Lohengrin - Badisches Staatstheater - Karlsruhe
Lohengrin - Badisches Staatstheater - Karlsruhe
Lohengrin - Badisches Staatstheater - Karlsruhe
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OHENGRIN
IN LICHTER WAFFEN SCHEINE<br />
EIN RITTER NAHTE DA,<br />
SO TUGENDLICHER REINE<br />
ICH KEINEN NOCH ERSAH.<br />
DES RITTERS WILL ICH<br />
WAHREN,<br />
ER SOLL MEIN STREITER SEIN!
LOHENGRIN<br />
Große romantische Oper in drei Aufzügen von Richard Wagner<br />
Libretto vom Komponisten<br />
In deutscher Sprache mit Übertiteln<br />
Uraufführung 28. August 1850, Großherzogliches Theater Weimar<br />
Heinrich der Vogler Renatus Meszar a. G.<br />
<strong>Lohengrin</strong> Lance Ryan a. G. / John Treleaven<br />
Elsa von Brabant Heidi Melton / Christina Niessen<br />
Friedrich von Telramund Jaco Venter<br />
Ortrud, seine Gemahlin Susan Anthony a. G.<br />
Der Heerrufer des Königs Seung-Gi Jung / Armin Kolarczyk<br />
Erster Edelknabe Masami Sato / Camelia Tarlea<br />
Zweiter Edelknabe Maike Etzold / Nicole Hans<br />
Dritter Edelknabe Ulrike Gruber / Uta Hoffmann<br />
Vierter Edelknabe Unzu Lee-Park / Christiane Lülf<br />
Erster Brabantischer Edler Doru Cepreaga / Ks. Johannes Eidloth<br />
Zweiter Brabantischer Edler Peter Herrmann / Thomas Krause<br />
Dritter Brabantischer Edler Marcelo Angulo / Wolfram Krohn<br />
Vierter Brabantischer Edler Alexander Huck / Andreas Netzner<br />
Doppelbesetzung in alphabetischer Reihenfolge<br />
Vier Trompeter in Begleitung<br />
des Heerrufers Studierende der Hochschule für Musik <strong>Karlsruhe</strong><br />
Musikalische Leitung Justin Brown<br />
Regie Reinhild Hoffmann<br />
Bühne Hartmut Meyer<br />
Kostüme Emily Laumanns<br />
Licht Stefan Woinke<br />
Chor Ulrich Wagner<br />
Dramaturgie Tina Hartmann<br />
BADISCHER STAATSOPERNCHOR<br />
ExTRACHOR & Statisterie des BADISCHEN STAATSTHEATERS KARLSRUHE<br />
BADISCHE STAATSKAPELLE<br />
Premiere 1.4.12 GROSSES HAUS<br />
Aufführungsdauer ca. 4 ¼ Stunden, zwei Pausen<br />
Aufführungsrechte Edition Peters
Regieassistenz, Abendspielleitung EVA SCHUCH Musikalische Assistenz CHRISTOPH<br />
GEDSCHOLD, STEVEN MOORE, PAUL HARRIS Studienleitung WOLFGANG WIECHERT<br />
Chorassistenz THOMAS CADENBACH, STEFAN NEUBERT Regiehospitanz MARIA-<br />
MAGDALENA KWASCHIK / SINA SCHECKER Dramturgiehospitanz STEFANIE SCHWEIzER<br />
Bühnenbild-Assistenz CHRIS DAUBENBERGER Kostümassistenz STEFANIE GAISSERT<br />
Kostümhospitanz TATJANA REEH Übertitel DANIEL RILLING Soufflage ANGELIKA PFAU /<br />
EVELYN WALLPRECHT Inspizienz UTE WINKLER Leitung Statisterie URSULA LEGELAND<br />
Technische Direktion HARALD FASSLRINNER, RALF HASLINGER Bühne RUDOLF BILFINGER,<br />
MARGIT WEBER, HELGA GMEINER Leiter der Beleuchtungsabteilung STEFAN WOINKE<br />
Beleuchtungsmeister RICO GERSTNER Leiter der Tonabteilung STEFAN RAEBEL Ton HUBERT<br />
BUBSER, GUNTER ESSIG Leiter der Requisite WOLFGANG FEGER Werkstättenleiter THEO<br />
F. HAUSER Malersaal DIETER MOSER Leiter der Theaterplastiker LADISLAUS zABAN<br />
Schreinerei GÜNTER FURRER Schlosserei MARIO WEIMAR Polster- und Dekoabteilung<br />
UTE WIENBERG, BERNHARD BUSSE Waffenmeister MICHAEL PAOLONE<br />
Kostümdirektorin DORIS HERSMANN Gewandmeister/in Herren PETRA ANNETTE SCHREI-<br />
BER, ROBERT HARTER Gewandmeisterinnen Damen TATJANA GRAF, KARIN WÖRNER,<br />
ANNETTE GROPP Schuhmacherei THOMAS MAHLER, BARBARA KISTNER, GÜLAY<br />
YILMAz Modisterei DIANA FERRARA, JEANETTE HARDY Chefmaskenbildner RAIMUND<br />
OSTERTAG Maske SABINE BOTT, KARIN GRÜN, BRIGITTE REH, FREIA KAUFMANN, ANDREA<br />
WEYH, MONIKA SCHNEIDER, SINA BURKARD, SOTIRIOS NOUTSOS, MARION KLEINBUB,<br />
NATALIE STRICKNER, MARINA zIEBOLD, MIRIAM<br />
HAUSER, SANDRA OESTERLE<br />
WIR DANKEN<br />
Eventfloristik für die Blumen zur Premiere und<br />
der Privatbrauerei Hoepfner für die Unterstützung der Premierenfeier.<br />
WER NUN DEM GRAL zU DIENEN IST ERKOREN,<br />
DEN RÜSTET ER MIT ÜBERIRDISCHER MACHT, –<br />
AN DEM IST JEDES BÖSEN TRUG VERLOREN,<br />
WENN IHN ER SIEHT,<br />
WEICHT DEM DES TODES NACHT<br />
2 Lance Ryan, Heidi Melton, Renatus Meszar
EIN MÄRCHEN<br />
AUS DER<br />
NEUEREN<br />
zUM INHALT<br />
1. AkT<br />
Auf der Suche nach Verbündeten für seinen<br />
Feldzug gegen die Ungarn kommt König<br />
Heinrich der Vogler nach Brabant und<br />
findet das Land ohne politische Führung.<br />
Graf Telramund klagt die Thronerbin Elsa<br />
des Brudermordes an, weil ihr jüngerer<br />
Bruder Gottfried spurlos verschwunden<br />
ist. König Heinrich beschließt ein Gottesurteil<br />
und fordert Elsa auf, einen Kämpfer<br />
zu stellen, der ihre Ehre im Kampf gegen<br />
Telramund verteidigen soll.<br />
Elsa berichtet von einem Ritter, der ihr<br />
im Traum erschienen sei. Er soll für sie<br />
kämpfen, zum Lohn in Brabant herrschen<br />
und sie zur Frau nehmen dürfen.<br />
4<br />
zEIT<br />
Tatsächlich erscheint plötzlich ein Ritter,<br />
geführt von einem Schwan, und erbietet<br />
sich, für Elsas Ehre zu streiten.<br />
Für den Fall eines Sieges und einer Hochzeit<br />
mit ihr stellt er nur eine Bedingung:<br />
sie darf ihn nie nach Namen und Herkunft<br />
fragen. Elsa verspricht es, und der Ritter<br />
besiegt im Kampf Telramund, der durch<br />
die Niederlage des Betrugs überführt ist,<br />
mit dem Bann belegt wird und dadurch<br />
Besitz und Ansehen verliert.<br />
Die Hochzeit von Elsa mit dem Ritter wird<br />
für den kommenden Tag angesetzt. Anschließend<br />
sollen sich alle Männer zum<br />
Aufbruch in den Kampf bereit halten.
2. AkT<br />
In der Nacht klagt Telramund seine Gattin<br />
Ortrud an. Sie hatte ihm von dem angeblichen<br />
Brudermord Elsas berichtet und<br />
ihn so bewogen, Ortrud statt der ihm<br />
ursprünglich von ihrem Vater versprochenen<br />
Elsa zu heiraten und ihn schließlich<br />
überdies zur Klage gegen Elsa angestiftet.<br />
Doch Ortrud hat einen doppelten<br />
Plan, wie der fremde Ritter zu beseitigen<br />
sei. Sie will Elsa verleiten, die verbotene<br />
Frage zu stellen, im Gegenzug soll Telramund<br />
versuchen, die magischen Kräfte<br />
des Ritters durch eine kleine Verletzung<br />
zu brechen.<br />
Elsa verkündet den Lüften ihr Liebesglück,<br />
als Ortrud sich ihr mit scheinbarer<br />
Demut nähert. Von Mitleid überwältigt,<br />
nimmt die junge Frau ihre ehemalige<br />
Anklägerin bei sich auf. Listig verspricht<br />
Ortrud Elsa, sie mit ihren magischen<br />
Fähigkeiten davor beschützen zu wollen,<br />
dass ihr künftiger Gatte sie so rasch und<br />
geheimnisvoll verlässt, wie er kam.<br />
Am kommenden Morgen jedoch tritt Ortrud<br />
der bräutlich geschmückten Elsa in<br />
den Weg und beansprucht den Vortritt.<br />
Im Streit der beiden Frauen wirft sie Elsa<br />
vor, nicht einmal den Namen ihres künftigen<br />
Gatten zu kennen. Plötzlich erscheint<br />
auch Telramund und bezichtigt <strong>Lohengrin</strong>,<br />
beim Gotteskampf schwarzmagische<br />
Kräfte eingesetzt zu haben.<br />
<strong>Lohengrin</strong> fürchtet um die Standhaftigkeit<br />
der von Ortrud und Telramund verunsicherten<br />
Elsa und fragt sie, ob sie nun seinen<br />
Namen wissen möchte, was Elsa zaghaft<br />
verneint.<br />
Folgeseiten Jaco Venter, Lance Ryan<br />
3. AKT<br />
Der Hochzeitszug begleitet das Brautpaar<br />
nach der Trauung ins Brautgemach und<br />
lässt sie dort zum ersten Mal alleine zurück.<br />
Beide beteuern sich ihre Liebe und<br />
ihr Glück. Doch Elsa befürchtet, dass ihr<br />
Ritter seine Herkunft aus gutem Grund<br />
verschweigt, weil sie ihm gefährlich werden<br />
könnte. Sie bittet ihn, sich ihr anzuvertrauen,<br />
damit sie ihn besser schützen<br />
kann. <strong>Lohengrin</strong> versichert, dass seine<br />
Herkunft nicht ehrenvoller sein könnte<br />
und einzig Elsas Liebe ihm seine glanzvolle<br />
Heimat ersetzen könne. Doch seine<br />
Andeutungen können Elsa nicht beruhigen.<br />
Im Gegenteil, sie wecken in ihr die<br />
Angst, dass ihr Ehemann sie verlassen<br />
wird, sobald ihre Schönheit schwindet,<br />
Der Disput eskaliert und Elsa besteht<br />
eben darauf, den Namen ihres Mannes<br />
zu erfahren, da bricht Telramund mit gezückter<br />
Waffe in das Gemach ein und wird<br />
von <strong>Lohengrin</strong> in Notwehr erschlagen.<br />
Vor König Heinrich klagt <strong>Lohengrin</strong> seine<br />
Frau an, dass sie das öffentlich abgelegte<br />
Versprechen gebrochen habe und er<br />
nun Antwort geben müsse. In der Gralserzählung<br />
enthüllt er darauf hin seine<br />
Abstammung als Ritter der Tafelrunde<br />
und Sohn des Gralskönigs Parzival. Der<br />
Schwan kommt, ihn zurückzubringen, und<br />
<strong>Lohengrin</strong> übergibt Elsa Schwert, Horn<br />
und Ring für ihren Bruder, dessen baldige<br />
Rückkehr er ankündigt. Am Kettchen,<br />
das der Schwan trägt, erkennt Ortrud<br />
Gottfried wieder, den sie einst in ein Tier<br />
verwandelt hatte. <strong>Lohengrin</strong> hebt dessen<br />
Verzauberung auf und übergibt den Brabantern<br />
den Knaben als ihren rechtmäßigen<br />
Herzog und Anführer.<br />
5
DIE Liebe<br />
UNTER DEN<br />
BEDINGUNGEN<br />
zUM STÜCK<br />
<strong>Lohengrin</strong> entstand in für Wagner politisch<br />
wie privat bewegten Zeiten. Die erste Idee<br />
zu einer Vertonung des mittelalterlichen<br />
Märchens vom Schwanenritter reicht wohl<br />
noch in die von Demütigungen und bitterer<br />
