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Planung Vernetzter Biotopsysteme Bereich Landkreis Südwestpfalz ...

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Strauchbestände 123<br />

angrenzende Hecken- und Strauchbestände, die von Beginn der Brutperiode an weite Nahrungsflüge<br />

erfordern, stellen daher für den Neuntöter nur suboptimale Biotope mit geringeren Bruterfolgsraten dar<br />

(JAKOBER & STAUBER 1987a). Für den Neuntöter ist es nicht nur erforderlich, kurzrasige,<br />

insektenreiche Biotope in unmittelbarer Nähe des Brutgehölzes zur Verfügung zu haben, sondern in<br />

optimalen Gesamtlebensräumen zahlreiche geeignete Bruthabitate vorzufinden 365 .<br />

Die Zipfelfalter v. a. der Gattung Strymonidia sind sehr immobil; sie fliegen deshalb lokal konzentriert<br />

in kleinen Arealen. LÜTTMANN & ZACHAY (1987) ermittelten an der Nahe für Zipfelfalter ein<br />

Minimalareal von weniger als 1 ha. Aus Großbritannien liegen Untersuchungen für Strymonidia pruni<br />

vor, wonach sich eine Population über mehr als 60 Jahre in einem optimal strukturierten, ca. 6 ha großen<br />

Biotop halten konnte (HALL 1981) 366 .<br />

Um die zu erwartende potentielle Gesamtbrutvogelartenzahl von an Hecken- und Strauchbestände<br />

gebundenen Vogelarten zu erreichen, ermittelten ZWÖLFER (1982) und GASSMANN & GLÜCK<br />

(1988) eine notwendige Dichte von mehr als 8.000 m verschieden strukturierter Hecken auf 100 ha<br />

Flächengröße.<br />

Die Untersuchungen von PUCHSTEIN (1980) zeigen deutlich, daß neben der Länge auch die<br />

Strukturvielfalt (z. B. Alter, Breite, Höhe) und die Vernetzung (Abzweigungen, Doppelhecken etc.) von<br />

Hecken und Strauchbeständen wertbestimmend für Diversität und Abundanz bei Vögeln sind. In einem<br />

Agrarlandschaftsausschnitt des Hunsrücks konnten in maximal 3 m schmalen, auf längeren Strecken nur<br />

noch fragmentarisch ausgebildeten Hecken mit einer Gesamtlänge von ca. 2.600 m insgesamt nur 8<br />

Brutvogelarten festgestellt werden; typische Arten mit hohen Abundanzen waren v. a. Goldammer und<br />

Dorngrasmücke (vgl. HEITKAMP & HINSCH 1979). In 5-10 m, stellenweise 25 m breiten Hecken<br />

(Länge ca. 1.300 m) und Feldgehölzen (0,5-1 ha) wurden dagegen 34 Brutvogelarten nachgewiesen<br />

(SMOLIS in HARFST & SCHARPF 1987). ZENKER (1982) konnte feststellen, daß die meisten der von<br />

ihm als häufige Brutvögel größerer Waldflächen gefundenen Arten in (Feld-)Gehölzbeständen der<br />

Offenlandschaft erst ab einer Größe von 0,9 ha auftraten.<br />

Die Analyse der Brutvogelwelt von verschiedenen, im Mittel 50 ha großen Agrarlandschaftsausschnitten<br />

in Rheinland-Pfalz (SMOLIS in HARFST & SCHARPF 1987) hat gezeigt, daß eine größere<br />

Brutvogelvielfalt (15 bis über 30 Arten und Abundanzen über 10 BP/10 ha) erst in Landschaftsausschnitten<br />

erreicht wurde, wo der Anteil unterschiedlich strukturierter Gehölzbestände (Hecken,<br />

Feldgehölze, Baumreihen) und anderer Extensivstrukturen (z. B. krautige Brachen, Grabensäume)<br />

mindestens 3 bis 6 % betrug (entsprechend 6.000-12.000 m/100 ha). Der Grünlandanteil betrug zumeist<br />

