Der Kurfürst-Erzbischof von Trier - Franz-Ludwig von Pfalz-Neuburg

Wolfgang Kaps
Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg (1664-1732)
Kurfürst und Erzbischof von Trier (1716-1729)
Foto vom Verfasser
Foto Benedikt W. Habermayr
© Bischöfliches Dom- und
Diözesanmuseum Trier
Foto Dr. Peter Bernhard
Foto Benedikt W. Habermayr
© Bischöfliches Dom- und
Diözesanmuseum Trier
Foto Dr. Peter Bernhard
Stand Dezember 2011
wolfgang-kaps@gmx.net
wolfgang.kaps251@googlemail.com
Foto vom Verfasser
Foto Georg Sternitzke
Foto Georg Sternitzke
Foto vom Verfasser
1

Abb. 1:
Titel von Franz Ludwig von 1716-1729 als Kurfürst-Erzbischof von Trier
© Schlossmuseum Ellwangen - Foto vom Verfasser
Abb. 2:
Wappen von Franz Ludwig als Kurfürst von Trier - Im Herzschild das Trierer Kreuz
Wappenplatte im Schlossmuseum Ellwangen
2

Inhaltsangabe
I. Grundsätzliches zur Kurwürde und zu den
Kurfürsten
1. Die Kurwürde S. 7
2. Die Erzämter S. 9
3. Die Erbämter S. 9
4. Die Erzämter im Einzelnen S. 9
4.1. Die Mainzer Erzbischöfe S. 10
4.2. Die Erzbischöfe von Trier S. 10
4.3. Die Erzbischöfe von Köln S. 10
4.4. Der König von Böhmen S. 10
4.5. Der Pfalzgraf bei Rhein S. 10
4.6. Der Kurfürst von Sachsen S. 10
4.7. Der Kurfürst von Brandenburg S. 10
5. Neue Kurwürden S. 10
6. Attribute der Kurfürsten S. 11
7. Wappen der Kurfürsten S. 11
7.1. Die geistlichen Kurfürsten S. 11
7.2. Die weltlichen Kurfürsten S. 12
8. Kurfürstenornat S. 12
8.1. Geistliche Kurfürsten S. 12
8.2. Weltliche Kurfürsten S. 12
9. Der Reichstag S. 13
9.1. Sitzordnung im Reichstag S. 13
9.2. Änderung der Sitzordnung S. 13
II. Das Kurfürstentum Trier S. 14
1. Kurtrier S. 15
2. Geschichte S. 15
2.1. Entstehung S. 15
2.2. Territoriale Entwicklung S. 15
2.3. Pfälzer Erbfolgekrieg S. 16
2.4. Erzbistum und Kurfürstentum S. 16
2.5. Ende des Kurstaates S. 17
2.6. Ständeordnung S. 17
2.6.1. Der Kurfürst S. 17
2.6.2. Das Domkapitel S. 17
2.6.3. Die Landstände S. 18
3. Die Wahl Franz Ludwigs zum Erzbischof von Trier S. 18
3.1. Postulation und Konfirmierung S. 18
3.2. Der Kurfürst von Trier S. 20
3.3. Wahlkapitulation S. 20
4. Franz Ludwigs Regierungsantritt S. 21
4.1. Trier zur Zeit der Regierungsübernahme S. 21
4.2. Sein Regierungsantritt in Trier S. 22
4.3. Auseinandersetzungen mit dem Domkapitel nach
dem Regierungsantritt
S. 23
5. Seine Regierungstätigkeit S. 24
5.1. Reformen der Verwaltung und des Gerichtswesens S. 24
5.1.1. Justizverordnung (Präliminarjustizverordnung) vom
1. Januar 1719
S. 24
5.1.2. Geschäfts- und Canzlei-Ordnung vom 3. Januar 1719 S. 24
S. 7
3

5.1.3. Hofgerichtsordnung, Revisionsordnung und Criminalordnung
vom 21. und 27. Januar 1719
S. 25
5.1.4. 5.1.4. Criminaltaxordnung von 1725 S. 25
5.1.5. Verordnung über die Vollstreckung von Todesurteilen
1728
S. 26
5.1.5. Criminalordnung 1726 S. 26
5.2. Amtsordnung vom 3. Februar 1719 S. 26
5.3. Reform der geistlichen und der weltlichen Gerichte
1719
S. 27
5.4. Auswirkungen der Reformen S. 27
5.5. Verordnung über das Wald-, Jagd- und Fischrecht S. 27
5.6. Judenverordnung S. 27
5.6.1. Ältere Judenverordnungen S. 28
5.6.2. Einsetzung einer Kommission durch Franz Ludwig S. 28
5.6.3. Konzeption der Judenordnung S. 29
5.6.4. Planungen von jüdischen Wohnvierteln in Trier und
Koblenz
S. 29
5.6.5. Bittschrift der Trierer Juden S. 30
5.6.6. Obergrenze der jüdischen Bevölkerung S. 30
5.6.7. Erlass der Judenordnung S. 31
5.6.8. Der jüdische Gassenbau wird nicht verwirklicht S. 32
5.6.9. Rückkehr zur alten Judenordnung von 1681 S. 32
5.6.10. Fragen des christlich-jüdischen Zusammenwohnens S. 32
5.6.11. Konversion S. 33
5.6.12. Zusammenfassung S. 33
S. 31 5.7. Reform der Trierer Universität S. 33
5.7.1. Franz Ludwigs Forderung nach finanziellen Mitteln S. 33
5.7.2. Universitätsordnung S. 34
5.7.3. Der Universitätsreform war kein bleibender Erfolg
beschieden.
S. 36
5.7.4. Zusammenfassung S. 37
5.8. Visitationen der Hospitäler und karitativer Einrichtungen
S. 37
5.9. Neuordnung der Seelsorge S. 38
5.10. Priesterseminar in Koblenz S. 38
5.11. Waisenhaus in Koblenz S. 39
5.12. Landvermessung S. 39
5.13. Verordnung gegen die Auswanderung nach Ungarn S. 39
5.14. Jahrmarktswesen S. 39
5.15. Trierer städtische Verwaltung S. 40
5.16. Würdigung von Franz Ludwigs Wirken S. 40
5.16.1. „Sein Wirken war ein lobeswerthes“ S. 40
5.16.2. „Das ausgezeichnete Regierungstalent“ S. 41
5.16.3. Entfaltung seiner administrativen Begabung S. 41
5.16.4. Der äußerst tatkräftige Kurfürst S. 41
5.16.5. Der organisatorisch hervorragende Regent S. 41
5.16.6. Der Bauherr und Reformer S. 42
6. Einkünfte der Trierer Kurfürsten S. 42
6.1. Personaleinkünfte S. 42
6.2. Einkünfte aus Domänen S. 42
6.3. Einkünfte von den Landständen S. 42
4

7. Die Musikpflege am kurtrierischen Hofe unter Franz
Ludwig
S. 42
7.1. Hofkapelle S. 42
7.2. Musikalisches Wirken S. 43
7.2.1 Misere und Motetten 1719 S. 43
7.2.2. Ostern 1719 S. 43
7.2.3. Feierliche Exequien für Kaiserin Eleonore Magdalena
1720
S. 43
7.2.4. Kirchenmusikalische Aufführung 1723 S. 43
7.2.5. Fastenoratorium und Serenade 1725 S. 44
7.2.6. Oper S. 44
7.2.7. Oratorium S. 44
7.3. Anschaffung von Musikinstrumenten S. 44
8. Verbindung zwischen Kurtrier und Pfalz-Neuburg S. 44
S. 46
III. Franz Ludwig: Der Administrator von
Prüm
1. Geschichte der Benediktinerabtei Prüm im Überblick S. 46
2. Die Reichsabtei Prüm – Ihre Stellung im Heiligen
Römischen Reich
S. 48
3. Der Neubau der Kirche unter Franz Ludwig S. 49
3.1. Streitigkeiten zwischen Konvent und Landesherren S. 49
3.2. Baugeschichte S. 50
3.3. Franz Ludwigs Anwesenheit in Prüm S. 52
3.4. Zusammenfassung S. 52
IV. Franz Ludwigs Bautätigkeit in Trier S. 53
1. Wiederaufbau und Umgestaltung des Domes S. 53
1.1. Der Wiederaufbau nach dem Brand von 1717 S. 53
1.2. Streitigkeiten mit dem Domkapitel S. 54
1.3. Barocke Umgestaltung S. 55
1.3.1. Neue Altäre St. Katharina und St. Agnes S. 57
1.3.2. Marienkapelle S. 59
1.3.3. Schmiedeeisernes Gitter S. 60
1.3.4. Dreifaltigkeits- und Johannes-der-Täufer-Altar S. 61
1.3.5. Domorgel S. 61
2. Baugeschichte der Heiltumskapelle im Dom S. 61
2.1. Fassade S. 61
2.1.1. Eigentliche Schatzkammer S. 62
2.1.2. Zusammenfassung S. 62
2.2. Die Heilig-Rock-Kapelle und die barocke Umgestaltung
des Domes
S. 63
2.2.1. Christologische Bedeutung S. 63
2.2.2. „Pozzo-Altäre“ S. 63
2.2.3. Altar der Heilig-Rock-Kapelle S. 63
2.2.4. Beschreibung der Heilig-Rock-Kapelle S. 65
2.2.5. Heilig-Rock-Reliquiar S. 66
2.2.6. Ostensorium im Breslauer Domschatz S. 69
3. Geschichte des Heiligen Rockes S. 70
3.1. Legende S. 70
3.2. Historische Ansätze S. 70
3.3. Wallfahrten S. 70
3.4. Auslagerungen der Tunika S. 71
5

3.5. Heutige Aufbewahrung S. 71
4. Brief Franz Ludwigs über die Ausgestaltung der Heilig-Rock-Kapelle
S. 71
5. Bronzetafel der Bischöfe von Trier S. 72
6. Weitere Kirchen S. 73
6.1. Die Pfarrkirche zu Mehring an der Mosel S. 73
6.2. Die Pfarrkirche St. Laurentius in Leutesdorf am
Rhein
S. 74
6.2.1. Lage S. 74
6.2.2. Geschichte der Pfarrkirche St. Laurentius S. 74
6.2.3. Die heutige Pfarrkirche S. 74
6.3. Filzen an der Mosel S. 75
6.3.1. Pfarrkirche St. Josef/ehem. Klosterkirche S. 75
6.3.2. Ehemaliges Franziskanerkloster S. 76
6.4. Lindenholzen S. 77
6.4.1. Lage S. 77
6.4.2. Geschichte des Ortes S. 77
6.4.3. Geschichte der Pfarrei S. 77
6.4.4. Geschichte der Kirche S. 77
7. Profane Bauten S. 78
7.1. Wiederaufbau der Moselbrücke S. 78
7.2. Stadtmauer S. 78
7.3. Straße nach Köln und Lüttich S. 78
7.4. Deutschordenskommende S. 79
7.5. Franz-Ludwig-Straße S. 80
7.6. Wappen im Innenhof der Steipe S. 80
7.7. Residenz S. 80
8. Bauten in Ehrenbreitstein und Koblenz S. 80
8.1. Bauten in Ehrenbreitstein S. 80
8.2. Bauten in Koblenz S. 81
V. Franz Ludwig als Stifter im Erzstift Trier S. 81
1. Herstellung der Dächer der Dom-Nebengebäude S. 81
2. Umbau des Domes S. 81
3. Agnes- und Katharinenaltar S. 81
4. Silberschrein für die Tunika Christi S. 81
5. Waisenhaus in Koblenz S. 82
VI. Franz Ludwigs Wechsel nach Mainz
1. Domizellar S. 82
2. Koadjurie in Mainz S. 82
3. Wechsel von Trier nach Mainz S. 83
S. 84
VII. Franz Ludwigs Aufenthalte im Erzstift
Trier
VIII. Gesamtwürdigung über Franz Ludwigs
Wirken in Trier
S. 91
6

Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg: Der Kurfürst von Trier
I. Grundsätzliches zur Kurwürde und zu den Kurfürsten
1. Die Kurwürde
Bis Ende des 12. Jahrhunderts waren alle deutschen Reichsfürsten zur Wahl des Königs berechtigt.
Der staufisch-welfische Streit 1198 führte zu der Bestimmung, dass die Teilnahme
des Pfalzgrafen und der drei Erzbischöfe von Mainz, Köln und Trier notwendige Bedingung
für die Gültigkeit der Wahl ist. In dieser Bestimmung ist ein Übergang vom Stammes- zum
Territorialprinzip festzustellen. Es wurde auch gefordert, dass die vier Kurfürsten (küren =
wählen) bei der Wahl anwesend sein mussten. Der Sachsenspiegel führte um 1230 außerdem
noch den Herzog von Sachsen und den Markgraf von Brandenburg als Kurfürsten an. Die
Doppelwahl von 1257 (Alfons der Weise / Richard von Cornwall) fügte den König von Böhmen
dem Kurkollegium hinzu.
Abb. 3:
Die sieben Kurfürsten wählen 1308
Heinrich VII. zum König.
Die Kurfürsten, die durch die Wappen
über ihren Köpfen kenntlich sind, von
links nach rechts: die Erzbischöfe von
Köln, Mainz und Trier, der Pfalzgraf bei
Rhein, der Herzog von Sachsen, der
Markgraf von Brandenburg und der
König von Böhmen.
Abb. 4:
Das Siegel der
Goldenen Bulle mit
dem Bild Karls IV.
Abb. 5:
Kaiser Karl IV. erteilt die
Goldene Bulle 1356
Seit 1338 galt das Prinzip der Mehrheitswahl. Ab diesem Zeitpunkt war die Siebenzahl verbindlich.
Ludwig der Bayer (regiert von 1294 bzw. 1302 als Herzog von Bayern bis 1347, ist
seit 1314 Römischer König, seit 1328 Kaiser) stellte dann den Grundsatz auf, dass für eine
gültige Königswahl die Mehrheit der sieben Kurfürsten genüge; dieser Grundsatz wurde 1338
vom Kurverein (Kurfürstentag von Rhense) beschlossen und durch die Goldene Bulle Kaiser
Karls IV. 1356 zum Reichsgesetz erhoben.
Abb. 6:
Briefmarke der Deutschen
Post aus dem Jahr 2006
Die Goldene Bulle bestätigte die sieben Kurfürsten, schrieb
außerdem die Reihenfolge der Stimmabgabe vor, legte die
Unteilbarkeit der Kurlande fest, bestimmte die Primogenitur
in den weltlichen Kurlanden und gestand den Kurfürsten das
Recht zu, sich zur Beratung von Reichsangelegenheiten zu
versammeln; im Reichstag bildeten die Kurfürsten die 1.
Kurie.
Die Wahl des Nachfolgers konnte auch schon zu Lebzeiten
des regierenden Königs stattfinden.
War dies nicht geschehen, musste nach den Bestimmungen der Goldenen Bulle der Erzbischof
von Mainz die übrigen Kurfürsten oder ihre Stellvertreter spätestens vier Monate nach
dem Tod des Herrschers zur Wahl eines Nachfolgers nach Frankfurt am Main (ab 1562 bis
7

zum Ende des alten Reiches; früher in Aachen durch den Erzbischof von Köln) zusammenrufen.
Dabei hatte der Erzbischof von Mainz als Reichserzkanzler den Vorsitz. Er befragte die
anderen Kurfürsten nach ihrer Entscheidung und zwar in festgelegter Reihenfolge: zuerst den
Erzbischof von Trier, dann den von Köln, den Pfalzgrafen, den Markgrafen von Brandenburg,
den Herzog von Sachsen und den König von Böhmen. Die letzte, mitunter entscheidende
Stimme gab der Erzbischof von Mainz selbst ab.
Abb. 7:
Die sieben Kurfürsten und der deutsche König:
v. l. n. r.:
König Ludwig der Bayer, die Erzbischöfe von Mainz,
Köln und Trier, der König von Böhmen, der Pfalzgraf
bei Rhein, der Herzog von Sachsen, der Markgraf von
Brandenburg.
Nachbildung des Skulpturenzyklus, frühes 14. Jahrhundert
– Nachbildung am Mainzer Rheinufer
Kupferstich von Abraham Aubry, Nürnberg 1663/64
Abb. 9:
Der Kaiser und die acht Kurfürsten
Foto vom Verfasser
Abb. 8:
Kaiser Karl IV. in Prag,
Kreuzherrenplatz
8

2. Die Erzämter
Die Erzämter (archiofficia) oder Reichserzämter waren die obersten Hofämter im bis 1806
bestehenden Heiligen Römischen Reich. Jedes Erzamt war mit der Kurwürde verknüpft. Eine
Ausnahme nehmen dabei die Markgrafen zu Meißen ein, die zwar als Reichsjägermeister ein
Erzamt inne hatten, aber nicht über eine Kurwürde verfügten.
Die Ämter selbst sind hergeleitet von der Organisation eines Bauernhofes. Dies entspricht den
Ursprüngen des Fränkischen Könighofes.
Die Amtstitel waren ab dem späten Mittelalter rein symbolisch, allerdings waren mit ihnen
noch zeremonielle Tätigkeiten bei der Krönung des römischen Königs in Aachen bzw. später
in Frankfurt am Main verbunden.
3. Die Erbämter
Im Mittelalter nahmen die Kurfürsten meist noch persönlich an der Zeremonie teil; nach der
Reformation allerdings - da im Rahmen der Krönung ja eine katholische Messe stattfand, die
in der Goldenen Bulle vorgeschrieben war - ließen sie sich fast immer nur mehr von bestimmten
Adelsfamilien vertreten. Innerhalb der Adelsfamilien wurden die Ämter weitergegeben,
daher spricht man von Erbämtern. Im Laufe der Zeit gaben auch diese Familien gelegentlich
ihr Amt weiter, so dass es dann bei der Krönungszeremonie von Stellvertretern der Stellvertreter
ausgeübt wurde.
Jeder der weltlichen Kurfürsten, der ein Erzamt bekleidete, hatte eine adelige Familie zur
Stellvertretung bei der Ausübung seines Erzamtes bestellt.
• Als Erbmarschall fungierten die Grafen zu Pappenheim.
• Das Amt des Erbkämmerers hatten die Grafen von Hohenzollern inne.
• Das Erbschenkamt lag bei der Familie der Grafen zu Limburg, später bei denen von
Althan.
• Das Erbtruchsessenamt übten die Grafen von Waldburg-Zeil aus.
• Für das Erzschatzmeisteramt waren die Grafen von Sinzendorf verantwortlich.
4. Die Erzämter im Einzelnen
Abb. 10:
Die Wahl des deutschen Königs
Heidelberger Sachsenspiegel um 1300
oben: die drei geistlichen Fürsten bei der Wahl,
sie zeigen auf den König
Mitte: der Pfalzgraf bei Rhein überreicht als
Truchsess eine goldene Schüssel,
dahinter der Herzog von Sachsen mit dem
Marschallstab,
als letzter der Markgraf von Brandenburg,
der als Kämmerer eine Schussel mit
warmem Wasser bringt
unten: der Wahlkandidat bereits als König vor
den Großen des Reiches
9

4.1. Die Mainzer Erzbischöfe
Die Mainzer Erzbischöfe als Erzkanzler für den germanischen Teil des Reiches (Sancti
Romani Imperii Archicancellelarius per Germaniam) erlangten mehr und mehr eine Schlüsselposition
für das deutsche Königtum. Sie erreichten früh eine Begrenzung der zur Wahl berechtigten
Fürsten auf das spätere siebenköpfige Kurfürstenkollegium mit dem Mainzer Erzbischof
an der Spitze.
4.2. Die Erzbischöfe von Trier
Die Erzbischöfe von Trier agierten, seit 1308 auch dauerhaft, als Erzkanzler für den gallischen
Reichsteil und für das Königreich Arelat (SRI Archicancellarius per Galliam et regnum
Arelatensis).
4.3. Die Erzbischöfe von Köln
Die Erzbischöfe von Köln waren (seit 1031) neben ihren regulären Aufgaben auch Erzkanzler
für Italien (SRI archicancellarius per Italiam).
4.4. Der König von Böhmen
Der König von Böhmen versah als Kurfürst die Aufgabe des Erzmundschenks (Archipincerna)
(„er wartet bei Tisch auf“, ihm waren die Keller und die Weinberge des Hofes anvertraut)
in S.R.I.. Der böhmische König war zwar Kurfürst, wurde aber von den neuen Reichsinstitutionen
seit Beginn des 16. Jh. ausgenommen; d. h. er führte seine Stimme nicht auf dem
Reichstag und in den anderen Reichsgremien. Die böhmische Kurwürde ruhte von etwa 1300
bis 1708, da Böhmen nach seiner Erhebung zum Königreich nicht mehr als Teil des
Deutschen Reiches angesehen wurde. Erst Kaiser Joseph I. setzte 1708 durch, dass der
böhmische Kurfürst - d. h. er selber als böhmischer König - in allen Gremien seine Stimme
wieder einführte („Readmission der böhmischen Kur“).
4.5. Der Pfalzgraf bei Rhein
Der Pfalzgraf bei Rhein (= von der Pfalz) war (bis zum Verlust der Kurwürde 1623, die an
das Haus Bayern-Wittelsbach ging), Erztruchsess (Archidapifer, maior domus, „für Küche
und Tafel zuständig“) im S.R.I. und Reichsvikar im Bereich salischen / fränkischen Rechts;
das heißt, ihm oblag die Stellvertretung des Königs/Kaisers bei Thronvakanzen oder im Fall
des Königsaufenthalts in Italien. Er hatte auch das Richteramt über den König inne.
Nach seiner Rückkehr ins Kurkollegium 1648 führte der Pfalzgraf bei Rhein die Würde des
S.R.I. Erzsäckelmeisters (auch Erzschatzmeister genannt.)
4.6. Der Kurfürst von Sachsen
Der Kurfürst von Sachsen war S.R.I. Erzmarschall (Archimareschallus) („für Pferde zuständig“;
er führte die Aufsicht über die Stallungen und das Transportwesen des Hofes, er nahm
später vor allem militärische Aufgaben war) und war Reichsvikar im Bereich sächsischen
Rechts.
4.7. Der Kurfürst von Brandenburg
Der Kurfürst von Brandenburg war S.R.I. Erzkämmerer (Schatzmeister, Archicamerarius).
5. Neue Kurwürden
1623 wurde die Pfälzische Kur auf die bayerische (katholische) Linie Wittelsbach übertragen.
Für den Pfalzgraf bei Rhein wurde 1648 eine neue, achte Kur (Erzsäckelmeister oder Erzschatzmeister)
geschaffen.
1706 wurden die Kurfürsten von Bayern und Köln aus dem Hause Wittelsbach wegen ihrer
reichsfeindlichen Beteiligung am Spanischen Erbfolgekrieg geächtet. Der Bruder von F. L.,
der Pfälzer Kurfürst Johann Wilhelm, erhält 1708 die vierte Kurwürde (Erztruchsess), die er
allerdings im Frieden von Rastatt 1714 wieder verliert. 1708 wird die böhmische Kur wieder
aktiviert.
Für seine Waffenhilfe im Pfälzischen Erbfolgekrieg gegen Frankreich verlangte 1692 Herzog
Ernst August von Braunschweig-Lüneburg für sein Haus die Einrichtung einer neunten
Kur. Diese neunte Kur (Kurfürst von Hannover; Erzbanneramt, später Erzschatzmeister)
10

konnte aber erst seit 1708 ausgeübt werden, nachdem auch der Reichstag ihrer Einrichtung
zugestimmt hatte. Diese Kurwürde gelangte Anfang des 18. Jh. an den englischen Thron, der
dadurch ein Mitspracherecht bei der deutschen Königswahl erhielt.
Im Jahr 1777 erfolgte nach dem Aussterben der bayerischen Wittelsbacher die Vereinigung
von Pfalz und Bayern unter Kurfürst Karl Theodor.
Der Reichsdeputationshauptschluss konstatiert den Wegfall der Kölner und Trierer Kur aufgrund
französischer Annektion. Mainz wurde auf das neugeschaffene geistliche Kurfürstentum
Regensburg übertragen, das von 1803 bis 1806 bzw. 1810 bestand.
In den folgenden Jahren wurden vier weitere neue Kuren geschaffen: Salzburg (1803-1805),
Württemberg (1803-1806) mit dem Herzog von Württemberg als S.R.I. Reichsbannerträger,
Baden (1803-1806) und Hessen-Kassel (1803-1866). 1805 wurde die Salzburger Kur auf
Würzburg übertragen. Seit Franz II. 1806 die Kaiserkrone niederlegte, wurden die Kurrechte
nicht wieder ausgeübt. Der Kurfürst von Hessen-Kassel führte den Titel „Kurfürst“ aus
Reichstreue weiter, bis 1866 sein Kurfürstentum von Preußen annektiert wurde.
6. Attribute der Kurfürsten
• der König von Böhmen als Erzmundschenk mit einem Trinkgefäß („er soll dem König den
ersten Becher reichen“).
• der Pfalzgraf als Erztruchsess mit Schüsseln („er soll dem König die ersten Schüsseln auf
tragen“)
• der Herzog von Sachsen als Erzmarschall mit dem Schwert („er soll dem König sein
Schwert tragen“)
• der Markgraf von Brandenburg als Erzkämmerer mit einem Schlüssel.
Abb. 11:
Die sieben Kurfürsten in der Darstellung der Schedel’schen Weltchronik (1493) (Ausschnitt)
Links vom Kaiser die drei geistlichen Kurfürsten von Trier, Köln und Mainz; rechts der König von
Böhmen, der Pfalzgraf bei Rhein, die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg. Die Kurfürsten sind
durch den Kurfürstenhut und ihre Wappen gekennzeichnet. Ihre Erzämter werden durch die Attribute
angedeutet.
7. Wappen der Kurfürsten
7.1. Die geistlichen Kurfürsten
Die drei geistlichen Kurfürsten sind im Herzschild ihres Wappen zuerkennen:
für Mainz das Rad, für Köln das schwarze Kreuz, für Trier das rote Kreuz.
7.2. Die weltlichen Kurfürsten
Sie zeigten im so genannten Regalienschild ihres Wappens ihre Erzämter:
• Der König von Böhmen als Erzmundschenks zeigt in seinem Wappen einen Pokal,
• der Pfalzgraf bei Rhein als Erztruchsess den Reichsapfel,
• der Kurfürst von Sachsen als Erzmarschall das Schwert, manchmal zwei gekreuzte
Schwerter. (Die gekreuzten Schwerter finden sich noch heute bei der Porzellanmanufaktur in
Meißen.)
• und der Kurfürst von Brandenburg als Erzkämmerer ein Zepter. (Siehe das Zepter bei der
Porzellanmanufaktur Berlin.)
11

• Die 1648 geschaffene Kurwürde Erzschatzmeister zeigt die Reichskrone.
Beispiele von Wappen der Kurfürsten:
© Dr. Bernhard Peter
Abb. 12:
Wappen des Kurfürsten
Karl Theodor über dem
Portal der Neuburger
Hofkirche
© Dr. Bernhard Peter
Abb. 13:
Familienwappen
des Hauses Pfalz-
Neuburg ab 1609
/14 im Neuburger
Schlosshof
(im Herzschild der
Pfälzer Löwe für
den Pfalzgraf bei
Rhein)
© Regierung der Oberpfalz
Abb. 14:
Wappen von Franz Ludwig
als Kurfürst-Erzbischof von
Trier im ehem. Deutschordenshaus
(heute Reg. der
Oberpfalz) in Regensburg
(mit Kurhut und dem Trierer
Kreuz im Herzschild)
© Kath. Pfarramt
St. Vitus, Ellwangen
Foto Dr. B. Peter
Abb. 15:
Wappen von Franz
Ludwig als Kurfürst-Erzbischof
von Mainz in der
Stiftskirche St. Vitus
in Ellwangen
(im Herzschild das
Mainzer Rad)
8. Kurfürstenornat
8.1. Geistliche Kurfürsten
Der Kurfürstenornat bestand aus einem breiten, mantelartigen Rock mit breiten Ärmeln oder
Armschlitzen, ganz mit Hermelin - einem Symbol königlicher Würde - ausgeschlagen. Dazu
kamen ein breiter Hermelinkragen, violette Handschuhe und der Kurhut, eine Samtmütze mit
Hermelinumrandung. Der Armschlitz und die viereckige Mütze waren aus dunkelscharlachfarbigem
Tuch hergestellt.
© Sammlung Arnold
Abb. 16:
Franz Ludwig von Pfalz-
Neuburg im Kurfürstenornat
© Museen der Stadt Aschaffenburg
Abb. 17:
Franz Ludwig im Kurfürstenornat,
© Kath. Pfarramt St. Vitus /Ellwangen
- Foto vom Verfasser
Abb. 18:
Franz Ludwig
8.2. Weltliche Kurfürsten
Der Ärmelrock und der runde Kurhut waren bei den weltlichen Kurfürsten aus dunkelkarmesinfarbigem
Samt gefertigt
12

© Hist. Verein Neuburg/Do
- Schlossmuseum Neuburg/Do -
Foto vom Verfasser
Abb. 19:
Kurfürst Karl (III.) Philipp
Foto vom Verfasser
Abb. 20:
Kurfürst Johann Wilhelm,
Reiterdenkmal in Düsseldorf
© Hist. Verein Neuburg/Do
- Schlossmuseum Neuburg/Do -
Foto vom Verfasser
Abb. 21:
Kurfürst Karl (IV.) Theodor
9. Der Reichstag
Der Reichstag war die Vertretung der Reichsstände. Diese Vertretung entwickelte sich aus
den altgermanischen Volksversammlungen und den Hoftagen und existierte ab ca. 1500. Der
Reichstag wurde einberufen und tagte ab 1663 permanent in Regensburg.
Seit 1500 gliederte sich der Reichstag in drei Kurien: das Kurfürstenkollegium, den Reichsfürstenrat
mit weltlicher und geistlicher Bank und das Reichsstädtekollegium.
9.1. Sitzordnung im Reichstag
Kupferstich von Peter Troschel
Am Kopf des Saals sitzt der König/Kaiser,
seit dem immerwährenden Reichstag in Regensburg
(ab 1663) durch einen Stellvertreter
repräsentiert.
Hinter ihm, am Kopfende des Saals, ist der
Platz der Kurfürsten bzw. ihrer Gesandten
(Kurfürstenbank = 1. Kurie).
Die Reichsfürsten, auf der einen Seite die
weltlichen, auf der andern die geistlichen, sitzen
an den Längsseiten (geistliche und weltliche
Bank = 2. Kurie) nach einer vielfach
umstrittenen Sitz- und Rangordnung.
Die Vertreter der Reichsstädte (Städtebank
= 3. Kurie) verteilen sich über die 12 quer
stehenden Bänke.
Vor ihnen rechts befinden sich die Schreiber.
◄ Abb. 22: Sitzordnung im Reichstag
Zu sehen ist die feierliche Eröffnungssitzung
eines Reichstags, bei dem alle Reichsstände
bzw. deren Gesandte zusammentraten.
Für die nach Kurien getrennt stattfindenden Beratungen standen eigene Räume zur Verfügung.
In diesen Beratungen wurde in der Regel nach Mehrheitsprinzip entschieden; in der
Ständeversammlung als ganzer mussten sich die drei Kurien auf einen Konsens einigen.
9.2. Änderung der Sitzordnung:
Als Karl III. Philipp 1716 nach dem Tod seines Bruders Johann Wilhelm Kurfürst von der
Pfalz wurde, hatte die Kurpfalz noch den Erztruchsessentitel (erste weltliche Kurwürde) inne,
13

der 1708 an die Pfalz gefallen war wegen der Reichsacht gegen den bayerischen Kurfürsten
Max. II. Emanuel. Karl Philipp weigerte sich diesen Titel an Kurbayern zurückzugeben, ehe
er nicht den ihm gebührenden Titel eines Erzschatzmeisters (achte Kurwürde) vom hannoveranischen
Kurfürsten Georg Ludwig I., der gleichzeitig englischer König war, zurückerhalten
habe. Es zeichnete sich ein Streit mit Hannover wegen dieses Erzamtes ab, obwohl das
Recht auf Seiten der Kurpfalz war. Karl III. Philipp weigerte sich, seinen Gesandten an den
Sitzungen des Kurfürstenrates in Regensburg teilnehmen zu lassen, ehe nicht die Kurpfalz
seine achte Kur und die damit verbundene Erzschatzmeisterwürde von Hannover zurückerhalten
habe. Im Raststatt-Badischen Frieden von 1714 war festgelegt, dass die erste weltliche
Kur (Erztruchsess) wieder an Kurbayern neben der Oberpfalz zurückzugeben sei. Kurfürst
Georg Ludwig von Hannover hatte sich 1708 verpflichtet, die Erzschatzmeisterwürde wieder
zurückzugeben, sollte der Krieg ein solches Ende nehmen, dass man den alten Stand der Dinge
wieder herstellen müsse.
Obwohl der Kaiser in diesen Streit eingeschaltet war und die Bestimmungen des Raststatt-
Badischen Friedens im Jahr 1717 umsetzte (Wiedereinsetzung der Kurfürsten von Köln und
Bayern), weigerte sich Karl Philipp weiterhin, den Erztruchsess erst dann abzugeben, wenn
man ihm den Erzschatzmeister wiederzugestanden habe. Ein kleiner Fortschritt wurde dann
am 19. September 1718 erzielt. Der Kurfürst von Hannover war bereit, dem Pfälzer die achte
Kurwürde wieder einzuräumen. Keinesfalls aber sollte deshalb sein Gesandter unter den Kurpfälzischen
sitzen. Also einigte man sich, dass der hannoveranische und der pfälzische Gesandte
jeweils am Ende der halbkreisförmigen Versammlung saßen. Das ergab folgende Sitzeinteilung
von rechts nach links: Braunschweig (9. Kur), Brandenburg (7. Kur), Bayern (5.
Kur), Böhmen (4. Kur), Mainz (1. Kur), Trier (2. Kur), Köln (3. Kur), Pfalz (8. Kur).
Allerdings war damit die Erzamtsfrage nicht geklärt. Beendet wurde der Konflikt erst, als
1742 Karl Albrecht von Bayern bei seiner Wahl zum Kaiser den Truchsessentitel an Kurpfalz
abtrat, worauf Karl Philipp den Schatzmeistertitel endgültig Hannover überließ 1 .
Als F. L. 1717 Trierer Kurfürst wurde, hatte das Haus Pfalz-Neuburg bis zum Tod von F. L.
im Jahr 1732 im Kurfürstenrat zwei Stimmen, da zur gleichen Zeit sein älterer Bruder Karl
III. Philipp Kurfürst von der Pfalz war. Zu zwei Stimmen im Kurfürstenkollegium brachte es
sonst nur noch das Haus Wittelsbach-München, als es von 1583 bis 1761 (mit insgesamt fünf
Kurfürsten) den Kurfürst-Erzbischof-Stuhl von Köln besetzte 2 .
Literatur:
• Archiv der Monarchieliga (http://www.monarchieliga.de/verfassung/kur.htm)
• www.anumis.de/lexikon/k/pk212.html
• www.uni-muenster.de/FNZ-Online/recht/reich/unterpunkte/nation.htm
• www.wiki.genealogy.net/wiki/Kurf%C3%BCrst
• www.wikipedia.org
• www.uni-protokolle.de/
• www:lexikon.meyers.de/meyers/Kurf%C3%BCrsten
• Hartmann Peter Claus: Das Heilige Römische Reich deutscher Nation in der Neuzeit 1486-1806; Stuttgart
2005 (Reclam)
• Bernhard Peter: Erzämter und Erbämter in der Heraldik – siehe:
http://www.dr-bernhard-peter.de/Heraldik/erzamt.htm
• Störmer Wilhelm: Die wittelsbachischen Landesteilungen im Spätmittelalter (1255-1505); in: AK Von
Kaisers Gnaden – 500 Jahre Pfalz-Neuburg; Augsburg 200, S. 17
• AK Bavaria – Germania – Europa. Geschichte auf Bayerisch; Regensburg 2000:
- Lanzinner Maximilian: Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation; S. 21-33;
- Bayern und das Alte Reich, S. 255
- Kaiser und Könige, S. 287-314
1
Zur Änderung der Sitzordnung siehe: Hans Schmidt: Kurfürst Karl Philipp von der Pfalz als Reichsfürst;
Mannheim 1963; S. 90-102
2
von Bayern, Prinz Adalbert: Die Wittelsbacher – Geschichte unserer Familie; München 2005; S. 416
14

II. Das Kurfürstentum Trier
1. Kurtrier
Kurtrier (auch: Erzstift und Kurfürstentum Trier) war eines der sieben ursprünglichen Kurfürstentümer
des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Das weltliche Herrschaftsgebiet
des Erzbischofs von Trier existierte von spätkarolingischer Zeit bis zum Reichsdeputationshauptschluss
1803. Seit der Wende zum 16. Jahrhundert gehörte es zum kurrheinischen
Kreis und umfasste zur Zeit seiner größten Ausdehnung im Wesentlichen die Gebiete links
und rechts der Unterläufe von Mosel und Lahn. Seine Hauptstadt war Trier, Residenzstadt seit
dem 17. Jahrhundert Koblenz.
Die Erzbischöfe von Trier gehörten mit denen von Mainz und Köln zu den drei geistlichen
Kurfürsten. Ihnen stand zusammen mit den Pfalzgrafen bei Rhein, den Markgrafen von Brandenburg,
den Herzögen von Sachsen und den Königen von Böhmen seit der Wende vom 12.
zum 13. Jahrhundert das Recht zur Wahl des deutschen Königs zu.
2. Geschichte
2.1. Entstehung
Das Bistum Trier entstand bereits in spätrömischer Zeit, im 3. Jahrhundert. Seit dem 6. Jahrhundert
waren ihm als Erzbistum die Suffragane von Metz, Toul und Verdun unterstellt. In
spätkarolingischer Zeit begannen die Erzbischöfe von Trier mit dem Aufbau einer weltlichen
Territorialherrschaft. Dieser weltliche Besitz des Bischofs von Trier, das Erzstift, ist zu unterscheiden
von seinem geistlichen Einflussbereich, dem Bistum. Dessen Grenzen waren erheblich
weiter gefasst. Das Erzbistum umfasste z. B. auch Gebiete in Luxemburg und Frankreich.
Andererseits gehörten zum Erzstift Gebiete, etwa das Amt Daun in der Eifel, die geistlich
dem Bischof von Köln unterstanden.
2.2. Territoriale Entwicklung
Seit 902 waren die Erzbischöfe von Trier auch die weltlichen Herren ihrer Residenzstadt. Bis
zum Beginn des 11. Jahrhunderts blieb der entstehende Kurstaat auf Gebiete um Trier herum
beschränkt, das später so genannte obere Erzstift. Dieses wurde 1018 beträchtlich erweitert,
als Kaiser Heinrich II. dem Trierer Erzbischof Poppo von Babenberg den fränkischen Königshof
Koblenz mitsamt dem zugehörigen Reichsgut übertrug. Das Land am Zusammenfluss von
Rhein und Mosel und im unteren Westerwald bildete von da an das untere Erzstift. Im 12.
Jahrhundert gewannen die Bischöfe auch die weltlichen Besitzungen der Reichsabtei St. Maximin
und die Vogteirechte des Pfalzgrafen in ihrem Bistum.
Seit dem Jahr 1198 gehörten die Erzbischöfe von Trier zum Kurfürstenkollegium.
Wie auch die beiden anderen geistlichen Kurfürsten waren auch sie Kanzler eines der drei
Reichsteile.
Das Amt des Erzkanzlers für Burgund wurde aber mit dem weitgehenden Verlust der französischsprachigen
Gebiete des Heiligen Römischen Reichs in der frühen Neuzeit zu einem inhaltsleeren
Titel. Ein langwieriger Prozess um das Erzbistum wurde auf dem Konzil von Basel
ausgetragen.
Unter Erzbischof Balduin von Luxemburg, dem bedeutendsten Kurfürsten von Trier, gelang
es zwischen 1307 und 1354, zum Teil durch kriegerische Gebietserwerbungen, eine geschlossene
territoriale Verbindung zwischen dem oberen und dem unteren Erzstift herzustellen.
1309 verpfändete Kaiser Heinrich VII. die Städte Boppard und Oberwesel am Rhein an seinen
Bruder Erzbischof Balduin.
15