materieller Not geprägte Zeit von Wagners<br />
Pariser Aufenthalt 1839 bis 1842 zurück. Die<br />
Aussicht auf die Aufführung des Fliegenden<br />
Holländers in Berlin und des Rienzi in Dresden<br />
lockte ihn nach Deutschland zurück,<br />
und, beflügelt vom Erfolg der beiden schließlich<br />
in Dresden uraufgeführten Werke, fand<br />
er sich dort binnen Jahresfrist zum Königlich<br />
Sächsischen Kapellmeister ernannt.<br />
Leider führte die neue Position weder zur<br />
erhofften finanziellen konsolidierung, noch<br />
zur künstlerischen Freiheit. „Meine Zukunft<br />
liegt in der Hand des Theatergesindels“,<br />
8<br />
DER<br />
WELT<br />
notierte der finanziell wie nach kompetenzen<br />
ungenügend ausgestattete und überdies<br />
gesundheitlich seit den entbehrungsreichen<br />
Pariser Jahren angegriffene Hofkapellmeister<br />
resigniert.<br />
Ein Aufenthalt im böhmischen Kurort Marienbad<br />
im Juli 1845, wo bereits Johann Wolfgang<br />
von Goethe zur Trinkkur geweilt und in<br />
unerfüllter Liebe die Marienbader Elegien<br />
verfasst hatte, verschaffte Wagner endlich<br />
die Muße zur Abfassung des <strong>Lohengrin</strong>-<br />
Librettos, dessen erste Prosafassung nach<br />
einer späteren Erinnerung Wagners in einem<br />
wahren Schaffensrausch entstand: „kaum<br />
war ich um die Mittagszeit in mein Bad gestiegen,<br />
als ich von solcher Sehnsucht, den<br />
<strong>Lohengrin</strong> aufzuschreiben, ergriffen ward,
dass ich unfähig, die für das Bad benötigte<br />
Stunde abzuwarten, nach wenigen Minuten<br />
bereits ungeduldig heraussprang, kaum<br />
die Zeit zum ordentlichen Wiederankleiden<br />
mir gönnte und wie ein Rasender in meine<br />
Wohnung lief, um das mich Bedrängende zu<br />
Papier zu bringen.“<br />
Am 17. November desselben Jahres las<br />
Wagner das inzwischen versifizierte Libretto<br />
im Freundeskreis vor, zu dem neben dem<br />
Architekten Gottfried Semper und dem Maler<br />
Julius Schorr auch Robert Schumann gehörte.<br />
Dieser lobte nach Wagners Erinnerung in<br />
Mein Leben den Text, verstand aber offenbar<br />
nicht, wie Wagner ohne die bis dahin übliche<br />
Einteilung in Rezitative und musikalische<br />
Nummern auskommen wollte. Ein Schreiben<br />
Schumanns an Felix Mendelssohn-Bartholdy<br />
zeigt hingegen, dass Schumann über Wagners<br />
Vorhaben insgesamt nicht wenig erschrocken<br />
sein dürfte, „denn ich trug mich<br />
schon seit einem Jahre mit demselben, oder<br />
wenigstens einem ähnlichen (Operntext) aus<br />
der Zeit der Tafelrunde herum – und muss<br />
ihn nun in den Brunnen werfen.“<br />
Im Verlauf des darauf folgenden Jahres begann<br />
Wagner mit der Vertonung, bei der sich<br />
der dritte Akt als problematisch herausstellte.<br />
Eine neue Fassung entstand bis März 1847<br />
unter dem Einfluss von Wagners Studien an<br />
Christoph Willibald Glucks Iphigenie en<br />
Aulide, und im ersten Quartal des Folgejahres<br />
wurde die Partitur abgeschlossen.<br />
Glucks Opernkunst stand Pate insbesondere<br />
für die Chöre des <strong>Lohengrin</strong>, die mitnichten<br />
einfach ein traditionelles oder gar rückwärtsgewandtes<br />
Element bilden, sondern als organischer<br />
Bestandteil des musikalischen Gefüges<br />
die szenischen Vorgänge versinnlichen.<br />
Die Premiere war bereits für 1849 geplant<br />
und es war Wagner selbst, der sie zum<br />
Platzen brachte durch seine Beteiligung am<br />
Dresdner Maiaufstand. Wie seine Freunde<br />
Semper und der Sänger, Dirigent, Komponist<br />
und vor allem leidenschaftliche Republikaner<br />
August Röckel wurde auch Wagner<br />
steckbrieflich „wegen wesentlicher Teilnahme<br />
an der in hiesiger Stadt stattgefundenen<br />
aufrührerischen Bewegungen“ gesucht und<br />
musste, ausgestattet mit falschem Pass und<br />
Reisemitteln von Franz Liszt, in die Schweiz<br />
fliehen. Erst 1860 sollte er nach einer Teilamnestie<br />
durch Johann I. von Sachsen nach<br />
Deutschland zurückkehren. Liszt war es<br />
auch, der 1850 <strong>Lohengrin</strong> in Weimar in einer<br />
fünfstündigen Fassung nach Wagners Vorgaben<br />
zur Uraufführung brachte.<br />
Die Reaktionen des Publikums auf das Werk<br />
mit seiner die vertrauten Formen des Genres<br />
außer Kraft setzenden, durchkomponierten<br />
Dramaturgie war ähnlich zwiespältig wie<br />
Schumanns Reaktion auf das Libretto. Wagner<br />
schob es ärgerlich auf die mangelhafte Deklamation<br />
der Sänger – ein Lamento, das seine<br />
Opern bis auf den heutigen Tag begleitet.<br />
Doch war es wohl auch die Mischung aus<br />
Märchen und psychologischem Experiment,<br />
die es schon für Wagners Zeitgenossen<br />
schwierig machte, das Stück zwischen<br />
romantischer Sage – immerhin wurde<br />
<strong>Lohengrin</strong> als „große romantische Oper“<br />
angekündigt – und einem historisch-philologischen<br />
Blick auf das Mittelalter zu verorten,<br />
der dieses nicht nur verklärt, sondern es<br />
überdies als Utopie für die Gegenwart präsentiert.<br />
Die Ratlosigkeit rief bald satirischen<br />
Spott über den Schwan hervor und wendete<br />
<strong>Lohengrin</strong>s feine Gesangslinie „mein lieber<br />
Schwan“ zum umgangssprachlichen Ausruf<br />
des Erstaunens.<br />
In der Ambivalenz von Märchen und politischer<br />
Parabel spiegelt sich auch der konflikt<br />
des zentralen Paares Elsa und <strong>Lohengrin</strong>: Ist<br />
die Liebe Staatsangelegenheit oder Privatsache?<br />
Vielleicht nicht zufällig wirft Wagner<br />
diese Frage im Werk seiner aktivsten politi-<br />
9
schen Phase auf. Für gekrönte Häupter galt<br />
traditionell die Ehe als Geschäft zwischen<br />
Staatsleuten; ein Vertrag, an dem das Herz<br />
keinen Anteil zu haben braucht. Elsa folgt<br />
dieser Tradition, indem sie ihr Reich als Preis<br />
für den Gewinner des Kampfes und Retter<br />
ihrer Ehre auslobt. Sich selbst stellt sie als<br />
Dreingabe zur Verfügung, so der Retter sie<br />
ehelichen möchte oder kann, also weder<br />
bereits verheiratet ist noch einen zölibatären<br />
Eid geschworen hat. Die Literatur des Spätmittelalters<br />
ist voller Beispiele für diese<br />
Praxis, mit der eine Thronerbin ihre Hand als<br />
Siegpreis eines Ritterturniers ausschreibt in<br />
der Hoffnung, auf diese Weise in jedem Fall<br />
einen Gemahl zu bekommen, der stark genug<br />
ist, sie künftig vor nachbarlichen Übergriffen<br />
zu beschützen, auch und gerade da er mit<br />
ziemlicher Sicherheit kurz nach der Hochzeitsnacht<br />
wieder auf Aventüre ziehen wird.<br />
Doch der ankommende <strong>Lohengrin</strong> fragt Elsa<br />
„soll ich dein Gatte heißen“ und wählt damit<br />
gezielt die bürgerliche Bezeichnung für die<br />
Ehe, die den physischen Akt des „sich gattens“<br />
ins Zentrum stellt und an der er bis zum<br />
Ende der Oper festhalten wird. Elsa hingegen<br />
wechselt zwischen den Begriffen, etwa<br />
wenn sie Ortrud den Vortritt beim Münster<br />
auch deshalb empört versagt, weil sie „eines<br />
Gottgerichteten Gemahl“ ist, und in Anbetracht<br />
dieses juristisch prekären Status keine<br />
Führungsrolle im Land beanspruchen kann.<br />
<strong>Lohengrin</strong> wurde vom Gral mit dem klaren<br />
Auftrag entsandt, eine bedrängte und unschuldige<br />
Frau zu retten. Entsprechend gleichen<br />
seine Verhandlungen mit Elsa für Verteidigung<br />
und anschließende Hochzeit unter<br />
der Bedingung des Frageverbots der Aushandlung<br />
eines Ehevertrags. Doch <strong>Lohengrin</strong><br />
sprengt das System mit seiner abschließenden<br />
öffentlichen Erklärung: „Elsa, ich<br />
liebe dich“. Das Frageverbot wird so zur<br />
ultimativen Vertrauensfrage an Elsas Liebe<br />
und Treue gekoppelt ist. <strong>Lohengrin</strong> verlangt<br />
von ihr rückhaltlose Hingabe, das sprichwörtliche<br />
Gottvertrauen in die Qualitäten seiner<br />
Persönlichkeit. Doch er übersieht dabei,<br />
dass beide in Brabant unter den Bedingungen<br />
der Welt leben, und diese Welt geprägt<br />
ist von frenetischem Wunderglauben auf<br />
der einen Seite und panischer Angst vor<br />
schwarzer Magie auf der anderen. Ein offenkundig<br />
mit übermenschlichen Kräften ausgestatteter<br />
Anonymus kann je nach Blickwinkel<br />
beides sein, ein gottgesandter Ritter oder<br />
ein kundiger Zauberer, der sich geschickt<br />
diesen Anschein zu geben vermag.<br />
Auf Elsas Schultern lastet die Verantwortung,<br />
Brabant einen Herrn oder Beschützer<br />
zu geben, dessen Status nicht von jedem<br />
dahergelaufenen Untertan – sogar einem<br />
mit Bann belegten – in Zweifel gezogen<br />
werden kann. Es ist ihre doppelte Funktion<br />
als Herrin und Liebende, die sie zerreißt.<br />
Doch auch <strong>Lohengrin</strong> zeigt sich nicht ganz<br />
frei von weltlicher Eitelkeit, wenn er in der<br />
Hochzeitsnacht damit prahlt, dass sein<br />
Rang noch über dem des Königs sei, und<br />
der Ort, von dem er komme, schöner als<br />
jedes Reich der Erde. Die Forderung, ihm all<br />
dies mit ihrer Liebe zu vergelten, versetzt<br />
Elsa in Panik. Wie sollte sie in der Lage<br />
sein, eine so übermenschliche Anforderung<br />
dauerhaft zu vollbringen, wenn erst das Leben<br />
mit seinen Unwägbarkeiten zuschlägt?<br />
Wird ihr Ritter sie beim ersten Streit, oder<br />
wenn ihre jugendlichen Reize verblühen<br />
von so rasch verlassen, wie er zu ihr kam?<br />
