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Sexuell grenzverletzende Kinder – Praxisansätze und ihre ...

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4 Sind sexuell auffällige <strong>Kinder</strong> sexuell<br />

misshandelte <strong>Kinder</strong>? – Ätiologische<br />

Faktoren<br />

Antworten auf die Frage, was zur Entwicklung sexuell auffälligen Verhaltens<br />

bei <strong>Kinder</strong>n beiträgt, sind von hoher praktischer Relevanz. Hier<br />

spielen zunächst Einschätzungen dahingehend eine Rolle, ob sexuelle Verhaltensmanifestationen<br />

als Ausdruck aktueller oder früherer Gefährdungen<br />

des betreffenden Kindes aufzufassen sind. Wenn ein solches Verhalten die<br />

Vermutung auslöst, dass ein Kind sexuell misshandelt wurde oder nach wie<br />

vor wird, dann ergeben sich für die jeweils damit befassten erwachsenen<br />

Bezugspersonen nicht nur erhebliche emotionale Belastungen sondern auch<br />

unmittelbare Handlungserfordernisse. Ein differenziertes Wissen über ätiologische<br />

Faktoren sexuell auffälligen Verhaltens ist im Interesse fachgerechter<br />

Interventionen daher unentbehrlich. Solche Erwägungen sind<br />

aber nicht allein auf die Frage zu reduzieren, ob sexuell auffällige <strong>Kinder</strong><br />

sexuell misshandelt wurden, sondern es ist eine Vielzahl von Risikofaktoren<br />

in Betracht zu ziehen, die einen Beitrag zur Entwicklung solcher Verhaltensweisen<br />

leisten können.<br />

Bevor diese Risikofaktoren diskutiert werden, wird zunächst die Frage<br />

erörtert, welche Zusammenhänge zwischen sexuellen Verhaltensauffälligkeiten<br />

von <strong>Kinder</strong>n einerseits <strong>und</strong> der Betroffenheit von sexuellem Missbrauch<br />

andererseits bestehen. Zur Klärung dieser Frage steht inzwischen<br />

ein umfangreicher Bestand an Forschungsarbeiten zur Verfügung.<br />

4.1 <strong>Sexuell</strong>er Missbrauch als Ursache für sexuelle<br />

Verhaltensprobleme?<br />

Sigm<strong>und</strong> Freud postulierte im Jahre 1896 einen zwingenden Zusammenhang<br />

zwischen sexueller Traumatisierung <strong>und</strong> sexualisiertem Verhalten von<br />

<strong>Kinder</strong>n: „Ich bin daher geneigt anzunehmen, dass ohne vorherige Verführung<br />

<strong>Kinder</strong> den Weg zu Akten sexueller Aggression nicht zu finden<br />

vermögen. Der Gr<strong>und</strong> zur Neurose würde demnach im Kindesalter immer<br />

von Seiten Erwachsener gelegt, <strong>und</strong> die <strong>Kinder</strong> selbst übertragen einander<br />

die Disposition, später an Hysterie zu erkranken.“ (Freud, 1896, zit. n.<br />

Masson, 1995, S. 62).<br />

Mitte der 1980er Jahre bestand noch die weit verbreitete Meinung, dass<br />

sexueller Missbrauch der mit Abstand wichtigste ätiologische Faktor für die<br />

Entwicklung kindlicher sexueller Verhaltensprobleme sei. Zwei Gründe<br />

waren für die Entstehung dieser Annahme ausschlaggebend. Erstens gab es<br />

einige Forschungsarbeiten, in denen unter erwachsenen Sexualtätern ein<br />

hoher Prozentsatz von Männern gef<strong>und</strong>en wurde, die retrospektiv von<br />

eigenen sexuellen Missbrauchserfahrungen berichteten <strong>und</strong> die angaben,<br />

dass diese Erfahrungen schon früh zu sexuellen Verhaltensproblemen<br />

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