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Sexuell grenzverletzende Kinder – Praxisansätze und ihre ...

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mit Explorationsverhalten <strong>und</strong> Informationssuche beschäftigt sind.<br />

Nach Larsson & Svedin (2002), die das sexuelle Verhalten von 3 – 6jährigen<br />

<strong>Kinder</strong>n sowohl in <strong>Kinder</strong>tagesstätten als auch im familiären<br />

Rahmen erforschten, zeigen Jungen insgesamt mehr sexuelles Verhalten als<br />

Mädchen. Allerdings sei diese Beobachtung nur auf den Kontext der<br />

Tagesbetreuung beschränkt <strong>und</strong> im familiären Bereich nicht nachweisbar.<br />

Für die Interpretation der hier präsentierten Daten ist es wichtig, dass der<br />

Begriff des „sexuellen Verhaltens“ sehr weit gefasst wird. So fließen auch<br />

Angaben über Bettnässen, Probleme bei der Darmkontrolle oder verschiedene<br />

Formen verbaler Äußerungen in die Ergebnisse mit ein. Die Beobachtung,<br />

dass <strong>Kinder</strong> eine große Bandbreite an sexuellen Verhaltensweisen<br />

zeigen, impliziert also nicht per se, dass es sich dabei um Aktivitäten<br />

mit körperlicher oder speziell mit genitaler Beteiligung handelt. <strong>Sexuell</strong>es<br />

Verhalten umfasst zudem beispielsweise auch Verhaltensweisen, die sich auf<br />

die Darstellung von Geschlechterrollen oder auf die Praxis der Körperhygiene<br />

beziehen. Dennoch gehört es zum normalen Verhaltensrepertoire<br />

von Vorschulkindern, dass sie Körperkontakt suchen <strong>und</strong> auf Körperkontakt<br />

reagieren (Lindblad et al., 1995). Gut belegt ist die Beobachtung,<br />

dass sich sexuelle Verhaltensmanifestationen bereits innerhalb des<br />

Vorschul- <strong>und</strong> frühen Schulalters signifikant verrändern. Dies bedeutet,<br />

dass zur Beurteilung sexuellen Verhaltens ein hohes Ausmaß an Entwicklungssensibilität<br />

erforderlich ist.<br />

Neben einer Orientierung dahingehend, welche sexuelle Verhaltensweisen<br />

von <strong>Kinder</strong>n als entwicklungsgemäß einzuordnen sind, bieten die<br />

genannten Studien auch Informationen dazu, worin sich Abweichungen von<br />

der Norm äußern können. Lindblad et al. (1995) stellen fest, dass das<br />

seltene Auftreten bestimmter Verhaltensweisen darauf hinweist, dass im<br />

individuellen Fall eine spezielle klinische Aufmerksamkeit indiziert ist. Das<br />

heißt: <strong>Kinder</strong>, die sexuelle Verhaltensweisen zeigen, die – empirisch begründet<br />

– als selten einzustufen sind, verdienen eine verstärkte Aufmerksamkeit<br />

von Seiten <strong>ihre</strong>r erwachsenen Bezugspersonen (Davies, Glaser &<br />

Kossoff, 2000). Lagerberg (2001) warnt allerdings davor, aufgr<strong>und</strong> der<br />

Identifikation sexuell auffälligen Verhaltens Rückschlüsse auf möglich<br />

sexuelle Viktimisierungen eines Kindes zu ziehen.<br />

Einige Orientierungen dazu, was als auffällig zu klassifizieren ist, bieten<br />

die folgenden Daten: Als auffällige Verhaltensweisen (nämlich solche, die<br />

von weniger als 2% der beobachteten <strong>Kinder</strong> „manchmal“ oder „oft/täglich“<br />

gezeigt wurden) finden sich bei Lindblad et al. (1995) unter anderem<br />

das Zeigen der eigenen Genitalien, das Initiieren von Spielen, die der Erwachsenensexualität<br />

ähnlich sind oder der Versuch, weibliche Brüste zu berühren.<br />

Dieser Bef<strong>und</strong> mag zunächst überraschen, weil solche Verhaltensweisen<br />

intuitiv als tendenziell normal angesehen werden könnten. Aus<br />

diesen Bef<strong>und</strong>en geht aber ein zusätzlicher Aspekt hervor, der als Kriterium<br />

für die Einschätzung sexueller Verhaltensweisen von Bedeutung ist, nämlich<br />

die individuelle Frequenz des Auftretens bei einem bestimmten Kind<br />

(Davies et al., 2000). Dies hat aber zunächst weniger Relevanz bezüglich der<br />

allgemeinen Frage, was als normales sexuelles Verhalten zu beurteilen ist,<br />

sondern spielt vielmehr dann eine große Rolle, wenn es um die<br />

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