Die von Ortrud gesäte Angst lässt Elsa in<br />
<strong>Lohengrin</strong>s Liebesbeteuerungen nur noch<br />
die Forderung nach vollständiger Unterordnung<br />
wahrnehmen und in einer Aufwallung<br />
von Stolz die Nennung seines Namens von<br />
ihm fordern.<br />
10 Jaco Venter, Susan Anthony
THEATER<br />
REVOLUTION<br />
&<br />
zUM KOMPONISTEN<br />
Als Richard Wagner am 22. Mai 1813 das<br />
Licht der Welt erblickte, waren gerade mal<br />
fünfzig Jahre vergangen, seit die Eltern<br />
Lessings bei der Nachricht, ihr Sohn sei<br />
ein Komödien-Schreiber geworden, in<br />
tiefe Sorge verfielen. Aus den zu Lessings<br />
Zeit geächteten Schauspielern waren bis<br />
1813 respektable Bürger geworden. Wagners<br />
Stiefvater Richard Geyer war selbst<br />
Charakter-Spieler, Komiker, Tenor sowie<br />
Dichter, und in seinem Haus gingen Theaterschauspieler<br />
aus und ein. Nachdem<br />
Wilhelm Wagner sieben Monate nach<br />
Richards Geburt an Typhus gestorben<br />
war, heiratete seine Frau Johanna bereits<br />
1814 den langjährigen Freund der Familie<br />
Ludwig Geyer, der nach sieben Jahren Ehe<br />
ebenfalls verstarb. Unter seinem Namen<br />
und dem Vermerk „Wilhelm Richard Geyer,<br />
Sohn des verstorbenen Hofschauspielers<br />
Geyer“ wurde der junge Wagner 1822 eingeschult,<br />
der als ein sehr wildes Kind galt<br />
12<br />
und den Unterricht als erzwungene wie<br />
unnötige Pause vom Bühnenleben empfand.<br />
Wagners Mutter, eine Sopranistin, und<br />
ihre Schwester Rosalie, ihres Zeichens<br />
königlich-sächsische Hofschauspielerin,<br />
führten den Knaben auf ihre künstlerischen<br />
Bahnen, und nach einem Besuch der Oper<br />
Fidelio von Beethoven 1829 in Leipzig stand<br />
für den damals sechzehnjährigen Wagner<br />
fest, dass er Musiker werden würde. Auf<br />
den Brettern der Welt zuhause, im Wechselspiel<br />
von Wirklichkeit und Realität der<br />
Bühne aufgewachsen, atmete Wagner von<br />
Kindesbeinen auf nichts als Theater.<br />
Ohne sicher zu wissen, wer wirklich sein<br />
Vater war, wuchs er in einer Zeit der politischen<br />
Umbrüche auf. Am 13. Dezember<br />
1799 hatte Napoleon die Französische<br />
Revolution offiziell für beendet erklärt. Es<br />
folgten Erbfolge- und Befreiungskriege,<br />
die dazu führten, dass sich im Geburtsjahr
Wagners die Armeen der gegen Napoleon<br />
alliierten Staaten und desen Soldaten in<br />
der Völkerschlacht von Leipzig gegenüber<br />
standen.<br />
Wagners revolutionärer Geist erstreckte<br />
sich auf Musik und Gesellschaft seiner<br />
Zeit. Sein reformerischer Drang mündete in<br />
die Idee, Musik und Drama zu verknüpfen<br />
und damit zu einer Kunst der verbesserten<br />
Erziehung des Volkes beizutragen. Von der<br />
1831 beendeten Partitur zur Klaviersonate<br />
in b-moll bis zu seiner letzten, 1882 in Bayreuth<br />
uraufgeführten Oper Parsifal zeigt er<br />
sich als der Künstler, der die europäische<br />
Musik des 19. Jahrhunderts revolutionierte.<br />
Vor allem die 1857 bis 1859 entstandene<br />
Oper Tristan und Isolde, mit der Wagner<br />
sich gänzlich von der bis dahin für die Oper<br />
typischen Melodik der Arie abwandte und<br />
eine tonmalerische Harmonik eröffnete, gilt<br />
als Ausgangspunkt einer modernen Musik,<br />
deren Tonsprache unter vielen anderen<br />
Gustav Mahler und Richard Strauss fortsetzten.<br />
Mit der sogenannten unendlichen<br />
Melodie, die das Orchester durch die Leitmotivtechnik<br />
mit den einzelnen Dialogen<br />
der Protagonisten verknüpft, erzielte Wagner<br />
nicht nur eine Ausdruckskraft, die die<br />
Gedanken- und Gefühlsebene der Figuren<br />
ohne Worte darzustellen vermochte, sondern<br />
erzeugte eine seinen Zeitgenossen<br />
bisher unbekannte psychologisch authentische<br />
und rauschartige Wirkung.<br />
Vor und während seines Schweizer Exils<br />
von 1849 bis 1864 war Wagner ohne stetigen<br />
Wohnsitz. Beständige Ortswechsel wegen<br />
zeitlich begrenzter Arbeitsstellen und<br />
der Verfolgung durch die Gläubiger prägten<br />
sein Leben. Wagner erwartete von der Gesellschaft<br />
uneingeschränkte Unterstützung<br />
für sein künstlerisches Schaffen und nahm<br />
dabei wie selbstverständlich, Darlehen von<br />
ortsansässigen Bürgern auf, die er nicht<br />
zurückzahlen konnte und als lächerliche<br />
Schulden abtat. Seine Selbstüberzeugung<br />
und seine selbstverständliche Annahme,<br />
als Musiker eine bedeutende Position in<br />
Europa zu erhalten, sowie sein unbegrenztes<br />
Selbstbewusstsein ließen ihn trotz<br />
anhaltender finanzieller Unsicherheit nicht<br />
vom Pfad der kunst abweichen. Der Musikkritiker<br />
Eduard Hanslick beschrieb Wagner<br />
als einen Mann, „der in einem fort und<br />
immer von sich selbst, von seinen Werken,<br />
seinen Reformen, seinen Plänen“ sprach.<br />
Trotz seines Egoismus besaß er eine „hypnotisierende<br />
Gewalt, welche Wagner nicht<br />
bloß durch seine Musik ausübte, sondern<br />
auch durch seine Persönlichkeit.“ Nachdem<br />
er 1839 seine Stelle als kapellmeister<br />
in Riga aufgab, reiste er über London nach<br />
Paris in der Hoffnung, seinen kreditgebern<br />
zu entkommen und europäischen Ruhm<br />
zu erlangen. Von 1840 bis 1841 lebte er mit<br />
seiner Frau Minna unter ärmlichsten Bedingungen,<br />
die Wagner sogar dazu zwangen,<br />
seinen Prosaentwurf des Fliegenden Holländers<br />
für 500 Francs zu verkaufen. 1842<br />
verließ er Paris und erhielt eine Stellung als<br />
königlicher Hofkapellmeister an der Dresdner<br />
Hofoper.<br />
Beim Dresdner Maiaustand 1849 verteilte<br />
Wagner Handzettel mit dem „Aufruf zur<br />
Solidarisierung der Bevölkerung“ und<br />
wurde daraufhin per Steckbrief gesucht. Er<br />
floh aus Deutschland und lebte, von einigen<br />
musikalischen Reisen als Dirigent in Italien,<br />
Frankreich, Petersburg, Moskau, Budapest,<br />
Prag, Löwenberg, Breslau, Wien und, nach<br />
einer Teilamnestie 1860, auch in karlsruhe<br />
sowie, mit Unterbrechungen, bis 1864 in<br />
Zürich. In diesem Lebensabschnitt der<br />
Heimlatlosigkeit entstand <strong>Lohengrin</strong>.<br />
Stefanie Schweizer<br />
13
zEIT-<br />
TAFEL<br />
1813 Richard Wagner geboren am 22. Mai in Leipzig<br />
Giuseppe Verdi am 10. Oktober geboren<br />
1815 Zweite Abdankung Napoleons am 22. Juni<br />
1830 Unruhen im Gefolge der französischen Julirevolution<br />
1831 Wagner immatrikuliert sich am 23.02. an der Universität Leipzig als Musikstudent<br />
1832 Wagner beendet die Arbeit zu seiner ersten, vollständigen Oper DIE FEEN<br />
1835 Jungfernfahrt der ersten deutschen Eisenbahn am 7. Dezember<br />
1837 Wagner wird Musikdirektor in Königsberg<br />
1841 Wagner beendet die Partitur zum FLIEGENDEN HOLLÄNDER<br />
1847 Das Badische Hoftheater brennt am 28. Februar bis auf die Grundmauern nieder<br />
Uraufführung von Giuseppe Verdis Macbeth in Florenz<br />
1848 Nach der Abdankung Louis Philippe am 28. Februar wird die République francaise<br />
verkündet<br />
1849 Dresdner Mai-Aufstand<br />
Wagner flieht ins Schweizer exil<br />
1850 Uraufführung von LOHENGRIN am 28. August in Weimar<br />
1851 Uraufführung von Giuseppe Verdis Rigoletto in Venedig<br />
1865 Uraufführung von TRISTAN UND ISOLDE am 10. Juni in München<br />
1867 Alfred Nobel lässt seine Erfindung des Dynamits in mehreren Ländern patentieren<br />
1871 Emil Heckel gründet den ersten Wagner-Verein in Mannheim<br />
1876 Erste Bayreuther Festspiele<br />
1882 beendigung und Uraufführung von Wagners letztem Werk PARSIFAL<br />
1883 Richard Wagner stirbt am 13. Februar in Venedig<br />
14 Renatus Meszar, Heidi Melton, Lance Ryan, Badischer Staatsopernchor
DIE<br />
zUR MUSIK<br />
Das Frageverbot, das <strong>Lohengrin</strong> verhängt,<br />
ist unerfüllbar; auch ohne Ortuds Eingreifen<br />
müsste Elsa es verletzen – und sei es, wie<br />
in dem mittelalterlichen <strong>Lohengrin</strong>-Epos,<br />
erst nach Jahren. „Eben in der Unentrinnbarkeit<br />
des konfliktes lag“ – im Vergleich<br />
zum Tannhäuser – „das entscheidende<br />
Steigerungsmoment. Diese Unentrinnbarkeit,<br />
die sich im Theatersinne als Tragik<br />
darstellt, war das Primäre des Gesamtentwurfes,<br />
war die neue Gestaltungsidee“<br />
(Paul Bekker). Dass die katastrophe<br />
unausweichlich ist, müsste eigentlich auch<br />
dem stumpfesten Zuschauer spätestens<br />
am Ende des zweiten Aktes, in der Szene<br />
vor dem Münster, zur Gefühlsgewissheit<br />
werden. Der Zweifel – wie sie den Impuls<br />
nennt, der sie zum Aussprechen der Frage<br />
drängt – wird zwar von Elsa noch unterdrückt,<br />
aber nicht mehr geleugnet:<br />
„Hoch über alles Zweifels Macht … soll<br />
meine Liebe stehn!“<br />
16<br />
ÜBER-<br />
SCHREITUNG<br />
Der Anfang des dritten Aktes, die Szene<br />
im Brautgemach, ist nichts als eine Verzögerung.<br />
Dass die Szene immer wieder<br />
zu trivialem Spott herausfordert, beruht<br />
auf isolierender Wahrnehmung, die den<br />
dramatischen Zusammenhang verkennt<br />
und für das Zwielicht, in dem die Szene<br />
erscheint, unempfindlich ist. Bereits der<br />
Brautchor, der niemals aus dem Kontext<br />
gerissen werden dürfe, klingt anders,<br />
wenn man die Vergeblichkeit, die ihren<br />
Schatten über die Szene wirft, mithört.<br />
Die musikalische Harmlosigkeit, die dem<br />