© Thomas Höckmann Atlas 2006
Abb. 23:
Das Kurfürstentum Trier von 1300 bis 1801
In der Folgezeit gewann Kurtrier
weitere Gebiete in Eifel, Hunsrück,
Westerwald und Taunus
hinzu, etwa die Ämter Manderscheid,
Cochem, Hammerstein
und Limburg. Mit dem Erwerb
der Grafschaft Virneburg 1545
und der Fürstabtei Prüm im Jahr
1576 war die territoriale Entwicklung
des Erzstifts im Wesentlichen
abgeschlossen.
Anders als Kurköln und Kurmainz
verfügte der Trierer Kurstaat
über ein weitgehend geschlossenes
Territorium. Es erstreckte
sich vom Unterlauf der
Saar bei Merzig beiderseits der
Mosel bis Koblenz und lahnaufwärts
bis Montabaur und Limburg.
Im Jahr 1669 erließ die kurtrierische Regierung ein für das ganze Territorium geltendes Landrecht.
Die Residenz des Kurstaats wurde 1629 von dem unsicher gewordenen Trier ins zentral
gelegene Schloss Philippsburg.
2.3. Pfälzischer Erbfolgekrieg
Im Juni und Juli des Jahres 1684 wurde die Stadt Trier nach der Eroberung Luxemburgs von
französischen Truppen eingenommen. Nach Ausbruch des Pfälzischen Erbfolgekriegs wurde
Kurtrier fast komplett von Frankreich besetzt und stark zerstört. So gingen die Städte Cochem,
Mayen, Wittlich und andere Städte in Flammen auf. Nach dem Koblenz 1688 nicht eingenommen
werden konnte, wurde die Stadt aber durch Kanonenbeschuss stark beschädigt.
Burg Stolzenfels am Rhein wurde 1689 völlig zerstört. Auf Grund des für das Reich unglücklichen
Kriegsverlaufs blieb das Erzstift in der Hand der Franzosen. 1697 wurde der Pfälzische
Erbfolgekrieg durch den Frieden von Rijswijk beendet und die französischen Truppen verließen
das Kurfürstentum.
2.4 Erzbistum und Kurfürstentum
Abb. 24:
Wappen von Kurtrier
Das Erzbistum war größer als das Kurfürstentum und umfasste
im Südwesten französische und luxemburgische Gebiete sowie
einige kleinere Herrschaften auf der rechten Rheinseite. Dort
verfügte der Erzbischof nur über kirchliche Herrschaftsrechte,
ebenso in den Suffraganbistümern Metz, Toul und Verdun, die
alle im französischen Herrschaftsbereich lagen, aber zur Trierer
Kirchenprovinz gehörten. Es gab zwei getrennt voneinander geführte
Verwaltungen. Der Sitz der erzbischöflichen Verwaltung
befand sich in Trier, der Sitz der kurfürstlichen Verwaltung hatte
sich im Lauf der Zeit von Trier nach Koblenz bzw. Ehrenbreitstein
verlagert.
In Trier hatte der Weihbischof seinen Sitz. Er war der erste geistliche Beamte der Erzdiözese.
Zu seinen Aufgaben gehörten neben den Weihen, Firmungen und der Durchführung von Visitationen
auch die Stellung als Generalvikar und Offizial des oberen Teils des Erzbistums. Er
musste auch die Metropolitanrechte des Erzbischofs gegenüber den Suffraganbischöfen wah-
16

en. Diesen Teil der Aufgabe nahm der Weihbischof in der Regel relativ selbständig vom
Kurfürsten wahr.
2.5. Ende des Kurstaats
Unter dem letzten Trierer Kurfürsten, Clemens Wenzeslaus von Sachsen, wurde Koblenz zum
Sammelpunkt gegenrevolutionärer, französischer Adliger. 1794, während des 1. Koalitionskriegs,
besetzten französische Revolutionstruppen den größten Teil des Kurfürstentums. Seine
linksrheinischen Gebiete wurden 1801 Frankreich angegliedert und im Wesentlichen auf die
Departements Sarre mit Sitz in Trier und Rhin-et-Moselle mit Sitz in Koblenz aufgeteilt. Die
rechtsrheinischen Gebiete fielen 1803 an Nassau-Weilburg.
Im Wiener Kongress wurden die kurtrierischen Gebiete größtenteils dem Königreich Preußen
zugeschlagen. Bis auf die Region um Limburg gehören sie seit 1947 zu Rheinland-Pfalz. Das
Wappen des damals neu gebildeten Bundeslandes zeigt neben dem kurpfälzischen Löwen und
dem Mainzer Rad das rote Kreuz von Kurtrier.
2.6. Ständeordnung
Die Ständeordnung des Kurfürstentums Trier sah drei Machtorgane vor: den Kurfürsten, das
Domkapitel und die Versammlung der Landstände.
2.6.1. Der Kurfürst
Der Kurfürst war der oberste Landesherr des Kurfürstentums und in Personalunion Erzbischof
des sehr viel größeren Erzbistums Trier.
Sein voller Kanzleititel lautete: „Der Hochwürdigste Fürst und Herr, Herr N. N., von
Gottes Gnaden Erzbischof zu Trier, des Hl. Römischen Reiches durch Gallien und das
Königreich Arelat Erzkanzler und Kurfürst, Administrator zu Prüm“ 3 .
Nach der Wahl durch das Domkapitel wurde der Gewählte vom Papst als Erzbischof und
vom Kaiser als Kurfürst eingesetzt. In seiner weltlichen Funktion wurde er von einem Hofrat
beraten und regierte seit dem 16. Jahrhundert weitgehend absolutistisch. Jedoch war er bei
seinen Entscheidungen durch das so genannte Konsensrecht des Domkapitels und der Landstände
häufig eingeschränkt.
Auf dem Reichstag hatte der Kurfürst von Trier zwei Vota: eines als Kurfürst und eines auf
der geistlichen Reichsfürstenbank als Vertreter von Prüm 4 .
Unterstützt wurde der Kurfürst-Erzbischof vor allem in geistlichen Angelegenheiten vom
Weihbischof.
2.6.2. Das Domkapitel
Die Aufgabe des Domkapitels war die Wahl des Erzbischofs. Es bestand aus vierzig Domherren,
sechzehn Kapitularen und vierundzwanzig Domizellaren 5 . Diese mussten eine Ahnenprobe
über sechzehn adelige und eheliche Vorfahren vorlegen.
Das Domkapitel besaß zehn Dignitäten. An seiner Spitze stand der Dompropst, der die Oberaufsicht
führte. An zweiter Stelle stand der Domdechant; er war vor allem mit der inneren
Verwaltung beschäftigt und leitete die Geschäfte des Domkapitels. Er war zur ständigen Residenz
in Trier verpflichtet, was die Wahl eines neuen Domdechanten erschwerte, da viele
Domherren außerhalb von Trier bepfründet waren. Mit diesem Amt verbunden war die Ernennung
zum Statthalter von Trier. Dieser war der Vertreter der kurfürstlichen Interessen innerhalb
der kommunalen Verwaltung der Stadt Trier. Weitere Würdenträger waren fünf Chorbischöfe
oder Archidiakone sowie der Scholaster, der Kustos und der Kantor.
3 Haxel Edwin: Verfassung und Verwaltung des Kurfürstentums Trier im 18. Jh.; in: Trierer Zeitschrift, Band 5;
Trier 1930; S. 51 – Seit dem Jahre 1576 hatten die Erzbischöfe die Administration über diese Abtei durch die so
genannte Ewige Union erhalten.
4 Haxel S. 51
5 Domizellare sind „die jüngeren Kanoniker, welche noch keine Pfründe besaßen und erst nach Erledigung einer
solchen je nach der Zeit ihrer Aufnahme ins Domkapitel in dieselbe einrückten“; Siehe: Lager Johann Christian:
„Notizen zur Baugeschichte des Domes zu Trier nach dem Brande vom Jahre 1717“; In: Trierische Chronik,
Trier 1905, S. 51 Anm. 1
17

Der Kurfürst konnte ohne die Zustimmung des Domkapitels die Landstände nicht einberufen,
des Weiteren waren die Verträge des Kurfürsten ohne Gegenzeichnung durch das Domkapitel
nicht gültig. In Zeiten der Sedisvakanz übernahm das Domkapitel die gesamte Regierung,
konnte Münzen prägen und Kriege führen. Das Domkapitel nahm eine autonome Stellung ein,
war von Steuern befreit und verwaltete seine Güter selbst.
2.6.3. Die Landstände
Die Landstände waren die dritte in der Verfassung berücksichtigte Körperschaft. Seit 1501
gab es in Kurtrier Landstände, die für das gesamte Kurfürstentum zuständig waren. Die Landstände
setzten sich aus einer geistlichen und einer weltlichen Kurie zusammen. Die geistliche
Kurie bestand aus dem höheren und niederen Klerus. Die weltliche Kurie setzte sich aus den
Vertretern der zwei Haupt- und der zwölf Nebenstädte des Landes zusammen. Die beiden
Kurien waren jeweils in einen oberen und niederen Landstand eingeteilt, entsprechend der
politischen Einteilung des Kurfürstentums in ein Ober- und Niederstift. Die Leitung der vier
Gruppen übernahm jeweils ein Direktorium.
Die kurtrierische Ritterschaft war im 18. Jahrhundert nicht mehr Mitglied der Landstände, da
sie seit 1577 einen Prozess um ihre Reichsunmittelbarkeit vor dem Reichskammergericht
führte. 1729 entließ der Nachfolger von F. L. als Kurfürst von Trier, Franz Georg von Schönborn
(1729-1756), sie dann auch formal aus ihrer Landstandschaft.
Die wichtigste Aufgabe der Landstände war die Bewilligung neuer Steuern. Die Schaffung
dieses Gremiums war nach der Reichsreform notwendig geworden, die erstmals die Erhebung
einer reichsweiten Steuer, des Gemeinen Pfennigs, vorsah. Der Kurfürst rief den Landtag, der
in der Regel einmal jährlich tagte, mit Zustimmung des Domkapitels ein. Auf den Landtagen
wurde auch über Beschwerden und Forderungen der Stände beraten, die dann an den Kurfürsten
weitergeleitet wurden 6 .
3. Die Wahl Franz Ludwigs zum Erzbischof von Trier
3.1. Postulation und Konfirmierung
F. L. trug sich bereits 1692 mit dem Gedanken, die Trierer Kurwürde anzustreben. In einem
Brief vom 24. Oktober 1692 an den am Kaiserhof die neuburgischen Pläne mitbetreibenden
Hofkanzler Stratmann sprach F. L. von einer Trierer Koadjurie, die es rechtzeitig mit seiner
und des kaiserlichen Ehepaares Hilfe zu einem guten Ende zu führen gelte. Zwar ist er damals
noch nicht zum Erfolg in Trier gekommen, aber mit dem 1699 erfolgten Eintritt in das Trierer
Domkapitel wurde ein wichtiger Schritt zur Erreichung der Trierer Kurwürde gesetzt 7 .
Seinem kurfürstlichen Bruder Johann Wilhelm hatte F. L. im Schreiben vom 24. Dezember
1715 und vom 2. März 1716 – hier wusste er bereits von seiner Wahl als Kurfürst-Erzbischof
von Trier – aus Breslau geschrieben, das er nur bei päpstlicher Würdigung seiner bisherigen
Verdienste, bei Beibehalt der Mainzer Koadjurie und aller übrigen Benefizien sich der Trierer
Regierung unterziehen werde, in einem Erzstift, das in den letzten Kriegen so stark gelitten
hatte. Dies habe er auch an seinen Agenten Battistini geschrieben 8 .
Als der Trierer Erzbischof Karl von Lothringen am 4. Dezember 1715 in Wien starb, bewarb
sich F. L., der von 1699 bis 1711 im Trierer Domkapitel Domizellar (=Anwärter auf ein
Kanonikat) gewesen war, um den Trierer Kurhut. Zwar wünschte sich das Trierer Domkapitel
einen Erzbischof aus den eigenen Reihen, doch gab es dem kaiserlichen Druck nach. Am 20.
Februar 1716 wurde F. L. mit Druck Wiens durch einstimmige Postulation 9 des Trierer
6 Von „http://de.wikipedia.org/wiki/Kurtrier“
www.geocities.com/gudrun_bn/kurtrier2-verfassung.html?200621
7 Demel Bernhard: Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg als Hoch- und Deutschmeister (1694-1732) und als Bischof
von Breslau (1683-1732); in: JSFWUB Band 36/37 (1995/96) S. 108 (künftig: Demel HM+BB)
8 Demel HM+BB S. 126,127
9 Franz Ludwig wurde zwar vom Trierer Domkapitel als neuer Kurfürst-Erzbischof gewählt; da er aber zugleich
Bischof von Breslau und Worms und Koadjutor in Mainz war und nur die niederen Weihen besaß, lag laut Kon-
18

Domkapitels, auch mit Rücksicht auf das durch die Kriege gegen Frankreich hart getroffene
Erzstift zu seinen ersten Kurhut.
Um die päpstliche Konfirmation für Tier schneller zu erhalten als bei Worms und darüber hinaus
die Koadjurie von Mainz (1710) unter Beibehaltung von Breslau und aller weiterer
Reichswürden rasch zu betreiben, wandte sich Kaiser Karl VI., F. L.’s Neffe, schon am 10.
März 1716 an den Komprotektor Deutschlands, den Olmützer Bischof Wolfgang Hannibal
Kardinal (Graf) von Schrattenbach.
© Bischöfliches Dom- und
Diözesanmuseum Trier
Abb. 25:
Franz Ludwig,
Kurfürst von Trier
Dem kaiserlichen Gubernator von Mantua gab der Kaiser mit Schreiben
vom 14. März 1716 den Befehl, von dort an den Kardinal Schrattenbach
wegen der Beschleunigung der päpstlichen Konfirmation für
F. L. einen eigenen Kurier nach Rom zu entsenden.
F. L., von der kaiserlichen Initiative bei Schrattenbach wegen der
Trierer Bestätigung informiert, dankte dem kaiserlichen Neffen für
dessen Demarche beim Komprotektor Schrattenbach. Der vom Mantuaner
Kurier informierte Olmützer Oberhirte gab bereits am 28.
März 1716 einen Bericht von der schnell erlangten Papstaudienz betreffend
das Trierer Wahlgeschäft, erwähnte aber auch die Schwierigkeiten,
welche in der zuständigen Kardinalskongregation zu erwarten
seien, weil die Purpurträger gegen die Kumulierung mehrerer Bistümer
gestimmt seien.
Dessen wohl eingedenk betrieb Schrattenbach den ihm erteilten kaiserlichen Auftrag in Rom
energisch weiter und meldete am 22. August 1716 aus der Ewigen Stadt, dass am 20. August
1716 die Konsistorialkongregation die Trierer Postulation konfirmiert und den Beibehalt der
Mainzer Koadjurie samt aller übrigen Benefizien gutgeheißen habe. Nach soviel Druck aus
Wien und durch den Komprotektor Schrattenbach erfolgte am 23. Dezember 1716 die päpstliche
Konfirmation von F. L. als Trierer Erzbischof mit Beibehalt sämtlicher früherer
Würden. Dies war für F. L. Bedingung für die Annahme des Trierer Kurhutes, da ihm zum
einen das Bistum Breslau sehr am Herzen lag und er kaum darauf hätte verzichten wollen,
zum anderen ihm die Mainzer Koadjurie das Amt des Reichserzkanzlers sicherte.
Bereits am 17. März 1717 konnte der Reichsvizekanzler die Nachricht nach Breslau weitergeben,
dass ihm mit letzter Post die päpstliche Konfirmationsbulle für Trier zugeschickt worden
sei; gleichzeitig gratulierte er F. L. Beim kaiserlichen Neffen bedankte sich dieser am 5. August
1717 unter Beifügung des Entscheids der Konsistorialkongregation vom 26. August 1716
aus Breslau und kündigte für seine persönlichen Reaktionen darauf in Wien seinen (lutherischen)
Deutschordensritter Leibhauptmann und Göttinger Ordenskomtur Carl Freiherr von
Stein als Interpreten an. Rom gewährte F. L. am 16. März 1718 nach vorausgehenden päpstlichen
Reskripten (vom 12. Juni, 11. September und 17. Dezember 1717) einen weiteren Weiheaufschub
bis zum 25. Juni 1718. F. L. wandte sich am 25. Juli 1718 hilfesuchend an Friedrich
Karl von Schönborn, den Reichsvizekanzler in Wien; dieser möge den Kaiser zur erneuten
Intervention in Rom veranlassen und den Papst diesbezüglich umstimmen, denn er habe
nur mit Respekt vor dem Kaiser und mit Blick auf die Wohlfahrt des katholischen und allgemeinen
Wesens den Empfang der weiteren höheren Weihen hinausgeschoben 10 . Nach weiteren
Aktivitäten in Rom konfirmierte der Papst F. L. am 23. Dezember 1716 endgültig
zum Trierer Erzbischof 11 .
zil von Trient ein Hindernis (= weitere Bischofsämter; fehlende höhere Weihen) vor. Der Papst musste erst noch
die „Postulation“ bestätigen (= konfirmieren).
10 Demel HM+BB S. 112-114
11 Demel HM+BB S. 113 Anm. 129
19

Das Domkapitel hätte lieber einen einheimischen Adeligen aus seiner Mitte gewählt, der die
Trierer Verhältnisse besser kannte. Man hatte mit Karl von Lothringen schlechte Erfahrungen
gemacht und fürchtete, durch den Spross eines deutschen Fürstenhauses aufs Neue in die europäischen
Verhältnisse hineingezogen zu werden. Aber F. L. hatte in langjähriger Praxis als
Bischof von Breslau (seit 1683), als Bischof von Worms, Fürstpropst von Ellwangen und
Hochmeister des Deutschen Ordens (alle diese Würden seit 1694), und als Landeshauptmann
von Schlesien (seit 1684) langjährige Erfahrungen erworben, die nun dem Kurstaat zu gute
kamen 12 .
3.2. Der Kurfürst von Trier
Mit der Wahl zum Erzbischof erhielt F. L. gleichzeitig den Trierer Kurhut. Die drei
geistlichen Kurfürsten (neben Trier noch Mainz und Köln) erhielten ihr Amt nicht aufgrund
einer Sukzessionsordnung, sondern durch eine Wahl, die kirchlichen Rechtssätzen unterlag.
Das Domkapitel verstand sich nicht nur als Primarklerus und damit oberster Berater des Erzbischofs;
es verstand sich auch als politische Korporation von erheblicher Relevanz. Man
kann durchaus von einer „dualen“ Verfassung des Erzstiftes und einer Mitregentschaft des
Domkapitels sprechen. Dabei verfolgten Kurfürst und Domkapitel bei der Regierung des Kurstaates
nicht immer einheitliche Interessen. Während das Domkapitel darauf bedacht war, seine
Vormachtstellung zu behaupten, bemühten sich die Kurfürsten wiederum um größtmögliche
Unabhängigkeit 13 .
In den seit dem 18. März 1558 bestehenden kurfürstlichen Bruderverein wurde F. L. erst am
26. November 1727 zu Mainz als neues Mitglied aufgenommen 14 .
3.3. Wahlkapitulation
Die rechtliche Grundlage für die Mitwirkung des Domkapitels an der weltlichen Regierung
war die Wahlkapitulation 15 . F. L. lehnte die Wahlkapitulation grundsätzlich ab.
„Dem Herrn Churfürsten Franz Ludwig durffte man von keiner Capilutation was melden: er
hielte sich an dieselbe gar nicht gebunden, obwolen sein Gesandter sie bey der Wahl beschworen
hatte. Er behauptete, dergleichen Pacta & Conventiones seyen durch die Constitutionem
Innocentii XI. de An. 1695 und in anderen geistlichen gemeinen Rechten verboten und
annuliret, in so weit sie der ordentlichen Erz-Bischöfflichen Gewalt, der Landes-Herrlichkeit
und der wohlhergebrachten Landes-Verfassung zuwider seyen und den geringsten Abruch
thäten“.
Die Bulle „Ecclesia catholika“ des Papstes Innozenz XI. vom 22 September 1695, genannt
„Innocentiana“, veranlasst durch die Auseinandersetzungen des Würzburger Füstbischofes
Johann Gottfried II. von Guttenberg mit dem dortigen Domkapitel, verbot alle vor der Wahl
eingegangenen Vereinbarungen der Prüfung durch die Kurie. Damit hatte F. L. das aktuelle
Kirchenrecht durchaus auf seiner Seite, nur hat die „Innocentiana“ kaum Beachtung gefunden.
Trotz des päpstlichen Verbotes wagte es kaum ein Bischof oder Erzbischof, die ihm abverlangten
Verpflichtungen abzulehnen, hätte er doch damit die Chancen seiner Familie auf
weitere hohe Ämter in der Germania Sacra deutlich verschlechtert.
In Kurtrier war F. L. der einzige, der sich nicht auf eine Wahlkapitulation, dafür aber
auf eine Machtprobe mit dem Domkapitel einließ 16 .
F. L. sträubte sich gegen die Beschwörung eines Dokumentes, welches durch so viele Punkte
das freie Wirken des Neuerwählten in der Diözese und im Staate hemmte. Deshalb erklärte er
einfach, sein Eid gehe nur soweit, als er mit dem Besten seiner Kirche, mit der Landesverfas-
12 Haxel S. 53
13 Zanters Dagmar: Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg Erzbischof und Kurfürst von Trier (1716-1729); in: Kurtrierisches
Jahrbuch 38. Jahrgang 1998, S. 75-98; hier S. 76-77
14 Demel HM+BB S. 113 Anm. 129
15 In der Wahlkapitulation verpflichtete sich der neue Herrscher schriftlich, gegebene Versprechen und Verpflichtungen
gegenüber der Wählergruppe einzuhalten.
16 Zanters S. 76-79 + 82/83
20

sung und der erzbischöflichen Gewalt in Einklang stünde. Das Domkapitel behauptete zwar
später, dass „für dasmahl an die sonst übliche Wahlkapitulation nicht gedacht worden“ sei.
Damit wollte das Domkapitel nur seinen Misserfolg verschleiern. Dass in Wirklichkeit an die
Wahlkapitulation gedacht worden ist, geht - abgesehen von der Wichtigkeit der Angelegenheit
selber - aus den Wahlakten F. L.’s hervor; dort heißt es: „… wird hiernach die Kapitulation
in praesentia notariorum et testium ad totum actum electionis adhibitorum .... verlesen,
solche von Ihro Churfürstlichen Gnaden ... beschworen, gesiegelt und unterschrieben“ 17 .
4. Franz Ludwigs Regierungsantritt
4.1. Trier zur Zeit der Regierungsübernahme
F. L. wurde am 20. Februar 1716 auf Druck des Kaisers durch einstimmige Postulation des
Trierer Domkapitels Kurfürst-Erzbischof. Am 23. März 1716 war Domdechant Schmidtburg
in Breslau und teilte F. L. die Postulation mit. In Breslau erfolgte am 29. März 1717 eine kurfürstliche
Mitteilung vom Regierungsantritt. Am 24. August 1717 nahm F. L. in Breslau oder
Neisse den Kurfürstentitel an 18 .
Das Erzstift Trier, dessen Regierung F. L. 1716 antrat, war jahrzehntelang immer wieder
Kriegsschauplatz gewesen. Seine geographische Nähe zu Frankreich bescherte ihm während
der Regierungszeit Ludwig XIV. (1643-1715) extrem belastende Truppendurchmärsche, Einquartierungen
und Kontributionsverpflichtungen.
Nach einer kurzen Phase der Erholung nach dem Dreißigjährigen Krieg folgte im Niederländischen
Krieg (1672-1679) die Besetzung großer Teile des Kurfürstentums und der Stadt
Trier durch französische Truppen, bis diese 1675 von Reichstruppen vertrieben wurden. Die
anschließende kurze Ruhephase währte nur bis zur Besetzung des Rheinlandes durch Ludwig
XIV.; 1688 zogen erneut französische Truppen in Trier ein. Der zu dieser Zeit amtierende
Kurfürst Johann Hugo von Orsbeck (1676-1711) versuchte sich der Einnahme von Koblenz
und Ehrenbreitstein zu widersetzen, was neue Kriegshandlungen zur Folge hatte. Koblenz
wurde dabei zum großen Teil zerstört. Weite Teile des Erzstiftes, insbesondere dass Obererzstift
mit Trier, blieben besetzt, bis Frankreich im Frieden von Rijswijk 1697 auf seine besetzten
Gebiete an Maas, Saar, Mittel- und Niederrhein verzichten musste.
Schon fünf Jahre später wurde das Erzstift wieder in Kriegshandlungern verwickelt. Im Spanischen
Erbfolgekrieg (1701-1715) hielten 1701 erneut französische Truppen im Obererzstift
Einzug. Der Kurfürst ließ sich auf hohe Zahlungen an die Franzosen ein, um sein Gebiet vor
Zerstörung und Verwüstung zu bewahren. 1704 wurde nur kurzzeitig die französische Besatzung
aufgehoben; danach bemächtigten sich die Franzosen erneut bis zum Jahre 1714 der
Stadt Trier und großer Teile des Obererzstiftes. Kurfürst Karl von Lothringen (1711-1715) gelang
es während seiner kurzen Regentschaft kaum, den Wiederaufbau konsequent voranzutreiben,
da er im Dezember 1715 unerwartet in Wien starb. In einem Brief vom 2. März 1716
an seinen kurfürstlichen Bruder Johann Wilhelm gab F. L. kurz nach seiner Wahl zum Trierer
Erzbischof und Kurfürsten denn auch zu bedenken, dass er das erschöpffte und ruinierte Ertz
Stifft Trier mehr vor einer schwären Last, als eine .... zuwachsendes Vortheil ahnsehe 19 .
Am 29. März 1717 trat F. L. seine Regierung an 20 .
In einem Brief vom 29. Juli 1719 an den Kaiser aus Ehrenbreitstein - also bereits nach der Regierungsübernahme
- gab F. L. zu bedenken, dass das Erzstift Trier noch von den Kriegsfolgen
gezeichnet sei; die drei Festungen Ehrenbreitstein, Koblenz und Trarbach seien in einem
17 Kremer Johannes: Studien zur Geschichte der Trierer Wahlkapitulationen; Trier 1909; S. 26
18 Petry Ludwig: Zum Itinerar Franz Ludwigs von Pfalz-Neuburg als Trierer Kurfürst (1716-1729); in: Beiträge
zur Mainzer Kirchengeschichte in der Neuzeit, Band 17 (1973), S.208 (künftig Petry Itinerar) und
Bereths Gustav: Die Musikpflege am kurtrierischen Hofe zu Kolblenz-Ehrenbreitstein; in: Beiträge zur mittelrheinischen
Musikgeschichte, 5; Mainz 1964, S. 35
19 Zanters S. 83/84
20 Zanters S. 84 und Petry Itinerar S. 208
21

desolaten Zustand und konnten wegen der noch fehlenden Einkünfte nicht in gebührenden
Zustand gebracht werden 21 .
Kurtrier sollte F. L. etwa 6000.000 Reichstaler einbringen 22 .
4.2. Sein Regierungsantritt in Trier
Nach seiner Wahl zum Trierer Kurfürst-Erzbischof im Jahr 1716 blieb F. L. bis zum Februar
1718 in Schlesien (Breslau und Neisse). Danach begab er sich auf die Reise nach Wien (dort
nachgewiesen am 12., 16., 17. und 18. Februar 1718 23 ), wo er seine älteste Schwester, die
Kaiserinwitwe Eleonore Magdalena, zum letzten Mal wiedersah, bevor sie im Januar 1720
starb. Von dort fuhr er über Mergentheim (dort nachgewiesen am 29. April) und Frankfurt
nach Ehrenbreitstein 24 , um sich in Bad Ems (im Juli/August 25 ) zu erholen und die Vorbereitungen
seiner Amtseinführung in Trier abzuwarten 26 .
Erst am 25. April 1719 27 zog F. L. ohne Pomp in seine Trierer Bischofsstadt, in den dortigen
Dom und in den Palast zur Inthronisation ein 28 . Auf dem Trierer Marktplatz war eine große
Tribüne (theatrum) errichtet worden 29 . Der Rat und die Bürgerschaft leisteten ihm vor der
Steipe auf dem Hauptmark die Huldigung 30 . Dabei übergab der Bürgermeister dem
Kurfürsten die Schlüssel der Stadttore, die ihm von diesem wieder zurückgegeben wurden,
eine Äußerlichkeit, die aus den Zeiten stammte, da die Kurfürsten gegen die
Reichsunmittelbarkeit ihrer Hauptstadt gestritten hatten 31 . Zur feierlichen Inthronisation im
Trierer Dom am 25. März 1719 hatte F. L. seine Hofkapelle mitgebracht. Wie es in Rom üblich
war, trat bei der konzertanten Messe ein Kastrat 32 , der im Dienst des Kurfürsten stand,
mit virtuosem Gesang (Verzierungen und Trillern) auf. 33 . Zuvor hatte sich der gesamte Klerus
im Dom versammelt. Als gegen 10 Uhr die Ankunft des Kurfürsten gemeldet wurde, ging alles
zum Domeingang. Unter einem Baldachin wurde F. L. an die Stufen des Hochaltares geleitet.
Die Hofkapelle und der Domchor hießen den neuen Kurfürsten willkommen und
stimmten das Te Deum an. Anschließend nahm dieser, auf der Evangelienseite (links vom Altar)
sitzend, den Handkuss des Domkapitels entgegen. Nach dieser Huldigung begab sich F.
L. mit einer brennenden Kerze in der Hand zum Thron auf der Epistelseite und wartete das
Ende des Te Deums ab. Hierauf zelebrierte der Trierer Weihbischof „choro introitum praecinente“
die feierliche Messe. Feierlich sang der Diakon das Evangelium und reichte anschließend
den Evangelientext dem Erzbischof zum Kusse.
Beim Credo stimmte die Hofkapelle mit ein. Den zweiten Teil der Messe übernahm der Domchor
auf der gegenüberliegenden Empore. Die Messe nahm dann ihren gewohnten Verlauf,
ohne dass die Hofkapelle noch einmal in den Quellen erwähnt wird. Die Leitung der Trierer
Hofkapelle lag in den Händen des Kapellmeisters Thiell.
21 Demel HM+BB S. 116
22 Demel HM+BB S. 126
23 Petry Itinerar S. 206
24 Bei Zanters trifft dort F. L. im Mai 1718 ein ; bei Petry Itinerar, S. 208 zwischen 15. und 22. Mai 1718
25 Petry Itinerar S. 208
26 Grüger Heinrich: Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg als Bauherr in Schlesien (1683-1732) und Kurtrier (1716-
1729); in: JSFWUB, Stuttgart 1998, Band 28/29 140
27 Bereths S. 172 und 174
Bei Demel HM+BB, S. 116 bereits am 24. März; bei Petry Itinerar S. 209 am 24./25. März; bei Haxel S. 53 am
23. März; bei Düwell Kurt; Irsigler Franz: Trier in der Neuzeit; Band 3; Trier 1988; S. 308 am 25. März (künftig
Düwell/Irsigler)
28 Demel HM+BB S. 116
29 Bereths S. 174
30 Grüger S. 140
31 Haxel S. 53
32 Bei der Regierungsübernahme kamen 1718 zwei Kastraten an den Hof, die aber bald entfernt wurden.
Siehe Bereths S. 41
33 Düwell/Irsigler S. 308
22

Der konzertante Stil entsprach im Übrigen dem Kunstgeschmack des Kurfürsten, der in seiner
Breslauer Bischofsresidenz zu den Mäzenen der italienischen Oper gehörte und in den folgenden
Jahren immer wieder während der Opernsaison dort weilte. Als Bruder der Kaiserin Eleonore
Magdalena hatte er in Wien den neuen Kirchenstil kennengelernt 34 .
Bis zum Juli 1719 hielt sich F. L. in Kurtrier 35 auf, dann fuhr er zu Schiff nach Ehrenbreitstein,
wo er bis zum 31. Juli 1719 nachgewiesen ist 36 .
4.3. Auseinandersetzungen mit dem Domkapitel nach dem Regierungsantritt
Das Verhältnis zum Trierer Domkapitel war von Anfang an deshalb gespannt, weil F. L. nicht
aus den Reihen des Domkapitels stammte. Zwar war er ab 1699 Domizellar (=Anwärter auf
den Kapitular) im Trierer Domkapitel gewesen, hatte aber 1711 resigniert. Das Trierer Domkapitel
rekrutierte sich nahezu ausschließlich aus Mitgliedern der Ritterschaft. Daher hatte es
einen sehr engen Bezug zu dieser Adelgruppe und setzte sich selbstverständlich für deren Belange
und damit für die Interessen der eigenen Familien ein. Das vorrangige Ziel, das die
Ritterschaft verfolgte, war das Erlangen der Reichsunmittelbarkeit. Das Domkapitel hatte sich
nach dem plötzlichen Tod seines Kurfürsten Karl von Lothringen 1715 wohl einen Nachfolger
aus den eigenen Reihen gewünscht, der seine Interessen vorantreiben und sich insbesondere
für die ritterschaftliche Reichsunmittelbarkeit beim Kaiser einsetzen sollte.
Dadurch, dass Johann Hugo von Orsbeck Karl von Lothringen als seinen Kandidaten durchgesetzt
hatte, blieb nach Johann Hugos Tod eine Zwischenregierung aus, worauf die Ritterschaft
gehofft hatte. Nach Karls kurzer Regierungszeit war es dann soweit. In der drauffolgenden
Sedisvakanz erklärte das Domkapitel am 14. Januar 1716 die Ritterschaft für immediat (=
unmittelbar dem Kaiser unterstehend) und erreichte eine kaiserliche Bestätigung dieses Erlasses.
Auf Veranlassung der Landstände, zu denen die Ritterschaft nicht zählte, die eine Widerlegungsschrift
verfasst und sich an das Reichskammergericht gewandt hatten, wurde durch
kaiserliches Mandat verfügt, die vom Domkapitel zugunsten der Ritterschaft erlassenen Verfügungen
zurückzunehmen und eine endgültige Entscheidung durch den Prozess abzuwarten.
Nach der Amtsübernahme wurde F. L. vom Domkapitel gebeten, die in der Sedisvakanz beschlossene
Immediätserklärung (Reichsunmittelbarkeitserklärung) zu bestätigen, wovon dieser
jedoch nichts wissen wollte. Gemeinsam mit den Landständen bemühte er sich um eine
Beschleunigung des Prozesses vor dem Reichskammergericht, jedoch vergeblich. Der Prozess
ließ auf sich warten. F. L. brachte eine Deduktionsschrift heraus, welche die Landsässigkeit
der Ritterschaft begründete. Am 29. Januar 1726 wiederholte er die bereits 1701 von Johann
Hugo von Orsbeck erlassene Ahndung gegen die Ritterschaft, in der ihr alle reichsritterlichen
Privilegien aberkannt wurden.
Erst unter F. L.’s Nachfolger Franz Georg von Schönborn, der zuvor Dompropst im Trierer
Domkapitel gewesen war, kam es zum Vergleich zwischen Domkapitel, Landständen und
Ritterschaft. Kaiser Karl VI. bestätigte den Vergleich am 5. September 1729.
Die Auseinandersetzungen mit dem Domkapitel um die Reichsunmittelbarkeit der Ritterschaft
bildeten den Hintergrund für die mangelnde Bereitschaft F. L.’s zur Koorporation und für das
Ablehnen der Wahlkapitulation. Die Weigerung war nicht etwa kategorisch, die Innocentiana
wohl nicht der wirkliche Beweggrund dafür, denn weder bei der Übernahme seiner bisherigen
Ämter und Würden (Breslau, Worms, Hoch- und Deutschmeister) hatte F. L. eine derartige
Kapitulation verweigert. Selbst in Mainz war er als Koadjutor 1710 auf die Forderungen des
ansässigen Domkapitels eingegangen und hatte seine Zustimmung auch bei seinem Amtsantritt
als Mainzer Erzbischof nicht zurückgezogen.
34 Bereths S. 172-174
35 Bei Petry Itinerar bis 1. Mai 1719
36 Petry Itinerar S. 209
23

5. Seine Regierungstätigkeit
Bei seinem ersten Aufenthalt in Kurtrier fand F. L. nicht nur ein durch langjährige Kriegswirren
zerstörtes Territorium vor, auch die weltliche und geistliche Organisation befand sich in
einem derart unübersichtlichen und desolaten Zustand, dass sie ihren eigentlichen Zweck
nicht mehr erfüllen konnte. Dieser erste Aufenthalt F. L.’s war sicherlich auch sein wichtigster,
denn da wurde der Grundstein für seine umfassenden Reformen gelegt.
Die Justiz wurde reformiert, wie die geistliche Administration und die weltliche Zentral- und
Lokalverwaltung. In folgenden Jahren wurden die Universität, das Forstwesen und die
karitativen Einrichtungen neu geordnet, ferner die Judenordnung erlassen.
5.1. Reformen der Verwaltung und des Gerichtswesens
In die erste Hälfte des Jahres 1719 fallen F. L.’s grundlegende Reformen der Verwaltung und
des Gerichtswesens 37 . Die Tätigkeitsbereiche der einzelnen Behörden und Instanzen waren
nicht klar voneinander abgegrenzt, deswegen waren Kompetenzstreitigkeiten die Regel.
Der Zustand wurde dadurch kompliziert, dass in dem geistlichen Territorium die kirchlichen
Institutionen auch in weltlichen Angelegenheiten eine Rolle spielten, wie z. B. das Domkapitel
bei den Bestrebungen der Ritterschaft um die Reichsunmittelbarkeit.
Besonders hartnäckig waren die Kompetenzstreitigkeiten zwischen den geistlichen und den
weltlichen Gerichten. So war der Klerus nicht der weltlichen Gerichtsbarkeit unterworfen.
Dem Klerus standen eigene Gerichtsinstanzen zu. In den vergangenen Jahrhunderten war immer
ohne dauerhaften Erfolg versucht worden, die Zuständigkeitsbereiche der weltlichen und
der geistlichen Gerichte zu klären.
5.1.1. Justizverordnung (Präliminarjustizverordnung) vom 1. Januar 1719
© Österreichische Nationalbibliothek
Wien, Bildarchiv
Abb. 26:
„Frantz Ludwig, Churfürst
und Ertzbischoff zu Trier“
Nachdem F. L. sich über die Verhältnisse im Erzstift informiert
hatte, wurden nahezu alle Zweige der Verwaltung umfassenden
Reformen unterzogen. Den Auftakt bildete die am 1. Januar
1719 erlassene Justizverordnung (Präliminarjustizverordnung).
In der Präambel werden die herrschenden Missstände beschrieben.
Diese Justizverordnung umfasst 15 Artikel, von denen
sich die ersten sechs dem geistlichen Gerichtswesen widmen,
besonders der Zuständigkeit der beiden obersten Gerichtshöfe,
dem Konsistorium in Trier und dem Kommissariat in
Kolblenz. In den folgenden Artikeln wird der Instanzenzug festgelegt:
Neben der ersten Instanz, den Untergerichten, und der
zweiten Instanz, dem Hofgericht, wurde ein so genanntes Revisionsgericht
als dritte Instanz eingeführt. Dem Hofrat als Verwaltungsorgan
wurde auferlegt, er solle Streit- und Parteysachen
sich gäntzlich enthalten. Aus diesen Verordnungen geht
hervor, wie desorganisiert die Verhältnisse vorher gewesen sein
müssen, denn es war möglich, sich in rechtlichen Dingen an die
geistlichen Gerichte, die weltlichen oder gar an den Hofrat zuwenden,
und gegebenenfalls überall gegen ein gefälltes Urteil
zu appellieren. F. L. wollte bei der Kurtrierischen Justizreform
das Kurfürstentum gemäß dem Reichsrecht organisieren.
5.1.2. Geschäfts- und Canzlei-Ordnung vom 3. Januar 1719
Am 3. Januar 1719 erließ F. L. eine Geschäfts- und Canzlei-Ordnung für den zuvor neu konstituierten
Hofrat 38 . Der neue Hofrat, nunmehr nur noch für die Landesverwaltung zuständig,
bestand aus einem Vizepräsidenten, einem Vizekanzler, sechs adeligen und gelehrten Räten
37 Nach Haxel S. 53 liegen die Erlasse und Instruktionen F. L.'s im Entwurf zum großen Teil handschriftlich vor.
38 Zanters S. 84-88
24

sowie den Canzley-Verwandten, bestehend aus einem Sekretär, einem Archivar, einem Registrator
und mehreren Kanzlisten. Indem F. L. an die Spitze dieser Behörde lediglich einen Vizepräsidenten
und einen Vizekanzler stellte, hatte er eine Beteiligung des Domkapitels bei der
Besetzung dieser Stellen geschickt ausgeschlossen und sich so erstmalig eine allein ihm unterstellte
Landesbehörde geschaffen. Auch die gleichzeitig eingerichtete Hofrentkammer war mit
einem Kammerdirektor, einem Landrentmeister sowie drei Kammerräten und Kanzleipersonal
besetzt und ebenfalls dem Kurfürsten direkt unterstellt 39 .
5.1.3. Hofgerichtsordnung, Revisionsordnung und Criminalordnung vom 21. und 27.
Januar 1719
Am 21. desselben Monats folgte die Hofgerichtsordnung, die die Einsetzung der Richter, den
Prozessverlauf und die Zuständigkeitsbereiche des Hofgerichts in erster und zweiter Instanz
festlegte. Eine Woche später, am 27. Januar, schloss sich ihr eine vergleichbare Regelung des
neu ins Leben gerufenen Revisionsgerichtes an, die Revisions-Ordnung. Bei der Einsetzung
des Revisionsgerichts berief sich F. L. auf das privilegium de non evocando et appellando,
das den Kurfürsten 1356 in der Goldenen Bulle verliehen worden war. Die Einrichtung des
Revisionsgerichtes stieß auf Widerstand, da es ohne kaiserliche Konzession errichtet worden
sei, wie ein Reichshofratsgutachten später betonte. Erst 1721 wurden das privilegium de non
appellando von Kaiser Karl VI. bestätigt und die Reichsgerichte angewiesen, das kurtrierische
Revisionsgericht anzuerkennen 40 .
5.1.4. Criminaltaxordnung von 1725
In dieser Verordnung war festgelegt, was ein Delinquent für die verschiedenen Strafen zu
zahlen hatte.
Für eine Folterung ersten Grades wurden 1 Reichstaler 27 Albus 41 , für die zweiten Grades 1
Reichstaler 36 Albus und für den höchsten Grad 2 Reichstaler berechnet. Das Heilen des Gefolterten
kostete noch einmal 2 Reichstaler. Für das Hängen oder Köpfen und das Begraben
wurden 4 Reichstaler in Rechnung gestellt. Diese Gerichtskosten mussten der Delinquent oder
seine Erben bezahlen.
Den größten Teil der Kosten musste allerdings die kurfürstliche Kammer übernehmen: so für
Kost und Logis bei der Unterbringung des Verurteilten in einem Gasthaus, für die Zeche des
Scharfrichters und seiner beiden Knechte, für die Kommission, die der Tortur als Zeuge beiwohnte,
für den Gerichtsschreiber, für den Profoss (= Ankläger und Vollstrecker des Urteils)
und dessen Tätigkeit und Verpflegung usw.
An einer Hinrichtung zur Zeit von F. L. sollen die Kosten aufgezeigt werden.
Ein gewisser Anton Bieler aus der Augst wurde 1721 wegen Diebstahl zum Tode verurteilt;
was ihm genau vorgeworfen worden war, lässt sich aus der Ausstellung der Gerichtskosten
nicht nachvollziehen.
Anscheinend wurden Bieler und seine Frau in Niederlahnstein beim Diebstahl ertappt und gefangen.
Die Frau wurde mit Ruten „ausgestrichen“, wofür sie 2 Reichstaler bezahlen musste.
Anscheinend wurde sie frei gelassen, denn Bieler allein wurde mit dem Schiff nach Ehrenbreitstein
gebracht, wo das Gerichtsverfahren stattfinden sollte. Dafür bekamen der Schiffsmann
und die Gerichtsdiener, die Bieler begleiten mussten, 27 Albus. Die erste Nacht durfte
der Dieb noch, gut bewacht, im Gasthof „Zur goldenen Sonne“ (Hofstraße 271) verbringen.
Der Wirt verrechnete für Kost und Logis 1 Gulden 3 Albus.
Am nächsten Tag wurde Bieler dem Gericht vorgeführt. Weil er nicht direkt gestand, wurde
er gefoltert. Der Prozess scheint länger gedauert zu haben, denn der Scharfrichter und seine
39
www.landeshauptarchiv.de/bestaende/koblenz/einleitung1_1.html S. 3
40
Zanters S. 84-88
41
Albus = Groschenmünze des Spätmittelalters, die Mitte des 14. Jh.s vom Trierer Erzbischof Kuno von Falkenstein
eingeführt und zur Hauptmünze an Mittel- und Niederrhein wurde. Der Name leitet sich vom lateinischen
"denarius albus" (weißer Pfennig) ab, weil die Münze aufgrund des relativ hohen Silbergehalts ihre silbrigweiße
Farbe auch im Umlauf beibehielt.
25

