Sexuell grenzverletzende Kinder â Praxisansätze und ihre ...
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3 Von wem sprechen wir eigentlich, wenn wir<br />
von „sexuell auffälligen“ <strong>Kinder</strong>n sprechen?<br />
– Definition des Problemfeldes<br />
Im Bereich der sexuellen Auffälligkeiten von <strong>Kinder</strong>n stellt die Klärung von<br />
Begrifflichkeiten ein ungewöhnlich komplexes Unterfangen dar. Weder<br />
etablierte Terminologien, die den Diskurs zum Bereich des sexuellen Missbrauchs<br />
prägen, noch die gängige (kinder-)psychiatrische Nomenklatur<br />
bieten eindeutige begriffliche Orientierungen. Definitionen dienen in diesem<br />
Feld aber nicht allein akademischen Übereinkünften, sondern sie entfalten<br />
vor allem in der praktischen Behandlung des Problems erhebliche<br />
Wirkungen. Sprachliche Bezeichnungen legen entscheidende Gr<strong>und</strong>lagen<br />
für unmittelbare Interventionen, für diagnostische Einschätzungen <strong>und</strong> für<br />
die Planungen längerfristiger Maßnahmen wie z.B. <strong>Kinder</strong>schutzverfahren<br />
oder Therapien.<br />
Zunächst beziehen sich Versuche, das Phänomen sprachlich zu erfassen,<br />
auf bestimmte Verhaltensmanifestationen eines Kindes. Je nachdem, ob<br />
solche Verhaltensweisen als „normal“, „bedenklich“, „reaktiv“, „psychopathologisch“<br />
oder „verbrecherisch“ klassifiziert werden, drängen sich jeweils<br />
höchst unterschiedliche Verfahrensweisen im Umgang mit diesen Manifestationen<br />
auf. Aus diesem Gr<strong>und</strong> lässt sich in der Literatur eine Reihe von<br />
Bemühungen zur begrifflichen Klärung des Phänomens finden. Diese Versuche<br />
stellen sich in <strong>ihre</strong>r Gesamtheit inzwischen als äußerst vielgestaltig<br />
dar. Dabei lassen sich drei Arbeitsfelder identifizieren, die sich dem<br />
Problem auf unterschiedliche Weise nähern:<br />
1) Auseinandersetzung mit der Frage, worin normale Sexualität des Kindesalters<br />
besteht<br />
2) Entwicklung von Klassifikationen sexuellen Verhaltens von bzw.<br />
zwischen <strong>Kinder</strong>n<br />
3) Entwicklung von Klassifikationen für <strong>Kinder</strong>, die sexuell auffälliges Verhalten<br />
zeigen<br />
3.1 <strong>Sexuell</strong>es Verhalten im Kindesalter – Was ist<br />
normal?<br />
Um sich der Frage zu nähern, worin sich normales sexuelles Verhalten von<br />
<strong>Kinder</strong>n manifestiert, erscheint es zunächst hilfreich, verschiedene<br />
Dimensionen von Normalität als Hintergr<strong>und</strong>folie in die Diskussion einzuführen.<br />
Araji (1997) schlägt eine Differenzierung zwischen den Begriffen<br />
„normal“ <strong>und</strong> „normativ/angemessen“ vor. Der Begriff „normal“ bezieht<br />
sich dabei auf den Bereich der Medizin, Psychologie <strong>und</strong> speziell der Entwicklungspsychologie.<br />
Entsprechende Abweichungen werden als „pathologisch“<br />
oder „abnormal“ bezeichnet. In solchen Abweichungen finden