Stück zu falscher Popularität verholfen<br />
hat, wirkt dann bedrückend.<br />
1851, in der Mitteilung an meine Freunde,<br />
schrieb Wagner: „<strong>Lohengrin</strong> suchte das<br />
Weib, das an ihn glaubte: das nicht früge,<br />
wer er sei und woher er komme, sondern<br />
ihn liebte, wie er sei und weil er so sei, wie<br />
er ihm erschiene. Er suchte das Weib, dem<br />
er sich nicht zu erklären, nicht zu recht
fertigen habe, sondern das ihn unbedingt<br />
liebe. Er musste deshalb seine höhere<br />
Natur verbergen. Zweifel und Eifersucht<br />
bezeugen ihm, dass er nicht verstanden,<br />
sondern nur angebetet wurde, und entreißen<br />
ihm das Geständnis seiner Göttlichkeit,<br />
mit der er vernichtet in die Einsamkeit<br />
zurückkehrt.“ <strong>Lohengrin</strong> als Tragödie der<br />
„absoluten Künstlers“.<br />
Die tragische Dialektik, die dem Werk<br />
zugrunde liegt, wird jedoch durch Wagners<br />
Kommentar, der durch die Stimmung der<br />
Jahre in der Verbannung geprägt ist, eher<br />
verdunkelt als erhellt. Sie besteht, formelhaft<br />
gesprochen, in nichts anderem, als<br />
dass das Ziel, das <strong>Lohengrin</strong> ersehnt, durch<br />
die Mittel, durch die er es zu erreichen<br />
sucht, durchkreuzt wird. Das Frageverbot,<br />
das er verhängt, um nicht angebetet, son-<br />
dern geliebt zu werden, wäre für eine<br />
Anbetung, die sich in scheuer Distanz hält,<br />
erfüllbar, ist es doch gerade nicht für eine<br />
Liebe, die menschliches Maß hat. Indem<br />
<strong>Lohengrin</strong> die Fremdheit, an der er leidet,<br />
aufzuheben sucht, verfestigt er sie.<br />
Wagner war, wie er in der Mittelung an<br />
meine Freunde schrieb, erstaunt und<br />
enttäuscht, dass <strong>Lohengrin</strong>, in dessen<br />
Tragik er seine eigene wiedererkannte, von<br />
manchen Beurteilern, und zwar nicht den<br />
schlechtesten, als kalte und verletzende<br />
Erscheinung empfunden wurde. Der Irrtum<br />
dürfte jedoch, so offenkundig er seiner<br />
ist, nicht unverzeihlich sein. Da <strong>Lohengrin</strong>,<br />
obwohl er menschlich empfindet oder sich<br />
danach sehnt, niemals seine Herkunft<br />
verleugnen kann, liegt es nahe, seine Liebe<br />
zu Elsa als Gnade, die er erteilt, misszuverstehen.<br />
Dass sie ein verletzliches und<br />
abhängiges Gefühl ist, wird nicht sinnfällig<br />
oder erst zu spät; in <strong>Lohengrin</strong>s Klage im<br />
dritten Akt. In keinem Augenblick zeigt er<br />
eine Regung von Angst. Er ist, kaum anders<br />
als der Wotan der Ring-Tetralogie, ein<br />
irdisch fühlender Gott; wird aber Wotan,<br />
trotz der nachdrücklichen musikalischen<br />
Unterstützung durch das Walhall-Motiv,<br />
durch die erbärmlichen Situationen, in die<br />
er gerät, daran gehindert, als glaubwürdiger<br />
Gott zu erscheinen, so ist es bei <strong>Lohengrin</strong><br />
gerade umgekehrt schwierig, hinter<br />
der überirdischen Natur, die vor allem<br />
durch die Chorreaktionen immer wieder<br />
szenisch und musikalisch verdeutlicht<br />
wird, die menschliche zu erkennen.<br />
Richard Strauss, dem niemand Mangel<br />
an robustem Theatersinn vorwerfen<br />
kann, rühmte am <strong>Lohengrin</strong> eine Szene,<br />
die einem flüchtigen, in Vorurteilen über<br />
„Operndramatik“ befangenen Hörer gerade<br />
als „undramatische“ Verzögerung der<br />
Handlung erscheinen mag: das Ensemble<br />
In wilden Brüten muss ich sie gewahren,<br />
das am Ende des zweiten Aktes den<br />
Augenblick bezeichnet, in dem der Zweifel<br />
in Elsa übermächtig geworden ist und die<br />
Katastrophe sich dem Gefühl als unabwendbar<br />
aufdrängt, obwohl Elsa die verbotene<br />
Frage gerade noch zu unterdrücken<br />
vermag. Nichts ereignet sich; aber das tönende<br />
Innehalten – und was die Personen<br />
sagen, ist nichts als ein Substrat für Musik<br />
und ein in Worte gefasstes erschrockenes<br />
Verstummen – ist beredter und mächtigerer<br />
Wirkung, als es drastische „Operndramatik“<br />
sein könnte. Das „kontemplative“<br />
Ensemble, wie Strauss es nannte, ist in<br />
Wahrheit ein „dramatisches“.<br />
Das retardierende, verzögernde Wesen<br />
der Musik, das ihren dramatischen Charakter<br />
zu gefährden scheint, ist also in<br />
der Oper kein bloßer Mangel, der durch<br />
forcierte Theatralik ausgeglichen werden<br />
muss, sondern hängt eng und untrennbar<br />
17
mit einer Möglichkeit dramatischer Wirkung<br />
zusammen, die dem Schauspiel fehlt und<br />
nach der es, wenn nicht alles täuscht, doch<br />
manchmal zu verlangen scheint: mit der<br />
Möglichkeit, einem flüchtigen Augenblick<br />
irreale Dauer zu verleihen, ihn kontemplativ<br />
festzuhalten. Und vielleicht ist die Oper,<br />
entgegen einer verbreiteten Vorstellung<br />
von robuster Opernhandlung, dort ihrer Idee<br />
am nächsten, wo die Handlung – wie in der<br />
Münsterszene aus <strong>Lohengrin</strong> und in dem<br />
Quintett aus den Meistersingern – stillsteht<br />
und die Musik mehr zu sagen scheint, als<br />
die Personen wissen und aussprechen:<br />
eine Musik, die in der Oper den „Geist der<br />
Erzählung“ repräsentiert von dem Thomas<br />
Mann einmal sprach.<br />
Das Zwiespältige der Situation, die das<br />
„kontemplative“ Ensemble umschreibt,<br />
der Widerstreit zwischen bedrängendem<br />
Bewusstsein des Unabwendbaren und<br />
Resten von Hoffnung, prägt sich in der Harmonik,<br />
den Tonartenbeziehungen aus, wie<br />
denn Wagner stets, wenn auch summarisch,<br />
den expressiven und allegorischen<br />
Charakter seiner Harmonik betont hat, die<br />
als bloß formbildendes Prinzip nicht zu<br />
begreifen ist.<br />
Als zusammenfassende Formel der Szene<br />
erscheint der Schluss: Neben dem f-moll<br />
des Frageverbots in übermächtigem Fortissimo<br />
steht in dünnem Pianissimo das C-Dur<br />
des Schlussakkords: ein substanzloses,<br />
ausgehöhltes, gleichsam unglaubwürdiges<br />
Dur. Und nicht weniger bezeichnend ist der<br />
Anfang des Ensembles, der durch einen<br />
Tonartsprung, von a-moll nach B-Dur, vom<br />
Vorausgegangenen abgehoben ist: Der<br />
Mangel an harmonischer Vermittlung wirkt<br />
als Zäsur, als Unterbrechung des musikalisch-dramatischen<br />
Fortgangs. Das B-Dur,<br />
scheinbar Tonart, ist jedoch, wie sich nach<br />
18<br />
wenigen Takten zeigt, bloße Nebenstufe<br />
in c-Moll. Und in der Doppelfunktion des<br />
B-Dur prägt sich, wie in einer allegorischen<br />
Andeutung, die flüchtig aufblitzt, der<br />
Charakter des Ensemblesatzes im Ganzen<br />
aus: sowohl das Moment des Ferngerückten,<br />
vom Handlungsverlauf Abgesetzten<br />
als auch das des Zwielichtigen und Ungewissen.<br />
Die Harmonik ist „beredter“ als<br />
die Melodik, die eigentliche musikalische<br />
„Sprache“.<br />
Die musikalische Einheit eines Musikdramas<br />
ist nach Wagners Anspruch, die<br />
Tragödie aus der Symphonie und die Symphonie<br />
aus der Tragödie zu begründen oder<br />
zu rechtfertigen, der eines Symphoniesatzes<br />
analog. Dennoch muss die neue Form<br />
der dramatischen Musik, um wiederum als<br />
Musik ein Kunstwerk zu bilden, die Einheit<br />
des Symphoniesatzes aufweisen und dies<br />
erreicht sie, wenn sie im innigsten Zusammenhang<br />
mit demselben [dem Drama] über<br />
das ganze Drama sich erstreckt, nicht nur<br />
über einzelne kleinere, willkürlich herausgehobene<br />
Teile desselben. Die symphonische<br />
Form des musikalischen Dramas aber<br />
ist, nicht anders als die Leitmotivtechnik,<br />
mit der sie eng zusammenhängt, keinem<br />
Schema unterworfen, sondern muss bei<br />
jedem Werk in ihren Prinzipien und Mitteln<br />
neu bestimmt werden.<br />
Stellte im Fliegenden Holländer die Ballade<br />
der Senta, als zusammenfassendes<br />
thematisches Bild, den Ausgangspunkt<br />
der Komposition dar, so suchte Wagner,<br />
wie er in der Mitteilung an meine Freunde<br />
schrieb, im <strong>Lohengrin</strong> eine ähnliche Einheit<br />
zu verwirklichen: nur dass ich hier nicht<br />
von vornherein ein fertiges musikalisches<br />
Stück, wie jene Ballade, vor mir hatte, sondern<br />
das Bild, in welches die thematischen<br />
Strahlen zusammenfielen, aus der Gestal-
tung der Szenen, aus ihrem organischen<br />
Wachsen aus sich, selbst erst schuf und in<br />
wechselnder Gestalt überall da es erscheinen<br />
ließ, wo es für das Verständnis der<br />
Hauptsituation nötig war. Ziel einer Analyse<br />
des <strong>Lohengrin</strong> wäre demnach, Wagners<br />
Metapher in musikalische Begriffe zu<br />
übersetzen und sich bewusst zu machen,<br />
was mit dem Bild gemeint ist, in das die<br />
thematischen Strahlen zusammenfallen.<br />
Die Anzahl der melodischen Motive oder<br />
Themen, die für die innere, musikalisch<br />
dargestellte Handlung konstitutiv sind,<br />
ist im <strong>Lohengrin</strong>, anders als in der Ring-<br />
Tetralogie (und sogar im Rheingold),<br />
noch gering. (Motive wie die Königsfanfare<br />
oder das musikalische Emblem des<br />
Gottesurteils, die durch die Herkunft aus<br />
der Bühnenmusik geprägt sind, bleiben<br />
peripher, obwohl sie unablässig wiederkehren:<br />
Sie sind musikalischer Requisiten<br />
ohne Bedeutung für das symphonische<br />
Gewebe.) Und ein zweites Merkmal, das<br />
die Motivtechnik im <strong>Lohengrin</strong> vom Leitmotiverfahren<br />
im engeren Sinne, das erst<br />