30-50 %.<br />

Für das Rebhuhn sollte die optimale Landschaftsstruktur zu 80 % aus offenen Flächen und zu 20 % aus<br />

Saumstrukturen bestehen (SCHNEIDER 1984). Für englische Kulturlandschaften werden mindestens<br />

8.000 m Hecke/100 ha als erforderlich angesehen (POTTS 1970). In der ausgeräumten Agrarlandschaft<br />

der Wetterau konnte sich eine kleine Rebhuhnpopulation noch bei ca. 1.000 m Hecke/100 ha und<br />

365<br />

Wie die Untersuchungen von JAKOBER & STAUBER (1987b) zeigen, ist die Reproduktionsstrategie des Neuntöters nicht<br />

auf Einzelvorkommen an punktuell geeigneten Habitatstrukturen ausgerichtet. Vielmehr werden Brutverbreitung und -erfolg<br />

entscheidend durch regelmäßige jährliche bzw. innerbrutzeitliche Dispersionsprozesse zwischen den Individuen und Paaren<br />

einer Population innerhalb eines größeren Landschaftsausschnittes bestimmt. Die Autoren konnten feststellen, daß in einer<br />

10 km² großen, vom Neuntöter besiedelbaren Biotopfläche die sehr brutorttreuen Männchen als Kristallisationspunkt für weitere<br />

Ansiedlungen wirken: Bei fast drei Viertel aller Männchen in der von JAKOBER & STAUBER (1987b) untersuchten Neuntöter-<br />

Population stimmte der Brutplatz des folgenden Jahres mit dem vorjährigen überein oder lag maximal 200 m von diesem<br />

entfernt. Zur Partnersuche zu Brutzeitbeginn unternehmen sie bis 1 km weite Flüge in die Umgebung des ursprünglich<br />

gewählten Brutreviers und können sich dabei auch in einem benachbarten geeigneten Bruthabitat, das von einem Weibchen<br />

bevorzugt wird, ansiedeln. Die weniger brutorttreuen Weibchen (bei mehr als der Hälfte aller Weibchen der von JAKOBER &<br />

STAUBER (1987b) untersuchten Neuntöter-Population war der Brutplatz des folgenden Jahres vom vorjährigen 300 m bis mehr<br />

als 2 km (max. 5,5 km) entfernt) sind in der Lage, die (von Männchen besetzten) potentiellen Brutplätze über eine weite<br />

Entfernung hinweg zu prüfen. Bei innerhalb der Brutzeit regelmäßig vorkommenden Gelegeverlusten infolge von<br />

Witterungseinflüssen und Nestfeinden können sie i. d. R. offensichtlich gezielt in benachbarte Reviere umsiedeln und mit<br />

anderen Männchen Ersatzbruten durchführen. Ihr Aktionsradius beträgt dabei regelmäßig bis zu 2 km (max. bis 5 km). Gefördert<br />

durch die notwendigen Sozialkontakte werden beim Neuntöter häufig unregelmäßige Brutverteilungen mit Konzentrationen in<br />

(wenigen) besonders günstigen Habitaten beobachtet (JAKOBER & STAUBER 1987b, LÜBCKE & MANN 1987). Bei hoher<br />

Paardichte kann der Flächenanspruch für ein Revier dabei bis auf 0,1 ha zurückgehen (JAKOBER & STAUBER 1987a).<br />

366<br />

Aufgrund der äußerst geringen Mobilität dieser Art wurden jedoch selbst naheliegende geeignete Biotope nicht bzw. kaum<br />

besiedelt; aus dieser Quelle ist nicht zu entnehmen, ob die Population ohne das durchgeführte gezielte Wiedereinsetzen von<br />

Individuen und das auf die Art abgestimmte Biotopmanagement tatsächlich mehr als 60 Jahre überlebt hätte.

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