eiden Knechte tranken 5 Maß Wein für zusammen 20 Albus. Die Kommission, die der Tortur
beiwohnte, bekam 4 Taler und der ebenfalls anwesende Gerichtsschreiber 1 Taler und 18
Albus.
Als Bieler gestanden hatte, wurde er in den alten Gefängnisturm, der das Untergeschoß des
Pfarrhauses bildete, im Obertal gebracht. Der Verurteilte war hier noch solange eingesperrt,
bis das Urteil gefällt und der Galgen auf dem Kisssel bei Arenberg aufgestellt war, denn der
Profoss berechnete für 18 Gänge nach dem Tal 2 Reichstaler und für zwei Tage Verpflegung
36 Albus. Beim Schlagen des Holzes für den Galgen mussten nach altem Brauch der Amtsverwalter,
der Kellner, der Vogt und die Schöffen mit den Handwerkern in den Wald reiten
und im Namen ihrer Kurfürstlichen Durchlaucht den ersten Schlag in das Holz tun; dabei berechneten
sie einen Verzehr von 3 Talern und 18 Albus. Der Profoss musste beim Aufbauen
des Galgens dbei sein; für zwei Gänge auf den Kissel forderte er 2 Taler. Noch je 1 Taler verlangte
er, um dem armen Bieler in Ketten zu schließen, ihn wieder loszuschließen und ihn aus
dem Gefängnis zur Hinrichtung zu bringen. Für den „narrischen Menschen“, der dem Delinquenten
vor der Folterung die Kleider ausgezogen hatte, wurde 1 Taler verlangt. Der Profoss
verlangte weiterhin 1 Taler, weil der zwei Tage während des Verhörs dabei sein musste, dann
noch je 27 Albus, um den Gefangenen zu durchsuchen und ihn aus dem Gefängnis zu lassen.
So kamen insgesamt 9 Taler und 36 Albus zusammen.
Aber der Profoss hatte die Rechnung ohne F. L. gemacht. Dieser setzte die Forderung kurzerhand
auf 3 Taler und 36 Albus herab und drohte dem Profoss, ihn zu entlassen, wenn er noch
einmal solche Forderungen stelle.
Als der Galgen aufgestellt und eine neue Leiter geliefert worden war, brachte man den armen
Sünder nach Arenberg. Vorher war Bieler schon von zwei Karmelitermönchen auf den Tod
vorbereitet worden. Diese hatten mehrere Tage beim Kellner gewohnt, wofür dieser Geld für
Kost und Logis forderte.
Bei der Hinrichtung mussten wieder der Amtsverwalter, der Kellner und der Vogt dabei sein,
die sich nach Beendigung der Prozedur noch jeder zwei Maß Wein für zusammen 1 Taler und
26 Albus genehmigten.
So kostete die Hinrichtung des armen Anton Bieler die kurfürstliche Kammer 126 Reichstaler.
F. L., der sich gerade zu dieser Zeit im Jahr 1721 in Ehrenbreitstein aufhielt, soll sehr empört
über die hohen Kosten gewesen sein.
5.1.5. Verordnung über die Vollstreckung von Todesurteilen 1728
Infolge der hohen Kosten erließ F. L. 1728 eine Verordnung, dass vor der Vollstreckung eines
Todesurteils die Gerichtshöfe in Trier und Koblenz unmittelbar an den Kurfürsten und in seiner
Abwesenheit an die Regierung genauen Bericht über den Fall zu erstatten hätten und das
Urteil erst nach Erhalt der Zustimmung zu vollstrecken sei; anscheinend wollte er Kosten sparen
42 .
5.1.6. Criminalordnung 1726
Als Ergänzung zu der Reform des Gerichtswesens folgte im Jahr 1726 noch eine Criminalordnung,
die den Strafrechtsprozess regelte, um ihn zu verkürzen und zukünftig die lange Inhaftierung
der Täter bei geringfügigem Vergehen zu vermeiden 43 .
5.2. Amtsordnung vom 3. Februar 1719
Am 3. Februar 1719 erließ F. L. eine Amts-Ordnung. Die Ämter waren sowohl lokale Verwaltungseinheiten
als auch Jurisdiktionsbezirke. Der Kurfürst regelte die Befugnisse des landesherrlichen
Beamten in der lokalen Verwaltung und der in den Ämtern vorhandenen Gerichte.
Innerhalb eines Monats wurden somit das gesamte weltliche Gerichtswesen sowie die Zentral-
und Lokalverwaltung neu organisiert.
42 Schwickerath Marianne: Wo stand eigentlich die Philippsburg – Die ehemalige kurfürstliche Residenz in
Ehrenbreitstein; Koblenz 1991, S. 132-135
43 Zanters S. 90
26

© Museum und Schatzkammer des Deutschen Ordens/Wien
Abb. 27:
Franz Ludwig (Halbtaler) 1722 – geprägt für Trier
5.3. Reform der geistlichen und der weltlichen Gerichte 1719
Nicht weniger konsequent war die Reform der geistlichen und weltlichen Gerichte. Am 20.
März 1719 erließ F. L. die Geschäftsanweisung für das Kommissariat und das Konsistorium,
die beiden geistlichen Gerichtshöfe. Hier erhielten nun die geistlichen Gerichte die Cognitionsbefugnisse,
die Sprengel, sowie die Geschäfts-und Prozeß-Ordnungen. Mit der General-
Vikariats-Ordnung vom 26. Dezember 1719 waren die Verwaltungs- und Gerichtsreformen
vorerst abgeschlossen. F. L. hielt sich bei der Publikation der Generalvikariatsordnung bereits
nicht mehr in Kurtrier (Ehrenbreitstein), sondern schon wieder in Neisse auf 44 . Er war nach
seinem Aufenthalt in Kurtrier von Mai 1718 bis 30. Juli 1719 am 31. Juli über Worms, Heidelberg,
Mergentheim nach Schlesien aufgebrochen, wo er am 28. Oktober 1719 nachweisbar
ist 45 .
5.4. Auswirkungen der Reformen
Das Jahr 1719 hatte zwar noch keine eindeutige Trennung der Justiz- und Verwaltungsorgane
gebracht, es hatte aber eine bessere Strukturierung der einzelnen Behörden und eine schärfere
Abgrenzung der geistlichen von den weltlichen Zuständigkeitsbereichen gebracht. Jedenfalls
auf normativer Ebene. F. L. hatte den Versuch unternommen, das schlecht organisierte System
zu reformieren. Die Normsetzung brachte jedoch nicht immer den gewünschten Erfolg.
1728 erließ der Hofrat eine Verordnung, worin er darauf hinwies, daß die Rechtsstreitigkeiten
in erster Instanz nach Maßgabe der Amts-Ordnung im allgemeinen summarisch und unentgeltlich
verhandelt und entschieden werden sollten. Wie die Bereicherung der Amtsleute
durch unrechtmäßige Erhebung von Gebühren nicht so leicht zu unterbinden war, so waren
auch die Regelungen bezüglich der Zuständigkeiten der einzelnen Gerichte nur wenig mit Erfolg
gekrönt. Noch Clemens Wenzeslaus (1768-1802), der letzte Trierer Kurfürst, erließ Verordnungen,
die sich auf die Einhaltung der inzwischen 69 Jahre zurückliegenden Justizverordnung
drängten und noch einmal die Zuständigkeitsbereiche und den Instanzenweg festlegten.
5.5. Verordnung über das Wald-, Jagd- und Fischrecht vom 3. Dezember 1720
Verwaltung und Gerichtswesen waren nicht das einzige, was F. L. als Landesherr des Kurfürstentums
Trier reformbedürftig vorfand; so habe er bey Antrettung unserer Landesherrlicher
Regierung ungern wargenommen, dass die in unserem Ertz-Stifft befindliche Waldung-,
Wildbahn- und Fischereyen durch die vorgewesene langwirig Kriegs-Zeiten und darin eingeschlichene
viele Mißbräuch in mercklichen Abgang und Verderb gerathen.
44 Zanters S. 89
45 Petry Itinerar S. 208-210
27

© Antiquariat Turszynski
www.turszynski.com
Daher erließ er am 3. Dezember 1720 46 von Neisse
aus eine Waldt-Forst-Jagdt-Waydt-Wercks und Fischerey-Ordnung.
Sie basierte auf der ersten kurtrierischen
Forstordnung von 1714, die aber wegen des
Todes Karls von Lothringen nicht mehr zur Ausübung
gekommen war.
In fünf Teilen wird detailliert dargelegt,
1.) welche Aufgaben die landesherrlichen Jäger und
Förster zu versehen hatten,
2.) wie der Wald in Hinsicht auf Holz und Landwirtschaft
zu nutzen sei,
3.) und 4.) wie die Jagd zu regeln sei, was, wann, wo,
wie und von wem gejagt werden durfte. Abschließend
folgten die Bestimmungen über die Fischerei 47 .
◄ Abb. 28: Waldt-Forst-Jagdt-Waydt-Wercks und Fischerey-Ordnung
aus dem Jahr 1720
5.6. Judenverordnung
5.6.1 Ältere Judenverordnungen
Bei seinem Regierungsantritt fand F. L. die wichtigsten Artikel des kurtrierischen Judenrechts
in einer Verordnung des Kurfürsten Johann Hugo von Orsbeck aus dem Jahr 1681 sowie in
einer Reihe weiterer Reskripte und Mandate. Die erstmalige landesweite gültige Judenordnung
erließ 1618 Erzbischof Lothar von Metternich, die sein Nachfolger Philipp Christoph
von Sötern 1624 in nahezu unveränderter Fassung erneuerte 48 .
Bei der Durchsetzung seiner politischen Ziele für die Judenverordnung hatte F. L. die gewachsenen
Strukturen christlich-jüdischen Zusammenlebens in seinem Territorium ebenso zu
beachten wie die aktuellen Bedürfnisse seiner christlichen Untertanen und jüdischen Schutzverwandten
49 .
5.6.2. Einsetzung einer Kommission durch Franz Ludwig
Schon mit der Verfügung (Verordnung in Politicis et Judicialibus für die Stadt Trier) vom 12.
Juni 1719 (Punkt 18) weist F. L. daraufhin, dass auf die Judenverordnungen seiner Vorgänger
zu achten sei. Es dürfe nicht sein, dass sich „zu Trier in viel zu großer Anzahl“ Juden eingeschlichen
haben, die sich „auf den besten Straßen eigentumblich“ Häuser gekauft haben. Er
gestatte nicht, dass ein Jude über die „althergebrachte Zahl nach verflossenen Geleitjahren“
in Trier bleiben dürfe. Sollte ein Jude „kein churf. Geleid“ haben, muss er ausgewiesen werden
50 .
Während seines Aufenthaltes in Koblenz (auf Ehrenbreitstein) richtete F. L. 1721 eine Kommission
ein, die den Erlass einer neuen Judenordnung vorbereiten sollte. Zur Ermittlung der
aktuellen jüdischen Bevölkerungszahlen wurden die Lokal- bzw. Amtsbehörden im Februar
1722 angewiesen, die Schutzbriefe der ortsansässigen Juden zu überprüfen und die Originaldokumente
innerhalb von 14 Tagen an die kurfürstliche Kommission weiterzuleiten. Anfang
März 1722 wurden die Eckpunkte der Reformen in einem 19 Artikel umfassenden Schreiben
ausführlich vorgestellt. Die kurfürstliche Position verfolgte einen primär fiskal- und ordnungspolitischen
Ansatz, während ökonomische Aspekte in den Hintergrund und nur am Ran-
46
Am 22. Februar 1723 erließ F. L. eine weitere Forstdeklaration; siehe Petry Itinerar S.212
47
Zanters S. 90
48
Göller Andreas: Hinein ins Ghetto? Zur Judenpolitik Franz Ludwigs von Pfalz-Neuburg als Erzbischof von
Trier (1716-1729); in: Compasana pulsante convocati; Trier 2005; S. 200
49
Göller. S. 199
50
Kentenich Gottfried: Beiträge zur Geschichte des Trierer Kurfürsten Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg (1716-
1729) in: Trierische Chronik Band 11 (1915) S. 191
28

de angesprochen wurden. Deutlich wird das Motiv erkennbar, die Judenschaft als eine zahlenmäßig
konstante, ökonomisch potente und damit abgabefähige Gruppe zu erhalten. Dieses
Ziel versuchte F. L. durch die Aufstellung verfeinerter und präziser Rechtsgrundlagen und die
verbindliche Regelung der konkreten Verfahrensabläufe zu erreichen – eine Methode, die bereits
in anderen Reformprozessen erfolgreich zum Einsatz gekommen war.
5.6.3. Konzeption der Judenordnung
Die Konzeption des Landesherren ging grundsätzlich von der dauerhaften Toleranz einer jüdischen
Bevölkerung im Erzstift aus. Das traditionelle Geleit blieb unverändert bestehen und
wurde mit dem strikten Verbot an die lokalen Amtsgewalten und Herrschaftsträger, eigenmächtig
Geleite zu erteilen, in der bisherigen Form aufrechterhalten.
F. L. legte die Zahl der landesherrlichen Geleitempfänger definitiv auf 160 Haushalte fest 51 .
In der Tradition der älteren Judenordnungen wurde der Geleitzwang betont und die Ausweisung
der ohne Geleit im Land befindlichen Juden innerhalb von drei Monaten angeordnet. Die
verschärfte Kontrolle stellte sicher, dass die Zahlung der Geleitgelder nicht zu Lasten des
Landesherren unterlaufen werden konnte und festigte zugleich die privilegierte Stellung der
vergeleiteten Juden.
© Stadt Neuburg/Do – Kongregationssaal
Foto vom Verfasser
Abb. 29:
Franz Ludwig im Kreis seiner jüngeren
Brüder
Der Trierer Befehl enthielt ausführliche
Durchführungsbestimmungen, mit denen die
Selbstverwaltungskörperschaft der kurtrierischen
Juden, die Landjudenschaft, in die Administration
des Judenschutzes eingebunden
wurde. Die Vorsteher wurden bei Strafandrohung
angewiesen, der Kommission die in Armut
geratenen und zahlungsunfähigen jüdischen
Haushalte zu benennen, die daraufhin
innerhalb einer Frist von drei Monaten das
Land verlassen mussten. Sämtliche anfallende
Zahlungen, nämlich 2.000 Reichstaler an die
Hofkammer und zusätzlich ein Betrag von
100 Talern für die Ausfertigung der Geleitbriefe,
waren von der Judenschaft pauschal
über die Vorsteher zu entrichten, ebenso die
in der ersten Januarwoche fälligen Neujahrsgelder
in Höhe von 875 Reichstalern.
Die Organisation von Erhebung und Einnahme blieb eine interne Angelegenheit der jüdischen
Selbstverwaltung, in die seitens der Kommission nur in Konfliktfällen eingegriffen wurde 52 .
Nach Ausweis der Ratsprotokolle der Hauptstädte Trier und Koblenz gestaltete sich das Zusammenleben
zwischen Juden und Christen auch in den Jahren 1721/22 weitgehend reibungslos
53 .
5.6.4. Planungen von jüdischen Wohnvierteln in Trier und Koblenz
Im Februar 1722 erließ F. L. die Anordnung an alle Magistrate, die Geleitbriefe der Juden im
Original zu überprüfen; er brachte damit erstmals seinen Willen zur Neugestaltung der christlich-jüdischen
Beziehungen zum Ausdruck. Auf der Grundlage der mittlerweise gewonnen
Erkenntnisse zum Judenrecht in den Rheinlanden (in den Städten Köln, Bonn und Mainz) begannen
im März 1722 die Planungen für die Anlage von jüdischen Wohnvierteln in Trier und
51 Göller S. 202-204; bei: www.icej.de/service/geschichte.html?date=0510 vom 10. Mai 2007 wird die Zahl mit
165 angegeben.
52 Göller S. 202-205
53 Göller S. 213
29

Koblenz. Die Komplexität dieser Aufgabe verlangte die Einbeziehung der städtischen Gremien
und die frühzeitige Beteiligung der Räte am Planungsprozess. Die beiden Städte zeigten
sich von dem kurfürstlichen Vorhaben überrascht.
Am 30. März 1722 eröffnete F. L., der sich zu dieser Zeit in seiner Kathedralstadt aufhielt,
den Städten Trier und Koblenz seine weiteren Absichten. Der Kurfürst nahm an dem ungeordneten
Nebeneinander christlicher und jüdischer Haushalte Anstoß und forderte in den Hauptstädten
die strikte Trennung der Wohngebiete. Da dies unter den bisherigen Siedlungsbedingungen
kaum möglich war, strebte der Landesherr die Umsiedlung der Juden aus ihren über
das Stadtgebiet verstreuten Wohnungen in eine zu diesem Zweck angelegte Gasse an, wie es
in Mainz und Bonn erfolgreich geschehen war. Eigene jüdische Wohnbereiche innerhalb des
städtischen Siedlungsgefüges, wie sie das Mittelalter in der Form von Judengassen und –vierteln
gekannt hatte, bildeten im 18. Jahrhundert die Ausnahme. Von vornherein hatte F. L. die
immensen Kosten im Blick, die sich aus dem Umzug und den erforderlichen Baumaßnahmen
ergaben. Unter Berücksichtigung der erheblichen finanziellen Belastungen der Juden in den
zurückliegenden Kriegsjahren sprach er sich daher für die Zulassung der hauptstädtischen Juden
zum bisher verbotenen Einzelhandel aus, wobei er sich abermals das kurkölnische Bonn
zum Beispiel nahm. Als die Räte den Befehl erhielten, einen geeigneten Standort für die Errichtung
einer Judengasse zu benennen und gleichzeitig um Vorschläge für die Neugestaltung
der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen gebeten wurden, kam es zu unterschiedlichen
Reaktionen.
In Koblenz zeigte man nicht das geringste Interesse an den Ideen des Landesherren und vermied
zunächst eine offizielle Stellungnahme. Erst auf die Mahnung des Kurfürsten vom 20.
April 1722, sich in dieser Sache umgehend zu erklären, formulierte der Rat am 23. April seine
ablehnende Haltung. Die Forderung nach einer Judengasse wurde lapidar mit der Begründung
abgelehnt, dass hierfür kein bequemlicher Orth auszusehen seye. Einer Lockerung der ökonomischen
Beschränkungen für die Koblenzer Juden stand der Rat ebenfalls kritisch gegenüber.
In Trier wurde der kurfürstliche Befehl dagegen um einiges positiver aufgenommen. In seiner
Sitzung am 10. April 1722 folgte der Rat der landesherrlichen Anordnung und schlug drei
mögliche Standorte für die Errichtung einer Judengasse vor, darunter die an der Peripherie des
bebauten Geländes gelegene Straße auf dem Zuckerberg und die Kuhnengasse im Nordosten
des Stadtgebietes. Bezüglich der Verbesserung der Wirtschaftsbedingungen für die jüdische
Bevölkerung nahm der Rat aber eine restriktive Position ein und setzte sich für den Fortbestand
der Judenordnung aus dem Jahr 1681 ein.
Die Wahl der Straße am Zuckerberg fand nach einer Besichtigung des Geländes die Unterstützung
F. L.’s. Unter dem 20. April 1722, dem Tag des Schreibens an den Koblenzer Rat,
äußerte er sich gegenüber dem Stadtrat zufrieden über Lage und Fläche der Straße und kündigte
einen Befehl an, mit dem die Juden zur Übersiedelung innerhalb von zwei Jahren verpflichtet
werden sollten. Zugleich ließ er aber keinen Zweifel an seiner Entschlossenheit, auch
die ökonomischen Fragen zu Gunsten der Juden zu lösen.
5.6.5. Bittschrift der Trierer Juden
Auch die städtische Judenschaft war nicht untätig geblieben. In Ausnützung ihrer unmittelbaren
Beziehung zum Kurfürsten hatten die Vertreter der Trierer Juden F. L. eine Bittschrift
übergeben, in der sie ihre Haltung gegenüber obrigkeitlichen Plänen zusammenfassten: Die
Judenschaft lehnte die Neuerungen keineswegs ab, sie sah in der Zusammenfassung der jüdischen
Bevölkerung in einer Straße und der Lockerung restriktiver Gewerbeschranken eine
Chance, die eigene soziale und ökonomische Stellung zu verbessern. Als neuen Standort der
zukünftigen Judengasse brachte sie die Rahnengasse als Vorschlag ein.
5.6.6. Obergrenze der jüdischen Bevölkerung
Eine Einigung zwischen den beteiligten Institutionen konnte offenbar im Herbst 1722 nicht
mehr herbeigeführt werden. Entscheidend bei der neuen Judenordnung war nun die Festset-
30

zung der Geleitzahlen, die ebenfalls in die landesherrliche Ordnung Eingang finden sollte. Bis
zum Frühjahr 1723 wurden die Geleitinhaber im gesamten Erzstift, etwa 130 Haushalte, namhaft
gemacht und erfasst, daneben ca. 30 weitere Haushaltsvorstände mit neuem Geleit versehen.
Auf dieser Basis erfolgte die Festsetzung einer Obergrenze der jüdischen Bevölkerung -
die Kameralorte ausgenommen -, auf 165 Familien im Erzstift 54 .
5.6.7. Erlass der Judenordnung
Nach diesen letzten Arbeiten erließ F. L. die Judenordnung am 10. Mai 1723 55 von Breslau
aus 56 .
In der endgültigen Fassung folgte der Text inhaltlich weitgehend den früheren Entwürfen. Er
gliederte sich in acht Kapitel, die den Bereichen Hoheitsrecht (Kap. I, VII, VIII), Ordnungspolizei
(Kap. II) und Gewerbepolizei (Kap. III, IV, V) zugeordnet werden können.
Der größte Teil der Bestimmungen glich, teilweise bis in die Formulierungen hinein, der kurkölnischen
Judenverordnung des Kurfürsten Joseph Clemens aus dem Jahr 1700. Besondere
Beachtung verdienen die Trierer Besonderheiten, da sie die eigenständische Zielsetzung F.
L.’s und seiner Kommissare erkennen lassen. Hierunter fallen vornehmlich die teilweise detaillierten
Vorgaben für die Ausgestaltung der administrativen Prozesse, wie in Kapitel I § 2
(Form der Geleitbriefe) und Kapitel I § 3 (Geleit in den Kameralorten) 57 .
Im der kurfürstlichen Verordnung von 1723 war bestimmt, dass die Juden in deutscher Sprache,
wenn sie solche schreiben und lesen können, ihre Manual-Bücher (Geschäftsbücher) führen
sollten 58 .
Ein besonderes Spezifikum der Trierer Judenverordnung bildet Kapitel VI, da hier die Einbindung
der Landjudenschaft in die fiskalischen und geleitrechtlichen Verfahrensabläufe geregelt
wurde und damit die Integration der jüdischen Selbstverwaltung in die kurfürstliche Hoheitsverwaltung
vollzogen wurde. Insbesondere hier trat die Sorge um den Erhalt einer zahlungskräftigen
und in ihrem Umfang konstanten jüdischen Bevölkerungsgruppe als zentraler Gedanke
der landesherrlichen Judenpolitik unverblümt hervor. Der jüdische Handel wurde weit
über die Bestätigung der 1681 zugelassenen Tätigkeitsfelder zugelassen. Auf dem flachen
Land und in den erzstiftischen Nebenstädten wurde der Einzelhandel unter obrigkeitlicher
Aufsicht erstmals generell für jüdische Kaufleute freigegeben. In diese Richtung weisen auch
die ökonomischen Bestimmungen für die geplanten Judengassen in Trier und Koblenz. In Kapitel
II §§ 2-3 wurden die Grundsätze für das Wohnen der Juden niedergelegt. In Anlehnung
an die Judenverordnung des Trierer Kurfürsten Johann Hugos und in Analogie zur Kölner Judenverordnung
schrieb F. L. einen Mindestabstand von vier Häusern zwischen jüdischen
Wohnungen und geistlichen Einrichtungen vor und untersagte das Zusammenleben von Christen
und Juden unter einem Dach. Im Hinblick auf die Wohnsituation in den beiden Hauptstädten
beharrte er auf seinem Ziel einer räumlichen Trennung der jüdischen und christlichen
Wohn- und Gewerbegebiete. Da die Realisierung dieses Projektes an keinem Orte nennenswerte
Fortschritte gemacht hatte, nutzte F. L. das Instrument der allgemeinen Judenordnung,
um seinen ungebrochenen Gestaltungswillen zu unterstreichen und den widerstrebenden Kräften
die Befolgung der bisherigen Anordnungen einzuschärfen. Zwar hoffte der Landesherr
noch auf eine Einigung mit den Städten, doch er behielt sich ausdrücklich für den Fall des
Scheiterns die Umsetzung des Projekts auf dem Verordnungswege (in Kapitel II § 5) vor.
In Kapitel III § 3-4 konkretisierte F. L. seine Vorstellungen vom Wirtschaftsleben in den Judengassen.
In Anerkennung der erheblichen finanziellen Belastung der jüdischen Haushalte
sowohl in den zurückliegenden Jahren wie auch in Zukunft durch den Bau der neuen Häuser
54 Göller S. 214 -219
55 Das genaue Datum 10. Mai bei Petry Itinerar S. 212 und www.icej.de/service/geschichte.html?date=0510 vom
10. Mai 2007
56 Zanters S. 90
57 Göller S. 213-219
58 Düwell/Irsigler S. 343
31

auf eigene Kosten gewährte der Kurfürst den Trierer und Koblenzer Juden in ihrer Straße den
Einzelhandel mit nassen und trockenen Waren sowie alten Kleidern. Diese Geschäfte waren
allerdings nur auf die jüdischen Häuser beschränkt und der Hausier- und Straßenhandel untersagt.
Eine Ausnahme bildeten die Angehörigen des Adels und der höheren Beamtenschaft, denen
auf Verlangen auch in ihren Häusern Angebote unterbreitet werden durften, jedoch nur
unter der Voraussetzung, dass die jüdischen Händler auf dem Weg zur Warenschau von
einem Diener ihres Kunden begleitet wurden. Generell verboten wurde dagegen die Tätigkeit
der hauptstädtischen Juden als Faktoren und Kommissäre auswärtiger jüdischer Unternehmer.
Trotz der zu erwarteten Proteste der Stadträte, die ja schon im Vorfeld an den wirtschaftlichen
Lockerungen Anstoß genommen hatten, blieb F. L. seiner Politik treu. Den Trierer und Koblenzer
Juden sollte eine angemessene Existenzgrundlage gesichert werden, um die Abgaben
und die besonderen Belastungen tragen zu können und damit die Erwartungen des Landesherren
zu erfüllen 59 .
Jüdische Doktoren und Rabbiner blieben von der neuen Judenordnung ausgenommen 60 .
5.6.8. Der jüdische Gassenbau wird nicht verwirklicht
Die Verwirklichung des Gassenbaus wurde 1723 nicht mehr angegangen. Nach studentischen
Übergriffen auf die Trierer Judenschaft galt der Wiederherstellung von Ruhe und Ordnung
und der Gewährleistung des landesherrlichen Judenschutzes das vorrangige Interesse der kurfürstlichen
Politik; daneben war auf lokaler Ebene die Ausweisung der Juden ohne Geleit ein
beherrschendes Thema. Erst im Jahr 1724 wurde die Problematik der Judengasse im Trierer
Stadtrat erneut aufgegriffen. Zur Vermeidung einer einseitigen kurfürstlichen Entscheidung,
wie sie ja die Judenordnung explizit vorsah, fasste der Magistrat auf Betreiben des Bürgermeisters
Bourg abermals einen Entschluss, der zwar die städtische Bereitschaft zur Kooperation
demonstrieren sollte, aber materiell nicht von der früheren Position des Magistrats abwich.
Damit endete auch in Trier die Debatte um den Bau eines Judenviertels in der frühen
Neuzeit.
5.6.9. Rückkehr zur alten Judenordnung von 1681
Ohne die Judengasse zu erwähnen, gestand auch die Landesherrschaft stillschweigend das
Scheitern ihrer Politik ein, indem sie im August 1724 die wirtschaftlichen Freiheiten, die
aus ihrer Sicht nunmehr jede Berechtigung verloren hatten, widerrief und zu den Beschränkungen
der alten Judenverordnung des Jahres 1681 zurückkehrte. Als F. L. im September
1723 den jüdischen Hausbesitz im Erzstift bestätigte, hatte er das Projekt wohl endgültig aufgegeben.
Wenn es im Laufe des Jahrhunderts dennoch zu Konzentrationsprozessen der jüdischen
Bevölkerung kam, erfolgten sie nun auf freiwilliger Basis ohne den Druck des Landesherren
61 .
Eine Beschwerdeführung der Kaufleute und Krämer, die eine Beeinträchtigung ihres Gewerbes
durch die Juden beklagten, veranlasste F. L. am 20. Oktober 1724, zu einem Reskript,
welches die Handlungsbefugnisse der Juden in den Städten des Erzstiftes wieder auf den
Stand der älteren Judenverordnungen zurücksetzte 62 .
5.6.10. Fragen des christlich-jüdischen Zusammenwohnens
Fragen des christlich-jüdischen Zusammenwohnens beschäftigten weiterhin die städtische Politik.
Die Vorschrift für die Juden, in einem größeren Abstand von Kirchen und Kapellen zu
wohnen, stellte die Trierer Judenschaft angesichts der außerordentlichen Dichte geistlicher Institutionen
vor große Probleme. Ein erster Lösungsversuch des Rates misslang im Mai 1724,
denn 1727 befand sich noch ein Haus in der Nähe des Jakobsspitals in jüdischem Besitz.
59 Göller S. 221
60 www.icej.de/service/geschichte.html?date=0510 vom 10. Mai 2007
61 Göller S. 221
62 Zanters S. 91
32

Das Nebeneinander von Juden und Christen gestaltete sich im privaten Leben sehr eng, weshalb
die Landesherrschaft insbesondere gegen die Beschäftigung christlicher Dienstboten und
Hebammen bei Juden rechtssetzend vorging 63 .
Es kam aber auch zu Konflikten. Die Trierer Judenordnung von 1618 hielt nur die Vorschrift
für notwendig, dass der christlichen Religion besonders an Feiertagen keinen Anstoß gegeben
werden dürfe. In Trier sollten die Juden - wie 1723 noch einmal wiederholt wurde - am Karfreitag,
den hohen christlichen Feiertagen sowie an Prozessionen zu Hause bleiben, um Konflikte
zu vermeiden. Dass das Nebeneinander der Religionen tatsächlich Probleme schaffen
konnte, zeigte sich 1714, als zwei Juden, die bei einer Prozession der Monstranz den Rücken
kehrten und die Hüte vom Kopf nicht abgenommen hatten, mit 50 Tagen Gefängnis oder je
150 Goldgulden bestraft wurden 64 .
5.6.11. Konversion
Auch wenn die Juden als einzige Anhänger einer nichtkatholischen Religion geduldet wurden,
versuchte man wie überall in Deutschland, sie zu „bekehren“ um ihre Seelen zu retten. Man
versuchte vor allem Konversionen von verlassenen Kindern und jungen Frauen. Nach den
Trierer Ratsprotokollen gab es zwischen 1701 und 1785 insgesamt 20 Konvertiten. Im Jahr
1725, also unter der Regierungstätigkeit von F. L., gelang die Konversion einer ganzen jüdischen
Familie mit vier Kindern, die von der Ausweisung wegen fehlenden Geleits bedroht
war. Als Taufpaten stellten sich hohe geistliche und weltliche Personen zur Verfügung 65 .
5.6.12. Zusammenfassung:
In der Zusammenschau liefern die Ereignisse der Jahre 1721-1724 ein deutliches Bild von den
judenpolitischen Vorstellungen des Kurfürsten F. L. in den Jahren seines Trierer Pontifikates.
Im Mittelpunkt der landesherrlichen Konzeptionen stand stets die Optimierung der fiskalischen
Nutzung des Judenregals. Da nur eine leistungsfähige Judenschaft in der Lage war, die
geforderten Abgaben aufzubringen, bildete der Erhalt der jüdischen Finanzkraft eine vorrangige
Aufgabe der Judenpolitik. F. L. erwies sich hier einmal mehr als nüchterner Technokrat,
indem er rücksichtslos gegen städtische Bedenken die Öffnung des Einzelhandels in Stadt und
Land betrieb. Er suchte aber auch die Einbindung der jüdischen Selbstverwaltung in Kon-
troll- und Entscheidungsprozesse zu sichern. Daneben besaßen ordnungspolitische Ansätze
ein großes Gewicht: Christlich-jüdischer Kontakt sollte im privaten Bereich auf ein Minimum
reduziert und das räumliche Zusammenleben weitgehend verhindert werden.
Beide Ziele wollte F. L. dadurch erreichen, dass Judengassen in den Hauptstädten Trier und
Koblenz eingerichtet werden sollten, wobei er an Grenzen stieß. Der absolutistischen Zentralgewalt
gelang es nicht, die konträren Standpunkte zwischen der städtischen Führung und der
jüdischen Interessenvertretung aufzuweichen und eine Übereinstimmung herbeizuführen.
Wenn sich hierbei die Judenschaft diskussionsfähiger zeigte als die Trierer Ratsherren, so
zeugt dies von einer fortgeschrittenen Sensibilität der jüdischen Repräsentanten für die Chancen
und Möglichkeiten der landesherrlichen Politik 66 .
5.7. Reform der Trierer Universität
5.7.1. Franz Ludwigs Forderung nach finanziellen Mittel
Am 6. Juli 1722 stellte F. L. auf dem Landtag vor, wie der in völlig Rückgang und Decadentz
verfallener uhralter Universität zu Trier wiederrumb aufgeholfen werden könne. Konkret erwartete
der Kurfürst von den Landständen finanzielle Mittel, um den Zustand der Universität
zu verbessern; denn ein nicht unwesentlicher Grund für ihren desolaten Zustand waren
die unzureichenden Vermögensverhältnisse. Bei ihrer Gründung 1473 war sie im Besitz einiger
Präbenden gewesen, doch seit deren Ablösung 1655 war sie auf geringe, jährlich fällige
Zahlungen angewiesen, die jedoch nicht rechtzeitig flossen, weswegen kein genugsamer Fun-
63 Göller S. 221-222
64 Düwell/Irsigler S. 344
65 Düwell/Irsigler S. 345-346
66 Göller S. 222
33

dus zur Erreichung dieses Vorhabens herfürkommen werde. In gutem Zustand waren lediglich
die philosophische und die theologische Fakultät, die beide von den Jesuiten unterhalten
wurden. Konkret forderte F. L. von den Landständen eine Bewilligung von 1.200 Talern zur
Besoldung der Professoren 67 .
Da die Theologie und die Philosophische Fakultät, wie ausgeführt, durch den Jesuitenorden
besetzt waren, stand für die übrige Universität nur ein minimaler Fonds von 250 bis 400
Reichstalern zur Verfügung. Es bedeutete daher eine wesentliche Verstärkung, wenn aus Landesmitteln
1.200 Reichstaler zur Besoldung der juristischen und medizinischen Professoren
zur Verfügung gestellt wurden. Ursprünglich war nur die teilweise Besoldung eines Mediziners
mit 100 Talern vorgesehen. Die oberstiftischen Landstände mit der Stadt Trier an der
Spitze schlugen dem Kurfürsten F. L. vor, lieber zwei halbe Professuren für zwei verschiedene
Universitätslehrer von den Landständen und der Universität gemeinsam zu finanzieren 68 .
5.7.2. Universitätsordnung
Drei Monate nach der Vorlage erließ der Kurfürst am 10. Oktober 1722 69 von Neisse aus die
Churfürstlichen Ordinata vor die Universität zu Trier.
Die Universitätsordnung umfasste 25 Artikel, die fast ausschließlich die juristische und die
medizinische Fakultät betrafen. Die Studia Humaniora (das Gymnasium), Philiosophica und
Theologica (….) von denen PP. der Sozietät Jesu (…) bis hiehin tradirt und unterhalten worden,
dass dabey die geringste Ausstellung nicht zu machen ist; als lassen ihre Ch. D. es davey
lediglich bewenden in dem beständigen Vertrauen, dass damit auf solche Weiß in künfftigen
Zeiten unveränderlich werden fortfahren werden wollen. Das bedeutet, dass die Philosophie
und die Theologie bei den Jesuiten jetzt und auch künftig in guten Händen sind. Es wurden
genaue Organisationsmaßnahmen festgelegt, wie beispielsweise ein genauer Vorlesungsplan
70 . Täglich wurden gemäß dieser Anordnung, mit Ausnahme der Sonn-, Feier- und Donnerstage
am Vormittag „Publica“ gelesen: kanonisches Recht, Digesten und Codex, öffentliches
Recht mit Reichs- und Rechtsgeschichte und die Institutionen; an den Nachmittagen lasen
zwei Mediziner. Am Donnerstag wurde „privatim das Lehen- und das Crimalrecht vorgetragen“.
Die Vorlesungen begannen jährlich nach Allerheiligen und gingen bis zum Fest des
Erzengels Michael (29. September), bloß unterbrochen vom Gründonnerstag bis nach den
Osterfeiertagen. Der regelmäßige Besuch der Vorlesungen war Pflicht; ein Student, der achtmal
im Verlauf des Studienjahres ohne legitimen Grund die Vorlesungen versäumt hatte,
durfte am Schluss des Jahres „nicht testiert werden“. Dagegen waren aber allen immatrikulierten
Studenten die Rechte und Privilegien zu gesichert wie an der Universität zu Köln oder Löwen.
Insbesondere war „in allen bürgerlichen und peinlichen Sachen die Universität ihre rechte
und erste gerichtliche Instanz“; die Studenten konnten von keinem anderen Gericht belangt
werden. Bei den Promotionen wurde neben den Kenntnissen, die durch Examina und Disputationen
nachgewiesen werden mussten, auch besonders auf „sittlichen Wandel gesehen“. Wer
ein „ärgerliches und liederliches Leben führte“, wurde nicht zum „Doktorat oder Licentiat“
zugelassen.
Eine nicht minder strenge Ordnung wie für die Studenten gab es auch für die Professoren.
Ein Professor, der, ohne durch Krankheit verhindert zu sein, eine öffentliche Vorlesung ausfallen
ließ, hatte einen halben Reichstaler Strafgeld in die Kasse seiner Fakultät zu entrichten;
die eingegangenen Strafgelder wurden am Ende des Studienjahres von den übrigen Professoren
unter sich verteilt. Wer ohne wichtige Ursache und ohne Erlaubnis seiner Fakultät und des
67 Zanters S. 89-91
68 Düwell/Irsigler S. 222 –
In: Trauth Michael: Geschichte der Universität – Die alte Universität Trier und das Geld; in: Studieren in Trier.
Hg. von Jürgen Flettner (u. a.). Trier 1985; unter (www.uni-trier.de/edtrev.html),
S. 4 – wurden die 1.2 00 RT für vier juristische Ordinarien und einen Mediziner verwendet. Als Gegenleistung
musste die Universität nur das Vorschlagsrecht für die Professuren der Medizin und des Staatsrechts abtreten.
69 Das genaue Datum und Ort bei Petry Itinerar S. 212; bei Düwell/Irsigler S. 222 ebenfalls 10. Oktober 1722
70 Zanters S. 91-92
34

