entwickelte eine erweiterte Konzeption zum Verständnis des<br />

familiären Einflusses auf die Folgen sexueller Viktimisierungen <strong>und</strong> die<br />

Entwicklung sexueller Verhaltensprobleme. Die Autorin unterscheidet<br />

dabei zwei Arten von problematischen familiären Dynamiken, nämlich<br />

„offen missbräuchliche“ <strong>und</strong> „verdeckt missbräuchliche“. Besonders aufschlussreich<br />

im Hinblick auf die Ätiologie sexueller Verhaltensprobleme bei<br />

<strong>Kinder</strong>n erscheint das Konzept des „verdeckten Missbrauchs“. Gil bezeichnet<br />

damit die Kreation einer sexualisierten familiären Atmosphäre.<br />

Innerhalb dieser Atmosphäre werden missbräuchliche Einstellungen<br />

kommuniziert, aber die Familienmitglieder betätigen sich nicht in expliziten<br />

Missbrauchshandlungen. Diese Familien produzieren ein Klima, das die<br />

Botschaft vermittelt, dass jederzeit ein Missbrauch passieren könnte. Eine<br />

Form des verdeckten Missbrauchs könnte darin bestehen, dass ein Elternteil<br />

ein Kind ständig mit sexualisierten Blicken belästigt oder entsprechende<br />

Kommentare von sich gibt. Gil schildert einen Fall, in dem ein Vater seinen<br />

minderjährigen Sohn immer wieder auf die sexuelle Attraktivität der<br />

Tochter aufmerksam machte. Diese Übertragung der inzestuösen Wünsche<br />

des Vaters führte letztlich dazu, dass aus dem verdeckten Missbrauchssystem<br />

ein offenes wurde, da der Sohn schließlich seine Schwester vergewaltigte.<br />

Verdeckte Missbrauchssysteme erscheinen als tragfähiges Erklärungsmodell<br />

für sexuelles Ausagieren von <strong>Kinder</strong>n (<strong>und</strong> Jugendlichen)<br />

bei nicht substantiiertem sexuellem Missbrauch. Indem die Sexualisierung<br />

latent vollzogen wird, manifestiert sie sich nicht als sexueller Missbrauch,<br />

forciert aber dennoch das Auftreten sexuell getönter Belastungsmanifestationen<br />

auf Seiten der betroffenen <strong>Kinder</strong>. Dieses Konzept liefert erste<br />

Hinweise darauf, wie sich sexuell auffälliges Verhalten auch ohne Vorliegen<br />

eines sexuellen Missbrauchs in der Vorgeschichte entwickeln kann.<br />

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