09.01.2013 Aufrufe

Sexuell grenzverletzende Kinder – Praxisansätze und ihre ...

Sexuell grenzverletzende Kinder – Praxisansätze und ihre ...

Sexuell grenzverletzende Kinder – Praxisansätze und ihre ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

führten (Longo & Groth, 1983; Abel, Osborne & Twigg, 1993). Zweitens<br />

bezogen sich die ersten Studien zu kindlichen sexuellen Verhaltensauffälligkeiten<br />

auf das Segment der am schwerwiegendsten belasteten <strong>Kinder</strong>, die<br />

die ausgeprägtesten Formen sexueller Übergriffigkeit zeigten. Unter diesen<br />

<strong>Kinder</strong>n fand sich ein sehr hoher Prozentsatz von sexuell Viktimisierten<br />

(Friedrich & Luecke, 1988; Johnson, 1988; Johnson, 1989; Cantwell, 1988).<br />

Allerdings deutete sich bereits in dieser frühen Periode der Erforschung des<br />

Zusammenhangs zwischen eigener Viktimisierung <strong>und</strong> sexuell übergriffigem<br />

Verhalten an, dass offenbar nicht alle <strong>Kinder</strong>, die sich sexuell auffällig verhielten,<br />

von sexuellem Missbrauch betroffen waren.<br />

In den darauf folgenden Jahren fanden sich zunehmend empirische<br />

Hinweise darauf, dass zwar das Erleben von sexuellem Missbrauch einen<br />

ernst zunehmenden Risikofaktor für die Entwicklung sexueller Verhaltensprobleme<br />

schon in der Kindheit darstellt, dass es sich beim Vorliegen einer<br />

eigenen sexuellen Viktimisierung aber nicht um eine notwendige Vorbedingung<br />

für ein solches Verhalten handelt. Bange (2012) führt in einer<br />

aktuellen Übersicht sechs Studien an, in denen der Anteil sexuell misshandelter<br />

<strong>Kinder</strong> an Stichproben sexuell auffälliger <strong>Kinder</strong> erhoben wurde.<br />

Die entsprechenden Werte variieren zwischen 38% (Silovsky & Niec, 2002)<br />

<strong>und</strong> 95% (Gray et al., 1997).<br />

Relativ gut abgesichert ist der Bef<strong>und</strong>, wonach sich in der Gruppe der<br />

sexuell misshandelten <strong>Kinder</strong> ein höherer Prozentsatz an <strong>Kinder</strong>n mit<br />

sexuellen Verhaltensauffälligkeiten befindet als unter nicht viktimisierten<br />

<strong>Kinder</strong>n oder psychiatrisch auffälligen <strong>Kinder</strong>n ohne bekannte Vorgeschichte<br />

eines sexuellen Missbrauchs (Friedrich et al., 1997; Cosentino et<br />

al., 1995). Exemplarisch sei hier auf die Arbeit von Friedrich et al. (2001)<br />

verwiesen, in der das Vorkommen sexueller Verhaltensprobleme in einer<br />

Normalstichprobe, in einer Stichprobe sexuell missbrauchter <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong> in<br />

einer Gruppe psychiatrisch auffälliger <strong>Kinder</strong> miteinander verglichen<br />

wurde. Als Erhebungsinstrument wurde der CSBI eingesetzt. Die<br />

wichtigsten Ergebnisse der Studie waren folgende: Alle 38 sexuellen Verhaltensweisen,<br />

die mit dem CSBI erhoben werden, wurden von den sexuell<br />

viktimisierten <strong>Kinder</strong>n signifikant häufiger gezeigt als von den <strong>Kinder</strong>n der<br />

beiden anderen Gruppen. Sieben Verhaltensweisen wurden von der<br />

psychiatrisch auffälligen Gruppe häufiger gezeigt als von der Normalstichprobe.<br />

Sowohl der CSBI-Gesamtscore (Anzahl der gezeigten Verhaltensweisen)<br />

als auch die Item-Mittelwerte (Intensität des sexuellen Verhaltens)<br />

waren in der Gruppe der sexuell Viktimisierten signifikant erhöht. Dennoch<br />

zeigte sich auch bei den psychiatrisch auffälligen <strong>Kinder</strong>n ein erhebliches<br />

Ausmaß an sexualisierten Verhaltensweisen, sodass sich der CSBI als nicht<br />

geeignet erwies, zwischen sexuell misshandelten <strong>und</strong> nicht sexuell misshandelten<br />

<strong>Kinder</strong>n zu diskriminieren. <strong>Sexuell</strong>e Verhaltensprobleme sind<br />

also nicht spezifisch für sexuell misshandelte <strong>Kinder</strong>, da sie offenbar auch<br />

in anderen Subgruppen in erheblichem Ausmaß vorkommen. Die Autoren<br />

kommen darüber hinaus zu dem Ergebnis, dass sexuelle Auffälligkeiten mit<br />

höherer Wahrscheinlichkeit gemeinsam mit anderen Verhaltensproblemen<br />

berichtet werden – <strong>und</strong> zwar unabhängig davon, ob sexueller Missbrauch in<br />

der Vorgeschichte vorlag oder nicht. Dies lässt den Schluss zu, dass sexuell<br />

29

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!