Rektors Magnificus die Stadt verließ und nur „etliche Tage ausbleiben würde“, war ipso facto
seiner Professur verlustig und durfte ohne Einwilligung des Landesherren nicht mehr zugelassen
werden. Einmal jährlich traten alle Professoren und Mitglieder der Universität zusammen,
um über „Missbräuche oder Übelstände und wünschenswerte Verbesserungen“ an der Universität
zu beraten; gefasste Beschlüsse sind dem Landesherren und Rektor mitzuteilen.
Jeder der Professoren der juristischen und medizinischen Fakultät wurde einmal jährlich vom
Rektor „namens des Landesherren“ visitiert; dabei sollte festgestellt werden, ob „die Professoren
das Jahr hindurch treu und fleißig alle öffentliche und Privatcollegien zum Nutze der
Studenten gehalten haben und die für die Universität vom Landesherrn vorgeschriebene
Verordnung in allen Stücken beachtet worden ist“ 71 .
Die juristische Fakultät wurde durch die Einrichtung einer Professur für Staatsrecht und
Geschichte erweitert; geplant war diese seit 1720. Den Anstoß dazu hatten einerseits staatliche
Nützlichkeitserwägungen gegeben, andererseits versprach man sich davon sicherlich auch
eine größere Attraktion der juristischen Fakultät. F. L. gab den Absolventen der Trierer Universität
die Zusicherung, dass sie in allen künfftigen vorfallenden Geist- und Weltlichen Bedingungen
den von auswärtigen Universitäten kommenden Bewerbern vorgezogen werden 72 .
Armen Studenten wurde garantiert, dass sie unentgeltlich alle Vorlesungen besuchen und an
allen akademischen Akten teilnehmen dürften 73 .
© Bischöfliches Dom- und Diözesanmuseum Trier
Abb. 30:
Franciscus Ludovicus • Archiepiscopus Trevirensis • S. R. I. Archicancellarius
per Galliam et regnum Arelatensis et Elector • Magnus
Magister Teutonici Ordinis • Episcopus Wormatensis
et Vratislaviensis • Comes Palatinus Rheni ect.
Franz Ludwig • Erzbischof von Trier • des Hl. Römischen Reiches Erzkanzler
für Gallien und das Königreich Arelat und Kurfürst • Hochmeister
des Deutschen Ordens • Bischof von Worms und Breslau • Pfalzgraf bei
Rhein usw.
71 Marx Jakob: Geschichte des Erzstiftes Trier als Kurfürstentum und Erzdiözese von den ältesten Anfängen bis
zum Jahre 1816; Bandangabe 1,2; Aalen 1969; S. 483-485 (künftig Marx I)
72 Zanters S. 92
73 Marx I S. 484
35

Der Lehrstuhl für Staatsrecht und Geschichte war eine Fachrichtung, die erstmals 1694 in
Halle den Charakter einer selbständigen Disziplin gewonnen hatte und sich an dieser Hochschule,
dem erfolgreichen Prototyp der aufgeklärten Universität, eines beispiellosen Zulaufs
erfreute. Den Anstoß zu ihrer Einführung in Trier haben wohl nicht allein staatliche Nützlichkeitserwägungen
gegeben; vielmehr durften sich die Reformer von einem solchem Modestudium
mit einigem Recht auch wesentlich vermehrte Zugkraft des juristischen Studiums versprechen
74 .
Erste Erfolge dieser Reformen stellten sich bald ein. Die Hörerzahl der juristischen Fakultät
stieg rasch an, ebenso die Zahl der Dissertationen.
Die 1722 erneuerte medizinische Fakultät der Universität Trier kam nicht recht in Blüte.
Von der umfangreichen Professorenliste bis zur Auflösung der Universität 1798 waren lediglich
acht eigentliche Professoren, die anderen Assessores, Ärzte im Kurstaat oder Mitarbeiter.
Die Matrikel von 1722 bis 1786 verzeichnet insgesamt nur 50 Medizinstudenten.
Im Unterschied zu Italien und Frankreich, wo schon im Mittelalter wissenschaftlich ausgebildete
Chirurgen tätig waren, lag die Behandlung frischer Wunden, Geschwüre und Knochenbrüche,
das Ziehen von Zähnen und das Aderlassen in Deutschland in den Händen von Wundärzten
und Barbieren. Nach der Medizinalordnung (Churfürstliche Trierische Arznei-Verordnung)
um 1680 sollten sich die Wundärzte auf die Therapie äußerlicher Gebrechen beschränken
und ohne Konsultation eines studierten Arztes keine Schwerkranken mit Aderlass oder
Arzneimitteln behandeln 75 .
Um nicht neue Mängel einreißen zu lassen, bestimmte F. L., dass einmal im Jahr eine Visitation
unter Beteiligung eines seiner Hofräte abzuhalten sei; ferner musste ihm jährlich ein Bericht
der Universität über die festgestellten Missstände und deren Behebung vorgelegt werden.
Auch eine Universitätsbibliothek musste auf Anordnung F. L.’s eingerichtet werden, die in
Ergänzung zur Jesuitenbibliothek mit „trefflichen juristischen und medizinischen Büchern
zum gemeinsamen Gebrauch der Studenten“ ausgestattet sein sollte 76 . Vor 1722 war in Trier
bislang keine Büchersammlung vorhanden. Wohl gab es die reich ausgestattete Bibliothek des
Jesuitenkollegs mit zuletzt 10.075 Bänden (1773), aber die juristische - ausgenommen kanonisch-rechtliche
- und medizinische Bücher fanden sich in ihrem Bestand nur selten. Zum
Vergleich: Die durchschnittliche Universitätsbibliothek verfügte in Deutschland – Großuniversitäten
wie Halle oder Göttingen mit ihren ungleich gewaltigeren Bücheretats ausgenommen
– über ca. 10.000 Titel. Die Trierer Bibliothek jedoch erreichte über 50 Jahre danach
(1777) nur den vergleichsweise bescheidenen Bestand von 2.552 Bänden – und selbst diese
Anzahl wäre ohne kasuistische Zuwendungen und Integration mehrerer Nachlässe nicht zustande
gekommen 77 .
5.7.3. Der Universitätsreform war kein bleibender Erfolg beschieden.
Dennoch war die Universitätsreform nicht von bleibendem Erfolg. Schon 1730 - F. L. war da
nicht mehr Trierer Kurfürst, sondern ab 1729 Kurfürst in Mainz - wurde in einem Landratsprotokoll
festgestellt, das der numereus Juristarum fast völlig abnehme und die Herren Professoren
sozusagen fast das mehrste Geld umbsonst ziehen thäten. Auch sank die Zahl der
Dissertationen wieder auf den Stand vor der Reformierung 78 .
Die Universitätsreform von 1722 hätte ein wichtiger Schritt nach vorne sein können, aber
durchschlagender Erfolg war ihr aus zwei Gründen nicht beschieden. Zum einen blieb die
Universität von der strengen Unterordnung unter ministerielle oder behördliche Instanzen be-
74 Trauth Michael: Geschichte der Universität – Die alte Universität Trier und das Geld; in: Studieren in Trier.
Hg. von Jürgen Flettner (u. a.). Trier 1985; unter (www.uni-trier.de/edtrev.html), S. 4-5
75 Düwell/Irsigler S. 244
76 Zanters S. 92
77 Trauth S. 11
78 Zanters S. 92
36

freit, was dazu führte, dass die Risiken jeder Eigenverantwortlichkeit in einigen Fällen voll
auf die Studien durchschlugen. Schon Mitte der 20er Jahre mehrten sich die Klagen, dass ausgerechnet
die Staatsrechtsprofessur, die der juristischen Fakultät das moderne Gepräge
hätte geben sollen, mit einem pflichtvergessenen und wenig befähigten Mann besetzt sei und
dass die Zahl der Jurastudenten sich wiederum dem Nullpunkt näherte. Eine von F. L. angeordnete
Untersuchung wies 1726 die Berechtigung der Vorwürfe nach, jedoch ohne dass es zu
disziplinarischen oder gar Personalkonsequenzen gekommen wäre.
Dafür lagen die Ursachen nicht nur in der korporativen Unabhängigkeit der Hochschule, sondern
auch im Fehlen personeller Alternativen.
Der zweite wesentliche Grund des Scheiterns von F. L.’s Reform ist nämlich in der geringen
Bemessung der Professorenbesoldung zu sehen. Der Staatsrechtler erhielt während des ganzen
18. Jahrhunderts 400 RT jährlich, nicht eben stattliche Bezüge, wenn man sich vergleichsweise
vor Augen hält, dass der Hallische Jurist Daniel Nettelbladt im Jahr 1748, im Alter von 29
Jahren, einen Ruf nach Kopenhagen mit einem Jahressalär von 1.000 RT ausschlug. Hinzu
kommt, dass die Einkünfte der Professoren nicht nur aus ihrem Gehalt, sondern auch aus Hörgeldern,
Promotionsgebühren und anderen Fakultätssporteln, den sogen. „Accidentia“ bestanden,
die auf einer gut besuchten Universität natürlich sehr viel höher ausfielen als in Trier.
Weil sich weder am Gehalt noch an der Zahl der Studenten etwas änderte - im Semesterschnitt
konnte die Fakultät von 1739 bis 1794 ganze sieben Immatrikulationen vorweisen -,
blieben die Trierer Lehrstühle bis zum Schluss unattraktiv.
Mit der medizinischen Fakultät war es um nichts besser gestellt. War schon mit den 400 RT
Gehalt der Juristen schon kein rechter Staat zu machen, so mussten sich die 150 RT, die den
beiden Professoren der Medizin verabreicht wurden, erst recht armselig ausnehmen.
Der Fehlschlag der Reforminitiative von 1722 lässt sich aber nicht nur an den beschriebenen
Zuständen ablesen. Ein weiterer Indikator dafür ist der Umstand, dass das restliche akademische
Deutschland schon zur Mitte des Jahrhunderts nicht mehr sicher wusste, ob in Trier noch
eine Universität existierte oder nicht.
Es ist nicht so, dass den Verantwortlichen das rechte Mittel zur Verbesserung ihrer Hochschule
nicht bekannt gewesen wäre. Die Stände weigerten sich erfolgreich, weitere Beiträge zur
Finanzierung zu leisten, die kurfürstliche Privatschatulle war leer und die Universität selbst
bettelarm.
Der Trierer Universitätsreform, die von F. L. auf den Weg gebracht wurde, war kein bleibender
Erfolg beschieden. Um 1790 schien sich zwar eine Lösung abzuzeichnen, als man das
Vermögen eines aufgehobenen Klosters der Universität inkorporieren wollte. Der Einmarsch
der französischen Revolutionstruppen setzte dann diesem Projekt ein Ende. Der Lehrbetrieb
kam vollends zum Erliegen 1798 wurde die Universität auch formal aufgehoben 79 .
5.7.4. Zusammenfassung
1722 beschloss F. L. Reformen für die Universität: Einrichtung einer Bibliothek, Einführung
von Jura, Medizin, Staatsrecht und Geschichte neben den bisherigen Fächern Theologie und
Philosophie. Die Universität, finanziell weiterhin auf sich allein gestellt, war nicht in der Lage,
die Reformen umzusetzen. Ohne großzügige Honorare war es aussichtslos, große Dozenten
nach Trier zu holen, denen höhere Studentenzahlen gefolgt wären 80 .
5.8. Visitationen der Hospitäler und karitativer Einrichtungen
Im Jahr 1728 ließ F. L. Visitationen der Hospitäler und anderer milder Stiftungen im Erzstift
vornehmen. Geprüft wurden der Vermögensstand, die Einhaltung der stiftsgemäßen Bestimmungen,
die Verwaltung und die Verwendung der Einkünfte. Es hatte sich herausgestellt, dass
das Armenwesen durch die Kriegszeiten, aber auch durch schlechte Verwaltung stark in Mitleidenschaft
gezogen worden war. Deswegen wurde im Februar 1729 eine so genannte Ober-
Inspektions-Commission ins Leben gerufen, die die Verwaltung der Hospitäler überwachen
79 Trauth S. 5-7
80 Chronik der Hochschulen unter http://fwg.freepage.de/hochschule.htm S. 2
37

sollte. Der Inspektionsordnung wurde eine Anweisung beigegeben, in der ihre Funktion und
Befugnisse festgesetzt waren. Des Weiteren wurde ein Fragenkatalog zusammengestellt, mit
dem bei den künftig anfallenden Visitationen eine sorgfältige Bestandsaufnahme gemacht
werden sollte.
Die Instruktion für die Verwalter der Hospitäler schrieb vor, wie die Verwaltung und die Verwendung
der Einkünfte zu handhaben seien 81 .
5.9. Neuordnung der Seelsorge
In enger Zusammenarbeit mit Weihbischof J. M. von Eyss hat F. L. sich seinem neuen Sprengel
trotz der Ämterfülle in erstaunlicher Weise gewidmet. 1719 erließ er vorläufige Synodalstatuten
und wenig später strengere Bestimmungen über die Zulassung zum Pfarramt. In anderen
Erlassen ordnete er regelmäßige Exerzitien für den Klerus und die Einrichtung monatlicher
Pastoralkonferenzen an 82 .
Ca. 1718 erließ F. L. die „Ordinationes Archiepiscopales“ zur Neuordnung der Seelsorge 83 .
5.10. Priesterseminar in Koblenz
Bereits Erzbischof Jakob von Elz (1567-1581) wollte auf Grund der Beschlüsse des Konzils
von Trient ein Priesterseminar errichten, das aber dann doch nicht erbaut wurde. Sein Nachfolger
Johann von Schönberg (1581-1599) hat dann 1585 ein Haus neben dem Jesuitenkolleg
in Koblenz gekauft und darin ein Seminar errichtet (unter dem 18. November 1585). Die
Nähe zu den Jesuiten war bewusst gewählt worden.
Nach Urkunden aus der Regierungszeit von F. L. lässt sich ableiten, dass dieses Seminar zu
Anfang des 18. Jahrhunderts, vielleicht sogar schon viel früher, nicht mehr existierte. Aber
noch 1729 haben sich aus der alten Stiftung 15.000 Taler erhalten. Diesen Fond benützte nun
F. L. im genannten Jahr zur Errichtung eines neuen Seminars in Koblenz.
Vorher schloss er einen Vertrag mit dem Stift St. Castor wegen dessen Patronatsrechts über
die Pfarrkirche zur Lieben Frau in Koblenz. Er ließ dann ein eigenes Gebäude am Rhein
„beim Vogelsang“ errichten, nahe bei dem von ihm gegründeten Waisenhaus. Dort sollten
acht alte verdiente Priester zur Versorgung aufgenommen und zwölf junge Geistliche des
Landes ausgebildet werden. In seinem Stiftungsbrief vom 17. Mai 1723, in Breslau unterzeichnet
84 , bestimmte der Kurfürst einen Fond von 54.150 Reichstalern. Für die Einverleibung
der Liebfrauen-Pfarrei, ihrer Zehnten, Gefälle, der Renten der Stadtschule und der Orgel
mit dem neuen Seminar entschädigte er das Castorstift mit dem Patronatsrecht der Stiftdechanei
und Pfarrei zu Oberwesel.
In der genannten Stiftungssumme von 54.150 Reichstalern waren enthalten 15.000 Reichstaler
aus der ersten Stiftung des Erzbischofs Johann von Schönberg (1585), 12.000 vom Kurfürsten
Johann Hugo, 10.000 Reichstaler aus der Nonnenbergischen und Melzbachischen
Fundation, die beide zur „Brotausteilung für Arme“ bestimmt gewesen waren. Weiter kamen
hinzu 10.000 Reichstaler aus der „Incorporation der Pfarrei Liefrauen“, 1.000 Reichstaler aus
der „Incorporation des Antoniusaltares der Pfarrkirche von Monreal“ und der Rest aus den
„incorpierten Einkünften“ der Schule und Orgel von Liebfrauen und einer Stiftung des kurfürstlichen
Amtmannes Holbach in Sinzig.
Das Seminar, das ursprünglich in der Nähe des Jesuitenkollegs stand, wurde später in das
Hofgerichtsgebäude, dem nachmaligen Pfarrhaus von Liebfrauen, verlegt, wo es bis zu Ende
des 18. Jahrhunderts bestand. Als es gegen 1790 den größten Teil seiner Einkünfte verlor, ist
„es sodann spurlos eingegangen“ 85 .
81 Zanters S. 92-93
82 Gatz Erwin, Kopiec Jan: Franz Ludwig, Pfalzgraf am Rhein zu Neuburg; in: Gatz Erwin: Die Bischöfe der
Heiligen römischen Reiches 1648 bis 1803-Ein biographisches Lexikon Bd. 3; Berlin 1990 , S. 126
83 Schmid Josef Johannes: in: Biographisches-Bibliographisches Kirchenlexikon Bd. XVI (1999), Spalten 1231-
1237 unter: http://www:bautz.de/bbkl/p/pfalz_n_f_l.shtml
84 Das genaue Datum bei Petry Itinerar S. 212
85 Marx I S. 525-527. Zum Priesterseminar siehe auch Demel (HM+BB) S. 116; Zanters S. 93 und Grüger S. 151
38

Der Neubau des Priesterhauses begann im Sommer 1723; Baumeister war Johann Georg Judas,
der Trierer Hofbaumeister 86 .
5.11. Waisenhaus in Koblenz
In Koblenz stand schon 1216 eine Deutschordenskommende, die seit dem 15. Jahrhundert als
eine der vier Kammerballeien des Reiches unmittelbar dem Hochmeister unterstand. Sie lag
neben der Stiftskirche St. Kastor am Zusammenfluss von Rhein und Mosel. Hier stiftete F.
L. im Jahr 1729 ein Waisenhaus, das er aus eigenen Mitteln bestritt und mit 60.000 fl.
dotierte. Das Gebäude wurde 1901 abgerissen. In der westlichen, nach St. Kastor führenden
Umgrenzungsmauer, blieb von ihm nur noch ein barockes Portal erhalten 87 .
5.12. Landvermessung
Zur gerechten Abschätzung des bürgerlichen und geistlichen Vermögens wurde im Einvernehmen
mit Kurfürst F. L. von den kurtrierischen Landständen eine genaue Landvermessung
gefordert, die von 1719 bis 1721 als Landmaß durchgeführt wurde 88 . Sie bereitete eine daran
sich anschließende Reform des Steuerwesens vor, bei der jede Gemeinde ein Grundbuch erhielt,
auf dessen Grundlage die Steuern erhoben werden sollten. Diese Maßnahme diente dem
Zweck, ein einheitliches Steuerwesen zu schaffen, um so einen besseren Zugriff auf das Territorium
zu gewährleisten 89 .
5.13. Verordnung gegen die Auswanderung nach Ungarn
Obwohl das Erzstift nicht übervölkert war, zog es viele Familien, nachdem „sie ihre liegenden
Güter versilbert hatten“, per Schiff nach Ungarn. Die Zahl der Auswanderer war so groß, dass
F. L. am 8. Juni 1724 die „erste churfürstliche Verordnung gegen diese Auswanderung nach
Ungarn“ erlassen musste. Diese Anordnung verbot allen ohne Ausnahme die Ausreise und
zwar unter Androhung der Güterkonfikation gegen Vermögende und einer Leibesstrafe gegen
Unvermögende im Falle des Zuwiderhandelns. Die Beamten in den Städten und auf dem Lande
waren darin zur Wachsamkeit aufgefordert, Aufwiegler zum Auswandern sofort in Gewahrsam
zu bringen und ihr Vermögen zu inventarisieren. Zugleich wurde in dieser Verordnung
bekanntgemacht, dass Österreich nur diejenigen Einwanderer auf der Donau nach Ungarn
transportiere, die über einen Vermögensbesitz von 200 bis 300 Reichsgulden verfügen;
alle anderen Auswanderer würden sofort in ihre Heimat zurückgewiesen werden. Dieses Verbot
scheint wenig gefruchtet zu haben, denn bereits am 6. Juli 1726 erließ F. L. (wohl von
Breslau aus) eine weitere Bestimmung, dass diejenigen Auswanderer, die wieder von Ungarn
zurück in ihre alte Heimat wollten oder die „zu freiem Transporte nicht angenommen“ wurden,
nicht mehr ins Erzstift zurückkehren durften und „wie Zigeuner“ abgewiesen werden
sollten. Trotz dieser Verschärfung gelang es der kurtrierischen Regierung (und den „churrheinischen
Kreisen“ Mainz, Köln und Pfalz) nicht, der Auswanderlust nach Ungarn Herr zu
werden. Am 28. April 1763, also 31 Jahre nach dem Tod von F. L., trat wiederum eine Verschärfung
der früheren Strafbestimmungen ein. Ein weiterer Erlass folgte am 17. Februar
1766. Da auch in anderen Reichslanden die Auswanderung stark zunahm, erließ der Kaiser
am 7. Juli 1768 ein allgemeines Edikt für das gesamte Reich, worin die Auswanderungen in
fremde, mit dem deutschen Recht nicht im Einklang stehende Länder verboten wurden 90 .
5.14. Jahrmarktswesen
Die fünf freien Märkte an St. Peter und Paul (29. Juni), an St. Paulin (31. August), St. Barbara
(4. Dezember), am Fest der unschuldigen Kinder (28. Dezember) und an St. Matthias (24./25.
Februar), die mit der großen Glocke von St. Gangolf eingeläutet wurden, garantierten den
86 Reber: Horst: Die Baukunst im Kurfürstentum Trier unter den Kurfürsten Johann Hugo von Orsbeck, Karl von
Lothringen und Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg 1676 – 1729; Veröffentlichung des Bistumsarchivs Trier, Heft
5; Trier 1960; S. 80
87 Grüger S. 151
88 Düwell/Irsigler: S. 40/41 – Bei Zanters S. 93 dauerte die Landvermessung von 1720 bis 1724.
89 Zanters S. 92-93
90 Marx I S. 200-203
39

auswärtigen Besuchern Handelsfreiheit – bis auf den Weinzapf; aber weil auch glückshäfner,
glücksspieler, gauckler, springer, fechter, bruchschneider oder zahnbrecher und dergleichen
zugelassen wurden, die neben dem kommerziellen auch hohen Unterhaltungswert besaßen,
hatten die genannten Jahrmärkte in den Kriegszeiten bis 1713 erheblich an Bedeutung verloren.
Deshalb schlug 1719 der Rat der Stadt zur Verbesserung der Commercien vor, das Bannmeilenrecht
einzuschärfen, die Verträge von 1548 mit Luxemburg zu erneuern, um wenigstens
an dieser Grenze die Zölle abzuschaffen, den Heiligen Rock zu zeigen, die Universität
zu fördern, die Judenschaft zu vermindern und anstelle der Jahrmärkte zwei 14-tägige Messen
mit Wechselrecht einzurichten. Am 26. Januar 1725 91 folgte F. L. der Empfehlung und richtete
zwei Messen ein; die erste sollte je acht Tage vor und nach St. Peter und Paul (29. Juni),
die zweite vom 2. bis 9. November abgehalten werden. Als Messgebühr bei der Einfuhr wurden
0,5 Prozent des Warenwertes festgesetzt. Obwohl die Messen jede Kollision mit den
Frankfurter Messen ausschlossen, wurden sie von der Kaufmannschaft und den Marktbesuchern
aus dem Um- und Hinterland offensichtlich nicht angenommen. Kurfürst Franz Georg
bestätigte 1739 wieder die fünf alten Jahrmärkte. Es ist allerdings fraglich, ob das Messeprivileg
von 1725 überhaupt realisiert wurde 92 .
5.15. Trierer städtische Verwaltung
F. L. hatte „ein scharfes Auge“ auf die Trierer städtische Verwaltung. So bekämpfte er den so
genannten Klüngel, der sich mehr und mehr bei der Besetzung der Ratsstellen eingeschlichen
hatte; es kam vor, dass mehrere Angehörige derselben Familie zugleich im Stadtrat saßen.
Weiterhin forderte er von der Stadt eine solide Finanzierung. Seiner ordnenden und anregenden
Tätigkeit verdankt es die Stadt, dass sie trotz der großen Ausgaben, die die Wiederherstellung
des in den Kriegszeiten ganz verfallenen Stadtkanals, des Weberbaches, der Stadtmühle
von St. Martin, des Straßenpflasters u. a. m. nicht bloß eine geordnete Verwaltung erhielt,
sondern auch äußerlich wieder in Blüte kam. Vom wieder erstarkten Wohlstand zeugen die
zahlreichen Bauten, die nun in Trier errichtet werden 93 . Unter F. L.’s Regierung begann ein
Aufstieg aus einer fast Jahrhunderte dauernden Leidenszeit. Neben den wieder aufblühenden
Geschäften und den alten gewerblichen Zunftbetrieben entstanden die ersten Fabriken „oder
Manufakturen“, die durch Steuerfreiheiten oder andere Vergünstigungen vom Kurfürsten gefördert
werden. Im Jahr 1717 wurde die erste trierische Tabakfabrik gegründet; 1722 entstand
eine „Barchentmanufaktur“, die bis 1733 in Betrieb war. Gelegentlich wird auch eine Schokoladenfabrik
erwähnt 94 .
5.16. Würdigung von Franz Ludwigs Wirken
5.16.1. „Sein Wirken war ein lobeswerthes“
„Sein (= F. L.) Wirken daselbst (=Trier) war ein lobeswerthes. Aus dem Jahr 1719 datieren
seine Präliminar-Justiz-Ordnung mit Constitutierung des Hofrathes zu Ehrenbreitstein als
oberstes Regierungscollegium, die Hofgerichts-, Revisions- und Amtsordnung, endlich die
Geschäftsordnungen für das Consistorium in Trier, das geistliche Commissariat zu Koblenz,
die Offizialsgerichte zu Trier und Koblenz; 1720 folgten die Wald-, Forst-, Jagd-, Weide-
und Fischerei-Ordnungen, 1722 eine neue Verfassung und Lehrplan für die Universität Trier,
1723 eine Juden-, 1725 eine Post-, 1726 eine Steuer- und Criminal-, endlich 1727 eine Zehntordnung,
Gesetze, welche den mittelalterlichen Staat in neue Bahnen lenkten und dem Lande
sehr aufhalfen“. … F. L. „wirkte, unterstützt von einer Reihe außerordentlich fruchtbarer Jah-
91 Bei Kentenich Gottfried: Beiträge zur Geschichte des Trierer Kurfürsten Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg
(1716-1729) in: Trierische Chronik Band 11 (1915) S. 190 erfolgte der Erlass bereits am 12. Juni 1719
92 Düwell/Irsigler S. 165
93 Weitere Baumaßnahmen siehe das Kapitel: IV. Seine Spuren in Trier
94 Kentenich Gottfried: Triers Statthalter (1580-1797); in: Trierische Heimat; Band 2 (1925/2), 8. Heft; S. 15/116
und ders.: Der Trierer Kurfürst Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg und die Kunst; in: Trierer Zeitschrift Jhg. 1
(1926) S. 161
40

e, im Lande so segensreich, dass man seine zwölfjährige Regierung noch lange nachher als
die glücklichste des trierischen Landes pries“ 95 .
5.16.2. „Das ausgezeichnete Regierungstalent“
„Es gibt kaum irgend einen Zweig der Verwaltung öffentlicher Angelegenheiten, geistlicher
wie weltlicher, in den das ausgezeichnete Regierungstalent des Churfürsten Franz Ludwig in
den zehn Jahren seiner Regierung (1719-1729) nicht durch weise Regulative neue Ordnung
und erhöhte Tätigkeit zu bringen gewusst hätte. Der Hofrat, als oberstes Regierungskollegium
wurde von ihm neu konstituiert, das ganze Justizwesen erhielt feste Organisation und Ordnung,
ebenso die Amtsverwaltung. Unter ihm wurde eine neue Vermessung des Landes und
Schätzung der Grundgüter vorgenommen und auf Grund derselben das Steuerwesen und die
Erhebung der Steuern reguliert, eine Zehentordnung, Wald-, Forst-, Jagd-, Waidwerks- und
Fischereiordnungen gegeben; und auf Grund einer allgemeinen Visitation aller Hospitäler und
Armenspenden erfolgte ein Regulativ für die Verwaltung der Hospitäler und aller milden Stiftungen.
Bei all diesen Anordnungen ging der Churfürst keineswegs voreilig zu Werke, sondern verschaffte
sich vorher immer einen genauen Einblick in die Zustände der Institute, in denen er
Verbesserungen vornehmen wollte, ließ sich schriftliche und mündliche Berichte über dieselben
vorlegen und nahm Vorschläge von erfahrenen Männern über etwaige wünschenswerten
Reformen entgegen. So ist er denn auch zu Werke gegangen bei der Aufstellung eines
neuen Regulativs für die Verfassung, den Lehrplan und die innere Einrichtung der Universität
im Jahr 1722“ 96 .
5.16.3. Entfaltung seiner administrativen Begabung
1716 „gelangte F. L. zur kurerzbischöflichen Würde von Trier, wo er seine administrative Begabung
voll entfalten konnte. Die „Praeliminar=Justiz=Verordnung“ von 1719 ordnete das
„Ius ecclestiasticum und „civil=wesen“ von Grund auf neu, worauf im gleichen Jahr die Hofgerichtsordnung
und Revisionsgerichtsordnung, sowie die Geschäftsreformordnungen folgten,
1720 dann die Steuerordnung. Kein Bereich des öffentlichen Lebens war also bei dieser Summe
seiner bisherigen Administrationstätigkeit außer Acht gelassen worden, wobei auch hier
Kunst und Seelsorge nicht zu kurz kamen: … daneben ca. 1718 „Ordinationes Archiepiscopales“
zur Neuordnung der Seelsorge, 1722 Reform der Universität, 1724 Verallgemeinerung
der Jesuiten(volks)missionen 97 .
5.16.4. Der äußerst tatkräftige Kurfürst
„Dieser äußerst tatkräftige Kurfürst“ hat „den Verwaltungsapparat des Landes so“ umgeformt,
„wie er mit wenigen Änderungen bis zum Ende des Kurstaates bestand“ 98 . F. L. war der
„Schöpfer des Hofrates als einer selbständigen arbeitenden Behörde und absolutistischen Erneuerer
des Trierer Kurstaates 99 .
5.16.5. Der organisatorisch hervorragende Regent
„In Trier regierten im 18. Jahrhundert eine Reihe äußerst tatkräftiger Kurfürsten, die mit allen
zu Gebote stehenden Mitteln versuchten, das Wohl ihrer Untertanen zu fördern. Franz Ludwig,
ein organisatorisch hervorragender Regent, hat in einer nur elfjährigen Regierungszeit
die gesamte Landesverwaltung reformiert und in der wirtschaftlichen Hebung des durch die
Kriegsjahre völlig erschöpften Landes Außergewöhnliches geleistet“ 100 .
95 http://mdz.bib-bvb.de/digbib/lexika/adb/images/adb007/@Generic_BookTextView/6..
96
Marx I S. 482
97
http://www.bautz.de/bbkl/pfalz_n_f_l.shtml (Autor: Josef Johannes Schmid)
98
Haxel S. 47
99
Zitat nach Düwell/Irsigler S. 43
100
Haxel S. 84/85
41

5.16.6. Der Bauherr und Reformer
„Unstreitig wird sich in der ganzen Reihe unserer Churfürsten keiner finden lassen, der in so
kurzer Zeit soviel Verfallenes hergestellt, so großartige Reformen eingeführt und so viele
neue Schöpfungen ins Leben gerufen hätte“ 101 .
6. Einkünfte der Trierer Kurfürsten
Die Einkünfte der Trierer Kurfürsten lassen sich in drei Klassen einteilen:
6.1. Personaleinkünfte
Die Personaleinkünfte ergaben sich teils aus eigenem Vermögen, teils von geistlichen Pfründen,
die die Erzbischöfe bleibend oder vorübergehend mit der Trierer Inful vereinigten. Da
der Erzbischof von Trier seit 1576 Administrator von Prüm war, bezog er als solcher jährlich
ca. 36.000 Taler. Über diese Personaleinkünfte konnten die Kurfürsten ganz frei verfügen.
6.2. Einkünfte aus den Domänen
Die Einkünfte aus den Domänen waren Dotationsgütern des erzbischöflichen Sitzes, die sich
seit den Zeiten der fränkischen Könige durch Schenkungen, Ersparnisse und Erwerbungen bis
in die letzten Zeiten zu einem bedeutenden Güterkomplex vermehrt hatten. Diese Einkünfte
bestanden meistens in Naturalien, wie in Wein, Früchten und Holz. So erntete die kurfürstliche
Hofkammer in Mitteljahren ca. „1.100 Fuder Wein". Die Angaben über den jährlichen
Gesamtbetrag der Einkünfte aus den Domänen gehen aus einander; sie schwanken zwischen
320.000 und 600.000 Talern.
Die Einkünfte aus den Domänen wurden für die Verwaltung, die Hofhaltung und die Besoldung
der Beamten verwendet; darüber hatte der Kurfürst dem Domkapitel Rechenschaft abzulegen.
6.3. Einkünfte von den Landständen
Die Einkünfte von den Landständen mussten jährlich von diesen bewilligt werden; sie waren
auf das Ober- und Niedererzstift verteilt und wurden von Generaleinnehmern erhoben. Diese
Einnahmen waren zur Bestreitung allgemeiner Landesbedürfnisse bestimmt, wie für die
Unterhaltung der Landestruppen, der Festung Ehrenbreitstein, zur Errichtung der Kammerzieler
(am Reichsgericht zu Wetzlar), für Kosten bei Kaiserwahlen und Kaiserkrönungen, für die
Gesandtschaften am Reichstag zu Regensburg und an fürstlichen Höfen, Aufführung öffentlicher
Bauten, Förderung der Universität und anderer Schulen u. dgl. Die Totalsumme der Landessteuern
betrug ungefähr 100.000 Reichstaler 102 . Zur der Zeit von F. L. als Kurfürst von
Trier werden die Einkünfte mit etwa 600.000 Reichstalern beziffert 103 .
7. Die Musikpflege am kurtrierischen Hofe unter Franz Ludwig
7.1. Hofkapelle
Die Einrichtung einer eigenen Hofmusik gehörte im 17. und 18. Jahrhundert zu den Notwendigkeiten
fürstlicher Repräsentation. Auch F. L. hielt in seiner Bischofsresidenz zu Breslau
eine eigene Musikkapelle, die auch nach seiner Übersiedlung nach Ehrenbreitstein fortbestand.
Zu seiner feierlichen Inthronisation brachte er von Breslau seine Hofkapelle mit. Wenn
er sich wieder nach Schlesien aufmachte, musste ihm Hofkapelle dorthin folgen.
Nach dem Regierungsantritt F. L.’s 1716 wurde die Hofkapelle wieder neu organisiert. Die im
Jahre 1718 angestellten Musiker kamen mit dem Kurfürsten teils von Breslau, teils von Düsseldorf.
In Düsseldorf kam nach dem Tod des Kurfürsten Johann Wilhelm, des ältesten Bruders
von F. L., das Musikleben zum Erliegen, weil sein Bruder und Nachfolger Karl Philipp
seine Residenz nach Mannheim verlegte.
101 Marx Jakob. Geschichte des Erzstiftes Trier. Als Kurfürstentum und Erzdiözese von den ältesten Zeiten bis
zum Jahre 1816. Abt. 3, Bd. 5, Trier 1864, S. 13
102 Marx I S. 235-236
103 Demel HM+BB S. 126
42

Wie die Breslauer Kapelle zusammengesetzt war und welchen Umfang sie hatte, ist aus der
einschlägigen Literatur nicht zu erkennen 104 .
Die Verschmelzung der Breslauer mit dem Rest der kurtrierischen Hofkapelle gab der Musikpflege
neuen Aufschwung. Wegen der Personalunion der beiden Bistümer Trier und Breslau
weilte der Kurfürst häufig in Schlesien, wohin ein großer Teil der Musiker ihn begleiten
musste. In der Musikkapelle stehen neben den Streichern als fester Bestandteil des Orchesters
die Flötisten, Oboisten und Waldhornisten. Hoftrompeter und -pauker wurden nach Bedarf
hinzugezogen. Ende 1721 hatte die Hofkapelle eine Besetzung von 29 Mitgliedern 105 . Unter
der Regierungszeit von F. L. wurde eine verhältnismäßig große Anzahl von Trompetern (besonders
Lehrtrompeten) angestellt, die hauptsächlich Tafelmusik spielten 106 .
Von 1722 ab wurden auch Sängerinnen am kurtrierischen Hof angestellt. Der Ausbau des Vokalparts
ist einmal der einsetzenden Pflege des Oratoriums zuzuschreiben, andererseits dem
Bestreben, auch kurtrierische Kräfte in der italienischen Oper in Breslau einsetzen zu können.
Bei den Opernaufführungen in der schlesischen Metropole wirkten auch kurtrierischen Vokalisten
und Instrumentalisten mit.
Die kurtrierische Hofkapelle wurde von einem Kapell- und einem Konzertmeister geleitet. In
der 13-jährigen Regierungszeit von F. L. konnten 50 Musiker (einschließlich der Kapellenknaben)
aktenkundig nachgewiesen werden. Seit dieser Zeit war es üblich, den Hofmusikern
zur Sicherheit ihrer Existenz und zur Verminderung des Musiketats ein Hofamt zu übertragen.
Die meisten Leiblakeien unter F. L. waren gleichzeitig Musiker.
7.2. Musikalisches Wirken
Für das kirchenmusikalische Wirken der kurfürstlichen Kapelle während des Aufenthaltes
von F. L. in Trier liegen mehrere Zeugnisse vor.
7.2.1. Misere und Motetten 1719
So wohnte Kurfürst F. L. am 30. März 1719 (Palmsonntag) in der Hofkapelle der Aufführung
eines Misere bei, wobei die Mitwirkung seiner eigenen Musikkapelle erwähnt ist. Am Karfreitag
wurden Motetten aufgeführt, die im Zusammenhang vielleicht eine ganze Passion darstellten.
7.2.2. Ostern 1719
Auch an Ostern 1719 wirkte die Musikkapelle beim feierlichen Hochamt mit.
7.2.3. Feierliche Exequien für Kaiserin Eleonore Magdalena 1720
© Österreichische Nationalbibliothek
Wien, Bildarchiv
Als die Kaiserin Eleonore Magdalena, die älteste Schwester von
F. L., am 29. Januar 1720 verstorben war, wurden ihr zu Ehren in
der Trierer Liebfrauenkirche - der Dom war wegen des Brandes
von 1717 noch in Restauration - am 22. April 1720 feierliche
Exequien abgehalten. F. L. kam wegen dieser Trauerfeierlichkeiten
eigens mit seiner Musikkapelle von Breslau nach Trier.
◄ Abb. 31: Eleonore Magdalena auf dem Sterbebett
7.2.4. Kirchenmusikalische Aufführung 1723
Eine weitere kirchenmusikalische Aufführung fand im Jahr 1723 statt. Für die verstorbene
Königin Maria Kasimira Sobieska, der Gemahlin des Polenkönigs Jan III. Sobieski 107 , dem
Sieger über die Türken bei Wien am 12. September 1683, wurden dreitägige Exequien gehalten.
Da sich die Hofkapelle größtenteils am Hofe von F. L. in Breslau und Neisse (F. L.’s
104 Bereths S. 35-38
105 Bereths S. 141
106 Bereths S. 204
107 Hedwig Elisabeth, die zweitjüngste Schwester von F. L., war mit Ludwig Sobieski, dem ältesten Sohn der
beiden oben genannten verheiratet. Daher waren die Trauerfeierlichkeiten quasi „familiengedingt“.
43