in der Ring-Tetralogie entwickelt wurde,<br />
auffällig unterscheidet, ist die Befangenheit<br />
in der rhythmischen Quadratur der<br />
Tonsatz-Konstruktion, die Wagner später<br />
vermied und verpönte. Die Hauptmotive<br />
werden sämtlich als reguläre, geschlossene<br />
Perioden mit Vorder- und Nachsatz<br />
exponiert; die Abweichungen von der<br />
Norm sind geringfügig.<br />
Im Verlauf der Oper, die nach Wagners<br />
Anspruch zugleich ein symphonisches<br />
Gewebe bildet, werden die thematischen<br />
Perioden in Halbsätze und Teilmotive<br />
zerlegt, um erst am Ende in periodischer<br />
Geschlossenheit wiederzukehren: ein<br />
Verfahren, das an die Durchführungs- und<br />
Reprisentechnik der Symphonie erinnert<br />
Folgeseiten Jaco Venter, Badischer Staatstopernchor<br />
und geschichtlich von ihr abhängig ist.<br />
Vorder- und Nachsatz werden voneinander<br />
getrennt, und die Themen schrumpfen<br />
schließlich zu kurzen Zitaten, die immer<br />
dann, wenn die innere oder äußere Handlung<br />
es nahelegt, in den musikalischen<br />
Text zwanglos eingefügt werden können,<br />
ohne dass kompositionstechnische<br />
Schwierigkeiten entstehen. Von einer<br />
Reduktion zu sprechen, ist allerdings<br />
streng genommen fragwürdig; denn es<br />
sind jeweils die ersten Takte der Themen,<br />
des Frageverbots, des Grals- und des<br />
<strong>Lohengrin</strong>motivs, die deren eigentliche<br />
Substanz, den Ausgangspunkt der musikalischen<br />
Konzeption bilden. Die thematischen<br />
Perioden sind das Resultat einer<br />
Ausspinnung der Motive, nicht umgekehrt<br />
die Motive das Ergebnis einer Zerteilung<br />
der thematischen Perioden. Die Periodenstruktur,<br />
die Quadratur der Tonsatz-Konstruktion,<br />
ist sekundär.<br />
Andererseits fühlte sich Wagner im <strong>Lohengrin</strong><br />
noch an die reguläre Syntax, die<br />
Schematik der Vier- und Achttakt-Gruppen<br />
gebunden, die das Gerüst, den festen Halt<br />
des Tonsatzes bilden, der sonst in isolierte<br />
deklamatorische und ariose Phrasen auseinanderfallen<br />
würde. Die Idee der Leitmotivtechnik<br />
im engeren Sinne, der Gedanke,<br />
dass die „quadratische“ Periodenstruktur<br />
überflüssig wird und in musikalische<br />
Prosa aufgelöst werden kann, sobald statt<br />
dessen ein dichtes Netz von Motivverknüpfungen<br />
den musikalisch-formalen<br />
Zusammenhalt verbürgt, ist erst in der<br />
Ring-Tetralogie verwirklicht worden.<br />
Carl Dahlhaus<br />
19
SEIL-<br />
TÄNzER<br />
zUR INSzENIERUNG<br />
In den vergangenen Jahren ist <strong>Lohengrin</strong><br />
häufig als politische Fabel verstanden worden.<br />
Die Inszenierung von Reinhild Hoffman<br />
(Regie), Hartmut Meyer (Bühne) und Emily<br />
Laumanns (Kostüme) macht dagegen den<br />
Versuch, in einer nach Bühne und Kostümen<br />
heutig anmutenden Welt auch das Märchenhafte<br />
der Geschichte zu deuten. Sie ereignet<br />
sich an einem typischen Ort für politische und<br />
gesellschaftliche Ereignisse unserer Tage:<br />
einem Stadion. Doch es geht hier nicht um<br />
eine Sportveranstaltung, sondern eine Festgesellschaft<br />
stellt sich ein, um ihre politische<br />
Führungslosigkeit zu verhandeln. Über den<br />
dabei aufeinandertreffenden unterschiedlichen<br />
persönlichen wie gesellschaftlichen<br />
Bestrebungen der Beteiligten „thront“ eine<br />
große königsfigur, in der die kontrahenten<br />
ihre teilweise sehr unterschiedlichen Vorstellungen<br />
von und Erinnerungen an Tradition,<br />
Ordnung, Ehre und Recht symbolisiert sehen.<br />
Es ist das Zusammentreffen einer alten und<br />
einer neuen Zeit, in der Ehre und Kampf in<br />
22<br />
zivilisierte Formen sportlichen Wettstreits<br />
überführt werden, das Bedürfnis der Masse<br />
nach einem geistigen und weltlichen Anführer<br />
aber bestehen bleibt. <strong>Lohengrin</strong><br />
erscheint als diese ersehnte, auf Fairplay<br />
und Charakterstärke gegründete, charismatische<br />
Führungspersönlichkeit. Wagner<br />
hat in ihm seine Idee gestaltet hat, nach der<br />
alleine der revolutionäre Künstler auch die<br />
Gesellschaft zu erneuern vermag.<br />
<strong>Lohengrin</strong>s Kunst ist der Drahtseilakt,<br />
vollzogen in der ortlosen Einsamkeit über<br />
dem Abgrund, einem Jenseitsort wie die<br />
Gralsburg Montsalvat. In der höchsten<br />
Konzentration auf das eigene Zentrum wird<br />
aus der handwerklichen und körperlichen<br />
Übung und Fertigkeit des Seiltänzers eine<br />
Kunst, die den Zirkuskünstler über sich<br />
hinauswachsen lässt. Im Gang durch die<br />
Luft zwischen Bergen oder Wolkenkratzern<br />
verwandeln sich Sport und Artistik in eine<br />
magische Kunst, die den Blick der Menschen<br />
unwiderstehlich in die Höhe zieht:
DER MENSCH IST EIN SEIL,<br />
GEKNÜPFT zWISCHEN TIER<br />
UND ÜBERMENSCH, – EIN<br />
SEIL ÜBER DEM ABGRUNDE<br />
aus: Friedrich Nietzsche ALSO SPRACH zARATHUSTRA<br />
zum das Menschliche überschreitenden,<br />
in diesem Sinne Übermenschlichen, aber<br />
nicht Überirdischen, immer gefährdeten –<br />
zum Erhabenen.<br />
Das Stadion wird so zur „Spielfläche“<br />
für die Figuren, in denen Motive wie die<br />
bedrängte Unschuld Elsa, der rettende<br />
Schwanenritter und die Verführerin Ortrud<br />
für psychologische und emotionale Phänomene<br />
stehen, die uns gerade Dank der<br />
märchenhaften Abstraktion der Geschichte<br />
sehr gegenwärtig sind. Dass Elsas Gedanken<br />
ohne das Wissen um <strong>Lohengrin</strong>s Herkunft<br />
auf das Wissen darum fixiert werden,<br />
ist das hellsichtige psychologische Paradoxon<br />
der Geschichte, die Wagner anders<br />
als die von ihm benutzten Quellen radikal<br />
auf die Hochzeitsnacht zuspitzt. <strong>Lohengrin</strong>s<br />
Sehnsucht nach körperlicher Liebe prallt<br />
auf Elsas Unsicherheit, <strong>Lohengrin</strong>s Frustration<br />
darüber führt zu Elsas Verweigerung<br />
und beides schaukelt sich auf bis zur katastrophischen<br />
Frage, die Elsa stellen muss.<br />
Auch wenn vor allem Ortrud Elsa zu dieser<br />
Frage verleitet hat, ist sie nicht einfach<br />
eine böse Zauberin des Märchens, sondern<br />
ihre Argumente sind auch die einer<br />
machtpolitisch kalkulierenden Frau. Damit<br />
erscheint sie wie ein Teil Elsas, als deren<br />
andere Seite. Telramund verkörpert jene<br />
gesellschaftlichen Größen von Ehre und<br />
Anstand, für die die königsfigur steht<br />
und an die Tellramund sich so verzweifelt<br />
klammert wie an die Waffe, mit der er sich<br />
verteidigt.<br />
Wenn <strong>Lohengrin</strong> Elsa verlassen muss,<br />
kehrt für ihn Elsas verlorener Bruder<br />
Gottfried wieder. In ihrer Beziehung zu<br />
Elsa sind der Gatte und der Bruder spiegelbildlich,<br />
und so endet die Oper mit einem<br />
Hoffnungsschimmer: mit dem rechtmäßigen<br />
Herzog von Brabant, dessen<br />
Aufgabe es künftig sein wird, zwischen<br />
dem vertrauensvoll liebenden Herzen<br />
seiner Schwester Elsa und Ortruds Kalkül<br />
die Waage zu halten.<br />
23
DER<br />
&DER KÖNIG<br />
ESSAY<br />
Nach einstweilig letzten Korrekturen<br />
beendete Wagner am 27. November 1845<br />
das Manuskript dieses als „Urschrift“ bezeichneten<br />
Textes. Aber es blieb nicht bei<br />
dieser Fassung: während der Arbeit an der<br />
Komposition des Werkes nahm Wagner<br />
weitere Veränderungen vor.<br />
Ein Vergleich der Textversionen führt zu<br />
dem erstaunlichen Resultat, dass der<br />
<strong>Lohengrin</strong>-Entwurf – weit mehr als nur<br />
ein vorläufiger dramaturgischer Plan, eine<br />
bloße Handlungsskizze des Werkes – oft<br />
bis in dialogische Einzelheiten hinein seine<br />
Endfassung vorweg nimmt. Der Partiturtext<br />
unterscheidet sich – zugespitzt gesprochen<br />
– vom Marienbader Entwurf der Dichtung<br />
hauptsächlich dadurch, dass dieser in Prosa,<br />
jener aber in Versen abgefasst ist.<br />
Eine anscheinend belanglose, von Wagner<br />
in der „Urschrift“ des <strong>Lohengrin</strong> angebrachte<br />
Korrektur gibt allerdings zu denken:<br />
24<br />
KÜNSTLER<br />
Seltsamerweise bezeichnete Wagner im<br />
Prosaentwurf des Werkes Heinrich den<br />
Vogler fälschlich als „Kaiser“ – seltsam,<br />
da Wagner bekanntlich über profunde<br />
Geschichtskenntnisse verfügte. Das Personenverzeichnis<br />
der „Urschrift“ weist der<br />
Figur zunächst ebenfalls diesen Rang zu,<br />
dann erst wird berichtigt und die historisch<br />
zutreffende Bezeichnung „Deutscher könig“<br />
eingefügt.<br />
Bereits in der Quelle, der Wagner die Kenntnis<br />
des <strong>Lohengrin</strong>-Stoffes verdankt – Lucas‘<br />
Abhandlung Über den König von Wartburg<br />
(1833), läßt sich weder die Herrscherfigur<br />
zweifelsfrei identifizieren, noch die Epoche<br />
eindeutig bestimmen, die den historischen<br />
Hintergrund für das Geschehen abgibt. Wagner<br />
reproduzierte, indem er Heinrich I. als<br />
Kaiser bezeichnete, genau jene Unklarheit,<br />
die schon der im „Wartburgkrieg“ enthaltenen<br />
Zusammenfassung des <strong>Lohengrin</strong>-Epos‘<br />
Heidi Melton, Susan Anthony, Badischer Staatsopernchor
eigentümlich ist: zwar ist hier von „Heinrich“<br />
die Rede, jedoch auch von „Kaiser“.<br />
Heinrich I. aber, wie die Historiographie zu<br />
Beginn des 19. Jahrhunderts lehrte, weigerte<br />
sich nach Rom zu ziehen. Er blieb König.<br />
