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Sexuell grenzverletzende Kinder – Praxisansätze und ihre ...

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Stimulation <strong>und</strong> positive Erregung (wenn <strong>Kinder</strong> gelangweilt oder glücklich<br />

sind). Der Berührung der eigenen Genitalien im frühen Kindesalter wird<br />

von Erwachsenen häufig keine sexuelle Dimension zugeschrieben, gleichwohl<br />

wird dieses Verhalten gemeinhin als „normal“ angesehen (Friedrich,<br />

2003). Dies ändert sich mit zunehmendem Alter der <strong>Kinder</strong>, zumal wenn<br />

sie in die von erstmals von Freud konzipierte sogenannte „Latenzzeit“ eintreten<br />

(Freud, 1905). Dementsprechend fokussierte die Forschung, die sich<br />

mit der Sexualität von <strong>Kinder</strong>n im Gr<strong>und</strong>schulalter beschäftigte, weniger<br />

auf deren Verhaltensmanifestationen als vielmehr auf Gedanken <strong>und</strong> Annahmen,<br />

die <strong>Kinder</strong> in Bezug auf Sexualität entwickeln. Sexualerziehung,<br />

die sich an <strong>Kinder</strong> in dieser Altersperiode richtet, versteht sich daher<br />

traditionell als Informationsvermittlung. Im Mittelpunkt stehen dabei die<br />

Physiologie der Reproduktion, die Entwicklung sek<strong>und</strong>ärer Geschlechtsmerkmale<br />

<strong>und</strong> – im Pubertätsalter - Menarche bzw. Menstruation <strong>und</strong><br />

Pollution. Ryan (2000) fasst zusammen, dass bis Ende der 1980er Jahre<br />

keine empirisch f<strong>und</strong>ierten, orientierenden Beschreibungen einer normalen<br />

sexuellen Entwicklung insbesondere in der Zeit der Vorpubertät zur Verfügung<br />

standen. Der Terminus „normal“ bezeichnet hier die Markierung<br />

eines entwicklungspsychologisch erwartbaren Verhaltensspektrums.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wurden erste Studien zum besseren Verständnis<br />

einer „normativen“ kindlichen Sexualität initiiert. Ryan, Miyoshi &<br />

Krugman (1988, zit. n. Ryan, 2000) fassten die Ergebnisse einer restrospektiven<br />

Befragung erwachsener Frauen <strong>und</strong> Männer zu deren kindlichen<br />

sexuellen Erfahrungen wie folgt zusammen: (1) Es gibt mehr sexuelle<br />

Aktivität durch <strong>und</strong> zwischen präpubertierenden <strong>Kinder</strong>n als das Konzept<br />

der Latenz vermuten lässt. (2) <strong>Kinder</strong> praktizieren eine große Bandbreite<br />

sexuellen Verhaltens. (3) Manifestationen von Sexualität, Erfahrungen<br />

eigener sexueller Erregung, frühe Explorationen des eigenen Körpers <strong>und</strong><br />

interpersonelle körperliche Beziehungen geschehen hauptsächlich außerhalb<br />

der Familie <strong>und</strong> werden demnach eher gemeinsam mit Peers erlebt. (4)<br />

<strong>Sexuell</strong>es Verhalten von <strong>Kinder</strong>n geschieht hauptsächlich in einem Klima<br />

der Geheimhaltung. Für die Eltern bieten sich wenige Gelegenheiten zur<br />

Beobachtung <strong>und</strong> Intervention. (5) <strong>Kinder</strong> bilden sich eigene Werturteile<br />

über <strong>ihre</strong> frühen sexuellen Erfahrungen. Diese stehen im Zusammenhang<br />

mit <strong>ihre</strong>n Emotionen <strong>und</strong> Annahmen in Bezug auf ihr sexuelles Verhalten.<br />

In einem frühen Versuch, „normales“ sexuelles Verhalten von „auffälligem“<br />

sexuellen Verhalten abzugrenzen, entwickelten Johnson & Feldmeth<br />

(1993) einen Kriterienkatalog, anhand dessen sich Klassifikationsdimensionen<br />

ableiten lassen: Diese umfassen nicht nur das zu beobachtende<br />

sexuelle Verhalten selbst, sondern auch die folgenden Aspekte: Intensität<br />

des Verhaltens, Motivation der <strong>Kinder</strong>, Affekt der <strong>Kinder</strong> im Zusammenhang<br />

mit <strong>ihre</strong>m sexuellen Agieren, Reaktion der <strong>Kinder</strong> auf ein „Erwischt-<br />

Werden“, Planung der sexuellen Interaktion, (Verzicht auf den) Einsatz von<br />

Zwang oder Gewalt, Beziehung zwischen den beteiligten <strong>Kinder</strong>n, Altersunterschied,<br />

familiäre Aspekte <strong>und</strong> ätiologische Erwägungen. Dieses<br />

Schema verweist bereits deutlich darauf, dass bei der Einschätzung der<br />

„Normalität“ sexueller Verhaltensmanifestationen von <strong>und</strong> zwischen<br />

<strong>Kinder</strong>n nicht allein auf die Art des beobachteten Verhaltens rekurriert<br />

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