Lieblingsresidenz in Schlesien) aufhielt, mussten fremde Musikanten „adhibiret“ werden, die
„in keinem Gehalt“ standen. Sie erhielten 30 rthlr als Entlohnung 108 .
7.2.5. Fastenoratorium und Serenade 1725
In der Fastenzeit des Jahres 1725 109 kommt es zum ersten Mal in der Amtszeit von F. L. zur
Aufführung eines Fastenoratoriums und einer Serenade im Dom zu Trier 110 . Der Serenade
wohnten neben F. L. auch die Kurfürsten von Köln und München, Clemens August und Maximilian
II. Emanuel teil. Clemens August feierte 1725 am Hofe von Ehrenbreitstein seine Primiz.
Vermutlich handelte es sich um die Serenade, die F. L. von Daniel Gottlieb Treu (Fedele)
gewidmet wurde 111 .
7.2.6. Oper
Da F. L. die Oper vom Düsseldorfer, mehr noch vom Mannheimer und Wiener Hof her kannte,
war er dieser Musikgattung besonders zugetan. Er ist der erste Kurfürst, der am kurtrierischen
Hofe Sängerinnen anstellte. Es ist nicht ausgeschlossen, dass er sich mit dem Gedanken
trug, am kurtrierischen Hofe eine Oper einzurichten. In seiner schlesischen Metropole Breslau
gehörte er zu den Mäzenen der dortigen Oper. In Trier kam es aber ebenso wenig zur Errichtung
einer Oper wie in Mainz 112 .
7.2.7. Oratorium
Die Pflege des Oratoriums begann unter F. L. Der erste Hinweis steht in den Gesta Treverorum
für das Jahr 1719. Die aufgeführten Motetten über das Leiden Christi müssen als ein Passionsoratorium
verstanden werden. Die nächste Aufführung von „fasten Oratoriys“ ist für
1725 belegt. Die Aufführungen fanden in Trier, wahrscheinlich im Dom, statt 113 . Nach seinem
Einzug und der Inthronisation im März 1719 feierte F. L. die Kar- und Osterliturgie mit. Trotz
des schlechten Wetters wohnte er am Nachmittag des Karfreitags (7. April 1719) der von den
Jesuiten organisierten Karfreitagsprozession bis zum Ende bei 114 . F. L. weilte fast jährlich
während der Fastenzeit in Trier, so 1721, wo er auch den Osterfeierlichkeiten bewohnte.
Ebenso ist er in der Fastenzeit der Jahre 1722, 1725 und 1728 belegt 115 .
7.3. Anschaffung von Musikinstrumenten
Für seine Hofkapelle ließ F. L. oftmals Instrumente anschaffen. Als er von seiner Ehrenbreitsteiner
Residenz Besitz genommen hatte, ließ er „eine Praitsch Geigen“ (Bratsche) für 2
Reichstaler 6 alb und Saiten „zur Music“ für 2 rthlr. 3 alb anschaffen 116 . Zu Beginn des Jahres
1729 wurden bei den „Kayerlichen Trompetern und Jagdhornmachern zu Wien Vier musicalische
Waldhorn und Krumbogen“ für 73 fl. 55 kr. = 49 rthlr 15 alp“ gekauft. Es ist bereits
das dritte Mal, dass in Wien Waldhörner gekauft wurden.
Als F. L. am 3. März 1729 seine Abdankungsurkunde als Erzbischof und Kurfürst von Trier
unterschrieb, um nach Mainz zu wechseln, nahm er den größten Teil seiner Musiker mit 117 .
8. Verbindung zwischen Kurtrier und Pfalz-Neuburg
In Trier wurde 1655 der Hl. Rock ausgestellt.
Pfalzgraf Philipp Wilhelm, der Vater F. L.’s, entschloss sich daher von Düsseldorf nach Trier
zu pilgern. In Düsseldorf war am 6. Januar des gleichen Jahres sein erstes Kind aus der Ehe
mit seiner zweiten Gemahlin Elisabeth Amalie von Hessen-Darmstadt, Eleonore Magdalena,
108 Bereths S. 174-175
109 Petry Itinerar, S. 214: F. L. ist in Trier vom 24. März bis 8. April 1725 nachgewiesen, Ostern war am 1. April
110 Bereths S. 38
111 Bereths S. 219
112 Bereths S. 227
113 Bereths S. 195
114 Demel HM+BB S. 135 Anm. 281
115 Bereths S. 195
116 Bereths S. 141
117 Bereths 142-143
44

der späteren Kaiserin, zur Welt gekommen. Sie wurde „in einer Wiegen mit Ihren Durchlauchtigsten
Eltern von Düsseldorf zu Wasser nach Trier gebracht“.
© Studienseminar Neuburg/Do
Foto vom Verfasser
Abb. 32:
Philipp Wilhelm
© Österreichische Nationalbibliothek
Wien, Bildarchiv
Abb. 33:
Elisabeth Amalie im Jahr 1660
© Österreichische Nationalbibliothek Wien, Bildarchiv
Abb. 35:
„Leibschiff“ von Philipp Wilhelm
Mit diesem Schiff besuchte Philipp Wilhelm 1678
seine Tochter Eleonore Magdalena in Wien
118 Bereths S. 174-175
© Landeshauptstadt Düsseldorf–
Stadtmuseum
Abb. 34:
Eleonore Magdalena
Auch 1668 besuchte Philipp Wilhelm und
seine Gemahlin Elisabeth Amalie den kurtrierischen
Hof zu Ehrenbreitstein. Zwei
Jahre später, also 1670, waren die Neuburger
wieder Gäste in Ehrenbreitstein, wo sie
ehrenvoll empfangen wurden.
So ist schon aus dieser Zeit, bevor ein Neuburger
den Trierer Kurstuhl bestieg, eine
rege Verbindung zwischen dem Düsseldorfer/Neuburger
und dem Trierer Hofe nachzuweisen
118 .
© Museum und Schatzkammer des Deutschen Ordens in Wien
Abb. 36:
Franz Ludwig: Medaille (1726) Silber) – geprägt für Trier
45

Vorderseite:
FRANciscus LUDovius ● Dei Gratia ARchiepiscopus TReverensis ● Sancti Romani Imperii
Princeps ELector ● Supremus Magister Ordinis Teutonici ● EPiscopusWormatiensis & Vratislaviensis
● Praepositor Elvanensis ● Coadjutor Monguntinus ● Comes Palatinus Rheni ●
Bavariae Iuliae Cliviae & Montium.Dux.
Franz Ludwig ● von Gottes Gnaden Erzbischof von Trier ● des Heiligen Römischen Reiches
Kurfürst ● Hochmeister des Deutschen Ordens ● Bischof von Worms und Breslau ●
Fürstpropst von Ellwangen ● Koadjutor von Mainz ● Pfalzgraf bei Rhein ●
Herzog von Bayern, Jülich, Cleve und Berg 119 .
Rückseite:
ADIUTOR.MEUS - ES.TU.DOMINE
(Herr, du bist mein Beistand)
III. Franz Ludwig: Der Administrator von Prüm
Foto EJR
Abb. 37:
Ehemalige Benediktinerabtei Prüm
1. Geschichte der Benediktinerabtei Prüm im Überblick
721 23. Juni: Erstgründung des Klosters Prüm
752 27. Mai: Neugründung des Klosters durch König Pippin. Er übergibt dem Kloster
Reliquien der Heiligen Drei Ärzte und Partikel der Sandalen Christi, die er
seinerseits von Papst Zacharias erhalten hatte. Die Kirche erhält danach den Namen
„Zum allerheiligsten Erlöser“ - St. Salvator
793 Pippin der Bucklige, ältester Sohn Karls des Großen und Enkel von König Pippin,
wird nach einer versuchten Verschwörung gegen seine Familie in die Abtei
Prüm verbannt
799 Einweihung des Klosterneubaus durch Papst Leo III.
811 Pippin der Bucklige stirbt in Prüm.
855 Kaiser Lothar I., ein Enkel Karls des Großen, tritt nach der Teilung von Prüm ins
Kloster ein; er stirbt wenig später und wird in Prüm begraben.
119 Siehe: Mayer Curt: Münzen und Medaillen der Fürstpropstei Ellwangen; Stuttgart 1980
46

Am 21. Juni 1687 schloss die Hofkammer einen Vertrag mit dem Frankfurter
Bildhauer Johann Wolfgang Frölicher 120 ,
882 1. Überfall der Normannen auf Prüm: Klostergebäude werden verwüstet.
892 2. Überfall der Normannen. Die Normannen rauben das Kloster aus und zünden
Kloster und Siedlung an. Auch ein Teil der Besitzungen geht verloren.
893 Der Abt Regino lässt ein Urbar anlegen, in dem das Klostergut und die Rechte
des Klosters aufgezählt werden
um 1100 Das Frauenkloster in Niederprüm entsteht.
1222 Der Besitz um Prüm wird von Kaiser Friedrich II. zum Fürstentum erhoben.
Der Abt hat Sitz und Stimme im Reichstag.
1576 Das Fürstentum Prüm wird gegen seinen Willen dem Kurstaat Trier einver-
leibt. Vorher hatten sich in der Gemeinschaft reformatorische Bestrebungen gezeigt;
der Erzbischof von Trier hatte schon 1544 beim Papst eine Union mit der
Abtei beantragt. Als der letzte Fürstabt starb, erschien der Erzbischof Jakob III.
von Eltz in Prüm und ließ sich gegen den Widerstand der Mönche als Nachfolger
einführen. Der Kurfürst von Trier war fortan Administrator der Abtei, den
in Prüm der Prior vertrat. Mit dem Übergang der Abtswürde an den Kurfürsten
von Trier war auch die so genannte Abtsportion an diesen übergegangen und
damit die Verpflichtung, für die Klosterbauten zu sorgen.
1721 Neubau der Klosterkirche (durch Johann Georg Judas) unter Kurfürst Franz
Ludwig von Pfalz-Neuburg; es sollte ein Turm der bisherigen Kirche als linker
Eckturm Verwendung finden.
1748 Neubau der Abteigebäude (durch Andreas Seitz) nach Plänen von Balthasar
Neumann unter Kurfürst Franz Georg von Schönborn (1912 vollendet)
1769 Dem großen Brand fallen die meisten Häuser des Ortes zum Opfer
1794 Die heutige Kirche mit Barockfassade ist fertig gestellt.
1794 Französische Revolutionstruppen rücken in Prüm ein. Auflösung des Klosters
und Vertreibung der Mönche (Säkularisation) durch die Franzosen. Danach ist
das Abteigebäude Sitz diverser Ämter. Heute befindet sich in den Gebäuden das
Regino-Gymnasium.
1802 Das Kloster wird wie alle linksrheinischen Klöster aufgelöst. Aus der kleinen
Residenz wird der Hauptort eines französischen Arrondissements. Napoleon
stellt die requirierten Abteigebäude für ein Friedensgericht und zur Errichtung
einer “Secondärschule” zur Verfügung. Die Abteikirche wird zur Pfarrkirche St.
Salvator.
1827 Prüm wird eines Dekanates.
1860 Beim Abbau des alten Hochaltares werden die Gebeine Kaiser Lothars und die
Reliquien der Märtyrer Primus und Felicianus gefunden.
1874/1875 Für die Gebeine und die Reliquien wird ein Grabmal mit finanzieller Unterstützung
von Kaiser Wilhelm I. errichtet.
1891 Die Prümer Ärzte und Apotheker stiften einen neuen Reliquienschrein für die
Reliquien der Heiligen Drei Ärzte.
1896 Ein neuer Schreinaltar für die Sandalen Christi wird errichtet.
1927 Die Kirche erhält einen Barockaltar aus der Karmeliterkirche St. Nikolaus in
Bad Kreuznach.
120 J. W. Frölicher geb. 1652 in Soloturn, seit 1680 in Frankfurt; † 26. Juli 1700 in Trier; bestattet im Kreuzgang.
Frölicher gilt als der erste Vertreter eines vollendeten deutschen Hochbarocks am Mittelrhein.
Siehe Irsch S. 242
Buch: Nicole Beyer: Das Werk des Johann Wolfgang Fröhlicher – Ein Beitrag zur barocken Skulptur in
Deutschland des 17. Jahrhunderts; Mainz 1999
47

1944 Seit dem 16. September ist die Stadt Prüm Ziel von amerikanischem Artilleriebeschuss.
Vor allem seit dem 32. Dezember nehmen die Bombenangriffe zu (Ardennenoffensive).
Die ehemaligen Abteigebäude werden stark beschädigt.
Heiligabend: Kurz vor der Christmette stürzt das Gewölbe des rechten Seitenschiffes
und des gesamten Langschiffes infolge der Bombenangriffe ein.
1950 Der Wiederaufbau der Kirche ist weitgehend abgeschlossen.
Papst Pius XII. verleiht der Kirche den Titel „Basilica minor“.
1952 Der Wiederaufbau der Abteigebäude in etwas vereinfachter Form ist weitgehend
abgeschlossen 121 .
2. Die Reichsabtei Prüm – Ihre Stellung im Heiligen Römischen Reich
Seit 1576 war die seit 1222 gefürstete Benediktinerabtei Prüm mit dem Kurfürstentum
Trier in Personalunion verbunden. Der Trier Erzbischof und Kurfürst trug nun auch den
Titel „Administrator von Prüm“. In dem Wappen der Trierer Kurfürsten deutet das Lamm
daraufhin. Ferner war Prüm Sitz eines kurfürstlichen Amtes 122 . Seit 1753 bestand bereits eine
vom Papst genehmigte, vereinigte Administration der Tafelgüter mit dem Erzstift 123 .
© Thomas Höckmann Atlas 2006
Abb. 38:
Das Territorium von Prüm
Wikipedia gemeinfrei
Abb. 39:
Wappen der Fürstabtei Prüm
Auf dem Reichstag hatte der Kurfürst daher zwei Vota: eines als Kurfürst von Trier und eines
auf der geistlichen Reichsfürstenbank als Vertreter von Prüm 124 .
Die Reichsfürstenwürde wurde abermals 1654 auf dem Regensburger Reichstag bestätigt. Die
Reichsabtei Prüm rangierte noch 1792 auf der geistlichen Fürstenbank an 33. Stelle und war
bei den Fürsten des Oberrheinischen Kreises eigens veranlagt 125 .
Als Administrator von Prüm bezog der Kurfürst von Trier ca. 36.000 Taler jährlich an Einkünften
126 . Aber auch die Lasten der vormaligen Reichsabtei waren so auf den Trierer Kurfürsten
übergegangen. Die Reichsheerfahrt hatte der Erzbischof nach der Matrikel von 1521
121 „http://de.wikipedia.org/wiki/Abtei_Pr%C3%BCm“
122 Zanters S. 95
123 Demel HM+BB S. 115
124 Haxel S. 51
125 Demel HM+BB S. 115
126 Haxel S.
48

mit dem vollen Kurfürstenanschlag zu bestreiten, das heißt: 60 Berittene und 277 Mann zu
Fuß. Nach Loslösung der Ritterschaft im 16. Jahrhundert hatte der Kurfürst dann eine „Moderation“
dieser Verpflichtung durchgesetzt. Auch in dem Matrikularanschlag für das Reichskammergericht
erhielt das Kurfürstentum im Jahr 1727 eine Ermäßigung seiner Beitragspflicht.
Von dieser Zeit zahlte Trier zu jedem Ziel 845 Reichstaler 40 Kronen. Bereits 1719 wurde im
Zusammenhang mit einer allgemeinen Reform des Kammergerichtes bestimmt, dass das Kurfürstentum
nur noch einen Kammergerichtsassessor zu präsentieren habe 127 .
3. Der Neubau der Kirche unter Franz Ludwig
3.1. Streitigkeiten zwischen Konvent und Landesherren
Anlässlich der nach dem Tode Karls von Lothringen eintretenden Sedisvakanz weigerte sich
die Abtei, die Zwischenregierung für Prüm anzuerkennen und beanspruchte ihrerseits die Regierungsgewalt.
Der Prior Cosmas Knauff verfasste 1716 eine Streitschrift, in der er die Aufhebung
der Union forderte, da sie nicht rechtmäßig, sondern durch Domkapitel und Erzbischof
betrügerisch erschlichen worden sei. F. L. duldete diese Ambitionen nicht. Nach seinem
Regierungsantritt ließ er den Prior für dessen Schrift auf Ehrenbreitstein gefangen nehmen,
wo er bis zu seinem Tode 1740 inhaftiert blieb 128 . Der Konvent wurde hart bestraft.
Foto Georg Sternitzke
Abb. 40:
Die Basilika St. Salvator
Foto Georg Sternitzke
Abb. 41:
Die mächtige Fassade
Bis zum Jahre 1719 sind keine Bestrebungen bekannt, die einen Neubau der Abteikirche zum
Ziel gehabt hätten. Mag die alte romanische Abteikirche auch baufällig gewesen sein, so kann
doch nicht allein ihr Zustand die Ursache zu dem schnell beschlossenen Neubau gewesen
sein. Der von Kurfürst F. L. betriebene Neubau muss vielmehr im Licht der schon lange zurückreichenden
Auseinandersetzungen zwischen Konvent der Benediktiner in Prüm und dem
Landesherren gesehen werden.
In dieser Situation fand im Jahr 1719 eine Visitation des Klosters statt und im Anschluss daran
wurde erstmals ein Kirchenneubau erwähnt und dieser auch sogleich in Angriff genommen.
Aus der Art, wie der Bau durch einen kurfürstlichen Baumeister ausgeführt wurde, ist
deutlich zu erkennen, dass es F. L. nicht zuletzt darauf ankam, sein Recht und seine Macht gegenüber
der Abtei zu dokumentieren.
127 Marx I S. 235
128 Zanters S. 95-96
49

Foto Georg Sternitzke
Abb. 42:
Blick vom Chorraum zur Orgel
Es kann kein Zufall sein, dass in allen Baunachrichten der Klosterkonvent mit keinem Wort
erwähnt wird, ganz zu schweigen von dem Einfluss auf die Bauausführung und Baugestaltung,
den das Kloster unter normalen Umständen gehabt hätte. Es ist auch bezeichnend, dass
es hier in keiner Eintragung heißt, der Kurfürst habe den Neubau „aus Ertzbischl. Sorgfalt“
beschlossen, wie es beim Domumbau hieß.
3.2. Baugeschichte
Nach der Visitation der Abtei 1719 wurde im Namen von F. L. ein Neubau befohlen, wie aus
den Hofkammerprotokollen vom 13. Dezember 1720 hervorgeht: „Von wegen wirdt dero
Kellner 129 zu Schönecken hiermit gndst anbefohlen, dass Er in Conformität deß herren Cammerrathen
Coenen in Vorigem Jahr zu Prümb gemachten überschlag zu Erbaw Vndt reparation
daselbigster abteylicher Kirchen und des Closters …“.
Foto Georg Sternitzke
Abb. 43:
Blick ins Kirchenschiff
Foto EJR
Abb. 44:
Wappen an der St. Salvator-Basilika:
Das Lamm auf dem Trierer Kreuz
Dazu wird dem Kellner befohlen, Steine brechen zu lassen und einen „des wercks Vndt der
abrissen wohl Erfahrenen Maurer Meister“ zu suchen. Dieser Akteneintrag beweist, dass F.
L. den Plan zum Neubau bereits 1719 gefasst hatte. In einem weiteren Schreiben vom 11. Januar
1721 wird dem Kellner mitgeteilt, dass der Maurermeister Delporth die Arbeiten in Prüm
übernehmen werde. 1721 berief man einen „Ziegelbecker von Düsseldorf welcher beschrieben
worden, umb die Erde in der gegend Prümb zu sondiren, undt zu dasigen Kirchen baw einen
Ziegel ofen ahnzurichten“. Insgesamt wurden 1721 im Laufe des Jahres 2.602 Reichstaler an
den Kellner zur Bestreitung der Baukosten überwiesen oder aus Eingängen verrechnet. In den
beiden folgenden Jahren erhielt der Kellner 8.488 Reichstaler von der Rentkammer überwiesen,
also bisher in den genannten Jahren insgesamt 11.090 Reichstaler. Am 2. Oktober 1723
129 Ein Kellner ist der Amtsrentmeister.
50

wurde dem „hofbawmeistern Johann Görg Judas“ ein Befehl übermittelt, er solle „biß auf
weiteren Cfl gndsten Befehl“ die Arbeiten an der Kirche einstellen und beendigen und sich
sobald wie möglich nach Prüm begeben, und mit allen Handwerkern „die rechnung schließen“
und sie dann der Hofkammer vorlegen. Die Kirche in Prüm war aber keineswegs fertig;
aus diesem Grunde erhielt der Kellner die zum Bau notwendigen Mittel auch weiterhin überwiesen.
Für die Jahre 1724 und 1725 sind Ausgabennachweise über 13.033 Reichstaler nachgewiesen.
Ein Teil dieser Summe könnte zwar auch zur Abzahlung bereits in den Vorjahren geleisteter
Arbeiten verwandt worden sein; da aber in den weiteren Jahren nach 1726 noch an der Kirche
gearbeitet wurde, kann die Weiterarbeit in Prüm nur zugunsten von dringlicheren Arbeiten zurückgestellt
worden sein. Hier ist vor allem an das von F. L. gegründete Waisenhaus in Koblenz
zu denken, für das qualifizierte Handwerker sicher benötigt wurden 130 . Geldfragen können
nicht den Ausschlag zur Einschränkung der Arbeiten in Prüm gegeben habe. Kurfürst F.
L. führte eine sparsame Wirtschaft, wie aus den Landrentmeisterrechnungen seit 1716 zu entnehmen
ist. Einnahmen und Ausgaben standen in seiner Regierungszeit in einem gesunden
Verhältnis.
Die Kirche in Prüm sollte 1726 ihrem Baumeister
Judas in seinem letzten Lebensjahr noch viele Sorgen
bereiten, denn man entdeckte an dem Bau
Fehler. „Ohne gndste Erlaubnis“ dürfe keine weiteren
Arbeiten an der Kirche zu Prüm vorgenommen
werden. Die Kirche konnte aber noch nicht
als vollendet gelten.
In den Rechnungen von 1726 sind 2.331 Reichstaler
als Ausgaben für die Prümer Kirche verzeichnet;
doch sind in dieser Summe auch noch
887 Reichstaler enthalten, die die Rentkammer
dem Kellner aus dem Vorjahr schuldig geblieben
war. Es wurden somit 1726 nur 1.444 Reichstaler
verbaut, eine verhältnismäßig geringe Summe,
wenn man die Ausgaben in den Vorjahren bedenkt.
Am 28. Juni 1727 wurde ein Rat der Hofkammer
nach Prüm gesandt, um festzustellen, wie weit der
Kirchenbau fortgeschritten sei und „den baw zur
perfection langsamb darnach zu bringen die intention
ist“.
© Dr. Bernhard Peter
Abb. 45:
Wappen von Franz Ludwig
am ehem. Pfarrhaus in Ellwangen.
Das Lamm steht für die Abtei Prüm
Nach dem Tod des Baumeisters Judas war das Kurfürstentum Trier ohne Hofbaumeister. Am
10. Oktober 1727 wurde deshalb dem Franziskanerbruder Paul Kurz die „Direction über den
baw der abbatial Kirchen zu Prüm sowohl alß ander dero civil gebäwen übertragen“. Gegen
Ende des Jahres muss sich der Franziskanerbruder bereits in Prüm aufgehalten haben, denn er
schickte am 27. November einen „expressen“ von Prüm nach Ehrenbreitstein. 1727 wurden
dem Kellner 1.957 Reichstaler für den Kirchenbau in Prüm überwiesen. In den folgenden Jahren
wurden dann nur noch geringe Beiträge an den Kellner übersandt. Daraus ist zu schließen,
dass die meisten Arbeiten 1727 schon ausgeführt waren; in diesem Jahr inspizierte der Hofrat
Koch den Bau. 1730 wurde die Kirche durch den Nachfolger von F. L., der ab 1729 den Trie-
130 Bei Grüger S. 151 stiftete F. L. das Waisenhaus in Koblenz erst 1729. Da F. L. am 17. Mai 1723 das Priesterhaus
in Koblenz stiftete, wird wohl dieses Bauvorhaben gemeint sein. Die Tatsache, dass diese Stiftung auch finanziell
gut abgefedert war, spricht ebenfalls für diesen Bau.
51

er Erzstuhl mit Mainz vertauscht hatte, den neuen Kurfürsten Franz Georg von Schönborn,
besichtigt und durch dessen Weihbischof Lothar Friedrich von Nalbach eingeweiht.
Es gilt als unbestreitbar, dass der Trierer Hofbaumeister Judas die Pläne für den Prümer Kirchenbau
entworfen hat. Judas war, wie der Innenraum der Prümer Abteikirche deutlich erkennen
lässt, aber kein Raumschöpfer im Sinne des Barocks 131 . Er führte neben seinem Zimmermannshandwerk
ein Bauunternehmen. Nach dem Ausscheiden Ravensteyns 1722 wurde er
von F. L. zum Hofbaumeister berufen.
Es lässt sich archivarisch belegen, dass F. L. selbst mit Judas die Pläne zum Neubau der Prümer
Abteikirche besprochen hat. Als es nach dem Tod von Judas zu Auseinandersetzungen
zwischen der Hofkammer und den Erben des Baumeisters kam und dem Verstorbenen Fehler
vorgeworfen wurden, stellten die Erben fest, die Baupläne seien „..durch Ser. Dni. Electoris
selbige höchste person mit bawmeistern Judas concentirt worden“. Dem ließ F. L. erwidern,
die Pläne seien keineswegs mit dem Baumeister „Vnter 4 augen“ besprochen worden; die
Tatsache aber, die Risse seien vom Kurfürsten begutachtet und gebilligt worden, blieb unwidersprochen
132 .
3.3. Franz Ludwigs Anwesenheit in Prüm
F. L. ist in Prüm zwischen dem 7. und 26. April 1721 nachgewiesen 133 .
3.4. Zusammenfassung
Foto Georg Sternitzke
Abb. 46:
Die doppeltürmige Basilika
Bis zum Jahr 1719 waren keine Bestrebungen bekannt, dass
die alte, romanische baufällige Kirche in Prüm neu erbaut
werden sollte. Zwischen der Abtei und Kurtrier kam es immer
wieder zu Auseinandersetzungen, als seit 1576 der
Trierer Kurfürst auch Administrator von Prüm war. Auch
beim Regierungsantritt von F. L. flammten diese wieder auf,
als der Prior die Regierungsgewalt für die Abtei forderte.
Der neue Kurfürst duldete diese Ansprüche nicht. Nach der
Visitation im Jahr 1719 ließ F. L. ohne Beteiligung des Prümer
Konvents eine neue Kirche errichten, um seine Rechte
als Administrator zu demonstrieren. Die Bauarbeiten zogen
sich unter der Bauleitung des Hofbaumeisters Johann Georg
Judas von 1720 bis 1730 hin. Nach den vorliegenden Hofkammerprotokollen
belief sich die Gesamtsumme auf
28.410 Reichstaler, wobei die geringeren Beträge nicht eingerechnet
sind.
„Der Hofbaumeister Judas, der Planer und Architekt der Prümer Kirche, war keine künstlerisch
selbständige Persönlichkeit; sein Formvorrat war gering. Die Gabe, selbst Formen zu
finden und sie weiterzubilden, besaß er nicht. Daher gilt die ehemalige Prümer Abteikirche als
nicht besondere barocke Schöpfung 134 .
131 Reber S. 73-76
132 Reber S. 76+94
133 Petry Itinerar S. 210
134 Reber S. 81
52

IV. Franz Ludwigs Bautätigkeit in Trier
Anmerkung: F. L. wurde am 20. Februar 1716 zum Kurfürsten von Trier postuliert. Er übernahm
ein schweres Erbe, weil Trier während des Pfälzer Erbfolgekrieges oft von den Franzosen
besetzt und von den Reichstruppen zurückerobert wurde. Die Brücke über die Mosel hatten
die Franzosen 1674 gesprengt; die Stadtmauern waren geschleift oder verfallen. Die von
Trier nach Lüttich führende Handelsstraße über die Höhen der Voreifel war verkommen und
konnte nicht mehr benutzt werden; das Fort St. Martin wurde von den Franzosen bei ihrem
Abzuge im Jahre 1714 zerstört.
Am 17. August 1717 zerstörte ein Brand die Hochdächer und Osttürme des Domes. Es waren
gewaltige Aufgaben, die den fast 55 jährigen F. L. erwarteten, als ihm Rat und Bürgerschaft
von Trier am 27. April 1719 vor der Steipe auf dem Hauptmarkt huldigten 135 .
1. Wiederaufbau und Umgestaltung des Domes
1.1. Der Wiederaufbau nach dem Brand von 1717
In der Nacht vom 17. auf den 18. August 1717 zerstörte ein Brand die Hochdächer und die
Osttürme des Domes; ein Feuerwerkskörper hatte sich verirrt. Das Trierer Domkapitel informierte
den in Breslau weilenden Erzbischof F. L. am 19. August wie folgt: „Ew. Churfürstlichen
Durchlaucht sollen und müssen wir in höchster Betrübniß hiermit underthänigst ahnzeigen,
welcher Gestalt am letzten Dienstag den 17. dieses Abends zwischen zehn und eilff Uhren
hiesige vhralte Ertz- und Thumbkirchen durch eine gantz vnvermutete jähliche Feuersbruustt,
die man wie solche auskomen bies dahin nicht erfahren können durchaus vollig ahm
Tachwerck bies auff das Gewölb eingeaschert worden, vndt obwohlen das grose Feur, womit
die gantze Kirch vmgehben wahre, ein weihteres Vnglück bedrohte, so hat man dennoch
durch besondern Beystandt des Allmächtigen, vnbeschreibliche Gegenwehr, vndt sehr ehrbärhmbliches
Ruffen vndt Betten des gantzen Volkes zu Gott, allermasen bey wehrendem diesem
greulichen Vnglück die gantze Nacht hindurch, das Venerabile processionaliter herumbgetragen;
derselben (Domkirche) Kleynodt vndt pretiosa, sambt Capitulararchiv zur Sicherheit
gebracht, bey welchem höchst betrübten vnglücklichen Zufall haben wir dem allmächtigen
Gott nicht genugsamb zu dancken, daß das Feur nicht zu dem Glockenthurm bey den Orgelen
vndt neuwen Heiligthums Cammer (= die von Kurfürst Johann von Orsbeck erbaute
Schatzkammer) vndt nechstahnliegender Muttergotteskirchen gegriffen, wodurch die völlige
einäscherung der gantzen Stadt zu befahren gewesen; gleichwie nuhn diese Ertz- vndt Hohe
Thumbkirch, so in der gantzen Christenheit nach der Romischen ihres Alterthumbs vndt Heiligkeit
den Vorgang hat, wie selbige dan auch von weit entlegenen Ohrten durch vnzahlbares
Volck bestendig besucht wirdt, in einem gar verwüsten vndt desolaten Standt gesetzt, vndt bei
diesen auch andern höchstwichtigen Vmbständen vndt vorstehend Winter vndt Vngunst Zeithen
gleichwohl die Wiederaufferbauung eines solchen Ohrts, wo Gott durch so viele Bluthzeugen
sein ersteres Christenthumb (hat) aufrichten wollen, vnvmbgänglich erfordert wirdt,
absonderlich da etwa bey nechst anhoffend allgemeiner Friedensruhe der gantzen Christenheit
der heilige Rock vnsers Erlosers vorgezeigt werden solte; also haben es Ew. Churf.
Durchlaucht zu gändigst vatterlicher Behertzigung anheimstellen, forth dero hierumb nehmende
gnädigste Intention vndt Verordtnung erwarten sollen 136 .
Des Weiteren schreibt das Domkapitel, dass das Feuer das ganze Dachwerk „bis auf das Gewölb“
zerstörte, dass aber das Innere nicht betroffen war.
Wie der Bauvertrag über die Wiederherstellungsarbeiten erkennen lässt, hatte von den Osttürmen
nur der nördliche Schaden genommen; auf den Schiffen war das ganze Bleidach ge-
135 Grüger S. 140.
136 Lager Johann Christian: Notizen zur Baugeschichte des Domes zu Trier nach dem Brande vom Jahre 1717;
in; Trierische Chronik, Trier 1905, S. 50 und Zanters S. 93-94
53

schmolzen. Die aus Schiefer hergestellten Dachteile, offenbar die Turmdächer, waren nach
einem Brief des Kurfürsten F. L. vom 18. September 1717 unversehrt geblieben 137 .
Den Kern der tatsächlich vhralten Domkirche bildeten die Grundmauern des römischen Zentralbaus,
der bis auf das 4. Jahrhundert zurückgeht. Die römischen Fenster allerdings hatte
man im 13. Jahrhundert, als der Innenraum eingewölbt wurde, vermauert, so dass nur die
Fenster der Langhausemporen den Dom beleuchten, weshalb er sehr dunkel wirkte. Dem barocken
Architekturgeschmack entsprach der Dom kaum. Die Zerstörung durch den Brand bot
nun die Chance, weit über die Wiederherstellung des Baus hinaus durch einen barocken Umbau
ein licht durchflutetes Gotteshaus zu schaffen.
1.2. Streitigkeiten mit dem Domkapitel
Doch bis dahin war es ein weiter Weg. Hier bot sich nämlich eine weitere Gelegenheit, den
Konflikt zwischen Kurfürst und Domkapitel auszutragen. Strittig war die Frage, wer für die
Baumaßnahmen zur Wiederherstellung - denn nur die Wiederherstellung sollte in Angriff
genommen werden - zu zahlen hatte 138 . F. L. beantwortete den Brief des Domkapitels am 18.
September 1717 von Neisse aus, drückte sein Bedauern aus und befahl, den Dom einstweilen
mit einem Notdach zu versehen „ und weilen dem Vnß beschehenen Bericht nach das an einig
Orthen selbiger Kirch noch conservirte Tachwerck in Schieffersteinen bestehet, so stände zu
bedencken, ob man nicht auch den jetzo verbrandten Antheil uff gleiche weiß umb so mehr zu
bedecken – folglich den Tach ganz einförmig zu machen hette, als die völlige Bedeckung mit
Bley der cassa der fabrique zu lastbahr fallen, vnd hingegen auch die alleinige bleyerne Wiederbedeckung
des verbrandten Antheils einiger deformität vnterworfen sein dörffte; indem es
aber hauptsächlich uff die Kräffte jetzt gen. Cassa ankombt, Vnß auch vnwißent, ob selbige
fundation, oder vor Zeiten beschehenen Verordnung nach zum alleinigen Kirchenbaw gewidmet
vnd wohin die eingekommenen Gelder biß dahin verwendet worden, alß wollen wir
darüber Eures Berichts gewärtig sein“ 139 .
F. L. wollte die Baumaßnahme zunächst also der cassa der Fabrique überlassen, also dem
Domkapitel. Es folgte ein langwieriger Briefwechsel zwischen Breslau und Trier: Das Domkapitel
lehnte jegliche Beteiligung an den Baukosten ab, weswegen der Baubeginn immer
wieder hinausgezögert wurde. F. L. berief sich auf den Wiederaufbau des Wormser Domes
unter seiner Regierung, bei dem das dortige Domkapitel sehr wohl einen Beitrag zur Wiederherstellung
der Domkirche geleistet hatte. Er forderte einen Beitrag der Domherren aus ihren
Pfründen und war bereit, „selbst“, das heißt aus der Staatskasse, ebenfalls einen Beitrag zu
leisten 140 .
Am 15. Mai 1719 schlägt das Domkapitel vor, der Bau solle aus denjenigen Geldern bestritten
werden, die der Kurstaat ihm als Zinsen („Pensionen“) für längst geleistete und noch nicht erstattete
Ausgaben zu Landeszwecken schulde. Damit war ein Ausweg gefunden, der beiden
Teilen gerecht wurde. Formell genommen deckte das Domkapitel die Kosten; praktisch aber
blieb es unbelastet, da die Zinsen seit dem Anfang des 16. Jh. nicht mehr bezahlt worden waren
und auf ihre Aufbringung trotz ständig wiederholter Mahnungen kaum mehr gerechnet
werden konnte. Die Landstände waren für die zu diesem Zwecke erforderlichen Steuerbewilligungen
leicht zu gewinnen. Der Bau musste nach den Aufwendungen früherer Kurfürsten
für Dombauten als Landessache aufgefasst werden; zugleich wurden auf diesem Wege jene
immer wieder erneuerten Zinsforderungen des Domkapitels billig niedergeschlagen.
Auf dem Koblenzer Landtag von 1719 wurden aus Landessteuern 6.000 Reichstaler für den
Dombau bewilligt. Aufzubringen war die Summe vom 1. (Geistlichkeit) und 3. Landstand
(Weltliche), da der Adel seit 1540 Reichsunmittelbarkeit beanspruchte und an Landtagen und
Steuerzahlungen sich nicht mehr beteiligte. Die bewilligte Summe stellte ein Drittel der Lan-
137 Irsch Nikolaus: Der Dom zu Trier; Trier 1984; S. 145
138 Zanters S. 94
139 Lager S. 51
140 Zanters S. 94
54

desschuld an das Domkapitel dar; auf die übrigen zwei Drittel verzichtete es. Dazu kamen
2.000 Reichstaler aus polizeilichen Strafgeldern, 6.000 aus anderen Mitteln des Kurfürsten,
5.000 aus dem Erlös des Bleies der geschmolzenen Dachung, Holz aus den Wäldern des
Domkapitels und aus den Beständen des Landes sowie Fronfuhren der Trierer benachbarten
Landgemeinden 141 .
1.3. Barocke Umgestaltung des Domes
Während der Streitigkeiten mit dem Domkapitel nutzte F. L. seinen ersten Aufenthalt in Kurtrier
142 , die Pläne zum Wiederaufbau zugunsten einer barocken Umgestaltung der Domkirche
zu ändern.
In einem kurfürstlichen Schreiben vom 21. Juli 1719 bemerkte er, dass „zu Gewinnung eines
mehrern vndt vollkommenern Lichts zwey große Creutzgewölber zu beiden Seiten des
Kirchenschiffs angelegt, erhöhet, vndt darinn die Fenster vermehret vndt ergrößeret werdten,
vndt dass diese Verbeßerung dem ganzen Gebaw zwaren ein besseres Ansehen erwerben,
hingegen aber die Bawkösten biß an die sechß tausend Reichstaler vermehren würdte“ und
deshalb das Domkapitel Bedenken geltend habe, dass die erforderlichen Mittel nicht zu
beschaffen seien. Daher werde der Kurfürst selbst jene sechstausend Reichstaler aus eigenem
Vermögen nach und nach beisteuern, in der Erwartung, dass nunmehr das Domkapitel
mit dem Beginn der Arbeiten nicht länger zögere 143 .
Foto Benedikt W. Habermayr
Abb. 47:
Dom mit Liebfrauenkirche
Am 27. Juli 1719 wurde ein Vertrag mit
dem Baumeister, „Hofzimmermann“ und
„Hofbaumeister“ Johann Georg Judas (†
1726) geschlossen, der die genauen Umbaumaßnahmen
festlegte 144 . Das Domkapitel
stimmte zwei Monate später nach zähen
Verhandlungen zu 145 .
Aus der Baubeschreibung geht hervor, dass
die Bausteine aus den Brüchen bei Kirsch
und Lorig (= Eifeldörfer bei Trier) bezogen
werden müssen. Die Unternehmer stellten
Material und Anfuhr, bekam jedoch 120
Eichenstämme aus den domkapitularischen
Waldungen und das dem Domkapitel von
der Ausbesserung der Trierer Moselbrücke
her noch gehörige Holz.
Die Bausumme wird mit insgesamt 24.000 Reichstalern plus Erlös aus dem geschmolzenen
Dachblei (= 5.000 Rtl.) angegeben 146 .
Judas hat den Wiederaufbau des Trierer Doms nicht nur als Unternehmer übernommen und
als Bauleiter ausgeführt, er hat auch die für den Bau notwendigen Pläne entworfen. Das geht
aus dem oben angeführten Bauvertrag vom 27. Juli 1719 einwandfrei hervor; denn dort wird
ein „vom Meister Johann Georg Judas Hoffzimmerman gemachter Abriß uber die vorhabende
Widererbebawung der Trierischen Dhombkirche“ genannt 147 .
Der Wiederaufbau bzw. der barocke Umbau wurde von 1719 an durchgeführt.
141
Irsch S. 145-147
142
Bei Petry Itinerar S. 208 ist F. L. zwischen dem 15. und 22. Mai 1718 zum ersten Mal in Ehrenbreitstein
nachgewiesen.
143
Lager S. 55-56
144
Den genauen Vertrag im Original findet sich bei Lager S. 56-58
145 Zanters S. 93- 94
146 Irsch S. 147
147 Reber S. 72
55

Bereits am 16. September 1723 wurde der Gottesdienst von der Liebfrauen-Kirche in den
Dom zurückverlegt 148 .
Durch den Brand hatten auch die Dächer der Sakristei, des Archivs sowie der „Creutz= und
Zwerggang zur Muttergotteskirchen“ Schaden genommen. Da das Domkapitel sich außer
Stande sah, dafür Geldmittel zur Verfügung zu stellen, entschloss sich F. L., selbst dafür die
Kosten zu übernehmen. Er ließ aber in einem Schreiben vom 8. Oktober von Ellwangen aus
ausdrücklich erklären, dass er für die Wiederherstellung der beschädigten Altäre nicht aufkommen
würde; dazu könne man die Zinsen der v. Orsbeck’schen Stiften verwenden 149 .
Der Dom erhielt auch einen neuen Bodenbelag. Anfang 1723 verhandelte das Domkapitel mit
Meister Johann Michael Kayser aus Würzburg über „Belegung des oberen Thumb-Chor
samdt Nebengängen bis zu beider seits stiegen“ mit (Sandstein-)Platten aus Rosport a. d. Sauer
(= 12 km von Trier entfernt im jetzigen Großherzogtum Luxemburg); der Preis für jede 1 ½
Fuß große Platte betrug 1 Trierischer Taler 150 .
Die Innenarbeiten und die Umbauten der Altäre dauerten bis 1728 151 .
© Stadtarchiv/Stadtbibliothek Trier – Grafiksammlung, Stadtansichten Nr. 5
Abb. 48:
Dom, Liebfrauenkirche, St. Gangolf, Kurfürstlicher Palast, von NW, um 1730
Kupferstich von Friedrich Bernhard Werner und Johann Christian Leopold
148
Reber S. 70/71 und Irsch S. 147
149
Lager S. 58
150
Irsch S. 147
151
Ronig Franz: Der Dom zu Trier; Königstein im Taunus; 1982; S. 20 (künftig Ronig I)
56

Foto Stefan Kühn
Abb. 49:
Dom, St. Gandolf und Liebfrauenkirche
- heutige Ansicht -
Foto Stefan Kühn
Abb. 51:
Blick in den Westchor
Foto Berthold Werner
Abb. 50:
Dom und Liebfrauenkirche
Im Zuge der Baumaßnahmen ließ F. L. den
Dom gründlich neu gestalten 152 .
Die mit den Arbeiten verbundenen architektonischen
Veränderungen bedeuteten einen entschiedenen
Eingriff in die überkommene Bausubstanz.
Die Außenmauern wurden auf der Nord- und Südseite
des römischen Baus bis auf die Höhe der Seitenschiffe
abgerissen. Es wurde ein Querschiff mit
zwei Dreiergruppen von Fenstern an den Stirnwänden
errichtet. Über den Gewölben der Langhausnebenschiffe
wurden neue Lichtwände eingezogen
153 .
Barockes Symbolempfinden im Hinblick auf den
in der Tunica Christi repräsentierten Passionsgedanken
mag bei der Planung genauso mitgespielt
haben wie der barocke Wunsch zur „Gewinnung
eines mehreren undt vollkommenen Liechts“, dem
zuliebe man damals sogar die romanischen Apsisfenster
in ihrer Höhe vergrößerte.
1.3.1. Neue Altäre St. Katharina und St. Agnes
Diese neuen Altäre, die die alten Patrozinien der hl. Agnes und der hl. Katharina aufgreifen,
wurden 1723 bis 1725 nach Entwürfen angefertigt, die man den „Perspektivae“ des Andrea
Pozzi (1693) wie einem Musterbuch entnahm 154 .
152 Zum Dom siehe auch:
Ronig Franz: Trier – Dom – Ausstattung; in: Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Heimatschutz, Heft 6
(1969); Köln 1969
Ronig Franz: Der Dom zu Trier; Trier 1999;
Kentenich Gustav: Der Trier Kurfürst Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg und die Kunst; in: Trier Zeitschrift 1
(1929) S. 161-162
153 Zanters S. 94-95
154 Ronig I S. 20-21
57

