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Sexuell grenzverletzende Kinder – Praxisansätze und ihre ...

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ges Verhalten folgendermaßen: „<strong>Sexuell</strong> auffälliges Verhalten im Kindesalter<br />

(< 12 Jahre) beinhaltet die Initiierung von Verhaltensweisen, die auf<br />

Geschlechtsorgane gerichtet sind (Genitalien, Anus, Hoden oder Brust), die<br />

entweder nicht einer altersgemäßen Entwicklung entsprechen oder potenziell<br />

schädigend für das Kind selbst oder für andere sind“ (Chaffin et al.,<br />

2008, S. 200). Eine Definition von Ryan & Lane (1997), die in der<br />

Forschungslandschaft ebenfalls als tragfähig angesehen wird (Hall, 2006),<br />

bezieht sich auf sexuellen Missbrauch durch Minderjährige (wodurch keine<br />

deutliche Unterscheidung zwischen Jugendlichen <strong>und</strong> <strong>Kinder</strong>n gegeben ist):<br />

Ein Minderjähriger begeht dann sexuellen Missbrauch, wenn er „eine<br />

sexuelle Handlung mit einer Person egal welchen Alters gegen den Willen<br />

des Opfers, ohne dessen Zustimmung <strong>und</strong> in einer aggressiven, ausbeuterischen<br />

<strong>und</strong> bedrohenden Art <strong>und</strong> Weise vollzieht“ (Ryan & Lane, 1997, S.<br />

3).<br />

Diese in der Fachwelt gängigen Definitionen bieten den Vorteil, dass sie<br />

hinreichend prägnant zur Benennung <strong>und</strong> somit möglichen Identifikation<br />

sexuell übergriffigen Verhaltens beitragen. Sie führen eine Reihe von<br />

Kriterien ein, die als Differenzierungsmerkmale zwischen normalem <strong>und</strong><br />

interventionsbedürftigem sexuellen Verhalten von <strong>Kinder</strong>n dienen. Sie eignen<br />

sich daher als relativ gut handhabbare diskursive Instrumente vor allem<br />

für erste Praxisinterventionen in einschlägigen (pädagogischen) Handlungsfeldern.<br />

Die Grenzen solcher Definitionen müssen gleichwohl berücksichtigt<br />

werden: Die jeweils genannten Definitionskriterien für sexuell übergriffiges<br />

Verhalten sind weder hinreichend scharf definiert noch sind sie<br />

vollständig. So sind etwa „Freiwilligkeit“ oder „informiertes Einverständnis“<br />

keineswegs selbst erklärende Kategorien im Zusammenhang mit sexuellem<br />

Verhalten von <strong>Kinder</strong>n. Jede der oben zitierten Definitionen zielt<br />

teilweise auf unterschiedliche Gr<strong>und</strong>kriterien ab, so z.B. auf die Ausübung<br />

von Zwang bei Fre<strong>und</strong> & Riedel-Breidenstein (2004) <strong>und</strong> die potenzielle<br />

Schädlichkeit bei Chaffin et al. (2008). Das hauptsächliche Problem, dass<br />

sich durch solche Definitionsversuche ergibt, besteht in der Festlegung<br />

einer Art Cut-off-Bedingung, die das Vorliegen oder Nicht-Vorliegen des<br />

beschriebenen Verhaltens definiert. <strong>Sexuell</strong>e Verhaltensmanifestationen von<br />

<strong>Kinder</strong>n sind aber gerade nicht nach Entweder-Oder-Verfahren einzuordnen,<br />

sondern müssen mindestens in <strong>ihre</strong>r Kontextabhängigkeit, <strong>ihre</strong>r<br />

Interaktionsdynamik <strong>und</strong> <strong>ihre</strong>m prozesshaften Verlauf eingeschätzt werden.<br />

Aus diesem Gr<strong>und</strong> wurde eine begriffliche Annäherung an solche Verhaltensweisen<br />

schon früh unter Zuhilfenahme umfangreicher Kriterienkataloge<br />

<strong>und</strong> der Entwicklung von Kategoriensystemen versucht. Als gemeinsame<br />

Gr<strong>und</strong>lage dieser Bemühungen fungiert dabei die Einschätzung,<br />

dass sexuelle Verhaltensweisen von <strong>Kinder</strong>n auf einem Kontinuum anzusiedeln<br />

sind, das sich zwischen normalen, unbedenklichen sexuellen Aktivitäten<br />

<strong>und</strong> dezidiert sexuell aggressivem Verhalten entfaltet.<br />

Ein weiteres Problem besteht in der sprachlichen Festlegung dessen, was<br />

eigentlich erfasst werden soll: Während bei Fre<strong>und</strong> & Riedel-Breidenstein<br />

(2004) von einem „sexuellen Übergriff“ (<strong>und</strong> somit von einer Handlung) die<br />

Rede ist, bezieht sich die Definition von Romer (2002) auf sexuelle Impulsivität<br />

(im Sinne einer Verhaltensdisposition oder gar einer Persönlich-<br />

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