Erst sein Sohn Otto empfing, bewusst an die<br />
von Karl dem Großen begründete Tradition<br />
anknüpfend, wieder die Kaiserwürde.<br />
Kämpfe mit den Ungarn indes wurden von<br />
beiden ausgefochten – von Heinrich I. 933<br />
bei Riade, von Otto dem Großen 955 auf<br />
dem Lechfeld. Einen Italienzug hingegen<br />
unternahm nur der Sohn Heinrichs; ebenso<br />
fallen die im „Wartburgkrieg“ geschilderten<br />
Schlachten gegen die Sarazenen in<br />
Ottos Zeit. Also: Heinrich oder Kaiser?<br />
König oder Otto?<br />
Die übrigen von Wagner benutzten Quellen<br />
machen das Problem nur noch komplizierter,<br />
denn in ihnen werden wiederum andere<br />
Epochen und weitere Herrschergestalten<br />
genannt.<br />
Vorab: Das historische Ambiente im <strong>Lohengrin</strong><br />
ist nicht, wie neuerdings stets behauptet,<br />
nur „Kolorit“, „Folie“ oder „Hintergrund“,<br />
die Gestalt Heinrichs I. alles andere als die<br />
eines bloßen Opernkönigs. Unrichtig daher,<br />
zumindest aber ungenau ist Nietzsches<br />
bewundernder Ausruf: „Wo ist das ritterliche<br />
Mittelalter so mit Fleisch und Geist<br />
in ein Gebilde übergegangen, wie dies im<br />
<strong>Lohengrin</strong> geschehen ist.“ Einerseits: Was<br />
in das Gebilde überging, sind nicht die allgemeinen<br />
Wesenszüge einer auch mit dem<br />
Attribut „ritterlich“ kaum triftig bestimmbaren<br />
Epoche, sondern besondere konflikte und<br />
politische Ereignisse zu Beginn des 10. Jahrhunderts.<br />
Andererseits: Hätte Wagner wirklich<br />
das „ritterliche Mittelalter“ darstellen<br />
wollen, so wären andere Repräsentanten<br />
dafür sicherlich geeigneter gewesen:<br />
26<br />
Otto der Große etwa oder Barbarossa, ja<br />
sogar, wenn es denn richtig ist, dass Gral<br />
und Schwanritter bei Wagner der Sphäre<br />
des Übernatürlichen oder des Märchens<br />
entstammen – ein Phantasiekönig. Wagner<br />
aber legte sich fest auf Heinrich I. und seine<br />
Zeit, verwarf zugleich die zahlreichen<br />
anderen, von seinen Quellen nahegelegten<br />
Möglichkeiten historischer Konkretisierung<br />
und traf damit, wie sich zeigen wird, eine<br />
Datierungsentscheidung von prononciert<br />
politisch-symbolischem Charakter. Der vom<br />
letzten Frankenkönig Konrad I. zu seinem<br />
Nachfolger designierte Sachsenkönig<br />
Heinrich wurde 919 zum könig gewählt.<br />
Nachdem er den Herzog von Schwaben und<br />
den zum Gegenkönig ausgerufenen Arnulf<br />
von Bayern unterworfen, Lothringen dem<br />
Reich einverleibt, die Ostgrenze wirksam<br />
gesichert und die Ungarn zurückgeschlagen<br />
hatte, hinterließ Heinrich, was er siebzehn<br />
Jahre zuvor von gänzlichen Zerfall bedroht<br />
übernommen hatte, im Zustand des Friedens,<br />
innen konsolidiert und außen gesichert, als<br />
Gründer, zumindest aber entscheidender<br />
Wegbereiter des Deutschen Reichs.<br />
Die Epoche des Sachsenkönigs und die<br />
Person Heinrichs I. selbst, wie sie von der<br />
damaligen Historiographie aufgefasst und<br />
tradiert wurde, musste in den vierziger Jahren<br />
des 19. Jahrhunderts eine besondere<br />
Anziehungskraft ausüben, da sie eine Vielzahl<br />
von Bezügen zu den gesellschaftlichen<br />
Prozessen und politischen Begebenheiten<br />
jener Jahre herzustellen ermöglichten, in<br />
denen Wagner den <strong>Lohengrin</strong>-Stoff kennenlernte<br />
und sich mit den Möglichkeiten seiner<br />
künstlerischen Gestaltung beschäftigte.<br />
Wagner verließ Paris nicht aus patriotischen<br />
Gefühlen: Deutschland besaß für ihn, wie<br />
er in der Mitteilung vermerkte, „etwa dem<br />
politischen Frankreich gegenüber, nicht die<br />
mindeste Anziehungskraft.“ Sachsen, wohin
er 1842 zurückkehrte, war nur eines der insgesamt<br />
39 zum Deutschen Bund zählenden<br />
Territorien, regiert von Friedrich August II.,<br />
einem gutmütigen und kunstsinnigen, politisch<br />
jedoch mehr an der Vergangenheit als<br />
an Erfordernissen der Gegenwart orientierten<br />
könig. Seine auf Druck des Volkes 1831<br />
erlassene Verfassung brachte, da sie sich<br />
lediglich damit sich begnügte, bestehendes<br />
Recht festzuschreiben, kaum nennenswerte<br />
Fortschritte. Aber ein Anfang war gemacht,<br />
und eine Reihe in den folgenden Jahren<br />
gnädig vom König gewährter liberaler Reformen<br />
sowie Sachsens Eintritt in den Zollverein<br />
führten allmählich zum wirtschaftlichen<br />
Aufschwung und leidlich blühender Kultur.<br />
Dennoch blieb die soziale Entwicklung des<br />
kleinen Landes träge – um so mehr als 1843<br />
das liberale Ministerium Lindenau durch die<br />
– von fortschrittlichen Kräften des Bürgertums<br />
als reaktionär empfundene – Regierung<br />
Könneritz abgelöst wurde. Sachsen – obwohl<br />
in vielem freier als sein mächtiger Nachbar<br />
– war kaum mehr als eine Provinz des konservativen<br />
Preußen.<br />
Dort hatte sich 1840 ein bedeutsamer Machtwechsel<br />
vollzogen: Nach dem Tode Friedrich<br />
Wilhelms III., der infolge seines starren<br />
Festhaltens an den Grundsätzen der Heiligen<br />
Allianz, insbesondere aber durch die<br />
unseligen „Demagogen“- Verfolgungen zu<br />
trauriger Berühmtheit gelangt war, besteigt<br />
dessen Sohn – ein Schwager des sächsischen<br />
Königs – den preußischen Thron. Die<br />
großen, auch von der bürgerlichen Opposition<br />
gehegten Erwartungen, durch Friedrich<br />
Wilhelm IV. würden endlich jene seit den<br />
Tagen des Wiener Kongresses versprochenen<br />
Liberalisierungen durchgeführt, die Einheit<br />
Deutschlands verwirklicht und mit dem<br />
neuen König eine neue Zeit beginnen, schienen<br />
sich angesichts der ersten Maßnahmen<br />
des Königs zu erfüllen: Er amnestierte die<br />
inhaftierten „Demagogen“, ordnete eine<br />
Lockerung der Pressezensur an und suchte<br />
mit dem 1842 veranstalteten kölner Dombaufest<br />
ein nationales Zeichen zu geben. Welche<br />
Vorstellung sich jedoch für ihn mit dem<br />
Begriff der Nation verband, zeigte die bereits<br />
von den Zeitgenossen als Farce empfundene<br />
Tausendjahrfeier des Deutschen Reiches,<br />
die der könig 1843 ausrichten ließ. Anlass für<br />
die Festlichkeiten war der Vertrag zu Verdun,<br />
durch den 843 das fränkische Imperium ohne<br />
Rücksicht auf Stammes- und Sprachgrenzen<br />
unter den Enkeln Karls des Großen geteilt<br />
wurde. Der östliche, Ludwig dem Deutschen<br />
zugeschriebene Teil, von Historikern oft<br />
euphemistisch als Ursprung des Deutschen<br />
Reichs bezeichnet, stellte zwar die geografische<br />
Ausgangslage für die selbstständige<br />
Entwicklung der deutschen Geschichte<br />
dar, erwies sich jedoch als ein politisch so<br />
instabiles Gebilde, dass es unter den Nachfolgern<br />
Ludwigs dem Zerfall stets näher war<br />
als nationaler Einheit. Mit derlei Versuchen<br />
Friedrich Wilhelms, die Vergangenheit zu<br />
beschwören, um der Gegenwart Sinn und<br />
Ziel zu verheißen, war kein Staat zu machen,<br />
überdies erlahmte der Reformeifer des<br />
Königs schnell: Was so vielversprechend<br />
sich anließ, blieb kurze Episode. Schon die<br />
Auswahl seiner Minister und der Berater, mit<br />
denen er sich umgab, erst recht aber die mit<br />
der Berufung Schellings und Stahls an die<br />
Berliner Universität verfolgte Absicht, „die<br />
Drachensaat des Hegelianismus auszurotten“,<br />
zeigte, dass nicht der Geist des Liberalismus,<br />
sondern mit dem neuen, bald als<br />
„Romantiker auf dem Thron“ verspotteten<br />
könig die vorige Generation in Preußen zur<br />
Herrschaft gelangt war. Friedrich Wilhelm<br />
IV., der Gedankenwelt seiner Jugend verhaftet,<br />
träumte von der Wiederherstellung des<br />
mittelalterlichen Königtums, einem Reich unter<br />
habsburgischer Führung und Preußen im<br />
Amt des Reichsfeldherrn. Als eigentümliche<br />
27
deutsche Staatsform galt ihm der Ständestaat,<br />
in dem der König, lediglich beraten von<br />
einer Vertretung der Stände, unbeschränkt<br />
in seinem Gottesgnadentum herrsche.<br />
Dass unter den bizarren politischen Ideen<br />
Friedrich Wilhelms IV. kein Platz war für<br />
den Gedanken einer Verfassung, verwundert<br />
nicht, und kaum begann die bürgerliche<br />
Opposition, insbesondere deren<br />
Protagonisten: die Linkshegelianer, ermutigt<br />
durch die nachsichtiger gehandhabten<br />
Zensurbestimmungen, ihre Kritik an den<br />
bestehenden Zuständen radikaler vorzutragen<br />
und entschlossener die Forderung<br />
eines modernen Staatswesens zu erheben,<br />
kehrte der König rasch zu den bewährten<br />
Repressalien des status quo ante zurück:<br />
Die Zensur wurde wieder verschärft, Gedrucktes<br />
konfisziert und missliebige Opponenten<br />
ihrer Ämter enthoben.<br />
Entschlossene Unterstützung erhielt diese,<br />
fortan jeden Einspruch, jeden auf Überwindung<br />
der traditionellen Herrschaftsverhältnisse<br />
gerichteten Impuls rigoros unterdrückende<br />
Politik durch die stärkste Gewalt des<br />
europäischen kontinents, der – neben Preußen<br />
und Österreich – dritten Signatarmacht<br />
der Heiligen Allianz: Russland. Mit Recht<br />
sah die bürgerliche Opposition der vierziger<br />
Jahre in dem als Garanten für die Grundsätze<br />
dieses Bündnisses sich begreifenden Zaren<br />
Nikolaus I. die größte Bedrohung für alle<br />
freiheitlich-demokratischen Bestrebungen,<br />