Noch während des Jahres 1723 hatte F. L. die beiden Altäre in Auftrag gegeben, die beinahe
zwei Jahre später, Anfang 1725 zu beiden Seiten der Chortreppe aufgestellt wurden. Die Erbauer
waren die Meister Johann Maus und Simon Bermann zu Limburg. Der mit ihnen am 12.
Juli 1723 abgeschlossene Vertrag legte ihnen auf, spätestens binnen fünfzehn Monaten zwei
gleiche Altäre von feinstem rotem und schwarzem Marmor nach der entworfenen Zeichnung
anzufertigen. Die Kosten des Transportes und die Aufstellung im Dom hatten die genannten
Meister zu tragen. Für den Marmor und ihre Arbeit erhielten sie 1.450 Reichstaler; der Transport
nach Trier war an allen Zollstationen, die passiert werden mussten, zollfrei. Das zur Aufstellung
benötigte Eisen und Blei sollte auf Kosten der Hofkammer geliefert werden; auch die
Überführung der einzelnen Teile vom Moselkran in den Dom solle durch das Hoffuhrwerk
oder die Palastverwaltung erfolgen. Die Kosten für die Arbeiter übernahm die Staatskasse 155 .
Der für F. L. in Schlesien tätige Christoph Tausch (1673-1731), ein Schüler von Pozzo, entwarf
die beiden neuen Seitenaltäre, die F. L. aus eigenen Mitteln finanzierte 156 .
Der bildhauerische Schmuck ist das Werk des Fuldaer Meisters Johann Neudecker. Die früheren
Seitenfiguren dieser Altäre hingen thematisch mit dem Auftraggeber des damaligen Kurfürsten
F. L. zusammen, der ja auch Bischof von Breslau war: die Heiligen Franziskus und
Ludwig, aber auch die hl. Hedwig von Trebnitz und ihre Verwandte, die hl. Elisabeth.
Der Agnesaltar (der nördliche ehemalige Lettneraltar) zeigt in der Mitte St. Agnes mit
Lamm; als linke Seitenfigur der erste Namenspatron des Kurfürsten F. L., Franz von Assisi,
die Weltkugel verachtungsvoll mit dem Fuß tretend; auf der rechten Seite statt des ursprünglichen
hl. Franz Xaver jetzt Karl der Große vom 1824 abgebrochenen Leyenschen Altar.
Foto vom Verfasser
Abb. 52:
Agnes-Altar
Foto vom Verfasser
Abb. 53:
Katharinen-Altar
Foto Benedikt W. Habermayr
Abb. 54:
Blick vom Hochaltar in den
Westchor (heutige Ansicht)
Der Katharinenaltar (der südliche ehemalige Lettneraltar) hat als Hauptfigur die hl. Katharina;
das fehlende Rad ist vielleicht bei der französischen Besetzung des Domes zerstört worden.
Rechts die hl. Hedwig mit einer turmlosen, also zisterziensischen Kirche, Stifterin des
Zisterzienserklosters Trebnitz und Patronin von Breslau; links statt der ursprünglichen hl. Elisabeth
St. Maternus vom Leyenaltar 157 .
Bei der wilhelminischen Domrenovierung wurden die Altäre abgebaut und (ohne die Mensen)
unter den Türmen an den Wänden abgestellt. Erst 1974 erhielten sie wieder einen ihrer Qualität
und dem Raum angemessenen Platz; sie stehen nun an den Pfeilern vor dem Westchor
mit dem „Gesicht“ nach Osten und steigern so die künstlerische Wirkung des Westchores.
155 Lager 59-60
156 Zanters 94-95
157 Irsch S.235, 249-250
58

Foto vom Verfasser
Abb. 55:
Katharinenaltar:
rechte Figur: die
hl. Hedwig
Foto vom Verfasser
Abb. 56:
Katharinenaltar:
Linke Figur statt der
ursprünglichen
hl. Elisabeth
der hl. Maternus
Foto vom Verfasser
Abb. 57:
Agnesaltar:
Statt des ursprünglichen
hl. Franz
Xaver jetzt
Karl der Große
Foto vom Verfasser
Abb. 58:
Agnesaltar:
Linke Seitenfigur:
Franz von Assisi
© Bischöfliches Dom- und Diözesanmuseum Trier
Abb. 59:
Barockgemälde vom Dominneren um 1780:
Die Lettneraltäre St. Katharina und St. Agnes sowie das Chorgitter stehen noch an ihrem
ursprünglichen Platz.
1.3.2. Marienkapelle
Ebenfalls in den Jahren nach dem Dombrand wurde 1725, also während der Regierungszeit
von F. L., die Marienkapelle auf der Südseite des Chores erneuert, die ein Pedant zur
romanischen Schatzkammer darstellt. Die Kapelle ist eine für die damalige Zeit stilistische
und bautechnisch bemerkenswerte Konstruktion. Man verwendete die von der Abbruchmasse
des Umbaus stammenden spätromanischen Kapitelle und Säulchen.
59

Foto vom Verfasser
Abb. 60:
Blick in die Marienkapelle
Foto Benedikt W.
Habermayr
Abb. 61:
Marienaltar
Foto Benedikt W.
Habermayr
Abb. 62:
Stuck in der
Marienkapelle
Diese bündelte man zu je vier zusammen und baute sie zu ca. 4 Meter Höhe aufeinander, um
sie oben durch steinerne Bögen und Gewölbe miteinander zu verbinden.
Das Abknicken dieser gewagten Konstruktion konnte nur dadurch verhindert werden, dass
man Eisenschienen in den Kern der Pfeilerbündel legte und mit den Säulchen verklammerte
und auch die Gewölbe durch Eisen sicherte.
Der reiche Stuck dürfte Anfang des 1740er Jahre aufgetragen worden sein. Die Szenen an den
Wänden zeigen die Verkündigung, die Heimsuchung und die Geburt Christi; an den Wänden
finden wir Ornamente und Symbole. Der Marienaltar ist der einzige Holzaltar des Domes. Er
birgt in der Mittelnische eine kostbare spätgotische Madonna 158 .
1.3.3. Schmiedeeisernes Chorgitter
Die Steigerung der Raumwirkung mit Richtung auf den Ostchor und die Heilig-Rock-Kapelle
ging einher mit dem Willen zur Raumvereinheitlichung, dem der romanische Lettner im Wege
stand.
Foto Benedikt W. Habermayr
Abb. 63:
Chorgitter „Goldenes Tor“,
seit 1974 vor der Sakramentskapelle
Foto Benedikt W. Habermayr
Abb. 64:
„Goldenes Tor“ (Ausschnitt)
Er wurde abgebrochen und durch das transparente Gitter des „Goldenen Tores“ ersetzt,
das zwischen die zwei neuen Barockaltäre der hl. Agnes und der hl. Katharina gespannt
158 Ronig I S. 20-22
60

wurde. Seit 1974 ist das Gitter links vor der Sakramentskapelle eingebaut 159 . Es geht auf F. L.
zurück 160 . Von 1725 bis zum Jahr 1900 schmückte es den Eingang zum Ostchor 161 .
Das Gitter von 1725 war nicht mit einem Wappen bekrönt.
1.3.4. Dreifaltigkeits- und Johannes-der-Täufer-Altar
Nach dem Dombrand von 1717 wurden drei Altarwerke des H. R. Hoffmann umgestaltet. Das
trifft vor allem für die beiden Altäre zu, die am Ostende der Seitenschiffe stehen: der Dreifaltigkeitsaltar
(linke Seite, barockisiert nach 1725) und der Johannes-der-Täufer-Altar (barockisiert
1728). Der Architekt dieser Maßnahmen war der Trierer Augustiner-Bruder Joseph Walter.
Der Dreifaltigkeitsaltar war 1597 als Grabaltar für den Erzbischof und Kurfürsten Jakob
von Eltz geschaffen worden 162 .
1.3.5. Domorgel
Beim Dombrand in der Nacht vom 17. auf den 18. August 1717 wurde auch die Schwalbennestorgel
so stark in Mitleidenschaft gezogen, dass das Domkapitel sich für die Errichtung
einer neuen Orgel entschloss. Orgelbauer Jean Nollet, der damals in Trier wohnte, wurde mit
der Aufstellung der Orgel beauftragt. Er hatte sich bereits einen ausgezeichneten Ruf erworben
durch den Bau der Orgeln in den Abteien zu Mettlach, Orval und in Trier/St. Martin. Der
Orgelvertrag sah 35 Register gegenüber 28 Stimmen des alten Orgelwerkes vor. Nollet disponierte
die Register der neuen Orgel nach dem französischen Barockstil. Das Gutachten vom 6.
Juni 1727 über das neue Werk fiel aber nicht besonders günstig aus. Die Beseitigung der
Mängel kostete dem Orgelbauer noch jede Menge Arbeit, bis die Orgel vom Domkapitel anerkannt
wurde.
Die Nolletsche Orgel diente 70 Jahre der Trierer Dommusik. Nach dem Einmarsch der französischen
Revolutionsheere in die Stadt Trier im Jahre 1794 wurde der Dom im Inneren stark
ausgeplündert, wobei die Domorgel ihrer metallenen Pfeifen beraubt wurde. Der Gottesdienst
musste in die Liebfrauenkirche verlegt werden 163 .
2. Baugeschichte der Heiltumskapelle im Dom
2.1. Fassade
Kurfürst-Erzbischof Johann Hugo von Osbeck (1676-1711) nahm die Ausgestaltung des Ostchores
vor. Das neue Konzept sah die Errichtung einer Rundkapelle außen am Scheitel der romanischen
Apsis vor; diese Kapelle sollte mit den anderen Trierer Reliquien vor allem den
Heiligen Rock als das zentrale Heiligtum des Trierer Domes aufnehmen und durch eine Tür
und ein Einblicksfenster mit dem Dominneren räumlich und optisch verbunden sein. Vor dem
hochgelegenen Eingang in die Kapelle sollte auf einer Tribüne Platz für einen Altar und für
Pilger sein; die seitlich heraufführenden Treppen kannte man von anderen Heiligtümern 164 .
Am 21. Juni 1687 schloss die Hofkammer einen Vertrag mit dem Frankfurter Bildhauer
Johann Wolfgang Frölicher 165 , in dem er „das Forderteil (= Fassade) zu der heiltumskammer
oder kapellen“ in der Domkirche zu Trier für 6.500 Rtlr. übernimmt. Nach öfteren Unterbrechungen
wegen der Reunionskriege war die Arbeit 1699 vollendet 166 .
159
Ronig I S. 20
160
Kentenich Gottfried: Der Trierer Kurfürst Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg und die Kunst; In: Trierer Zeitschrift
Jhg. 1 (1926) S. 161
161
Irsch S. 199
162
Ronig I. S. 21
163
Beteths Gustav: Die Trierer Dommusik – Ein Beitrag; in: Ronig Franz J.: Der Trierer Dom; in: Rheinischer
Verein für Denkmalpflege und Heimatschutz; Jahrbuch 1978/79; Neuß 1980, S. 415-416
164
Ronig I S. 19
165
J. W. Frölicher geb. 1652 in Soloturn, seit 1680 in Frankfurt; † 26. Juli 1700 in Trier; bestattet im Kreuzgang.
Frölicher gilt als der erste Vertreter eines vollendeten deutschen Hochbarocks am Mittelrhein. Siehe Irsch S. 242
und Nicole Beyer: Das Werk des Johann Wolfgang Fröhlicher – Ein Beitrag zur barocken Skulptur in Deutschland
des 17. Jahrhunderts; Mainz 1999
166
Irsch S. 241-242
61

Foto vom Verfasser
Abb. 65:
Trierer Dom (Ostseite)
mit der Heiltumskapelle
Als Johann Hugo am 6. Januar 1711 starb, waren die Kapelle
als Raum und ihre sich im Ostchor des Domes zeigende Fassade
(„Forderteil“) fertig. Dieser Marmoraufbau entwickelte
sich wie ein riesiges Retabel auf einer Tribüne mit Pilgertreppen.
Ein reiches Figurenprogramm nimmt Bezug auf die trierische
Kirchengeschichte und repräsentiert jene Heiligen, deren Reliquien
in der Kapelle aufbewahrt werden: Konstantin und Helena stehen
als die Gründergestalten an den Treppenaufgängen; in der
oberen Mittelnische stehen die drei ersten Trierer Bischöfe Eucharius,
Valerius und Maternus, flankiert von den beiden Johannes.
Bereits im Dämmer der Gewölbezone finden wir die hl. Anna
Selbdritt, der der (nach 1800 abgebaute) Altar auf der Tribüne
geweiht war. Petrus und Paulus schließlich flankieren die Mitte
167 .
2.1.1. Eigentliche Schatzkammer
Erst nach Vollendung dieser „Vorderseite der Heiltumskammer“ wurde deren außerhalb des
Domes stehender Bau errichtet 168 .
Am 29. März 1700 verpflichtete der Kurfürst Frölicher bereits zur Aufführung der (eigentlichen)
Schatzkammer. Die Entwürfe sahen ein regelmäßiges Achteck mit geraden Seiten vor;
in dem Achteck sollte eine „underste“ und eine „oberste Capell“ verwirklicht werden, am
untersten Stockwerk „die beiden Stieg von St. Andries Kirchhoff in die underste Capell“.
Die Heiltumskapelle sollte dreistöckig werden, „das unterste Stockwerk 20 Fuß ohne Gewölbe
hoch, toskanischer Ordnung, das mittlere nach korinthischer, 27 Fuß hoch, das oberste
ohne Gewölbe 17 Fuß hoch nach dem Kompositsystem“. Der Plan wurde offenbar wegen des
Todes Frölichers am 26. Juli 1700 nicht ausgeführt 169 . Neuer entwerfender Architekt und
Bauleiter wurde Philipp Joseph Honorius Ravenstein 170 .
Am 20. April 1702 kam ein Vertrag der Hofkammer mit „Meister Veit Daniel steinmetz und
Maurer in der statt Trier wegen Ausgrabung des Fundaments hinder dem Thumb Chor allwo
… eine newe zur heiligthumbß Kammer destinierte Capelle bebawet werden solle“. Die Maße
der Fundamentgrube sollten bestimmt werden „nach ausweisung deß von haubtman Ravenstein
gezeichneten abriß“.
Am 14. Mai 1709 wurde der Vertrag zwischen der Hofkammer und Sebastian Beschauff,
Stukkator in Mainz, unterzeichnet, in dem die Vollendung bis zum Herbst desselben Jahres
festgelegt war; an der Westwand der Schatzkammer steht allerdings die Jahreszahl 1716.
Bis 1708 waren für den Bau 20.092 fl. bezahlt worden.
Am Ostende zwischen den allegorischen Figuren von Priestertum und Regentenweisheit findet
sich die Wappenkartusche des Erbauers Johann Hugo von Orsbeck 171 .
2.1.2. Zusammenfassung
Der Spanische Erbfolgekrieg (1701–1714) und die fast 10-jährige Besetzung Triers durch die
Franzosen hatten den seit langer Zeit beschlossenen Bau der Kapelle, die die wertvolle Reliquie
der Tunica Domini aufnehmen sollte, lange Zeit verzögert.
167 Ronig I S. 19
168 Irsch S. 244
169 Irsch S. 140 und 241-242. Die genaue Beschreibung der Heiltumskapelle findet sich bei Irsch S. 142-144.
170 Die Herkunft Ravensteins ist unbekannt, 1690 Leutnant auf Rheinfels, 1695 Hauptmann und Ingenieur in Ehrenbreitstein,
Oberstleutnant, 1704 Hofbaumeister, 1725 entlassen, gestorben 1729. Hauptwerke; Pfarrkirchen
Ehrenbreitstein und Wittlich, Schloss Becond. Siehe Irsch S. 142
171 Irsch S. 142-143
62

Als F. L. 1716 das Kurfürstentum Trier übernahm, war nur der Rohbau vollendet. Ihre
Schaufassade, die der Ostapsis des Domes zugewandt war, hatte der aus Solothurn stammende
Frankfurter Johann Wolfgang Fröhlicher errichtet. Die oktogonale, kuppelbekrönte
Kapelle, war von Fröhlicher entworfen und vom Baumeister Philipp Ravenstein ausführt worden
172 .
2.2. Die Heilig-Rock-Kapelle und die barocke Umgestaltung des Domes
2.2.1. Christologische Bedeutung
Foto Benedikt W. Habermayr
Abb. 66:
Die Heiltumskapelle (links)
Die unter F. L. nach dem Dombrand von 1717 vorgenommenen
Renovierungsarbeiten spielten für die barocke Veränderung
des Dominneren eine wesentliche Rolle. Wenn auch die
Arbeiten etappenweise durchgeführt wurden, stehen sie in
einem einheitlichen, ikonologisch konzipierten Programm.
Obwohl die Heilig-Rock-Kapelle mit ihrer Fassade im Ostchor
des Domes früher entstanden war, wurde doch erst jetzt
ihre Funktion erkennbar und in diesem Programm endgültig
festgelegt. Das Vorhandensein des Heiligen Rockes war ein
lebendiger Hinweis auf die Symbolik des Kreuzes und der
Leidensgeschichte; die Einrichtung des Querhauses war wohl
auch daher bedingt.
Alle Änderungen, die vorgenommen wurden, um mehr Helligkeit in das Dominnere zu
bringen, haben nicht nur diesen praktischen Sinn, sondern besitzen auch eine christologische
Bedeutung. Dieses Programm ist in der Kunstideologie von Andrea Pozzo, dessen Werk sowie
das seines Schülers und Gehilfen Christopherus Tausch nachweisbar sind, begründet. Es
ist unbestreitbar, dass sich das von F. L. konsequent realisierte Gesamtprogramm auf die theoretischen
Grundlagen Pozzos stützt. Die Bereicherung der Raumdisposition durch das Querhaus,
die Errichtung der Lichtwände mit den großen Fenstern über den Seitenschiffsgewölben
und die Beseitigung des Lettners hatte das Schwergewicht in dem von indirektem Licht erhellten
Innenraum auf den Ostchor gelegt; der Blick des Betrachters wird so auf die im Ostchor
stehende Fassade der Heilig-Rock-Kapelle gelenkt.
2.2.2. „Pozzo-Altäre“
Die zwei Marmoraltäre, die den Eingang zum Ostchor flankieren und nach einem Entwurf
Pozzos 1723-1725 errichtet wurden, und die Altäre an den westlichen Pfeilern bereichern die
Rhythmik der Westostrichtung. Im Breslauer Dom gibt es unter den 15 von 1710 bis 1719 erbauten
Marmoraltären einige, die auf den Schöpfergeist Tauschs hinwiesen und die genau
nach demselben Entwurf Pozzos errichtet worden sind. Daher liegt die Vermutung nahe, dass
von Breslau aus der Entschluss zur Errichtung der „Pozzoaltäre“ im Trier Dom gekommen ist.
Dies bezeugt auch die Tatsache, dass zusammen mit den Altarpatroninnen St. Agnes und St.
Katharina auch die im christologischen Programm eine Rolle spielenden Patrone von F. L.,
nämlich St. Franciscus von Assisi und St. Franciscus Xaverius, aber auch die schlesische
Schutzheilige St. Hedwig und die in Schlesien besonders verehrte St. Elisabeth, aufgestellt
wurden.
2.2.3. Altar der Heilig-Rock-Kapelle
Über die erste Ankunft Tauschs in Trier finden wir eine Nachricht in einer Rechnung der
Landrentmeisterei: „Den 9. may [1726] dem Jesuitenbruder und Architect Tausch, so von
breslaw nachher Trier geschickt worden umb die heyligthumbs Capell abzuzeichnen und den
newen Altar samt Kasten zum heyligen rock zur rückreys zahlt 24 ducaten in gold…“.
172 Grüger S. 143
63

Aus dem Inhalt dieser Rechnung lässt sich schließen, dass der Entschluss zur Errichtung des
Altares in der Heilig-Rock-Kapelle mit dem entsprechenden Reliquiar schon früher gefasst
worden war.
Der Altar ist ein wesentlicher Bestandteil des Gesamtprogramms. Die Verehrung der Heiligen
Tunika im Trierer Dom bestimmte diese Konzeption, wobei die Möglichkeit gegeben
war, den versammelten Gläubigen das Heiligtum durch die Öffnung der Fassade zu zeigen.
Von jedem Punkt der Dommittelachse sollte der Heilige Rock sichtbar sein. Der Entwerfer
der Kapelle und ihrer Fassade im Ostchor, Johann Wolfgang Fröhlicher († 26. Juni 1700), hatte
solch eine Art und Weise des Vorzeigens der Tunika nicht vorgesehen. Dies belegt auch
der Brief vom 5. Februar 1700, den der Trierer Palast-Kellner an den damaligen Erzbischof
Johann Hugo von Orsbeck gerichtet hat, aus dem hervorgeht, dass das neue Umbauprogramm
des Domes und die Exposition der Tunika 1719 geplant wurden. Der Schöpfer dieses Programms
und die mit ihm verbundenen Baupläne sind unbekannt. Johann Georg Judas scheint
nur Unternehmer und Bauleiter gewesen zu sein.
Unmittelbar nach der Ankunft Tauschs in Trier wurde von ihm am 12. Mai 1726 mit dem
Steinmetzmeister Johann Mauß aus Limburg ein Vertrag abgeschlossen über den Bau eines
Marmoraltares und das Anfertigen von Marmorfußbodenplatten in der Heilig-Rock-Kapelle.
Diesen Vertrag unterschrieb Tausch als Bevollmächtigter seines Auftraggebers F. L. 173 . Als
Lohn für die Ausführung der oben erwähnten Arbeiten war ein Betrag von 2.000 fl. festgelegt.
Vier Monate später ist dieser Vertrag von F. L. mit einem in Neisse ausgegebenen Sondererlass
befürwortet und von der Hofkammer im Protokoll von 28. September bestätigt worden.
Gleichzeitig übermittelte die Hofkammer dem Bildhauer den Altarentwurf zur Ausführung
und überwies ihm einen Vorschuss in der Höhe von 300 fl. 174 .
Das Hofkammerprotokoll über diesen Vertrag lautet:
„ 1726 Den 28. Sept. Accordt so bruder Christoph Tausch Soc. Jesu wegen der in dem
Dhomb nacher Trier zu verfertigender Marmorstein arbeith gemacht.
Heuth dato d. 12. May 1726 ist abgeredet worden zwischen H. Bruder Christoph Tausch Societät
Jesu und Meister Johann Mauß, steinmetzen zu Limburg wegen des Altars sambt dem
pflaster von Marmor zu Trier in der heylig Thumbs Capellen bedachten werths zu verfestigen
umb 2.000 R. biß auf weitere nachricht vndt approbatirung Ihro Cf. Dhl. Zu Trrier ware vnterschrieben.
Christopherus Tausch Soc. Jesu
Dieser accordt wird Vermög eingelegter Churf. Spezial ordre de dato Neyß d. 14. Sept. dergestalten
ahngenommen, daß der Meister dem heuth übergeben = vndt unterschrieben kleinen
abriß gemäß den altar verfertigen vndt die ganze Capell sambt allen inwendig staffln und
ahndritden, wie solches hier Bei hoff auf dem großen Sahl abgezeichnet und dermahl in einen
großen abriß gebracht worden, mit rothen und schwartzen sauber polirten Platden, fußtrid
vndt fueßbänken belegen, alle arbeth zu limburg auf Cf. Vnkosten abgenohmben in die lahn
herunter, auf rhein vndt Mosel forth, also zur stelle Trier, vndt daselbst mit Cf. Fuhrweeßen
in den Dhomb gebracht, dem Meistern aber bey dem aufschlag mit handtlangern geholfen
und frey Quartier gegeben, mithin für diese völlige arbeith 2.000 melde zwey tausend R. bezahlt,
mithin vor und nach Eine…. in geldt gegeben werden solle.
Ehrenbreitstein d. 28. Sept. 1726, Ware vnderschrieben J. V. Scheben
Zufolge obigen accordts wurden demselben Bey der Kellerey Limburg auf abschlag dreyhundert
Rthlr. ahngewießen“ 175 .
173 Zum Vertrag siehe auch: Irsch S. 250
174 Dziurla Henryk: Das Werk des Christopherus Tausch im Trierer Dom; in: Der Trierer Dom – Rheinischer
Verein für Denkmalpflege und Heimatschutz; Jahrbuch 1978/79; Neuß 1980S. 363-364
175 Dziurla S. 372-373 Anm. 12
64

Auf Grund dieser Quelle erfahren wir auch, dass das zweite Exemplar des Altarentwurfs in
einem großen Maßstab angefertigt wurde, der Fußboden und die Altartreppen aus roten und
schwarzen platt polierten Marmorplatten hergestellt und als fertige Elemente auf dem Wasserweg
von Limburg nach Trier befördert werden sollten. Nachdem die mit dem Altarbauunternehmen
und der Anfertigung des Reliquiars verbundenen Formalitäten erledigt waren, scheint
Tausch, der Rechnung der Landrentmeisterei nach, nach Schlesien zurückgekehrt zu sein. Die
zu den Entwürfen nötigen Skizzen der Kapelle hatte er vermutlich schon vorher gefertigt.
Auf dem Rückweg nach Schlesien hat sich Tausch vermutlich in Augsburg aufgehalten und
dort schon den unmittelbaren Kontakt mit dem Goldschmied Franz Thaddäus Lang, dem zukünftigen
Hersteller des Reliquiars und der Altarmetalle, aufgenommen.
1728 wurden an der Fassade im Ostchor des Domes und im Inneren der Heilig-Rock-Kapelle
Renovierungs- und Vorbereitungsarbeiten durchgeführt, die zur Aufstellung des Altares nötig
waren. Im Juni desselben Jahres sind fertige Altarteile im Gewicht von 24 Fuder Wein und
zwölf Fuder Fußbodenplatten nach Trier gebracht worden. Da die Metallteile des Altares von
Goldschmied Lang noch nicht angeliefert worden waren, konnte man den Altar, insbesondere
das Retabel, nicht fertig zusammensetzen. Dies geschah erst 1732, schon nach dem Tode des
Schöpfers und Stifters F. L.
Foto Benedikt W. Habermayr
Abb. 67:
Hochaltar mit Heiltumskapelle
Foto Benedikt W. Habermayr
Abb. 68:
Der Hochaltar
Foto Benedikt W. Habermayr
Abb. 69:
Eine der Alabasterfigur
2.2.4. Beschreibung der Heilig-Rock-Kapelle
Der Altaraufsatz und die Säulenschäfte sind aus grau-oliv-farbigem Marmor hergestellt. Die
Kompositkapitelle und Säulenbasen sind aus vergoldetem Metall; ebenso der Wappenschild.
Der Sarkophagstipes sowie die Gesimse sind aus schwarzem Marmor gearbeitet. Die den
„Pozzo-Altären“ folgende Komposition verrät dennoch deutlich den Schöpfergeist Tauschs,
der in der größeren Beweglichkeit, einer tektonischen Ungezwungenheit und dem malerischen
Empfinden zum Ausdruck kommt. Der vorgegebene oktogonale Raum der Kapelle und die
Notwendigkeit, das auszustellende Heilig-Rock-Reliquiar einzufassen, haben zu der charakteristischen
Formgebung geführt.
Der mit dem Fürstenhut bekrönte Wappenschild F. L.’s, die Kapitelle und die Säulenbasen
sind aus Kupfer, im Feuer vergoldet, 552 Mark und 4 Lot schwer. Lang hat diese Stücke, wie
er selbst am 12. Mai 1732 schrieb, aufgrund der Zeichnung und Modelle von Tausch für die
in drei Raten gezahlte Geldsumme von 2.951 fl. und 15 Kr. hergestellt.
Die Alabasterfiguren des Altares hatte Burkard Zamels aus Mainz gefertigt. Die überlebensgroßen
Engel weisen auf den Mittelteil des Altares hin. Die Engel sind jeweils paarweise angeordnet:
zuerst neben den Säulen auf kleinen Podesten stehende Engel, in der Gebälkzone,
auf dem Gesims an Voluten angelehnte und halb kniende Engel, im Giebel schließlich auf den
Voluten liegende Puten.
65

Abb. 70:
Dieses Wappen entspricht dem
Wappen im Giebelfeld der
Heilig-Rock-Kapelle
Der unterste Engel der Evangelienseite zeigt mit dem Finger
der rechten Hand auf die Würfel, die er in der linken
hält; der Engel auf der Epistelseite dürfte wohl einen kleinen
Nagel gehalten haben.
Vor den auf dem Gesims knienden Engeln zeigt der linke
nach unten auf die Tunika Christi, der rechte verharrt im
Gestus der Verehrung. In der Mitte des bekrönenden Giebels
tauchen aus den Himmelswolken drei Engelsköpfchen
auf. Unter dieser Wolkendarstellung befand sich der von
den Engeln gerahmte und sich auf den gebogenen Giebel
stützende Wappenschild von F. L.
Anstelle des ursprünglichen Metallwappens befindet sich
heute das in flachem Relief ausgehauene und mit den Puten
aus einem Block gearbeitete Steinrelief. Das sehr flache
Steinrelief des Wappenschildes, der etwas verkümmerte
Fürstenhut, die grob ausgearbeitete Bischofsstabkrümme
und der Schwertgriff geben sicherlich nicht die ursprüngliche
Wirkung des Metallschildes wieder.
Das Ganze ist eine ungeschickte Erneuerung der Zeit nach 1945.
Die Figurengruppe ist von guter Qualität; sie zeigt den übermächtigen Einfluss von Gian Lorenzo
Bernini.
Die auffallende Verbindung der Skulpturen des Altares der Trierer Heilig-Rock-Kapelle mit
den Werken Berninis ist sowohl durch die Thematik als auch durch die Ponderation der Engel
deutlich spürbar.
2.2.5. Heilig-Rock-Reliquiar
Am 30. Juni 1729 wurde in Augsburg zwischen Tausch und Lang ein Vertrag für die Herstellung
des Heilig-Rock-Reliquiars nach dem entworfenen Modell geschlossen. Aus diesem Vertrag
erfahren wir, dass das Reliquiar aus 13 Lot Silber angefertigt werden sollte, so dass es
ganz einfach „Silberkasten“ genannt wurde. Es besaß sowohl figürliche Darstellungen als
auch ornamentale Verzierungen und war aus feuervergoldetem Kupfer hergestellt. Wegen der
großen Ausmaße des Reliquiars und infolgedessen auch des eindrucksvollen Gewichts - man
hatte etwa 575 Mark Silber und 800 Mark Kupfer vereinbart (= 321,5 kg) -, schenkte man
dem möglichst sparsamen Materialverbrauch besondere Aufmerksamkeit. Lang sollte für seine
Arbeit und für das Material pro Mark Silber 21 fl. und pro Mark feuervergoldetes Kupfer 4
fl. erhalten. Der Augsburger Goldschmied hatte sich verpflichtet, das Reliquiar in einer Frist
von eineinhalb Jahren, d. h. vom Vertragsabschluss bis Ende 1730, herzustellen.
Aus nicht bekannten Gründen hat sich jedoch die Arbeit bis 1732 verzögert. F. L. beabsichtigte,
das fertige Reliquiar, das bei den Jesuiten in Augsburg ausgestellt werden sollte - in Augsburg
war sein ein Jahr älterer Bruder Alexander Sigismund Fürstbischof -, zu besichtigen.
Aber der vorzeitige Tod Tauschs (1731) und der unerwartete Tod F. L.’s (1732) führten dazu,
dass man auf eine Ausstellung bei den Jesuiten verzichtete.
Das in vierzehn Kisten verpackte Reliquiar wurde durch „versicherte catholische fuhrleute“
befördert und gelangte am 17. Juni 1732 nach Ehrenbreitstein. Das hölzerne Modell des Reliquiars,
das dem Priesterhaus in Koblenz übergeben werden sollte, war dem Wunsch des Domkapitels
entsprechend, ebenfalls am 30. September nach Trier gesandt worden.
Das Domkapitel wollte dieses Holzmodell – versilbert und vergoldet – im Falle einer durch
Kriegseinwirkung verursachten Zerstörung des Reliquiars als Ersatz verwenden. Dies dürfte
66

auch der Grund sein, dass das hölzerne Modell nach Tauschs Entwurf im Maßstab 1:1
hergestellt worden ist 176 .
Das Reliquiar kostete 2.951 fl. 15 Kr., die F. L. aus eigenen Mittel bezahlte 177 .
In die Kosten sind eingerechnet „in feuer verguldte Arbeit, alls da ist das Churfürstl. Wappen,
Churhuet, Capitel, Schafftgesimbs 178 .
Für den Marmoraltar, die Figuren, die Verzierungen und den Silberschrein einschließlich des
Holzmodells plus Arbeitslohn und Transport waren 12.000 Reichstaler veranschlagt 179 .
Leider ist das Reliquiar nicht mehr vorhanden. In der Zeit der französischen Revolution
hat man wegen befürchteter Plünderungen in den Jahren 1792 und 1794 das Reliquiar zusammen
mit dem gesamten Inhalt der Schatzkammer des Trierer Domes und der erzbischöflichen
Kapelle auf Wagen verladen und per Schiff nach Ehrenbreitstein abtransportiert. Zur Aufbesserung
der Landeskasse appellierte Kurfürst Clemens Wenzeslaus an das Domkapitel, die silbernen
Kirchengerätschaften einschmelzen zu lassen. Unter den 1794 eingeschmolzenen Reliquiaren
befand sich auch der Silberschrein des Heiligen Rockes. Vermutlich ist auch das
Holzmodell vernichtet worden.
© Bistum Trier
Foto Rita Heyen
Abb. 71:
Die Heiltumskammer
Das silberne Reliquiar hatte die Form eines zweiflügeligen
Schrankes und erinnerte in seinem Aufbau an ein gotisches
Triptychon. Seine Höhe betrug 14 Fuß, die Breite 7
½ Fuß. Umgerechnet ergeben sich: Höhe 4,66 m, Breite
2,50 m. Die Ausmaße entsprechen somit dem Mittelteil
des Altares. Die verwendeten Metalle (575 Mark Silber,
800 Mark Kupfer) zeugen davon, dass die wichtigsten
Partien des Reliquiars vergoldet waren. Die Figuren und
Ornamente sind wahrscheinlich aus feuervergoldetem
Kupfer gearbeitet gewesen. Dagegen sind die Konstruktionselemente
des Schrankes aus Silber gewesen und haben
so für die vergoldeten Skulpturen und Ornamente einen
Hintergrund gebildet.
Die Tunika Domini befindet sich heutzutage in der Truhe
des 19. Jahrhunderts, horizontal gelagert, in einer großen
zeltartigen Glasvitrine inmitten der Heiltumskapelle.
Die Tunika Domini befindet sich heutzutage in der Truhe des 19. Jahrhunderts, horizontal gelagert,
in einer großen zeltartigen Glasvitrine inmitten der Heiltumskapelle.
176 Dziurla S. 364-367
177 Grüger S. 143
178 Dziurla S. 373 Anm. 17
179 Lager Johann Christian: Notizen zur Baugeschichte des Doms zu Trier nach dem Brande vom Jahre 1717; in:
Trierische Chronik; Trier 1905 S. 63
67

Bildrechte ungeklärt 180
Abb. 72:
Hl. Rock-Schrein (geöffnet)
Am unteren Rand der Abbildung des geöffneten
Reliquiars steht:
„Quotquot tangebant, sani fiebant. Marc. 6 v. 56.
Facies interior arcae, in qua sacra tunica inconsutilis
Christi Domini asservatur Treviris, ex auro et
argento a fabre elaboratae, altitudine 14, latitudine
7 ½ pedum. Inventore Christiphoro Tausch Societatis
Jesu, Artifice Francisco Thaddaeo Lang Aurifabro
Augustano”.
© Stadtarchiv/Stadtbibliothek Trier
Abb. 73 :
Hl. Rock-Schrein (geschlossen)
Der Stich des geschlossenen Schreines
trägt die Erklärung:
„Sacrae Tunicae Inconsutilis Honori
Perpetuo. Franciscus Ludovicus D(ei)
G(ratia S(anctae) S(edis) M(oguntiensis)
A(rchiepiscopus) (S(acri) R(omani) I(mperii)
per G(ermaniam) (A(rchi) C(ancellarius)
et E(lector) G(eneralis) A(dministrator)
J(erosolimitani) O(rdinis)
P(russiae) et S(upremus) M(agister)
E(piscopus) W(ormatiensis) et W(ratislaviensis)
P. P. P(raepositus) P(rinceps)
Ell(vacensis) C(omes) P(alatinus) Rh(eni)
B(avariae) I(uliae) C(liviae) M(ontium)
D(ux) C(omes) V(eldentiae) P(rinceps)
M(oersae) S(ponheimii) M(archiae)
et Rav(ensbergi) D(ominus) in R(avenstein)
F(reudenthal) E(ulenberg) etc.
etc.
Facies exterior arcae, in qua Sacra Tunica
Inconsutilis Christi Domini asservatur
Treveris, ex auro et argento a fabre
elaboratae, altitudine 14. latitudine 7 ½
pedum. Inventore Christophoro Tausch
Societatis Jesu, artifice Francisco Thaddaeo
Lang Aurifabro Augustano”.
180 Der Bildrechte-Inhaber wird gebeten, sich mit dem Verfasser in Verbindung zu setzen.
wolfgang-kaps@gmx.net
68

Gemäß der päpstlichen Bulle von 1514 durfte der Heilige Rock nur jedes siebente Jahr und
zwar zwei Wochen lang (vom 10. bis zum 24. Juli) gezeigt werden. Der Siebenjahreszyklus
wich aber schnell einer Folge mit langen und unregelmäßigen Intervallen. Außerhalb einer
regulären Zeigung war es nur möglich, das geschlossene Reliquiar zu sehen. Der Kupferstich
mit der Darstellung des Reliquiars zeigt, dass auf der geschlossenen Vorderseite die hl. Helena
in Treibarbeit dargestellt war. Die stark bewegte Figur steht auf einer Konsole; die Heilige
ist mit einem Schleppkleid und einem Hermelinmantel bekleidet und trägt auf dem Haupt eine
Krone. Sie hält in den offenen Händen die Tunika Christi. Zu beiden Seiten fassen Hermenpilaster
und Girlanden mit Vasen den Schrank ein und stützen zugleich den Oberteil, dessen
Ecken quadratische Reliefs mit Passionsszenen tragen. Links ist die Darstellung der Entblößung
Christi abgebildet; rechts die um die Tunika losenden Soldaten. Die Hermenbüsten
selbst stellen ebenfalls Soldaten dar. In der Bekrönung des Schreins ist auf einem von Voluten
eingefassten runden Schild das von Putten gehaltene Schweißtuch der Veronika abgebildet.
Der Rundschild wird gekrönt von einer den Mensch gewordenen Gott symbolisierenden Muschel.
Auf der ornamentierten Basis des Reliquiars befindet sich ein Schild mit der Darstellung
des brennenden und von der Dornenkrone umwickelten Herzen Christi. Den Schrein zu
öffnen war nur möglich, wenn die Figur der hl. Helena auf die Seite gestellt worden war.
Ferner ist wohl ein besonderer Schließmechanismus vorhanden gewesen. Die Tunika Christi
war wohl durch eine Glasscheibe im Schrank gesichert. Um die ganze Tunika sehen zu können,
war es notwendig, die beiden am oberen Schrankteil befestigten Reliefplatten auf die
Seite zu schieben. Der Heilige Rock war an einer horizontalen Stange aufgehängt, die durch
die Ärmel hindurch gesteckt war. Die Rückwand des Schreins, die den Hintergrund für die
Heilige Tunika bildete, war mit einem Pflanzenornament geziert. Die Innenseiten der mit
einem Pflanzenrankenornament geschmückten Türflügel trugen in Tonden Reliefbüsten, an
der linken Seite den schmerzhaften Christus mit Dornenkrone und einem Schilfrohr in der
Hand, auf der rechten Seite die Schmerzensmutter Maria mit einem ihr Herz durchbohrenden
Schwert.
Das schwierige Öffnen des Schreins bezeugt die Notwendigkeit, den Heiligen Rock gesichert
aufzubewahren und erhärtet die Vermutung, dass die Tunika Christi nur periodisch gezeigt
wurde. Meistens sah der Gläubige, der ja um die reale Existenz der Heiligen Tunika wusste,
nur das Reliquiar mit der Darstellung der Zeigung des Heiligen Rockes durch die heilige Helena
181 .
2.2.6. Ostensorium im Breslauer Domschatz
Das Trierer Domkapitel hatte 1726 als Beweis der Dankbarkeit dem
Fürstbischof Franz Ludwig zwei kleine pfenniggroße Stückchen des
Heiligen Rockes geschenkt. F. L. ließ sie durch den Neisser Goldschmied
Martin Vogelhund in Kristall einlegen und in ein kostbares
silbernes, vergoldetes Ostensorium fassen, das er der von ihm erbauten
Kurfürsten-Kapelle schenkte, um es den Gläubigen jeden
Freitag zum Kusse reichen zu lassen.
Seither wird das Ostensorium in der Schatzkammer des Breslauer
Domes aufbewahrt 182 .
◄ Abb. 74:
Ostensorium mit Heilig-Rock-Reliquie im Breslauer Domschatz
Die Verehrung der Reliquie des Heiligen Rockes in Breslau bezieht sich eine Flugschrift, die
wohl aus der Zeit von F. L. stammt; dort heißt es:
181 Dziurla S. 368-369; Text der Inschrift des geschlossenen und geöffneten Schreins auch bei Grüger S. 144
Anm. 60
182 Dziurla S. 371 und Grüger S. 135
69

