Sexuell grenzverletzende Kinder â Praxisansätze und ihre ...
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Pithers et al. <strong>und</strong> Hall et al. empirisch abgeleitet. Eine erste Kategorisierung<br />
trafen Hall et al. (1998) auf der Basis einer Untersuchung von 100 sexuell<br />
misshandelten Mädchen <strong>und</strong> Jungen im Alter zwischen 3 <strong>und</strong> 7 Jahren.<br />
Aufgr<strong>und</strong> <strong>ihre</strong>r Ergebnisse entwickelten die AutorInnen eine Einteilung in<br />
drei Gruppen: (1) <strong>Kinder</strong>, die entwicklungsgemäßes sexuelles Verhalten<br />
zeigen, (2) <strong>Kinder</strong>, die problematisches sexuelles Verhalten zeigen, das ausschließlich<br />
selbstbezogen ist <strong>und</strong> (3) <strong>Kinder</strong> mit problematischem interpersonellem<br />
sexuellem Verhalten (das auch gepaart sein kann mit selbstbezogenen<br />
sexuellen Verhaltensweisen). Die Bedeutung dieser Arbeit liegt<br />
weniger in der eher allgemeinen Kennzeichnung der verschiedenen Kategorien<br />
als in der Identifikation von Aspekten, die zur Zuordnung in diese<br />
Kategorien beitrugen. Die stärkste Vorhersagekraft in Bezug auf die Zugehörigkeit<br />
zu einer Kategorie hatte die sexuelle Erregung des Kindes<br />
während des an ihm begangenen sexuellen Missbrauchs. Nur solche <strong>Kinder</strong>,<br />
die von eigenen sexuellen Reaktionen während des Missbrauchs berichteten,<br />
zeigten in der Folge auffällige sexuelle Verhaltensweisen (wurden<br />
also den Kategorien 2 <strong>und</strong> 3 zugeordnet). Andere wichtige Prädiktoren für<br />
die Gruppenzugehörigkeit waren Sadismus des Täters, körperliche Misshandlung<br />
in der Vorgeschichte, emotionaler Missbrauch in der Vorgeschichte<br />
sowie der Attributionsstil des Kindes im Zusammenhang mit<br />
dem sexuellen Missbrauch (d.h. inwieweit es sich selbst die Schuld an dem<br />
Geschehen gab).<br />
Pithers et al. (1998a) fassen die bis dahin vorliegenden Kategorisierungsversuche<br />
mit der Feststellung zusammen, dass keine einzelne Variable geeignet<br />
sei, zwischen erwartungsgemäßem <strong>und</strong> auffälligem Sexualverhalten<br />
signifikant zu differenzieren. Diskutiert würden als mögliche Unterscheidungskriterien<br />
(a) das Alter des Kindes, (b) die Misshandlungsgeschichte<br />
des Kindes, (c) Unterschiede in den Kompetenzen der beteiligten <strong>Kinder</strong>,<br />
die jeweils Unterschiede bezüglich der Macht implizieren, (d) die kindliche<br />
Ansprechbarkeit auf erwachsene Interventionen <strong>und</strong> Beaufsichtigung, (e)<br />
die praktizierten sexuellen Verhaltensweisen, (f) der kindliche Affekt beim<br />
Vollzug der sexuellen Aktivitäten, (g) das Ausmaß an Zwanghaftigkeit <strong>und</strong><br />
(h) der Einsatz von Zwang, um Mitwirkung oder Unterwerfung des anderen<br />
Kindes zu erreichen.<br />
Pithers et al. untersuchten 127 <strong>Kinder</strong> im Alter zwischen 6 <strong>und</strong> 12<br />
Jahren <strong>und</strong> leiteten daraus folgende Typologie ab:<br />
1) <strong>Sexuell</strong> aggressive <strong>Kinder</strong><br />
2) asymptomatische <strong>Kinder</strong><br />
3) schwer traumatisierte <strong>Kinder</strong><br />
4) Regelbrecher<br />
5) <strong>Sexuell</strong>e reaktive <strong>Kinder</strong> (reaktiv auf den selbst erlebten sexuellen Missbrauch)<br />
Die AutorInnen betonen, dass die Unterscheidung der Typen nicht auf der<br />
Art des sexuellen Verhaltens basiert, vielmehr seien jene Variablen, die die<br />
Gruppenzugehörigkeit am besten vorhersagten, nicht-sexueller Natur. Es<br />
handelt sich dabei um die Werte auf der CBCL-Delinquenz-Skala, eine<br />
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