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2012. - ZEITUNG AM SAMSTAG

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F R E I B U R G UND DIE WELT Samstag, 12. Mai 2012<br />

Filmemacher Marco Keller – Mit „Kahlschlag“<br />

hat er seinen dritten kritischen Dokumentarfilm<br />

gedreht. Diesmal zeigt er die Auswirkungen der<br />

Globalisierung in Brasiliens, die besonders die<br />

indigene Bevölkerung betreffen.<br />

Die Wahlheimat des 35-jährigen Medienpädagogen und Filmemachers Marco<br />

Keller ist Freiburg, seine berufliche Leidenschaft aber führt ihn in ferne Länder, in<br />

der gesellschaftlich oder von der Welt Benachteiligte leben. Sein neuer Dokumentarfilm<br />

„Kahlschlag“ zeigt die Auswirkungen der Globalisierung in Brasilien, wo<br />

dichte Wälder abgeholzt und indigene Völker vertrieben werden. Ab Samstag zeigt das<br />

Friedrichsbau-Kino diesen aufrüttelnden und bewegenden Film, der bereits mehrfach auf<br />

Festivals mit Preisen ausgezeichnet wurde. Im Gespräch mit Barbara Breitsprecher erzählt<br />

Marco Keller, wie er es geschafft hat, seinen Film ins Kino zu bringen.<br />

Zeitung am Samstag: Wie wird man ein Filmemacher, wie Sie es sind?<br />

Marco Keller: Ich habe in Freiburg Medienpädagogik studiert. Im Rahmen meines Studiums<br />

habe ich verschiedene Medienbereiche kennengelernt. Das war zwar kein Filmstudium,<br />

aber ich habe während des Studiums angefangen, mich intensiver mit dem<br />

Film zu befassen und habe parallel meine ersten Filme gedreht.<br />

ZaS: War von Anfang an klar, dass sie Dokumentarfilme drehen würden und keine<br />

Spielfilme?<br />

Keller:Mir geht es vor allem um Themen, die in der standardisierten Medienwelt<br />

einfach zu wenig Aufmerksamkeit bekommen. Es sind Nischen-Themen, die es<br />

verdient haben, dass der Fokus darauf gelenkt wird.<br />

ZaS: Von denen gibt es natürlich sehr viele. Wie wählen Sie da aus?<br />

Keller: Das sind meistens persönliche Bezüge, die entstehen.<br />

ZaS: Wieviel, glauben Sie, kann man durch solche Filme wie die Ihren wirklich bewegen<br />

in der Welt?<br />

Keller: Man muss den Zuschauer mit auf die Reise nehmen, ihm Einblick gewähren.<br />

Dann können die Zuschauer sich austauschen und eine politische Plattform bilden.<br />

Über Netzwerke können sie dann auch weiter aktiv werden. Aber natürlich ist dies<br />

ein Independant-Film, mein Bewegungsspielraum ist finanziell sehr eingegrenzt.<br />

Das ist ja kein Hollywood-Kassenschlager.<br />

ZaS: Wie haben Sie das überhaupt geschafft, Ihren Film in die Kinos zu bringen?<br />

Keller: Ich wollte ihn unbedingt im Kino haben und habe da nicht locker gelassen.<br />

Schließlich habe ich einen Eigenvertrieb gegründet, dieser Film war einfach nicht für<br />

die Schublade gemacht.<br />

ZaS: Wie konnten Sie das finanziell stemmen?<br />

Keller: Ich hatte diverse kleinere Sponsoren und Förderer, die enorm geholfen haben.<br />

Außerdem habe ich eine kleine Vertriebsförderung bekommen, dadurch konnte ich<br />

eine Kulturmanagerin und die Werbung finanzieren. Aber es steckt auch sehr viel Geld<br />

von mir selbst, aus meiner selbstständigen Tätigkeit mit Film- und Fotoaufträgen, in<br />

dem ganzen Projekt.<br />

ZaS: Claus Kleber, Moderator beim ZDF-Heute Journal, hat über Ihren Film gesagt:<br />

„Die Nähe zu den Akteuren, der respektvolle Umgang mit ihnen, war ein wohltuender<br />

Kontrast zum schnellen, effizienten Erzählen, zu dem wir oft gezwungen<br />

sind. Mein Kompliment und Glückwunsch.“ Wie kam es zu dieser positiven Kritik?<br />

Keller: Ich hatte Claus Kleber flüchtig in Freiburg kennengelernt und ihm einfach den<br />

Film in die Hand gedrückt und ihn gefragt, ob er nicht mal Lust habe, ihn sich anzuschauen.<br />

Er hat sich die Zeit genommen und war von dem Film sehr angetan.<br />

ZaS: Wie groß war Ihr Team, mit dem Sie in Brasilien unterwegs waren?<br />

Keller: Den Film „Kahlschlag“ habe ich, was die Dreharbeiten betrifft, komplett selbst<br />

gemacht. Das ist zum Teil schwierig, hat aber Vorteile. In der Postproduktion habe ich<br />

mir die Hilfe guter Leute dazu geholt.<br />

ZaS: Eine Besonderheit Ihre Filmes ist, dass sie keine Szenen nachgestellt haben.<br />

Keller: Ich halte nicht viel vom Nachstellen. Es sei denn, man will aus der Vergangenheit<br />

erzählen und solche Sequenzen zeigen. Ich will meine Protagonisten nicht<br />

in irgendwelche Rollen reinstecken oder zu Schauspielern machen.<br />

ZaS: Haben Ihre Protagonisten in Brasilien den Film schon gesehen?<br />

Keller: Die kennen den Film und sind davon sehr angetan.<br />

ZaS: Wird der Film dort offiziell gezeigt?<br />

Keller: Im Fernsehen sicher nicht, das ist in Deutschland schon schwierig genug. Auf<br />

einem Filmfestival in Rio de Janeiro lief er aber schon. Brasilien hat aber keine so<br />

gute Programm-Kino-Struktur, wie wir in Deutschland.<br />

ZaS: Haben Sie schon ein neues Projekt?<br />

Keller: Das ZDF ist an dem Thema Sojaanabau in Brasilien interessiert. Dazu werde<br />

ich bald eine Reportage drehen.<br />

� „Kahlschlag – Der Kampf um Brasiliens letzte Wälder“, Dokumentarfilm von<br />

Marco Keller, ab Samstag, 12. Mai, 21.15 Uhr, Friedrichsbau Kino (mit anschließendem<br />

Filmgespräch)

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