H. Schrifft Johann am 19. C. v. 23 und 24 zeuget, dass Christus zwey Röcke gehabt, deren
einen die Söldner zerschnitten, den anderen aber, weil er von oben bis unten gewürckt oder
gestrickt (wie dann glaubwürdig, dass solchen seine allerheiligste Mutter schon in seine
Kindheit ihrem Sohn verfertiget aus brauner Seide) gantz gelassen.
Dieser gantz gelassen Rock wird bis auf den heutigen Tag im Ertz-Stift Trier zu Coblenz dessen
Schloß Ehrenbreitstein fleissigst aufgehoben und verehret.Von dieser seynd zwey kleine
Stücklein, jedes etwann eine Pfennigs groß unvorsichtiglich abgerissen worden, welche hernach
Se. Churfürstliche Durchlaucht Franz Ludwig als damahliger Ertz-Bischof zu Trier von
dem selbstigen Dohm-Capitul erhalten, und indessen in seiner Hof-Capelle verehret, um mehrerer
Verehrung willen aber hat selbiger etliche Jahre vor seinem Tode diese in Crystal eingefasste
zwey Stücklein von heil. Rock in eine Monstrantz setzend der von ihm prächtig erbauten
und wohlgestiffteten Capell zu Ehren des allerheiligsten Sacraments des Altars allhier an
die Dohm-Kirche zu Breslau geschenket auf ewig, womit selbte allen Begehrenden, besonders
aber jeden Freytag vor Mittag zum andächtigen Kuss und Verehrung gereichert wird“ 183 .
3. Geschichte des Heiligen Rockes
3.1. Legende
Die Geschichte des Heiligen Rockes, der Tunika Christi, ist von ihren Anfängen bis zum Mittelalter
dunkel. Die Frage, ob die Tunika echt oder falsch ist, kann in der historischen Betrachtung
nicht eindeutig beantwortet werden. Sicher bezeugt ist die Geschichte des Heiligen
Rockes ab dem 12. Jahrhundert. Wie der Heilige Rock nach Trier kam, ist wissenschaftlich
nicht mehr nachzuweisen. Die Überlieferung sagt, dass die Heilige Helena, die Mutter Konstantins
des Großen, habe die Tunika Christi bei ihrer Pilgerfahrt gefunden und anschließend
der Trierer Kirche geschenkt.
Die Tunika Christi taucht erstmals in den „Gesta Treverorum“ und der Deutschen Kaiserchronik
aus dem 12. Jahrhundert auf. Auch diese Beschreibungen sind Legenden von der
Auffindung des Heiligen Rockes. Es wurde ein geschichtliches Ereignis erfunden, um einen
Tatbestand zu erklären und Tradition und Ansehen zu schaffen.
Die Aussagen zum Heiligen Rock und die Verbindung Helenas zu Trier sind nur im Zusammenhang
mit der mittelalterlichen Trierer Kirchenpolitik und den damit verbundenen Herrschafts-
und Machtansprüchen zu sehen.
3.2. Historische Ansätze
Den ersten historisch nachgewiesenen Ansatz finden wir im Datum 1. Mai 1196; an diesem
Tag fand die Weihe des Hochaltares im damals errichteten Ostchor des Trierer Domes durch
Erzbischof Johann I. statt. Der Heilige Rock wurde vom Westchor zum neuen Hauptaltar des
Domes geführt. Wie lange die Tunika im Westchor vorher aufbewahrt worden war, wissen
wir nicht. Auch von 1196 an bis zum Jahr 1512 gibt es keine historischen Quellen. Von hier
ab kommt wieder Licht in das Dunkel der Überlieferung. Kaiser Maximilian I. (1493-1519)
war zu einem Reichstag nach Trier gekommen und verlangte das Gewand zu sehen. Dem damaligen
Erzbischof Richard von Greiffenklau (1511-1531) schien die Entscheidung zur Öffnung
des Altares schwer gefallen sein. Dennoch ließ er am 14. April 1512 im Beisein von
Kaiser Maximilian, vieler Bischöfe und Prälaten den Hochaltar öffnen.
3.3. Wallfahrten
Auch das Volk wünschte nun, den Heiligen Rock zu sehen. Dieser Bitte wurde entsprochen;
so entstand die erste Wallfahrt. Jährliche Wallfahrten fanden nun bis 1517 statt. Von 1524 bis
1545 fand die Ausstellung des Heiligen Rockes in einem Rhythmus von sieben Jahren statt.
Die nächsten Wallfahrtstermine fielen kriegerischen Ereignissen zum Opfer.
Wallfahrtsjahre waren:
1513, 1514, 1515, 1516, 1517, 1524, 1531, 1538, 1545, 1655, 1810, 1844, 1891, 1933, 1959,
1996.
183 Dziurla S. 375 Anm. 37
70

3.4. Auslagerungen der Tunika
Im 17. Jahrhundert wurde der Heilige Rock infolge kriegerischer Ereignisse auf dem Koblenzer
Ehrenbreitstein und in Köln in Gewahrsam gehalten, ehe er 1655 erneut in Trier gezeigt
wurde. Die Tunika weilte von der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts nicht mehr ununterbrochen
im Trierer Dom. Trier war eine Schnittstelle von Machteinflüssen und hat deswegen oft unruhige
Zeiten erlebt. Damit die hochgeschätzte Reliquie nicht zerstört oder geraubt werden
konnte, kam es zu Auslagerungen der Tunika: mehrmals in Ehrenbreitstein, in Würzburg
(1794), in Bamberg, in Böhmen und schließlich in Augsburg. 1810 kam der Heilige Rock
wieder nach Trier. Er wurde fortan in einem neuen Ausstellungsschrein, der bis 1933 benutzt
wurde, gezeigt und in der Heilig-Rock-Kapelle im Ostchor aufbewahrt.
3.5. Heutige Aufbewahrung
Seit der Domrenovierung 1974 wird der Heilige Rock in seinem Holzschrein aus dem Jahr
1891 liegend unter einem klimatisierten Glasschrein aufbewahrt. Nur während der Heilig-
Rock-Tage ist die Heilig-Rock-Kapelle zugänglich, das Gewand ist aber nicht sichtbar. Die
Ereignisse der Vergangenheit und die ungünstigen Aufbewahrungsbedingungen haben dazu
beigetragen, dass sich der ursprüngliche Textilzustand sehr verändert hat, da des Öfteren Ausbesserungen
vorgenommen worden waren 184 .
Autor Dendker
Abb. 75:
Der Heilige Rock auf einer Postkarte von
1933
Autor Kurz & Allison
Abb. 76:
Erinnerung an die Heilig-Rock-Wallfahrt
1844 und 1891
4. Brief Franz Ludwigs über die Ausgestaltung der Heilig-Rock-Kapelle
Einen Beweis, wie sehr F. L. die Ausschmückung des Inneren seiner Bischofskirche am Herzen
lag, gab er noch mit Schreiben vom 25. Februar 1729 an das Domkapitel kund, ehe er am
3. März seinen Verzicht auf Trier erklärte, um Kurfürst-Erzbischof von Mainz zu werden.
Er schrieb, dass er zur größeren Ehre Gottes seiner trierischen Domkirche ein Andenken an
ihn hinterlassen wolle, „…umb zu Vermehrung göttlicher Ehre in Unser Thombkirchen zu
Trier der Nachweld zu unseren Angedenken ein monumentum zu errichten, und zu hinderlassen,
weswegen Wir uns dan nach vieler Uberlegung endlich determiniret die von unserem
zweiten Herrn Vorfahren (= Johann Hugo von Orsbeck) durch aufrichtung des hohen Altars
und darhinder angehangene Heyligthumbs Capelle rühmlich angefangen= und ziemblich pro-
184 www.dominformation.de (Autor: Prof. DDr. Franz Ronig)
www.bistum-trier.de (Fotos: Rita Heyen)
71

sequirte aber nicht völlig perficirte Intention zu ihrer Vollständigkeit zu bringen 185 , und dann
solchen ends diese Heyligthumbs Capell inwendig ausblatten, und mit einem zierlichen Marmoraltar
albereits versehen lassen, wobey aber sowohl die Figuren und Passionswappen (=
Sinnbilder des Leidens Christi) so wir aus Metal giesen und im Feuer vergulden zu lassen gemeint
seyen, als auch der Kasten von massiv Silber zu beständig decenter Verwahrung deren
ohnschätzbaren Reliquien des heyl. Rocks unsers Heylands und Welterlöser annoch abgängig
seind, so wir aber alles albereits in Brettungen und künstlich elaborirte Modeller bringen und
würklich auf Augspurg transportiren lassen, des Willens sothane Arbeit durch berühmbte
Meister vnder Hand nehmen, bald befördern, und auffs genaueste eindingen zu lassen, welches
sich in toto der gemachten Calculation nach auf eine Summam von 12.000 Reichstaler -
belaufen wird, alß haben wir entschlossen und vor wircklichem Abtritt unserer hiesiger
Lands-Regierung Euch hierdurch erklähren wollen, dass wir solche Gelder theils aus dem
Uffstand in cassa theils auch aus den von Wien zu hoffenden Restanten (= rückständige Gelder)
reserviren und in sichern Verwahr nehmen, zu obigem Ende getreulich verwenden, Euch
die zu machenden Accorden einsweilen communiciren, die Arbeit selbsten aber ohne weitheres
Zuthun des Erzstiffts nach Trier zur Stelle verschaffen, und zu Vermehrung der Kirchenzierde
aufrichten lassen wollen, wir dragen nach Euern vor die göttliche Ehre und das Beste
der Kirchen dragenden löblichen Eyffer und Sorgfalt den geringsten Zweifel nicht, Ihr werdet
diesen unsern Vorsatz und Intention desto gefälliger befinden und annehmen, als unser Subsidien
Cassa über diese Ausgab annoch mit 130.000 Thalern theils baaren Mitteln theils richtige
Prätensiones (= rechtliche Schuldforderungen) versehen glaubet…“ 186 .
F. L. lobte also zuerst seinen Vorvorgänger Johann Hugo von Orsbeck für die Errichtung des
Hochaltares im Ostchor und für den Bau der Heiltumskapelle. Da aber sein Vorvorgänger die
Hl. Rock-Kapelle nicht „zu ihrer Vollständigkeit“ gebracht habe, beabsichtige er, sie zu vollenden.
Er wolle „die Figuren und Passionswappen“ aus feuervergoldetem Kupfer herstellen
lassen, einen „zierlichen Marmoraltar“ errichten lassen und einen „Kasten von massiv Silber“
zur ständigen Aufbewahrung des hl. Rockes, auch als Holz-Modell, in Augsburg anfertigen
lassen; der Kalkulation nach wird der Schrein 12.000 Reichstalern kosten. Vor dem Rücktritt
als Kurfürst-Erzbischof „hiesiger Lands-Regierung“ zeigte er auf, wie die Finanzierung
aussehen solle: ein Teil des Geldes fließe aus der „cassa“, der Rest aus den von Wien „zu
hoffenden“ rückständigen Geldern. Die bestellten Arbeiten werde F. L. „ohne weiteres Zuthun
des Erzstiftes“ nach Trier in den Dom bringen lassen und „zur Vermehrung der Kirchenzierde
aufrichten lassen“. Er hege nicht „den geringsten Zweifel“, dass das Domkapitel „diesen
unsern Vorsatz und Intention“ annehmen werde, zumal „unser Subsidien Cassa über diese
Ausgab“ noch mit 130.000 Talern „versehen“ ist; diese Summe ist teils als Bargeld vorhanden,
der Rest ist durch rechtliche Schuldforderungen zu erwarten.
5. Bronzetafel der Bischöfe von Trier
Auf halber Höhe bei der Treppe zur Unterkirche findet sich eine Bronzetafel mit den Namen
der Bischöfe von Trier. Der Name einschließlich Regierungszeit von Franz Ludwig findet
sich am Ende der mittleren Spalte.
185 Dziurla S. 372 Anm. 2
186 Lager S. 63-64
72

Foto Benedikt W. Habermayr
Abb. 77:
Tafel mit Namen und Daten der
Trierer
Erzbischöfe im Trierer Dom
Foto vom Verfasser
Abb. 78:
Dom, Treppe zur Krypta: Tafel der Bischöfe -
zweite Zeile von unten
Franz Ludwig 1716-1729
6. Weitere Kirchen
Der Umbau der Trierer Domkirche ist kunsthistorisch sicherlich die wichtigste Baumaßnahme
F. L.’s in Trier, prägt sie doch bis heute das Erscheinungsbild des Domes. Sie ist aber bei weitem
nicht die einzige Baumaßnahme. So wies er 1723 die Kellner in den Ämtern an, der Hofkammer
mitzuteilen, Wohe in dem Ihnen an Vertrauten Kellerey gantz ruinose Vndt in gefährlich
standt seyende Kirch zu finden seyen 187 , also die Kirchen zu melden, bei denen Baumaßnahmen
„zur Sicherheit der Pfarrkinder“ notwendig seien 188 .
So wurden z. B. 1723 die Pfarrkirche zu Mehring als alter Bau wiederhergestellt und die Leutesdorfer
Pfarrkirche 1729 unter der Regierungszeit von F. L. erbaut 189 .
6.1. Die Pfarrkirche zu Mehring an der Mosel
187 Zanters S. 95
188 Reber S. 94
189 Reber S. 78+82
190 Reber S. 78/79
Author touriste
Abb. 79:
Blick auf Mehring
Von der nach 1723 durch den kurtrierischen
Hofbaumeister Georg Judas gebauten Pfarrkirche
zu Mehring sind nur noch die beiden unteren
Turmgeschosse erhalten. Wie aus den
Nachrichten über die Arbeiten an der Kirche
hervorgeht, hat Judas in Mehring auf einen
eigenen Neubau verzichtet und den alten Bau
wiederhergestellt 190 .
Die heutige Pfarrkirche St. Medard wurde
1834 vom Trierer Architekten Johann Baptist
Bingler erbaut. Sie ist ein nach Südosten orientierter
kubistischer klassizistischer Saalbau mit
Fassadenflankenturm.
73

Zwei Stockwerke des Turms und der Unterbau des Vorgängerbaus, errichtet 1723 vom kurtrierischen
Hofbaumeister Georg Judas, wurden mit einbezogen. Im Inneren finden sich Figuren
des 17. Jahrhunderts. Der Hochaltar und der mit Putten geschmückte Tabernakelaltar
stammen vom Ende des 18. Jahrhunderts, der Taufstein aus der Erbauungszeit. Die Dekorationsmalerei
schuf 1910 der Maler Stolzenberg 191 .
6.2. Die Pfarrkirche St. Laurentius in Leutesdorf am Rhein
6.2.1. Lage
Der Weinort Leutesdorf liegt am unteren Mittelrhein, gegenüber von Andernach. Die 2.200
Einwohner zählende Gemeinde ist auch heute noch vom Weinbau geprägt.
6.2.2. Geschichte der Pfarrkirche St. Laurentius
1157 ist für Leutesdorf in einer Urkunde ein Pastor bezeugt. Man vermutet, dass Leutesdorf
ursprünglich zur Urpfarrei Andernach gehörte. Mit der frühen kurtrierischen Landesherrschaft
scheint jedoch auch eine Verselbständigung der Pfarrei verbunden zu sein.
1101 tritt Trier als Grundherr auf.
In früher romanischer Zeit war wohl eine Kirche erbaut worden, deren Turm die Funktion
eines Wehrturmes innehatte. Von dieser romanischen Kirche ist heute noch der Turm vorhanden.
Im Mittelalter wurde die romanische Kirche unter Beibehaltung des Turmes durch einen gotischen
Neubau abgelöst. Dies geschah in Form des Anbaues eines weiteren Schiffes nebst
Chor neben dem romanischen Turm bzw. unter Einbeziehung des romanischen Kirchenschiffes.
Auf diese Weise entstand eine zweischiffige, gotische Hallenkirche. Von ihr ist heute
noch der kleine Chorraum erhalten, der als Taufkapelle genutzt wird 192 .
6.2.3. Die heutige Pfarrkirche
Der Neubau der Pfarrkirche in Leutesdorf war seit dem Bau der Kreuzkirche in Ehrenbreitstein
(erbaut 1704-1708) der erste Neubau einer Pfarrkirche in Kurtrier.
Am 13. Juni 1727 wurde vor der Hofkammer eine Bitte der Gemeinde Leutesdorf um wieder
Erbawung dahisig eingefallener Ihrer Pfarrkirchen verhandelt. Man erteilte dem Kellner von
Engers den Befehl, die Kirche an Ort und Stelle in augenschein zu nehmen. Daneben ließ man
sich Kostenvoranschläge machen. Bereits am 8. Juli berichtete der Kellner über den schlechten
Zustand der Kirche. Man ließ sich noch einmal Kostenvorschläge vorlegen.
Foto F. Lang
Abb. 80:
Leutesdorf: Pfarrkirche
© VVV Leutesdorf e.V.
Abb. 81:
Pfarrkirche
Nach einem Bericht vom 29. Januar 1728 begannen die eigentlichen Bauarbeiten erst zu diesem
Zeitpunkt. Dort heißt es: „Nachdem seine Churfürstliche Dhlt. Zu Trier unßer gnädigster
Herr [= F. L.] sich gnädigst Erkläret, die eingefallen pfarrKirch zu Leutesdorf new Er-
191 Dehio Georg: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Rheinland-Pfalz. Saarland; München 1984 S. 655
und: http://bwpc08.de:8080/kuDb/servlet/ortObj?aktSchluessel=3511
192 Schönhofen Werner: Leutesdorf am Rhein – Rheinische Kunststätten; Neuss 1983, S. 15-17
74

auen zu lassen“. In dieser Nachricht wird erstmals von einem Neubau der Kirche gesprochen,
während vorher immer nur von einer Wiederherstellung der alten Kirche die Rede war.
Die Pläne für den Neubau stammen vom Hofbaumeister Paul Kurz, einem Franziskanerbruder.
Die Grundsteinlegung der Kirche fand am 13. Mai 1728 statt. Die Bauleitung blieb auch
nach dem Wechsel f. L.’s auf den Trierer Erzstuhl im Frühjahr 1729 in den Händen von Paul
Kurz. Die Maurerarbeiten am Chor müssen 1730 abgeschlossen worden sein. Die 1731
ausgeführten Arbeiten betrafen die Ausstattung des Baus; an ihnen war Kurz nicht mehr
beteiligt; vielmehr hatte schon der „Werkmeister Seiz“ die Bauleitung übernommen. Der Bau
der Kirche - Langhaus und Chor - ,die in der letztgenannten Eintragung „ahnsehentlich“ und
„kostbar“ genannt wurde, war damit abgeschlossen. Der romanische Turm und der gotische
Chor (etwa 1450) des alten Baues wurden in den Neubau miteinbezogen 193 .
Die Leutesdorfer Pfarrkirche St. Laurentius überragt weithin sichtbar die Gemeinde mit ihrem
romanischen Turm. Der gotische Chorraum (etwa 1450) wird heute als Taufkapelle genutzt.
Die barocke Einrichtung stammt aus der Erbauungszeit, der Hochaltar von 1908. Die Malerei
wurde 1900 aufgefrischt 194 .
© VVV Leutesdorf e.V.
Abb. 82:
Leutesdorf am Rhein mit der Pfarrkirche
© VVV Leutesdorf e.V.
Abb. 83:
Die Pfarrkirche ist das dominante Gebäude in
Leutesdorf
6.3. Filzen an der Mosel
6.3.1. Pfarrkirche St. Josef/ehemalige Klosterkirche
Über diese von 1712 bis 1720 gebaute Klosterkirche liegen in den kurfürstlichen Akten zu
Trier keine Nachrichten vor. Baumeister dürfte der Franziskanerbruder Paul Kurz gewesen
sein, da der Bau stilistische Züge mit der Pfarrkirche zu Leutesdorf hat 195 .
In Filzen bestand von 1455 bis 1789, dem Jahr der Französischen Revolution, ein Kloster der
Franziskanerinnen. Der dreiseitig geschlossene Saalbau mit Dachreiter dient seit 1803 als
Pfarrkirche.
Das Innere des Gotteshauses betritt man durch das rundbogige Portal an der Südseite. Über
der Pforte befindet sich in einer Nische eine Franziskusfigur.
Das Kreuzgewölbe des Schiffes ruht auf Strebepfeilern. Die Seitenwände werden von je vier
Rundbogenfenstern durchbrochen. Der Kirchenraum ist teilweise unterkellert. Der mit einem
193 Reber S. 86-89 und Schönhofen S. 17-20
194 Dehio S. 554 und: www.leutesdorf-rhein.de/ortsfuehrung/ortsfuehrung-pfarrkirche.html
195 Reber S. 85-86
75

Tonnengewölbe überdeckte Keller diente den Nonnen als Gruft. An den Wänden sind die Jahreszahlen
der Todesfälle zwischen 1733 und 1789 festgehalten.
© Gemeinde Brauneberg
Abb. 84:
Blick auf Filzen
© Gemeinde Brauneberg
Abb. 85:
Blick auf die Kirche
Die Ausstattung der Kirche stammt zum großen Teil aus der Erbauungszeit. Die beiden Ölgemälde
des Hochaltars zeigen im unteren Rundbogenfeld die Hl. Familie und darüber im ovalen
Feld die Stigmatisierung des hl. Franziskus. Das Bild der Hl. Familie wird von zwei Säulenpaaren
eingerahmt. Den Hochaltar schmücken kunstvolle Schnitzereien. Die Seitenaltäre
im neobarocken Stil sind von 1927.
Auf den Brüstungen der Kanzel sind Reliefs der vier Evangelisten und der „Synagoge", auf
dem rückwärtigen Türflügel ein solches des guten Hirten und an der Unterseite des Schalldeckels
eine Taube als Symbol des Heiligen Geistes zu sehen.
Unter der doppelten Nonnenempore befindet sich eine spätgotische Kreuzigungsgruppe aus
der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Auffallend ist die unterschiedliche Körpergröße der
Figuren. Mit einer Höhe von 1,40 m überragt die Christusgestalt die Figuren der Maria und
des Lieblingsjüngers Johannes um 30 cm.
6.3.2. Ehemaliges Franziskanerinnenkloster
© Gemeinde Brauneberg
Abb. 86:
Das Klostergebäude
© Gemeinde Brauneberg
Abb. 87:
Kloster mit Andreasturm aus dem 11. Jh.
Das Klostergebäude wurde zwischen 1712 und 1721 erbaut. In die Klostermauern einbezogen
ist der frühromanische Glockenturm der ehemaligen Andreaskapelle aus dem 11. Jahrhundert.
Die Kapelle bestand als Filiale der Pfarrei Wintrich bis zum Jahre 1455, in dem sie
zusammen mit einer Klause dem neugegründeten Franziskanerinnenkloster übertragen wurde.
Im Zuge des Klosterneubaus wurde sie dann bis auf den Turm abgerissen.
Der Turm hat eine Höhe von 12,50 m und einen Umfang von 3,30 x 3,55 m. An seiner nordöstlichen
Seite befindet sich ein Rundbogenportal und nach Südosten ein rechteckiges Portal
mit halbkreisförmigem Tympanon. Die zugemauerte Rundbogentür war ehemals möglicher-
76

weise ein Zugang zu einer Empore. Das dritte Geschoß ist nach drei Seiten hin mit je einem
rundbogigen Fensterpaar in einer Blende, das vierte Geschoß nach allen Seiten hin mit je zwei
kleineren Öffnungen versehen. Der Turm verbindet das Klostergebäude mit der Kirche. Er ist
eines der ältesten erhaltenen kirchlichen Bauwerke des Kreises.
Das Klostergebäude selbst ist eine zweigeschossige, vierflügelige Anlage. Sie umschließt
einen mit rundbogigen Kreuzgewölben versehenen Kreuzgang.
Nach der Aufhebung des Klosters diente das Gebäude verschiedenen Zwecken. Heute sind
hier ein Heimatmuseum und ein Weinkulturzentrum untergebracht, in dem auch Weinproben
und kulturelle Veranstaltungen stattfinden 196 .
Das Kloster ist mit Mauerhaken versehen, die die Jahreszahlen 1712 und 1721 angeben. Dieser
Bau dürftige ebenfalls Kurz zuzuschreiben sein 197 .
6.4. Lindenholzhausen
6.4.1. Lage
Lindenholzhausen ist ein Stadtteil der Kreisstadt Limburg an der Lahn im Landkreis Limburg-Weilburg
in Hessen. Der Ort hat ca. 3.380 Einwohner.
6.4.2. Geschichte des Ortes
Lindenholzhausen wird im Jahr 772 erstmals urkundlich erwähnt, und zwar als „Holtzhuse“.
Damals gehörte es zum Niederlahngau und später zur Grafschaft Diez. Bei dem seit 1486 auftretenden
Begriff „Kirchspiel Lindenholzhausen“ handelte es sich um die politische Bezeichnung
eines Verwaltungs- und Gerichtsbezirkes, zu dem noch andere Orte hinzukamen. Im
Jahr 1564 gelangte das Kirchspiel im Rahmen der Teilung der Grafschaft Diez zum Kurfürstentum
Trier und blieb daher dem katholischen Glauben erhalten. Nach der Zugehörigkeit
zum Fürstentum Nassau-Weilburg ab 1802 und ab 1806 zum Herzogtum Nassau kam Lindenholzhausen
1866 zu Preußen und nach dem Zweiten Weltkrieg zum Land Hessen.
6.4.3. Geschichte der Pfarrei
Die Pfarrei Lindenholzhausen entstand 1725 durch die Abtrennung von der Mutterpfarrei
Dietkirchen und die Errichtung der Pfarrei St. Jakobus durch den Trierer Erzbischof und
Kurfürsten Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg.
6.4.4. Geschichte der Kirche
Foto Volker Thies (Asdrubal)
Abb. 88:
Alte Kirche in Lindenholzhausen
Eine Kirche in Lindenholzhausen selbst ist ab 1235
nachgewiesen. Im Jahr 1698 wurde sie bis auf den romanischen
Turm abgerissen und 1727 durch einen Neubau
ersetzt. 1894 fiel auch der Glockenturm einen Neubau
zum Opfer.
Die neue Jakobuskirche samt Pfarrzentrum, Pfarrhaus
und dem Gemeinschaftshaus erhielt 1979 durch dem
Limburger Bischof Dr. Wilhelm Kempf ihre Weihe. Die
wertvolle Ausstattung der alten Kirche wurde in den
Kirchenneubau übernommen 198 .
196 www.moseltouren.de/1-trier-bernkastel-kues/1-28-filzen/index.html und
http://www.eifelreise.de/B/Brauneberg.html und
http://www.brauneberg.de/front_content.php?idcatart=15&lang=1&client=1
197 Reber S. 86
198 http://home.t-online.de/Mathilde.Rompel/pfarrei.htm und http://de.wikipedia.org/wiki/Lindenholzhausen
77

7. Profane Bauten in Trier
7.1. Wiederaufbau der Moselbrücke
Foto vom Verfasser
Abb. 89:
Im Hintergrund die Moselbrücke
Foto Stefan Kühn
Abb. 90:
Moselbrücke
Noch vor der Huldigung, die F. L. im April 1719 erfuhr, ließ er die von den Franzosen zerstörte
so genannte Römerbrücke wieder aufbauen; es ist dies die einzige Brücke, die zwischen
Metz und Koblenz über die Mosel führte. 1718 beauftragte F. L. den kurtrierischen Hofbaumeister
Johann Georg Judas mit der Wiederherstellung 199 . Die Arbeiten dauerten von 1716 bis
1721 200 .
Im selben Jahr errichtete der Bildhauer Johann Matthäus Müller über dem fünften stadtseitigen
Brückenpfeiler ein hohes steinernes Kruzifix, das auf beiden Seiten den Corpus des Gekreuzigten
trägt. Brücke und Kreuz sind bis heute erhalten 201 .
7.2. Stadtmauer
Vor ihrem Abzug im Jahre 1714 hatten die Franzosen die Befestigungen von Trier größtenteils
gesprengt. Um die Stadt gegen neue feindliche Einfälle zu sichern, ließ sie F. L. 1721
wiederaufbauen und verstärken.
Im 19. Jahrhundert wurde bis auf wenige Partien die im Nordteil der Stadt auf römischen
Fundamenten ruhende Mauer abgetragen; dabei schüttete man die breiten Wassergräben zu,
um den heutigen Alleenring anzulegen. 202 .
7.3. Straße nach Köln und Lüttich
Seit römischer Zeit führte eine Handelsstraße von Trier nach Köln und Lüttich. Während des
Pfälzischen Erbfolgekrieges war diese fast verfallen. F. L., dem die Neubelebung der Handelsbeziehungen
wichtig schien, ließ sie bald wiederherstellen. Um den Fahrzeugen den Aufstieg
auf die felsigen Höhen der Voreifel zu erleichtern, entstand 1722 eine neue, tief in den
Buntsandstein eingeschnittene Straße 203 . Zur Fazillitirung (Erleichterung) des Commercii
wurde die Straße mehrere Monate lang durch Steinmetzen und 80 Fronarbeiter aus den Ämtern
Welschbillig und Pfalzel zu größerem Nutzen der Stadt brauchbar gemacht 204 .
Um den rund 250 m betragenden Höhenunterschied zwischen dem Moseltale und der Voreifel
zu überwinden und den Fahrzeugen den Aufstieg noch mehr zu erleichtern, entstand in napo-
leonischer Zeit um 1804 eine neue Trasse, die heutige Bundesstraße 51 mit der Napoleonsbrücke,
die die Felsschlucht des Busentales überspannt 205 .
199 Grüger S. 141-142 und Zanters S. 95
200 Düwell/Irsigler S. 40
201 Grüger S. 141-142 und Zanters S. 95
202 Grüger S. S. 142
203 Grüger S. 142 und Zanters 95
204 Düwell/Irsigler S. 40
205 Grüger S. 142 Anm. 53
78

7.4. Deutschordenskommende
Erstmals werden im Jahr 1242 Deutschordensritter in Trier erwähnt. Jakob von Oeren, ein
Trierer Schöffe, schenkte den Deutschordensrittern 1294 die erste Kommende. Von hier aus
wurde die Ballei (= Verwaltungseinheit) Lothringen verwaltet. Die gotische Kirche des
Deutschhauses wurde in napoleonischer Zeit zerstört.
© Dr. Bernhard Peter
Abb. 91:
Haupthaus
© Dr. Bernhard Peter
Abb. 93:
Wappen von Franz Ludwig
(Ausschnitt aus Abb. 82)
© Dr. Bernhard Peter
Abb. 92:
Wappen von Franz Ludwig über dem Portal
Erhalten blieben ein zweigeschossiges Wirtschaftsgebäude
des 17. Jahrhunderts, das sich an
die römische Stadtmauer anlehnt, die verwahrloste
barocke Orangerie und das Herrenhaus der
Kommende.
Das oben abgebildete Gebäude ist das Herrenhaus,
1731 errichtet, wie das Chronogramm verkündet.
Das Chronostichon lautet:
GLorIa In eXCeLsIs Deo et In terra
paX hoMInIbVs.
Es ist ein zweigeschossiger, mit hohem Mansardendach
gedeckter Bau von 11 Achsen Länge
und drei Achsen Tiefe.
Außer den Ecklisenen und dem beide Stockwerke trennenden Gesims ist die Hauptfassade nur
durch ein schmales, einachsiges Risalit betont, in dem sich das reich profilierte Portal öffnet,
das in einer Supraporte das Wappen des Komturs trägt und dessen Giebelfeld das von zwei
Löwen flankierte, mit Kurhut, Stab und Schwert bekrönte Wappen von F. L. umrahmt
206 .
206 Grüger S. 144/151 und www. dr.bernhard-peter.de/Heraldik/Galerien/galerie146.htm
79

7.5. Franz Ludwig-Straße
Foto vom Verfasser
Abb. 94:
Franz-Ludwig-Straße
7.6. Wappen im Innenhof der Steipe
© „Cafe, Konditorei, Restaurant Zur Steipe“
Trier - Foto Dr. Bernhard Peter
Abb. 95:
Wappen im Innenhof der Steipe 208
Innerhalb der Nordmauer der einstigen
Befestigung von Trier läuft vom Simeonstift
der Porta Nigra bis zur früheren
Deutschherrenkommende eine Straße,
die zur Erinnerung an den Kurfürsten den
Namen „Franz-Ludwig-Straße“
trägt 207 .
Foto Stefan Kühn
Abb. 96:
Trier: Hauptmarkt mit St. Gangolf, Marktkreuz und
Steipe (v. l. n. r.)
Im Innenhof der Steipe, des im 15. Jahrhundert erbauten Festhauses der Bürgerschaft am
Hauptmarkt, befindet sich an der Wand des Treppenturms, der zum Hause „Zum Hirtzhorn“
gehört, ein großes, aus Sandstein gehauenes Wappen von F. L.
Der Hotelier Josef Becker aus Echternach hat es dort bald nach 1850 anbringen lassen. Wo es
sich frührer befunden hat, ist nicht bekannt.
Dieses Wappen war farbig, aber die Farben sind verblasst. Kurhut, Schwert und Stab wurden
in der französischen Revolution abgemeißelt; sie galten als Embleme einer verhassten Feudalherrschaft.
Nur der barocke Rahmen des Wappens ist geblieben 209 .
7.7. Residenz
Da F. L. während seiner Anwesenheit im Erzstift in Ehrenbreitstein und nur selten in Trier
residierte, bestand für ihn keine Notwendigkeit, in seiner Bischofsstadt eine neue Residenz zu
bauen. Dies blieb seinem Nachfolger Franz Georg von Schönborn und seinem Baumeister
Balthasar Neumann und Johannes Seitz vorbehalten 210 .
8. Bauten in Ehrenbreitstein und Koblenz
8.1. Bauten in Ehrenbreitstein
Ab 1722 wurde der schon 1715 von Ravensteyn geplante Abriss der Häuser in der unteren
Kirchstraße durchgeführt. Diese Häuser standen quer über die heutige Humboldtstraße; durch
ihren Abriss wurde die Verbindung der Straße zum Rhein hergestellt.
207 Grüger S. 144
208 Der Verfasser bedankt sich bei Herrn Andreras Jungbluth „Cafe, Konditorei, Restaurant Zur Steipe“
http://www.zur-steipe.de für die Erlaubnis, dieses Wappen hier einarbeiten zu dürfen.
209 Grüger S. 151-153 und http://www.dr-bernhard-peter.de/Heraldik/Galerien/galerie389.htm
210 Reber S. 95
80

1723 wurde auf der Westseite der Hofstraße ein Gasthaus gebaut, das den Namen „Zum weißen
Roß“ führte.
1725 baute der Hofmusiker Creill das Eckhaus am linken Ende der Hofstraße; auch auf der
rechten Seite der Hofstraße entstanden um diese Zeit einige Häuser.
Die erste Pflasterung der Hofstraße an der fliegenden Brücke bis zur Residenz, die schon von
Kurfürst Carl Joseph geplant war, wurde 1717-1718 ausgeführt. Weil das Geld dafür fehlte,
lieh die kurfürstliche Kammer 400 Taler beim Landrentmeister.
1723 wurde nach den Plänen von Hofbaumeister Judas die Herrenmühle in der Helfensteinstraße
neu aufgebaut, 1727 die Wirtzenmühle im Obertal.
1723 wurde am Rhein, auf der mittleren Bastion vor der Philippsburg, ebenfalls durch Judas,
ein großer Kran aufgestellt. Er war dazu bestimmt, die großen Weinfässer von den Schiffen in
die Keller der Philippsburg zu befördern; er wurde auch gegen Bezahlung an Privatleute
vermietet.
1728 ließ F. L. im Teichert, ungefähr an der Stelle, wo heute das Haus Nr. 111 steht, ein
Krankenhaus für die unverheirateten Hofbediensteten bauen. Sie wurden hier auf Kosten der
kurfürstlichen Kammer bis zu ihrer Genesung gepflegt.
Später wurde das Haus als Lazarett für das Militär genutzt.
8.2. Bauten in Koblenz
In Koblenz ließ F. L. das am Rhein gelegene Priester- und Waisenhaus bauen, das 1729 fertig
gestellt wurde 211 .
V. Franz Ludwig als Stifter im Erzstift Trier
Hier werden die Stiftungen F. L.’s für Trier zusammengefasst, die bereits im vorstehenden
Text vorgestellt wurden.
1. Herstellung der Dächer der Dom-Nebengebäude
Beim Dombrand im Jahre 1717 wurden auch Teile der Nebengebäude (Sakristei, Archiv und
der Kreuzgang zur Liebfrauenkirche), insbesondere deren Dächer, beschädigt. Da sich das
Domkapitel weigerte, die Reparaturen zu übernehmen, entschloss sich F. L., selbst dafür die
Kosten zu übernehmen 212 .
2. Umbau des Domes
Im Jahre 1719 entschloss sich F. L., den Dom nicht nur wiederherzustellen, sondern auch umzubauen.
Er äußerte in einem Schreiben vom 21. Juli d. J. an das Domkapitel, dass er sich bewusst
sei, dass sich die Kosten dadurch „bis an die sechß tausend Reichstaler vermehren würdte“.
Da die erforderlichen Mittel durch das Domkapitel nicht zu beschaffen seien, werde er
selbst aus eigenem Vermögen nach und nach die sechstausend Reichstaler aufbringen 213 .
3. Agnes- und Katharinenaltar
Nach dem Umbau des Domes in die jetzige kreuzförmige Gestalt ließ F. L. vor die Schmalseiten
des Lettners die neuen Altäre der hl. Agnes und der hl. Katharina aufstellen, die er aus
eigenen Mitteln bestritt. Die beiden Altäre stehen jetzt, mit der Schmalseite nach Osten gewandt
und ohne Altartisch, am letzten Pfeilerpaar des Langhauses vor der Westapsis 214 .
4. Silberschrein für die Tunika Christi
Der silberne, vergoldete Schrein für die Aufnahme der Tunika Christi, den Christoph Tausch
entwarf und den der Augsburger Goldschmied Franz Thaddäus Lang schuf, stiftete F. L. aus
211 Schwickerath Marianne: Wo stand eigentlich die Philippsburg? – Die ehemalige kurfürstliche Residenz in
Eherenbreitstein: Koblenz 1991, S. 75
Zum Waisenhaus siehe V. 5
212 Irsch S. 147 und Lager S. 58
213 Lager S. 55-56
214 Grüger S. 143
81

eigenen Mitteln; er kostete 2.951 fl. 15 Kr. 215 . In der Summe sind eingerechnet das „in feuer
verguldte Arbeit, alls da ist das Churfürstl Wappen, Churhuet, Capitel, Schafftgesimbs.
Aus einem Brief Langs vom 12. Mai 1732 geht hervor, dass die Gesamtsumme in drei Raten
ausbezahlt wurde 216 .
5. Waisenhaus in Koblenz
In Koblenz stand schon 1216 eine Deutschordenskommende, die seit dem 15. Jahrhundert als
eine der vier Kammerballeien des Reiches unmittelbar dem Hochmeister unterstand. Sie lag
neben der Stiftskirche St. Kastor am Zusammenfluss von Rhein und Mosel.
Hier stiftete F. L. im Jahr 1729 ein Waisenhaus, das er aus eigenen Mitteln bestritt und
mit 60.000 fl. dotierte. Das Gebäude wurde 1901 abgerissen. In der westlichen, nach St.
Kastor führenden Umgrenzungsmauer, blieb von ihm nur noch ein barockes Portal erhalten 217 .
VI. Franz Ludwigs Wechsel nach Mainz
1. Domizellar
Die übliche und als Regel angesehene Vorbedingung für die Wahl zum Kurfürst-Erzbischof
war ein Kanonikat im Domkapitel. F. L. gelangte am 26. Oktober 1695 in den Besitz einer
Mainzer Domizellarenstelle 218 . In der Reihe der Domizellare stand er an fünfter Stelle als
noch nicht vollberechtigtes Mitglied des Domkapitels 219 .
2. Koadjurie in Mainz
Ludwig Anton, ein älterer Bruder von F. L., war am 19. April 1691 zum Koadjutor von Mainz
postuliert und proklamiert worden. Am 3. Oktober 1691 wurde die Wahl von Papst Innozenz
XII. konfirmiert 220 . Als Ludwig Anton 1694 starb, wollte F. L. auch dieses Amt von seinem
Verstorbenen Bruder übernehmen. Trotz kaiserlicher Unterstützung misslang der erste Vorstoß
221 .
Erst der zweite Versuch am 5. November 1710 brachte den erwünschen Erfolg 222 . Die kaiserlichen
Bemühungen (Konzepte vom 17. Juli und 7. August 1694) über den Gurker Bischof
und Kardinal Johann VIII. Freiherren von Goess (1675-1696) in Rom ein Wählbarkeitsindult
(Indultum Eligibilitatis) zu erwirken, blieben erfolglos, da schon am 3. September 1694 die
Mainzer Kapitulare Lothar Franz von Schönborn zum neuen Koadjutor erwählten. Um F. L.
bei seinen Mainzer Koadjutorplänen effektiv unterstützen zu können, hatte sich Kaiser Leopold
I., sein Schwager, an ihn gewandt und ihn mit Hinblick auf die leeren kaiserlichen Kassen
den Vorschlag unterbreitet, in Schlesien ein Kapital von 150.000 Gulden aufzutreiben, das
in zwei Jahren wiederzurückgezahlt werden sollte. Diese Gelder sollten neben Spekulationen
auf den Prager Erzbischofsstuhl - ohne den Anschein von Simonie aufkommen zu lassen – ins
Kalkül gezogen werden.
Erst im zweiten Anlauf gelang F. L., wie ausgeführt, mit massiver Unterstützung der Wiener
Hofburg 1710 der Sprung zur Mainzer Koadjurie. Der kaiserliche Neffe, Kaiser Josef I., ernannte
den sich ebenfalls um Kurmainz bewerbenden Reichsvizekanzler Friedrich Karl von
Schönborn am 30. September 1710 zum Wahlkommissar und verhinderte so dessen Wunsch,
nach seinem Onkel dessen Nachfolger in Mainz zu werden. Am 5. November 1710 wurde F.
L. ohne Komplikationen einstimmig zum Mainzer Koadjutor gewählt. Der regierende
Mainzer Kurfürst Lothar Franz, über diesen Wahlausgang nicht sonderlich entzückt, gab erst
215
Grüger S. 143
216
Dziurla S. 366 und S. 373 Anm. 17
217
Grüger S. 151
218
Duchhardt Heinz: die Mainzer Koadjutorwahl von 1710; in: Geschichtliche Landeskunde Bd. VII (1972),
S. 69
219
Duchhardt S. 73
220
Lehner Maria: Ludwig Anton von Pfalz-Neuburg (1660-1694); Marburg 1994, S. 163-164
221 Zanters S. 82
222 Zanters S. 82
82

am 11. Januar 1711 aus Bamberg über seinen nach Wien zurückkehrenden Neffen dem Kaiser
über das Mainzer Wahlgeschäft Nachricht. Josef I. hatte schon am 17. November 1710 seinem
ihn die Wahl anzeigenden hochmeisterlichen Onkel zur erlangten Mainzer Koadjutorie
gratuliert und erwartete sich nach dessen Regierungsübernahme eine glückliche, segensreiche
Regierung am ersten Metropolitansitz und Kurfürstentum des Reiches. Bereits am 5. November
1712 genehmigte Rom F. L. die Mainzer Nachfolge nach Lothar Franz von Schönborn unter
Beibehaltung seines erbländischen Breslauer Bischofsamtes und aller weiterer Hochstifte
und Reichswürden 223 .
3. Wechsel von Trier nach Mainz
Am 30. Januar 1729 starb der Mainzer Erzbischof Lothar Franz von Schönborn (1695-1729).
F. L. stand nun die Möglichkeit offen, Kurtrier zu verlassen und das Mainzer Erzbistum und
Kurfürstentum anzunehmen 224 .
© Museen der Stadt Aschaffenburg
Abb. 97:
Franz Ludwig als Kurfürst-
Erzbischof von Mainz
F. L. war bereits einen Tag später, am 31. Januar 1729, trotz
winterlicher Bedingungen für Nachrichtenübermittlungen
(Eisgang am Rhein) vom Tod des Mainzer Kurfürsten informiert
worden. Er schickte sofort seinen Wiener Agenten
und Mechelner Deutschordenskomtur Christoph Heinreich
von Kyau zum Wiener Obrist-Hofkanzler Philipp Ludwig
Wenzel Graf von Sinzendorf (1671-1744) als der wichtigsten
Stelle am Wiener Hof, um mit diesem die fälligen Veränderungen
bezüglich Mainz und Trier zu besprechen. F. L.
bemerkte am 31. Januar 1729 aus Ehrenbreitstein zur nunmehr
anstehenden Trierer Wahl und zur Stimmung im dortigen
Domkapitel, dass die Domherren diesmal wohl nicht jemanden
von außerhalb des Wahlgremiums als neuen Erzbischof
wählen würden. Damit traf F. L. durchaus die richtige
Stimmung im Trierer Wahlkapitel, das nach seiner Resignation
auf das Erzstift Trier den dortigen Dompropst
Franz Georg Reichsgraf von Schönborn einstimmig am 2.
Mai 1729 zum Nachfolger erkor.
Da der Mainzer Erzbischof Lothar Franz von Schönborn am 30. Januar 1729 gestorben war,
stand F. L. nun die Möglichkeit offen, Kurtrier zu verlassen und das Mainzer Erzbistum und
Kurfürstentum anzunehmen 225 .
Für die nun fällige Entscheidung F. L.’s, welches der beiden Metropolitansitze und welches
Kurfürstentum er annehmen wollte, gewährten ihm der Papst und der Kaiser eine Bedenkfrist
– auch mit Blick darauf, dass F. L. wegen seiner geschwächten Gesundheit nicht nach Mainz
reisen konnte.
Da eine Kumulation zweier Metropolitansitze und Kurfürstentümer weder nach den Kanones
noch nach dem Reichrecht möglich war, befahl der Kaiser am 28. Februar 1729 F. L., sich
nun definitiv zu erklären. Im Falle der Annahme von Kurmainz solle er seinen Regensburger
Reichsdirektorialen Ignaz Anton Freiherr von Otten mit der Neubeauftragung seines Amtes in
Regensburg versehen, um so den von Kurköln und Kursachsen angemaßten Rechten bei der
Reichsversammlung in Regensburg sofort den Boden zu entziehen.
Auf Grund dieser kaiserlichen Demarche legitimierte der durch den Hofkurier aus Wien informierte
F. L. den bisherigen kurmainzischen Reichsdirektorialen Otten noch am 2. März 1729
aus Ehrenbreitstein und zeigte unter dem gleichen Datum dem kaiserlichen Prinzipalkommissar
die Legitimation zur Weiterführung des Reichsdirektoriums durch diesen Gesandten an.
223 Demel HM+BB S. 108 -111
224 Zanters S. 96
225 Zanters S. 96
83