denn allzu lebendig war noch die Erinnerung<br />
an die 1831 von Russland mit äußerster Härte<br />
erstickte polnische Revolution. Wagner<br />
selbst komponierte, um seine Teilnahme am<br />
Schicksal des polnischen Volkes auszudrücken,<br />
1832, unter dem Eindruck der Berichte<br />
polnischer Emigranten über die blutige Niederwerfung<br />
der Aufstände eine Ouvertüre<br />
mit dem Titel Polonia.<br />
28<br />
Wie groß die über seine Grenzen hinausstrebende<br />
Macht Russlands, wie stark der<br />
unmittelbare politische Einfluss des außer<br />
mit Preußen auch mit Württemberg, Baden,<br />
Mecklenburg-Schwerin, Oldenburg und<br />
Sachsen-Weimar verwandschaftlich verbundenen<br />
Zarenhauses auf Deutschland<br />
war, wird exemplarisch daran deutlich, dass<br />
auf den Protest Nikolaus I. gegen einen in<br />
der Neuen Rheinischen Zeitung erschienen<br />
Artikel des jungen Redakteurs Karl Marx der<br />
preußische König das Erscheinen der Zeitung<br />
umgehend verbot.<br />
Hintergrund und Motiv für Wagners Entscheidung,<br />
den <strong>Lohengrin</strong> mit der Epoche<br />
Heinrich I. zu verknüpfen, war ihre in<br />
zahlreichen formalen Entsprechungen der<br />
politischen Konstellation einst und jetzt<br />
sich manifestierender Aktualität, mithin<br />
die Möglichkeit, durch das historische Paradigma<br />
Einspruch zu erheben gegen die<br />
schlechte Realität der Gegenwart.<br />
Die Bedrohung des sich konsolidierenden<br />
Deutschen Reiches durch die Ungarn im<br />
10. Jahrhundert, jene „Drangsal, die deutsches<br />
Land so oft aus Osten traf“, verwies<br />
auf die aktuelle, von Russlands Hegemonieansprüchen<br />
ausgehende Gefahr für das<br />
ohnmächtig zersplitterte Deutschland und<br />
dürfte von Wagners Zeitgenossen auch<br />
in diesem Sinne gedeutet worden sein.<br />
Gänzlich verfehlt ist es demnach – jedenfalls,<br />
wenn es gilt, Intentionen des Werkes<br />
nachzuspüren – <strong>Lohengrin</strong>s Verheißung<br />
„nach Deutschland sollen noch in fernen<br />
Tagen des Ostens Horden siegreich nimmer<br />
ziehn“, als chauvinistische Drohgebärde<br />
oder gar als ästhetisch vermitteltes<br />
Ressentiment Wagners gegen Slawen zu<br />
interpretieren.<br />
Michael von Soden<br />
Lance Ryan, Heidi Melton
JUSTIN BROWN Dirigent<br />
Justin Brown studierte an der Cambridge<br />
University und in Tanglewood bei Seiji<br />
Ozawa und Leonard Bernstein. Als Dirigent<br />
debütierte er mit der gefeierten britischen<br />
Erstaufführung von Bernsteins Mass. Für<br />
seine Programmgestaltung beim Alabama<br />
Symphony Orchestra, wo er seit fünf Spielzeiten<br />
Chefdirigent ist, wurde er mehrfach<br />
ausgezeichnet. Gastengagements führten<br />
ihn an renommierte Opernhäuser und<br />
Orchester weltweit, in Deutschland u. a.<br />
an die Bayerische Staatsoper München<br />
und zu den Dresdner Philharmonikern.<br />
Komplettiert wird sein Erfolg durch CD-Einspielungen.<br />
Am STAATSTHEATER KARLS-<br />
RUHE, wo er seit 2008 Generalmusikdirektor<br />
ist, wurde Justin Brown für seine Dirigate<br />
von Wagners Ring sowie den Werken Berlioz’,<br />
Verdis und Strauss’ gefeiert.<br />
In der Spielzeit 2011/12 übernahm er die<br />
musikalische Leitung von Les Troyens,<br />
Romeo und Julia auf dem Dorfe sowie von<br />
zahlreichen Sinfoniekonzerten.<br />
30<br />
REINHILD HOFFMANN Regie<br />
Reinhild Hoffmann studierte Tanz in karlsruhe<br />
bei Eleonore Härdle-Munz und an<br />
der Folkwang-Hochschule Essen bei Kutz<br />
Jooss. 1978 gründete sie am Bremer Theater<br />
ein eigenes Tanztheaterensemble, mit<br />
dem sie später nach Bochum wechselte.<br />
Seit 1995 arbeitet Reinhild Hoffmann freischaffend<br />
als Choreografin, Tänzerin und<br />
Regisseurin mit einem Schwerpunkt auf<br />
dem Musiktheater. Zu ihren Inszenierungen<br />
gehören u. a. Beat Furrers Begehren beim<br />
Steirischen Herbst in Kooperation mit der<br />
Ruhr-Triennale 2003, 2005 Isabel Mundrys<br />
Ein Atemzug – die Odyssee an der Deutschen<br />
Oper Berlin, die beide zur „Uraufführung<br />
des Jahres“ gewählt wurden. Sie<br />
inszenierte die Schweizer Erstaufführungen<br />
von Salvatore Sciarrinos Die tödliche<br />
Blume 1999 und Macbeth 2004, sowie 2007<br />
Tristan und Isolde in Bremen und ist als<br />
Pionierin der Tanzkunst mit einer Performance<br />
Teil der Ausstellung Moments im<br />
ZKM-<strong>Karlsruhe</strong>.
HARTMUT MEYER Bühne<br />
Hartmut Meyer studierte Bühnenbild an der<br />
Kunsthochschule Berlin-Weissensee. Seit<br />
1981 verbindet ihn eine Zusammenarbeit<br />
mit Frank Castorf, ab 1990 arbeitete er mit<br />
Ruth Berghaus, u. a. für Pelleas und Melisande<br />
an der Staatsoper Unter den Linden<br />
Berlin und Der Freischütz in Zürich. Mit<br />
Frank Castorf entstanden seit 1992 u. a. Die<br />
Sache Danton, Die schmutzigen Hände und<br />
Rheinische Rebellen. Seit 1994 entstanden<br />
mit Andreas Homoki u. a. Don Giovanni in<br />
Kopenhagen und Elektra in Basel sowie<br />
1996 Tannhäuser mit Peter konwitschny.<br />
Mit Reinhild Hoffmann erarbeitete er Don<br />
Giovanni in Luzern und Odysee in Berlin.<br />
Als eigene Stücke und Inszenierungen entstanden<br />
1996 Das Geräusch an der Volksbühne<br />
Berlin, Peerlboot in Aachen 1999,<br />
und Haydns Die Schöpfung in Meiningen.<br />
Seit 2002 ist Hartmut Meyer Professor an<br />
der Universität der Künste Berlin und Leiter<br />
der Bühnenbildklasse.<br />
Folgeseiten Heidi Melton, Badischer Staatstopernchor<br />
EMILY LAUMANNS Kostüme<br />
Emily Rebecca Laumanns wurde 1981<br />
in Siegen geboren. Nach dem Abitur<br />
sammelte sie Erfahrungen am Theater<br />
Siegen, am Schauspiel Bonn und dem<br />
Deutschen Theater Berlin, wo sie unter<br />
anderem mit Regisseuren wie Marc<br />
Becker für Der zerbrochene Krug (2005)<br />
und Jürgen kruse arbeitete. Von 2005 bis<br />
2010 studierte sie an der Universität der<br />
Künste Berlin Bühnenbild. Während dieser<br />
Zeit gestaltete sie mit Miriam Salevic und<br />
Roman Lemberg u. a. Mitleid nach Parsifal<br />
2007, Pelleas und Melisande 2008 an der<br />
Neuköllner Oper Berlin, mit Gastspielen im<br />
Marktgrafentheater Erlangen, Berghain<br />
Berlin und der Volksbühne am Rosa-<br />
Luxemburg-Platz. Seit 2010 ist sie als freie<br />
Bühnen- und Kostümbildnerin tätig, u. a.<br />
für Gustav Ruebs Freischuss nach Der<br />
Freischütz in Berlin 2011, in Frankfurt 2010<br />
für Mutter Courage mit Robert Schuster<br />
sowie in Köln für Sommernachtstraum –<br />
ein Kinderstück.<br />
31
34<br />
RENATUS MESzAR Heinrich der Vogler<br />
Der studierte kirchenmusiker war von 1992 bis 1995 Mitglied des NDR-<br />
Rundfunkchores, bevor er 1995 als Bass ans <strong>Staatstheater</strong> Braunschweig<br />
engagiert wurde. Seit der Spielzeit 2010/11 ist Meszar Ensemblemitglied<br />
der Oper Bonn und wird mit Beginn der Saison 2012/13 fest ans STAATS-<br />
THEATER KARLSRUHE wechseln.<br />
LANCE RYAN <strong>Lohengrin</strong><br />
Lance Ryan gilt als einer der international erfolgreichsten Helden-Tenöre.<br />
2010 war er bei den Bayreuther Festspielen unter Christian Thielemann<br />
zu erleben und gastiert in diesem Jahr u. a. an der Berliner Staatsoper<br />
und der Mailänder Scala. Bei den Bayreuther Festspielen 2013 wird er im<br />
Jubiläums-Ring unter kirill Petrenko als Siegfried zu hören sein.<br />
JOHN TRELEAVEN <strong>Lohengrin</strong><br />
Wagners <strong>Lohengrin</strong> führte den Tenor u. a. bereits an die Wiener Staatsoper<br />
und an das Gran Teatro del Liceu Barcelona. Eine CD mit Wagner-<br />
Recitals ist bei Oehms classics erschienen. Seit der Spielzeit 2011/12 ist er<br />
Ensemblemitglied am STAATSTHEATER KARLSRUHE und wird u. a. noch in<br />
Beethovens Ix. Symphonie beim 8. Sinfoniekonzert zu erleben sein.<br />
HEIDI MELTON Elsa von Brabant<br />
Die Amerikanerin feierte Debüts an der Metropolitan Opera New York<br />
und der Deutschen Oper Berlin. Sie ist Gewinnerin zahlreicher Preise<br />
und Wettbewerbe. Seit der Spielzeit 2011/12 ist sie Ensemblemitglied am<br />
STAATSTHEATER KARLSRUHE und singt in dieser Spielzeit nach der Didon<br />
in Les Troyens noch die Marschallin in Der Rosenkavalier.<br />
CHRISTINA NIESSEN Elsa von Brabant<br />
Die Sopranistin ist Preisträgerin zahlreicher Wettbewerbe und Stipendien.<br />
Seit der Spielzeit 2006/07 ist Christina Niessen am STAATSTHEATER<br />
KARLSRUHE engagiert und war hier in großen Rollen zu erleben. Christina<br />
Niessen steht in dieser Spielzeit nach Cassandre in Les Troyens noch als<br />
Donna Elvira in Don Giovanni auf der Bühne.<br />
JACO VENTER Friedrich von Telramund<br />
Seit 2004 war der Südafrikaner am Nationaltheater Mannheim engagiert,<br />
bevor er zu Beginn dieser Spielzeit als festes Ensemblemitglied ans<br />
STAATSTHEATER KARLSRUHE wechselte. Er singt hier u. a. Rigoletto in<br />
Verdis gleichnamiger Oper, Scarpia in Tosca und Marti in Romeo und Julia<br />
auf dem Dorfe.<br />
SUSAN ANTHONY Ortrud<br />
Susan Anthony war bereits zwei Mal von der Zeitschrift „Opernwelt“<br />
als „Sängerin des Jahres“ nominiert: für ihre Interpretation der Maria in<br />
Richard Strauss‘ Friedenstag in Dresden und für die Rolle der Genievre in<br />
Le Roi Artus von Ernest Chausson. In dieser Spielzeit gibt sie am STAATS-<br />
THEATER KARLSRUHE ihr Debüt als Ortrud in <strong>Lohengrin</strong>.
