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Sexuell grenzverletzende Kinder – Praxisansätze und ihre ...

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auffälliges Verhalten sehr wahrscheinlich Ausdruck einer komplexeren Belastung<br />

des Kindes ist, die nicht unbedingt auf sexuellen Missbrauch<br />

zurückgeführt werden muss.<br />

Ergänzend dazu sind Forschungsarbeiten, die sich mit den Auswirkungen<br />

sexuellen Missbrauchs beschäftigten, wiederholt zu dem Ergebnis<br />

gekommen, dass sexuelle Verhaltensauffälligkeiten eine wichtige Folgeerscheinung<br />

sexueller Viktimisierungen sein können. Kendall-Tackett et al.<br />

(1993) kamen in <strong>ihre</strong>r häufig zitierten Forschungsübersicht über 45 Studien,<br />

die sich mit den Folgewirkungen sexuellen Missbrauchs beschäftigten, zu<br />

dem Ergebnis, dass nur zwei Symptome bei sexuell misshandelten <strong>Kinder</strong>n<br />

signifikant häufiger vorkommen als bei anderen klinischen Gruppen, nämlich<br />

Symptome aus dem Störungsbild einer posttraumatischen Belastungsstörung<br />

(PTBS) <strong>und</strong> sexuell auffälliges Verhalten. Sexualisiertes Verhalten<br />

<strong>und</strong> PTBS-Symptome würden sich demnach als „Kernmanifestationen eines<br />

sexuellen Traumas“ anbieten. Kendall-Tackett et al. (1993) merken jedoch<br />

an, dass die Häufigkeit des Auftretens sexualisierten Verhaltens bei sexuell<br />

misshandelten <strong>Kinder</strong>n enormen Variationen unterworfen ist. Sie schlussfolgern<br />

aus <strong>ihre</strong>n Analysen, dass etwa die Hälfte aller sexuell misshandelten<br />

<strong>Kinder</strong> sexualisiertes Verhalten zeigen, gleichwohl merken sie an, dass das<br />

Konzept der sexuellen Verhaltensauffälligkeit in den verschiedenen Studien<br />

sehr vage definiert ist. Keineswegs lasse sich demnach sexualisiertes Verhalten<br />

mit sexueller Übergriffigkeit oder sexuell Aggression gleichsetzen.<br />

Drach, Wientzen & Ricci (2001) fanden in einer Untersuchung an 247<br />

<strong>Kinder</strong>n keinen signifikanten Zusammenhang zwischen sexuellem Missbrauch<br />

in der Vorgeschichte <strong>und</strong> sexuellen Verhaltensauffälligkeiten,<br />

jedoch, analog zu den Ergebnissen von Friedrich et al. (2001), einen deutlichen<br />

Zusammenhang zwischen sexuellen Verhaltensproblemen <strong>und</strong> anderen<br />

Verhaltens- <strong>und</strong> emotionalen Problemen. In Übereinstimmung mit<br />

Kendall-Tackett et al. (1993) resümieren die AutorInnen, dass zwar einige<br />

sexuell missbrauchte <strong>Kinder</strong> ein hohes Ausmaß an sexuellen Verhaltensauffälligkeiten<br />

zeigen, während andere betroffene <strong>Kinder</strong> diesbezüglich unauffällig<br />

sind. Desgleichen weisen aber auch einige <strong>Kinder</strong>, bei denen kein<br />

sexueller Missbrauch nachgewiesen wurde, stark sexualisiertes Verhalten<br />

auf.<br />

Im wesentlichen lassen sich also drei Forschungsrichtungen unterscheiden,<br />

die den Zusammenhang zwischen kindlichen sexuellen Verhaltensauffälligkeiten<br />

<strong>und</strong> der Betroffenheit von sexuellem Missbrauch<br />

untersuchen: (1) Studien zu den Folgen sexuellen Missbrauchs (2) Retrospektive<br />

Studien zur Genese von Sexualdelinquenz <strong>und</strong> (3) Studien zu<br />

sexuell auffälligen <strong>Kinder</strong>n, in denen der Anteil derer erhoben wird, die von<br />

sexuellem Missbrauch betroffen sind. Trotz einer relativ großen Variation<br />

hinsichtlich der Ausprägung des Zusammenhangs lässt sich der derzeitige<br />

Forschungsstand folgendermaßen zusammenfassen:<br />

30<br />

Ein relevanter Anteil von <strong>Kinder</strong>n, die von sexuellem Missbrauch betroffen<br />

sind, entwickelt sexuell auffälliges Verhalten.<br />

Ein relevanter Anteil von <strong>Kinder</strong>n, die sexuell auffälliges Verhalten<br />

zeigen, ist von sexuellem Missbrauch betroffen.

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