Frobenius Ferdinand, gefürsteter Graf zu Fürstenberg (1726-1735) testierte am 5. März 1729,
dass sich Otten durch Überreichung der gewöhnlichen Kredentialien und der Vollmacht als
kurmainzischer Prinzipalgesandter zur Weiterführung seiner Aufgabe am Reichstag ausgewiesen
habe.
Mit dieser Maßnahme für die Fortführung des kurmainzischen Reichsdirektoriums durch F. L.
war seine Entscheidung für die Annahme des Kurerzkanzleramtes gefallen; er hatte damit auf
Trier verzichtet. Mit einem eigenen Notifikationsschreiben vom 3. 226 und 10. März 1729
teilte er Kaiser Karl VI. noch aus Ehrenbreitstein seinen Entschluss mit.
Außerdem sandte F. L. den Wiener Gesandten und Deutschordensritter von Kyau zum Kaiser,
um ihm so seine Treue und Ergebenheit zu versichern. Das Reichsoberhaupt gratulierte F. L.
zur Übernahme der ersten Kurwürde und wünschte ihm im Schreiben vom 2. April 1729 im
neuen Reichsamt Glück und Heil 227 .
F. L. gab das Erzstift Trier nur ungern auf. Am liebsten
hätte er beide Kurstaaten - Kurmainz und Kurtrier
– regiert und zögerte lange, seine Resignation
auf Trier auszusprechen. Aber der Trierer Dompropst
(dies seit 1723) Franz Georg von Schönborn,
der sich um die Nachfolge F. L.’s für Kurtrier beim
Kaiserhof in Wien und beim Papst in Rom bemühte,
wies dort mit Erfolg auf die Schädlichkeit einer solchen
Ämterkomulation hin.
F. L. jedoch stellte sich dieser Bewerbung entgegen
und schlug einen anderen Kandidaten vor. Das Trierer
Domkapitel, von F. L. während seiner Regierungszeit
von Regierungsgeschäften ausgeschlossen,
entschied sich aber für den Dompropst Franz Georg.
Der kaiserliche Gesandte Graf Kuefstein wirkte bei
dieser Entscheidung mit. Frankreich beeinflusste
diese Wahl nicht. Am 2. Mai 1729 wurde Franz Georg
Reichsgraf von Schönborn einstimmig als Erzbischof
von Trier gewählt und feierlich im Dom zu
Trier inthronisiert 228 .
VII. Franz Ludwigs Aufenthalte im Erzstift Trier
Karte erstellt von Prankster
Foto Kandschwar
Abb. 98:
Wappen von Franz Ludwig an einem
Fenster im Mainzer Dom
Anmerkung:
Die Residenz der Kurfürsten war ursprünglich die kirchliche Metropole
der Diözese, die Stadt Trier. Aber seit dem 16. und 17. Jahrhundert
wurde die Festung Ehrenbreitstein vorgezogen, abgesehen
von dem Sommeraufenthalt auf den Lustschlössern. Die politische
und wirtschaftliche Entwicklung hatte Koblenz mehr als das ehrwürdige
Trier in den Vordergrund geschoben; auch die zentrale Lage
und die größere Sicherheit der starken Rheinfestung gegenüber
der so nahe an der Grenze zu Frankreich gelegenen Hauptstadt dürften
ausschlaggebend gewesen sein 229 .
◄ Abb. 99: Das Kurfürstentum Trier mit seinen beiden Haupt-
städten
226 Der 3. März 1729 wird in der Literatur allgemein als Verzicht auf Trier angegeben.
227 Demel HM+BB S. 119-121
228 Düwell; Irsigler S. 43
229 Haxel S. 52
84

Im Erzstift Trier gab es folglich zwei Hauptstädte: Trier und Koblenz, genauer Ehrenbreitstein.
Trier war der der sakral-rituelle Mittelpunkt, während das politische Herz seit dem Ausgang
des 17. Jahrhunderts endgültig am Mittelrhein schlug – dies allerdings in dem Koblenz
gegenüberliegenden Konglomerat aus Festung, Schloss und Ortschaft Ehrenbreitstein / Mühlheim
im Thal.
Urbaner Mittelpunkt in diesem Raum blieb die Stadt an Rhein und Mosel, in der mehrere
Gerichtsbehörden und weitere Verwaltungseinrichtungen einen hauptstädtischen Charakter
verliehen 230 .
Abkürzung: E = Ehrenbreitstein, T = Trier
Jahr Monat
Tag Ort Tätigkeit Quelle
1718 Mai zw. 15.
und 22.
E P 208
29. E P 208
31. E P 208
Juni 13. E P 208
18. E P 208
Juli 29. E F. L.’s Anweisung zur Breslauer Generalvisitation
P 208
Sept. 19.-23. E P 208/209
Okt. 2. E Präsentationsschreiben F. L.’s P 209
19. E P 209
Nov. 23. E P 209
Dez. 14. E Verordnungen F. L.’s P 209
1719 Jan. 1. E Justizverordnung F. L.’s P 209; Z 87;
H 75+78
3. E Geschäfts- und Canzlei-Ordnung für P 209, H 66
den Hofrat
Z 88
21. E Gerichtsordnung F. L.’s P 209; Z 88
25. E P 209
27. E Revisionsordnung F. L.’s P 209; Z 88
Febr. 1. E P209
3. (4.) E Amtsordnung F. L.’s P 209;
Z 89 (3. Jan.);
H 71 (3. Jan.)
7. E P 209
10. E P 209
März 4. E P 209
9. E Brief nach Ellwangen M 139
10. E Geschäftsordnung F. L.’s P 209
16. E Urkunde F. L.’s (letzte des damaligen
Aufenthaltes)
P 209
23. t Feierlicher Einzug H 53
24./25. T Ankunft F. L.’s P 209 + D 116
(24. März)
25. T Feierlicher Einzug F. L.’s B 172
25. T Feierliche Inthronisation F. L.’s D/I 308
230 Göller S. 212/213
85

30. T Aufführung eines Miserere (Palm- P 209
sonntag)
B 174
April 7. T Teilnahme F. L.’s an der Karfreitagsprozession
D 135 Anm. 281
14. T Urkunde F. L.’s P 209
15. T Urkunde F. L.’s P 209
22. T Schreiben F. L.’s P 209
zw. 24. T Huldigung auf dem Marktplatz P 209
und 27.
G 140 (27. Apr.)
29. T Urkunde F. L.’s P 209
Mai 1. T P 209
4. T/E Abreise aus Trier B 174
2. - 4. Schiffsreise nach Ehrenbreitstein P 209
15. E P 209
17. E P 209
18. E P 209
23. E D 177 Anm. 153
29. E P 209
D 117 Anm. 153
Juni 3. E P 209
12. E Verordnung in Politicis et Judicialibus
für die Stadt Trier
P 209; K 191
15. E P 209
26. E P 209
27. E P 209
Juli 2. E P 209
10. E P 209
11. E P 209
21. E P 209
26. E P 209
28. E P 209
30. E P 209
31. E Abreise F. L.’s nach Worms P 209
1720 April 22. T Teilnahme F. L.’s an den Trauerfeierlichkeiten
in der Liebfrauenkirche
für seine verstorbene Schwester, die
Kaiserin Eleonore Magdalena (F. L.
reist deswegen von Breslau nach Trier)
B175
1721 März 24. E Ankunft F. L.’s P 210
27. E P 210
28. E P 210
29. E P 210
April 3. E P 210
7. T Montag der Karwoche P 210
? Prüm P 210
16. T P 210
Mai 5. T P 211
8. T P 211
17. T P 211
21. T P 211
86

29. T Reise F. L.’s nach Ehrenbreitstein P 211
Juni 5. E (Pfingsten: 1. Juni) P 211
6. E P 211
7. E P 211
Nach Bad Kur bis Anfang Juli P 211
dem 12. Ems
23. E F. L. gratuliert Papst Innozenz XIII. P 211
zur Wahl
Juli 6. E Rückkehr F. L.’s P 211
18. E P 211
21. E P 211
29. E Schreiben F. L.’s an Kaiser Karl VI. D 116 +Anm. 151
31. Kär- Verbot der Trierer Wahlschmäuse P 211
lich
Aug. 1. E P 211
11. E P 211
12. E P 211
14. E P 211
18. E P 211
20. E Abreise nach Worms-Ellwangen P 211
Dez. 6. E Eintreffen F.L. aus Worms P 211
21. E F. L. gratuliert dem Papst zu Weih- P 211
nachten
1722 Jan. 10. E P 211
12. E P 211
25. E P 211
26. E P 211
Febr. 10. E P 211
18. E P 211
19. E P 211
23. E P 211
März 2. E P 211
3. E P 211
10. E Aufbruch F. L.’s nach Trier P 211
17. T P 212
22. T P 212
27. T P 212
April 5. T Osterfest P 212
28. T P 212
30. T P 212
Mai 4. T P 212
7. T P 212
12. T Teilnahme an einer Prozession
(Pankratiustag)
P 212
21. T P 212
28. T (Donnerstag nach Pfingsten)
Aufbruch nach Ehrenbreitstein
P 212
Juni 8. E P 212
13. bis Bad Kuraufenthalt F. L.’s P 212
2. Juli Ems
87

Juli 6. E F. L. vor dem Landtag wegen Reform
der Universität; 3 Monate später
„Churfürstliche Ordinata vor die
Universität zu Trier“
Z 91
21. E P 212
27. E P 212
30. E P 212
31. Kär-
P 212
lich
Aug. 1. E P 212
9. E P 212
11. E P 212
12. E Im Aufbruch nach Schlesien P 212
(Neisse, Breslau)
1724 Okt. 17. E P 212
Nov. 2. E P 213
10. E P 213
11. E P 214
12. E P 214
20. E P 214
24. E P 214
Dez. 9. E Wahrscheinlich zum Weihnachtsfest
nach Trier
P 214
12. E Bestallung Steins zum Statthalter der
Ballei Hessen
Ak 250 III.11.10
15. E F. L. gratuliert dem Papst zu Weih- P 214
nachten
1725 Jan. 2. T P 214
4. Qu. ◄ Quintshütte bei Trier P 214
6. T P 214
15. T P 214
16. T P 214
26. T Messordnung F. L.’s P 214
27. T P 214
Feb. 2. T P 214
3. T P 214
5. T Reise F. L.’s nach Mannheim / P 214
Worms
März 6. E P 214
8. E P 214
22. W ◄ Wittlich P 214
24. T Ankunft F. L.’s P 214
April 1. T Osterfest P 214
8. T F. L. interveniert beim Papst in einer P 214
Benefizienfrage
Mai 16. E P 214
17. E P 214
20. E P 214
23. E P 214
28. E P 214
88

29. E P 214
30. E P 214
31. E P 214
Juni 2. E Aufbruch F. L.’s über Limburg und
Karlsbad nach Schlesien (Neisse,
Breslau)
P 214
1727 Juni 7. E P 216
13. E F. L. interveniert beim Papst in einer
Benefizienfrage
P 216
23. E P 216
30. E P 216
Juli 2. E P 216
11. E P 216
29. E P 216
Aug. 9. E P 216
15. E P 216
16. E P 216
20. E P 216
22. E P 216
23. E P 216
Dez. 22. E P 216
24. E P 216
1728 Jan. 2. E P 216
8. E P 216
14. E P 216
16. E P 216
17. E P 216
20. E P 216;
D 99 Anm. 41
21. E P 216
31. E P 216
Febr. 3. E P 216
6. E P 216
13. E P 216
16. E P 216
März 1. E P 216
2. E P 216
5. E P 216
7. E D 99 Anm. 41
11. E P 216
12. T P 216
30. T (Dienstag nach Ostern) P 216
April 1. T P 216
3. T P 216
6. T P 216
Mai 1. E P 216
8. E P 217
14. E/Kär-
lich
P 217
89

21. E P 217
24. Kärlich
P 217
28. E P 217
Juni 4. Kärlich
P 217
13.-29. Bad
Ems
Kuraufenthalt P 217
Juli 2. E P 217
5. E P 217
10. E P 217
15. E P 217
16. E P 217
19. E P 217
23. E P 217
D 99 Anm. 41
30. E P 217
Aug. 1. E P 217
2. E P 217
Dez. 7. E P 217
13. E P 217
17. E P 217
24. E P 217
1729 Jan. 7. E P 217
14. E P 217
20. E P 217
31. E Schreiben F. L.’s D 119 + D 119
Febr. 2. E P 217
4. E P 217
8. E P 217
12. E P 217
14. E P 217
19. E P 217
21. E P 217
22. E P 217
25. E P 217
26. E P 217
28. E P 217
März 2. E Schreiben F. L.’s D 120
3. Abdankungsurkunde F. L.’s als Erz- P 217 + D 119
bischof und Kurfürst von Trier + G 141
10. E D 121 Anm. 172 +
D 121
18. Oberlahnstein
D 99 Anm. 41
21. Ober-
Lahn-
D 99 Anm. 41
90

stein
25. Ober-
Lahn-
stein
28. Ober-
Lahn-
stein
D 99 Anm. 41
D 99 Anm. 41
Erläuterungen:
Ak = Ausstellungskatalog 800 Jahre Deutscher Orden; Gütersloh/München 1990
B = Bereths Gustav: Die Musikpflege am kurtrierischen Hofe zu Koblenz-Ehrenbreitstein; in:
Beiträge zur mittelrheinischen Musikgeschichte; 5; Mainz 1964
D = Demel Bernhard: Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg als Hoch- und Deutschmeister (1694-1732)
und Bischof von Breslau (1683-1732); in: JSWFUB Band 36/37 (1995/96), S. 93-150
D/I = Düwell Kurt; Irsigler Franz: Trier in der Neuzeit, Band 3; Trier 1988
H = Haxel Edwin: Verfassung und Verwaltung des Kurfürstentums Trier im 18. Jahrhundert; in:
Trierer Zeitschrift, Band 5, S. 47-88; Trier 1930
P = Petry Ludwig: Zum Itinerar Franz Ludwigs von Pfalz-Neuburg als Trierer Kurfürst (1716-
1729); in: Beitrage zur Mainzer Kirchengeschichte in der Neuzeit, Band 17 (1973)
S. 205-218
Z = Zanters Dagmar: Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg – Erzbischof und Kurfürst von Trier (1716-
1729); in: Kurtrierisches Jahrbuch (38. Jg.) 1998; S. 75-98
M = Mangold Ludwig: Stukkatoren und Stuckarbeiten in Ellwangen mit besonderer Berücksichtigung
des Melchior Paulus; Stuttgart 1938
Zusammenfassung:
Für die Jahre 1717 - 1729 ergibt sich für F. L. eine Art Gleichgewicht zwischen dem persönlichen
Regieren in Kurtrier (meist Ehrenbreitstein) und Schlesien (Neisse, Breslau), jeweils
mit mehrmonatigem Aufenthalt in dem einen und dem anderen Wirkungsbereich.
Die Zweiteilung zwischen schlesischen und rheinischen Aufenthalten bedeutete nicht jeweils
ein Abschalten am einen Ort zum Nachteil des anderen Bereiches; gerade in Ehrenbreitstein
werden viele schlesische Anliegen betreut und geregelt. Umgekehrt ergehen maßgebende
Verordnungen und Anweisungen für Kurtrier gerade aus Schlesien. Daraus ergibt sich, dass F.
L. seinen ganzen Hofstaat, einschließlich der Hofkapelle, in seinen jeweiligen Aufenthaltsort
mitnahm 231 .
VIII. Gesamtwürdigung über Franz Ludwigs Wirken in Trier
Der „Rheinische Antiquarius“ von 1854 schreibt: „Die Zeiten Franz Ludwigs, die 12 fetten
Jahre, sind den nächsten Geschlechtern, inmitten des doch seinem Ende sich zuneigenden
Schlaraffenlebens, unvergeßlich geblieben“ 232 .
Diese 12 fetten Jahre beschreiben wohl am besten den Aufschwung, den das Kurfürstentum
Trier während der Regierungszeit Franz Ludwigs nahm. Die Voraussetzung dafür war freilich
die außenpolitisch ruhige Lage; der Kurstaat blieb endlich für einige Jahre von kriegerischen
Handlungen verschont. Diese Zeit nutzte der Kurfürst und Erzbischof, den Wiederaufbau des
Territoriums voranzutreiben. Er ließ zum einen die zerstörte Bausubstanz erneuern und ausbauen,
zum anderen reformierte er die Verwaltung und Justiz seines geistlichen Kurstaates,
wobei die Reformen auch kulturelle, soziale und wirtschaftliche Bereiche einschlossen.
Bei seiner Regierungstätigkeit als Kurfürst und Erzbischof konnte F. L. auf die Erfahrungen,
die er bereits in seinen bisherigen Ämtern (Bischof von Breslau seit 1683, Oberlandeshaupt-
231 Petry S. 218
232 Zitiert nach Zanters S. 75
91

mann in Schlesien seit 1685, Bischof von Worms, Hoch- und Deutschmeister und Fürstpropst
von Ellwangen, alle seit 1694) gesammelt hatte, zurückgreifen.
Abb. 100:
Franz Ludwig als Trierer
Erzbischof und Kurfürst
Schon in Schlesien hatte er durch das Breslauer Bischofsamt
und das des Oberlandeshauptmanns das geistliche und weltliche
Oberamt in einer Person vereinigt. Auch in seinem Breslauer
Bistum reformierte er die geistliche Verwaltung 233 ; so wusste er
um das Funktionieren der verschiedenen Instanzen einer geistlichen
Verwaltung und konnte nach der Einführung der Reformen
im Erzstift Trier auf eine langjährige Praxis zurückblicken.
In Breslau war ein vorrangiges Ziel die Rekatholisierung des
Bistums. Um die nötigen Kleriker heranzuziehen, ließ F. L. an
der Universitas Leopoldina Theologen ausbilden. In Kurtrier
bediente er sich des gleichen Instrumentariums, um die dort
vordringliche Verwaltungs- und Justizreform umzusetzen; um
im eigenen Territorium Personal dafür ausbilden zu können,
reformierte er die bestehende juristische Fakultät.
Mit Worms hatte F. L. 1694 ein Bistum erhalten, das durch
Kriegsschäden ebenso gelitten hatte wie Trier. Auch dort hatte
er eine zerstörte Domkirche und andere beschädigte Gebäude
vorgefunden, die er wiederaufbauen ließ 234 .
Von Franz Ludwigs Ämterhäufung und der damit verbundenen Erfahrung hat Kurtrier mehr
profitiert als darunter gelitten. Zwar legte er die Trierer Kur- und Erzbischofswürde 1729 zugunsten
von Mainz nieder, doch obwohl Trier für ihn lediglich eine Zwischenstufe und der
Wechsel nach Mainz - dort seit 1710 Koadjutor - nur eine Frage der Zeit war, hat er die Zeit
in Kurtrier genutzt, das erschöpfte und ruinierte Ertz Stifft Trier zu reformieren und die
Kriegsschäden zu beseitigen.
© J. G. Herder-Institut Marburg
Bildarchiv
Abb. 101:
Franz Ludwig,
Fürstbischof von Breslau
© Deutschordenszentralarchiv
(DOZA) Wien
Abb. 102:
Franz Ludwig, Kurfürst und
Deutsch- und Hochmeister
© Landeshauptstadt
Düsseldorf – Stadtmuseum
Abb. 103:
Franz Ludwig,
Kurfürst von Mainz
Die Reformen und Wiederaufbaumaßnahmen F. L.’s zeugen von einem absoluten Herrschaftsanspruch.
Seine Bestrebungen, - gegen die vorhandenen Strukturen - die Mitregierung
233 Siehe Kapitel „Der Fürstbischof von Breslau“
234 Siehe Kapitel „Der Fürstbischof von Worms“
92

des Domkapitels zu beschneiden, sind dafür bezeichnend. Das Vorgehen sowohl gegen die
Immedietätsbestrebungen der Ritterschaft als auch gegen die Abtei Prüm zeigt, wie sehr F. L.
nach Geschlossenheit in seinem Territorium strebte. Daneben stellt die Einführung des Revisionsgerichts
als letzte Instanz eine Abgrenzung gegenüber den Reichsinstanzen dar.
Gleichem Zwecke diente die Wiederbelebung der juristischen Fakultät: das Verwaltungs- und
Justizpersonal sollte im eigenen Territorium der eigenen Universität herangebildet werden.
Innerhalb seines Erzstiftes versuchte er durch regelmäßige Visitationen die verschiedenen
kirchlichen und weltlichen Institutionen seiner Oberaufsicht zu unterstellen. Größtmögliche
Abgrenzung nach außen und Festigung seiner Herrschaft nach innen unter einer straffen Organisation
zeichnet die Regierungstätigkeit F. L.’s in Trier aus.
F. L. war eine Brückenfigur zwischen Ost und West. Seine Ämterkumulation bot die Voraussetzung
für einen weitreichenden Transfer auf allen Gebieten der Verwaltung, Bildung und
Wirtschaft. Sehr deutlich wird dieser Transfer unter kunsthistorischen Gesichtspunkten. So
hat F. L. durch den Künstler Christoph Tausch über Breslau italienische Einflüsse nach Trier
gebracht 235 .
© Schlossmuseum Ellwangen - Foto vom Verfasser
Abb. 104:
Schlossmuseum Ellwangen:
- Stuckdecke im „Audienzzimmer“,
Wappenfries -
Das Lamm für Prüm
Bildnachweis:
© Schlossmuseum Ellwangen – Foto vom Verfasser
Abb. 105:
Schlossmuseum Ellwangen:
- Stuckdecke im „Audienzzimmer“,
Wappenfries -
Der Adler mit dem Trierer Kreuz
Abb.
Titelseite Abb. Franz Ludwig:
© Bischöfliches Dom- und Diözesanmuseum Trier – Inv. G 67 F: R. Schneider
Abb. Barockgemälde vom Dominnern um 1780:
© Bischöfliches Dom- und Diözesanmuseum Trier – Inv. M 25 – F: R. Schneider
Der Verfasser dankt dem Bischöflichen Dom- und Diözesanmuseum Trier - Herrn Groß-Morgen
- und allen anderen Bildrechte-Inhabern für die Bereitstellung der Abbildungen.
1 aus: Titelseite „Austauschkontakte zwischen Churpfalz und dem Bistum Worms vom 26.
August 1722“
2, 101, 102 © Schlossmuseum Ellwangen – Fotos vom Verfasser www.schlossmuseum-ellwangen.de
Der Verfasser dankt dem Schlossmuseum Ellwangen - Herrn Steuer - für die Fotoerlaubnis
und die Genehmigung, diese Bilder in diese Website übernehmen zu dürfen.
3, 4, 7, 9, 10 aus: http://de:wikipedias.org/wiki/Kurf%C3%BCrst – (GNU-FDL)
5 aus: http://de:wikipedias.org/wiki/Bild:Germany_Karl_IV_Goldene_Bulle_erteilend.pnd
(GNU-FDL)
235 Zanters S. 97-98
93

6 Briefmarke der Deutsche Bundespost
11 Schedelsche Weltchronik Struktur des Reiches
12, 13, 45, 91,
92, 93, 95
aus: http://de:wikipedia.org/wiki/Bild:Schedelsche_Weltchronik_Strruktur_des_Reiches.jpg
© Dr. Bernhard Peter - www.dr-bernhard-peter.de
Der Verfasser dankt Herrn Dr. B. Peter für seine exzellenten Bilder.
Für Abb. 95 bedankt sich der Verfasser bei Herrn Andreas Jungbluth „Cafe, Konditorei, Restaurant
Zur Steipe“ http://www.zur-steipe.de für die Erlaubnis, dieses Wappen hier einarbeiten
zu dürfen.
14 © Regierung der Oberpfalz
Der Verfasser dankt der Regierung der Oberpfalz für die Überlassung des Bildes.
15, 18, 100 © Kath. Pfarramt St. Vitus, Ellwangen:
Abb. 13: Foto Dr. Bernhard Peter
Abb. 18 + 100: Foto vom Verfasser
Der Verfasser dankt dem Kath. Pfarramt St. Vitus Ellwangen - Herrn Pfarrer Windisch - für
die Foto-Erlaubnis und die Genehmigung, diese Bilder in diese Datei übernehmen zu dürfen.
16 © Sammlung Arnold; „Nachweis: Bernard Thibaut de Maisieres, Chateau de Deulin,
Fronville/Belgien; Abdruck in: (ganze Titelei DO 40) S. 241“
Der Verfasser dankt Herrn Prof. Dr. Udo Arnold für die Genehmigung, dieses Bild in diese
Website übernehmen zu dürfen.
17 © Museen der Stadt Aschaffenburg
Der Verfasser dankt den Museen der Stadt Aschaffenburg - Frau Ines Otschick - für die Bereitstellung
dieses Bildes und die Genehmigung, es hier verwenden zu dürfen.
19, 21 © Hist. Verein Neuburg/Do - Schlossmuseum Neuburg/Do; Foto vom Verfasser
Der Verfasser dankt dem Hist. Verein Neuburg/Do – Frau Höglmeier und Herrn Thiele – für
die Erlaubnis, diese Bilder in diese Website übernehmen zu dürfen.
www.neusob.de/historischervereinneuburg
Fotoerlaubnis für das Schloss Neuburg/Do durch die Bayerische Schlösserverwaltung (BSV)
8, 20, 52, 53,
55, 56, 57, 58,
60, 65, 78, 94,
104, 105
liegt vor. www.schloesser.bayern.de
Fotos vom Verfasser
22 aus:
http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:1640_sitzung-des-immerwaehrenden-reichstags-regensburgstich-merian_1-1560x1100.jpg
23, 38 © Thomas Höckmann Atlas 2006 – Bildrechte erworben
www.hoeckmann.de/atlas2006-de.pdf
Abb. 23 aus Karte „Rheinland-Pfalz 1789“ S. 9
Abb. 38: wie Abb. 23
24 aus: http://commons.wikimedia.org/wiki/Image:Wappen_Kurtrier.gif
25, 30, 59 © Bischöfliches Dom- und Diözesanmuseum Trier
Abb. 25: Inv. G 66 F: R. Schneider
Abb. 30: Inv. G 67 F: R. Schneider
Abb. 59: Inv. M 25 F: R. Schneider
Der Verfasser dankt dem Bischöflichen Dom- und Diözesanmuseum Trier - Herrn Groß-Morgen
– für die Erlaubnis, diese Bilder in diese Website übernehmen zu dürfen.
26, 31, 33, 35 © Österreichische Nationalbibliothek Wien, Bildarchiv – Bildrechte erworben www.onb.ac.at
Abb. 26: Franz Ludwig – Genehmigung liegt vor.
Abb. 31: „Eleonora Magdalena von Pfalz-Neuburg am Totenbett Bildarchiv RV3282-AB“
Abb. 33: „Elisabeth Amalie von Hessen-Darmstadt (1635-1709) Bildarchiv Pg 29 III/5“
Abb. 35: „Einzug Herzogs Philipp Wilhelms von Pfalz-Neuburg und seiner Gemahlin Elisabeth
Amalie in Wien 1679 anlässlich der Taufe ihres Enkels Josef I. und Taufakt Bildarchiv
NB 740.063/CLB(RF)“
Dankenswerterweise hat der N. G. Elwert Verlag Marburg dem Verfasser die Erlaubnis erteilt,
diese Bilder aus dem von diesem Verlag herausgegebenen Buch „Maria Lehner: Ludwig Anton
von Pfalz-Neuburg (1660-1694); Marburg 1994, Bildanhang“ entnehmen zu dürfen.
ElwertMail@Elwert.de
27, 36 © Museum und Schatzkammer des Deutschen Ordens/Wien
Abb. 27: Franz Ludwig (Halbtaler) 1722 – geprägt für Trier – Dudik Nr. 284
Abb. 36: Franz Ludwig (Medaille) 1726 – geprägt für Trier – Dudik Nr. 285
aus: Dudik, Dr. Beda OSB: Des Hohen Deutschen Ritterordens Münz-Sammlung in Wien,
94

Bonn-Godesberg 1966
Der Verfasser dankt dem Museum und der Schatzkammer des Deutschen Ordens in Wien -
Herrn Dr. Beuing - für die Genehmigung, diese Bilder hier veröffentlichen zu dürfen.
www.deutscher-orden.at
Dankenswerterweise hat der Konrad Theiss Verlag Stuttgart dem Verfasser die Erlaubnis erteilt,
diese Bilder aus dem von diesem Verlag herausgegebenen Buch „Curt Mayer: „Münzen
und Medaillen der Fürstpropstei Ellwangen; Ellwangen 1980“ entnehmen zu dürfen.
Abb. 27: Nr. 29, S. 43
Abb. 36: Nr. 44 S. 50 - www.theis.de
28 © Antiquariat Turszynski - www.turszynski.com
Der Verfasser dankt Herrn Turszynski für die Genehmigung, dieses Bild in diese Website
übernehmen zu dürfen.
29 © Stadt Neuburg/Do - www.neuburg-donau.de – Foto vom Verfasser
Der Verfasser dankt der Stadt Neuburg/Do – Kulturamt, Herrn Dr. Distl – für die Fotoerlaubnis
und die Genehmigung, dieses Bild in diese Website übernehmen zu dürfen.
32 © Studienseminar Neuburg/Do – Foto vom Verfasser
Der Verfasser dankt dem Studienseminar Neuburg/Do – Herrn Pfannschmidt – für die Fotoerlaubnis
und die Genehmigung, dieses Bild in diese Website übernehmen zu dürfen.
34, 103 © Landeshauptstadt Düsseldorf – Stadtmuseum
Abb. 34: „Eleonore Magdalena Theresia (1655-1720), Pfalzgräfin bei Rhein zu Neuburg,
Herzogin von Jülich-Berg, Kaiserin B 31“
Abb. 103: „Franz Ludwig (1664-1732) Pfalzgraf bei Rhein zu Neuburg, Kurfürst von Trier
und Mainz D 1033“
Der Verfasser dankt der Landeshauptstadt Düsseldorf – Stadtmuseum, Frau Kleinbongartz
M. A. – für die Genehmigung, diese Bilder aus der Internetseite
www./duesseldorf.de/stadtmuseum/sammlung verwenden zu dürfen.
37 Foto EJR
aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Abtei_Pr%C3%BCm_mit_St._Salvator-Basiklika.igp
39 Wikipedia gemeinfrei
40, 41, 42, 43,
46
aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Wappen_der_F%C3%BCm.jpg
Fotos Georg Sternitzke
Der Verfasser dankt Herrn Sternitzke, Leiter der TI Prümer Land, für die Bereitstellung der
Bilder.
44 Foto EJR
aus: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title_Bild:Wappen_der_St.Salvator_Basilika-
47, 54, 61, 62,
63, 64, 66, 67,
68, 69, 77
Pt%C3%BCm.jpg
Fotos Benedikt W. Habermayr
Der Verfasser dankt Benedikt W. Habermayr für die Bereitstellung seiner schönen Bilder.
48, 72 © Stadtarchiv/Stadtbibliothek Trier
Abb. 48: Grafiksammlung, Stadtansichten Nr. 5
Abb. 72: Genehmigung liegt vor.
Der Verfasser dankt dem/der Stadtarchiv/Stadtbibliothek Trier - Herrn Dipl.-Archivar B. Simon
- für die Genehmigung, diese Abbildungen in diese Website übernehmen zu dürfen.
49, 51, 90, 96 Fotos Stefan Kühn - GNU
Abb. 49 aus:
http://wikipedia.org/w(index.php?title=Bild:Trier_Dom_Gangolf_Liebfrauenkirche...
Abb. 51:
http://wikipedia.org/w(index.php?title=Bild:Trier_Dom_39.jpg
Abb. 90:
aus: http://wikipedia.org/w(index.php?title=Bild:Roemerbruecke_Trier_2.jpg
Abb. 96:
aus: http://wikipedia.org.w/index,php?title_Bild:Hauptmarkt_Trier_SK.jpg&...
Der Verfasser dankt Herrn Stefan Kühn für die schönen Bilder.
50 Foto Berthold Werner
aus: http://wikipedia.org/w(index.php?title:Bild:Trier_Dom_und_Liebfrauen_Trier.jpg
Der Verfasser dankt Herrn Berthold Werner für das schöne Bild GNU (FDL)
70 Wappen aus: Kastner Karl: Breslauer Bischöfe; Breslau 1929; S. 29
71 © Bistum Trier - Foto Rita Heyen
Der Verfasser dankt dem Bistum Trier - Herrn Rempe - für die Genehmigung, dieses Bild in
diese Website übernehmen zu dürfen.
95

72 Bildrechte ungeklärt
Der Bildrechte-Inhaber wird gebeten, sich mit dem Verfasser in Verbindung zu setzen.
wolfgang-kaps@gmx.net
73, 74 aus: Grüger Heinrich: Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg als Bauherr in Schlesien (16583-
1732) und Kurtrier (1716-1729); in: JSFWUB, Band 28/29 (1987/1988); beide Abb. S. 149
75 Author Dendker
aus: http://wikipedia.org/w/index.php?title=Bild:Heiliger_Rock_Trier_1933.jpg
Der Verfasser dankt für das schöne Bild.
76 Author Kurz & Allison
aus: http://wikipedia.org/w/index.php?title=Bild:Heiliger_Rock_Trier_Wallfahrt_1891.jpg
Der Verfasser dankt für das schöne Bild.
79 Author touriste – Wikipedia
80 Foto F. Lang - Wikipedia
81, 82, 83 © VVV Leutesdorf e.V.
Der Verfasser dankt VVV Leutesdorf e.V. – Herrn Erich Schneider – für die Bereitstellung
dieser Bilder und die Erlaubnis, sie hier veröffentlichen zu dürfen. Ebenso dankt der Verfasser
Herrn Erich Schneider für die Zusendung von Literatur.
84, 85, 86, 87 © Gemeinde Brauneberg
Der Verfasser dankt der Gemeinde Brauneberg -Touristikbüro, Frau Petra Clüsserath - für die
Genehmigung, diese Bilder in diese Website übernehmen zu dürfen.
88 Foto Volker Thies (Asdrubal) - Wikipedia
97
© Museen der Stadt Aschaffenburg - “Franz Ludwig: Der Kurfürst von Mainz Inv. Nr. 3/48“
Der Verfasser dankt den Museen der Stadt Aschaffenburg - Frau Ines Otschick - für die Genehmigung,
dieses Bild auf dieser Website verwenden zu dürfen.
98 Foto Kandschwar aus:
http://wikipedia.org/w/index.php?title=Bild:1729-1732FranzLudwigVonPfalzNeuburg.jpg
Der Verfasser dankt für das schöne Bild.
99 Karte erstellt von Prankster
aus: http://wikipedia.org/w/index.php?title=Bild:Karte-Bistum-Trier.png
Der Verfasser dankt für das schöne Kartenbild.
100 Bild aus: Paul Kutzer: Kirchengeschichte von Ziegenhals; Ziegenhals 1932; S. 49
101 © J. G. Herder-Institut Marburg Bildarchiv - NR. 4d 3099, alte Original-Nummer 4516
Mit freundlicher Genehmigung der Apostolischen Visiatur Breslau in Münster.
Der Verfasser dankt dem J. G. Herder-Institut Marburg - Bildarchiv - und der Apostolischen
Visiatur Breslau in Münster für die Genehmigung, diese Abbildung in diese Website übernehmen
zu dürfen.
103 © Deutschordenszentralarchiv (DOZA) Wien – Der Verfasser dankt dem DOZA Wien -
Herrn Dr. Friedrich Vogel - für die Genehmigung, diese Abbildung hier verwenden zu dürfen.
zentralarchiv@deutscher-orden.at
Wolfgang Kaps
Dezember 2011
wolfgang-kaps@gmx.net
wolfgang.kaps251@googlemail.com
96