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Sexuell grenzverletzende Kinder – Praxisansätze und ihre ...

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teiligten beinhaltet. Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang die<br />

Frage, wie sich eine (Un)freiwilligkeit der Teilnahme an sexuellen Interaktionen<br />

operationalisieren lässt. Freiwilligkeit setze nach Cunningham &<br />

McFarlane (1996) eine wissentliche Zustimmung (informed consent) des<br />

Kindes zu den sexuellen Aktivitäten voraus. Wissentliche Zustimmung beinhaltet<br />

folgende Aspekte (vgl. auch Ryan et al., 1993; Gil, 1993a):<br />

Verstehen des Vorschlags<br />

Wissen über gesellschaftliche Standards im Zusammenhang mit dem,<br />

was vorgeschlagen wird<br />

Einschätzung bezüglich möglicher Konsequenzen <strong>und</strong> Alternativen<br />

Annahme, dass Zustimmung <strong>und</strong> Ablehnung in gleicher Weise<br />

respektiert werden<br />

Willentliche Entscheidung<br />

Ausreichende kognitive Kompetenz<br />

Zusätzlich verweisen die Autoren auf die Möglichkeit des passiven Mitmachens<br />

ohne offenen Widerstand (compliance), ungeachtet von<br />

Empfindungen, die eigentlich ein gegenteiliges Verhalten nahe legen<br />

würden. Es bedürfe also keiner (äußeren oder inneren) Zustimmung, um<br />

sich – entgegen der eigenen Empfindungen - an sexuellen Handlungen zu<br />

beteiligen.<br />

Diese komplexen, aber hochrelevanten Konzeptionalisierungen von<br />

(Un)freiwilligkeit machen sorgfältige Einschätzungen der Motivationen <strong>und</strong><br />

affektiven Begleiterscheinungen der beteiligten <strong>Kinder</strong> erforderlich. Es zeigt<br />

sich, dass die Frage der Freiwilligkeit nicht einfach mit dem Verweis darauf<br />

zu klären ist, dass ein Kind „mitgemacht“ habe. Das Konzept des informed<br />

consent macht deutlich, dass an die Zustimmung zu einer sexuellen Interaktion<br />

(wie im Jugend- <strong>und</strong> Erwachsenenalter auch) hohe Anforderungen<br />

geknüpft sind. Die Identifikation von Machtgefällen, Überredung <strong>und</strong> subtiler<br />

Manipulation gestaltet sich entsprechend schwierig.<br />

Ryan (2000) definiert Kategorien in Bezug auf das Ausmaß der Notwendigkeit<br />

einer erwachsenen Intervention. Die Autorin unterscheidet<br />

sexuelles Verhalten von <strong>Kinder</strong>n dahingehend, ob es sich (1) um entwicklungsgemäßes,<br />

also normales sexuelles Verhalten handelt, ob (2) eine<br />

erwachsene Reaktion auf das Verhalten notwendig erscheint, ob (3) eine<br />

Korrektur des kindlichen Verhaltens empfohlen wird <strong>und</strong> schließlich, ob es<br />

sich (4) um ein Verhalten handelt, das prinzipiell als problematisch angesehen<br />

werden muss <strong>und</strong> entsprechend regelhafte Interventionen erforderlich<br />

macht. Der ersten Kategorie ordnet Ryan beispielsweise „Doktorspiele“<br />

zu. Zur zweiten Kategorie gehört u.a. eine „sexuell explizite“<br />

Sprache. Eine Korrektur des kindlichen Verhaltens (Kategorie 3) sei geboten,<br />

wenn das Kind z.B. ohne Erlaubnis die Genitalien anderer<br />

Menschen berührt. Gr<strong>und</strong>sätzlich problematisch <strong>und</strong> interventionsbedürftig<br />

(Kategorie 4) sei es, wenn <strong>Kinder</strong> andere <strong>Kinder</strong>, aber auch Tiere oder<br />

Puppen, oral, anal oder vaginal penetrieren. Die Stärke dieser Einteilung<br />

liegt vor allem darin, dass sie nicht nur Gr<strong>und</strong>lagen für die Einschätzung<br />

kindlichen sexuellen Verhaltens liefert, sondern auch Orientierungen bietet<br />

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