SEUNG-GI JUNG Heerrufer des Königs<br />
Der Südkoreaner gewann u. a. die „International Competition Montserrat<br />
Caballé“ in Zaragoza und die „International Competition Ottavio Ziino“<br />
in Rom. Seit der Spielzeit 2011/12 ist er Mitglied des Opernensembles am<br />
STAATSTHEATER KARLSRUHE und singt hier u. a. Germont in La Traviata,<br />
die Titelpartie in Rigoletto und Manz in Romeo und Julia auf dem Dorfe.<br />
ARMIN KOLARCzYK Heerrufer des Königs<br />
Ab 1997 war Armin kolarczyk zunächst am Theater Bremen engagiert,<br />
bevor er 2007 ans STAATSTHEATER kARLSRUHE wechselte. Seine neueste<br />
CD mit Schuberts Schwanengesang ist vor kurzem erschienen. Armin<br />
Kolarczyk ist in dieser Spielzeit u. a. als Schwarzer Geiger in Romeo und<br />
Julia auf dem Dorfe sowie als Graf Oskar in Ritter Blaubart zu hören.<br />
MASAMI SATO Erster Edelknabe<br />
Die Sopranistin sang zunächst im NDR-Chor, bevor sie 2001 in den BADI-<br />
SCHEN STAATSOPERNCHOR wechselte. 2011 war sie als Solistin im Rahmen<br />
der NachtKlänge zu hören und sang die „Blumen-Arie“ aus der Oper<br />
Die Schneekönigin. Zur Zeit ist sie in Romeo und Julia auf dem Dorfe als<br />
Pfefferkuchenfrau, erste Bäuerin und Schlankes Mädchen zu erleben.<br />
CAMELIA TARLEA Erster Edelknabe<br />
Die Sopranistin gastierte vor Kurzem als Erster Knabe in Die Zauberflöte<br />
und Erste Kinderstimme in Die Frau ohne Schatten als an der Deutschen<br />
Oper am Rhein. Seit 2011 ist sie Mitglied im BADISCHEN STAATSOPERN-<br />
CHOR. In Romeo und Julia auf dem Dorfe singt sie Das Schlanke Mädchen.<br />
MAIKE ETzOLD Zweiter Edelknabe<br />
Seit 2001 ist Maike Etzold Mitglied des BADISCHEN STAATSOPERNCHORES<br />
und erarbeitete sich seither regelmäßig solistische Partien. In dieser<br />
Spielzeit singt sie u. a. Blanche in Offenbachs Ritter Blaubart sowie<br />
Pfefferkuchenfrau und erste Bäuerin in Romeo und Julia auf dem Dorfe.<br />
ULRIKE GRUBER Dritter Edelknabe<br />
Die Mezzosopranistin studierte in Salzburg und Leipzig und hat sich durch<br />
langjährige Chor- und Ensembletätigkeiten ein breites Repertoire erarbeitet.<br />
Seit 2005 ist sie Mitglied des BADISCHEN STAATSOPERNCHORES und<br />
singt in dieser Spielzeit u. a. Isaure in Ritter Blaubart.<br />
UTA HOFFMANN Dritter Edelknabe<br />
Die Mezzosopranistin studierte in Frankfurt a. M. Gesang und ist seit der<br />
Spielzeit 1989/90 im BADISCHEN STAATSOPERNCHOR engagiert. Sie<br />
übernahm mehrere solistische Aufgaben und war zuletzt 2011 in Le nozze<br />
di Figaro im Mädchenduett zu hören. Neben der Oper widmet sie sich in<br />
Konzerten dem Lied- und Oratoriumsgesang.<br />
Folgeseiten Heidi Melton, Lance Ryan<br />
35
38<br />
UNzU LEE-PARK Vierter Edelknabe<br />
Unzu Lee-Park studierte an der Musikhochschule in Detmold und Würzburg.<br />
Seit 1997 ist sie im BADISCHEN STAATSOPERNCHOR und war hier<br />
bereits u. a. in den Rollen der Rosa in Il Campanello, als Edelknabe in<br />
<strong>Lohengrin</strong> und als 2. knappe in Parsifal zu sehen. In dieser Spielzeit steht<br />
sie u. a. als Rosalinde in Ritter Blaubart auf der Bühne.<br />
CHRISTIANE LÜLF Vierter Edelknabe<br />
Die Altistin studierte Gesangspädagogik und Gesang in Detmold. Nach<br />
einem Lehrauftrag für Gesang und Stimmbildung an der Universität Dortmund<br />
sowie ersten Opernchortätigkeiten an den Städtischen Bühnen<br />
Münster wechselte sie 1991 in den BADISCHEN STAATSOPERNCHOR.<br />
In dieser Spielzeit ist sie zudem als Rosalinde in Ritter Blaubart zu hören.<br />
DORU CEPREAGA Erster Brabantischer Edler<br />
Der rumänische Tenor studierte Violine und Gesang in seiner Heimat, bevor<br />
er 1992 in den BADISCHEN STAATSOPERNCHOR wechselte. Hier war<br />
er in mehreren Solopartien zu erleben, u. a. als Don Riccardo in Verdis<br />
Ernani, Flavio in Vincenzo Bellinis Norma, Sir Bruno Roberton in I Puritani,<br />
Sascha in Anatevka und Tschang in Lehárs Das Land des Lächelns.<br />
KS. JOHANNES EIDLOTH Erster Brabantischer Edler<br />
2004 sang der Tenor den Ersten Gralsritter in Parsifal unter Kent Nagano<br />
im Festspielhaus Baden-Baden und in Dessau. Seit 1994 ist er Mitglied des<br />
BADISCHEN STAATSOPERNCHORES, wo ihm 2010 der Titel „kammersänger“<br />
verliehen wurde. In dieser Spielzeit ist er außerdem als Possenreißer und<br />
Armer Hornist in Romeo und Julia auf dem Dorfe zu erleben.<br />
PETER HERRMANN Zweiter Brabantischer Edler<br />
Peter Herrmann absolvierte neben einem Gesangsstudium in Frankfurt<br />
und <strong>Karlsruhe</strong> eine Ausbildung zum Tontechniker. Nach langjähriger Tätigkeit<br />
im Tonstudio Hammerwerk in karlsruhe wechselte er 1999 als Tenor in<br />
den BADISCHEN STAATSOPERNCHOR.<br />
THOMAS KRAUSE Zweiter Brabantischer Edler<br />
Nach seinem Gesangsstudium in Berlin war Thomas Krause als Tenor im<br />
Berliner Rundfunkchor tätig. Es folgten Engagements an den Opernhäusern<br />
Halle und Leipzig, bevor er 1982 Soloengagements als lyrischer Tenor<br />
und Charaktertenor u. a. am Theater Dessau annahm. Seit 1991 ist er<br />
Mitglied des BADISCHEN STAATSOPERNCHORES.<br />
MARCELO ANGULO Dritter Brabantischer Edler<br />
Marcelo Angulos Karriere begann als Solosänger in Ecuador. Nach Abschluss<br />
seines Studiums in Deutschland war er neben zahlreichen Soloauftritten<br />
zunächst Chormitglied am Theater Lübeck, seit 2001 ist er im<br />
BADISCHEN STAATSOPERNCHOR. In dieser Spielzeit singt er außerdem<br />
den Karussellmann und Ersten Bauern in Romeo und Julia auf dem Dorfe.
WOLFRAM KROHN Dritter Brabantischer Edler<br />
Seit 1998 ist der Bass im BADISCHEN STAATSOPERNCHOR. Seine Ausbildung<br />
zum Diplom-Opernsänger genoss er in Hannover. Nach dem Studium<br />
sang er zunächst im NDR-Rundfunkchor, danach folgten Engagements<br />
u. a. in Bayreuth. Solo-Engagements führten ihn außerdem nach Ludwigshafen,<br />
Braunschweig und Würzburg.<br />
ALExANDER HUCK Vierter Brabantischer Edler<br />
Nach der Gesangsausbildung und dem Besuch der Opernschule in <strong>Karlsruhe</strong><br />
ist Alexander Huck seit 2000 Mitglied des BADISCHEN STAATS<br />
OPERNCHORES. Seit 2004 ist er in vielen solistischen Partien zu hören, in<br />
dieser Spielzeit u. a. als Schießbudenmann, Zweiter Bauer und Buckliger<br />
Bassgeiger in Romeo und Julia auf dem Dorfe.<br />
ANDREAS NETzNER Vierter Brabantischer Edler<br />
Andreas Netzner studierte Gesang in St. Petersburg. Beim Bundeswettbewerb<br />
„Esenins Lieder“ gewann er den 2. Preis und war Stipendiat beim<br />
Wagnerstimmenwettbewerb in Bayreuth. Seit 2010 ist er im BADISCHEN<br />
STAATSOPERNCHOR, wo er u. a. als Schießbudenmann, Zweiter Bauer<br />
und Buckliger Bassgeiger in Romeo und Julia auf dem Dorfe zu hören ist.<br />
39
BILDNACHWEISE<br />
UMSCHLAG &<br />
SzENENFOTOS Jochen Klenk<br />
TExTNACHWEISE<br />
Nicht gekennzeichnete Texte sind<br />
Originalbeiträge für dieses Heft von<br />
Tina Hartmann.<br />
S. 16–19 aus: Carl Dahlhaus, Richard<br />
Wagners Musikdramen, Reclam 1996<br />
S. 22–25 aus: Michael von Soden, Von den<br />
Schwierigkeiten, Wagners <strong>Lohengrin</strong> zu<br />
verstehen, Insel, 1980<br />
Sollten wir Rechteinhaber übersehen<br />
haben, bitten wir um Nachricht.<br />
IMPRESSUM<br />
HERAUSGEBER<br />
STAATSTHEATER KARLSRUHE<br />
GENERALINTENDANT<br />
Peter Spuhler<br />
VERWALTUNGSDIREKTOR<br />
Michael Obermeier<br />
CHEFDRAMATURG<br />
Bernd Feuchtner<br />
OPERNDIREKTOR<br />
Joscha Schaback<br />
REDAKTION<br />
Tina Hartmann, Daniel Rilling<br />
KONzEPT<br />
DOUBLE STANDARDS BERLIN<br />
www.doublestandards.net<br />
GESTALTUNG<br />
Danica Schlosser<br />
DRUCK<br />
medialogik GmbH, <strong>Karlsruhe</strong><br />
STAATSTHEATER KARLSRUHE 11/12<br />
Programmheft Nr. 49<br />
www.staatstheater.karlsruhe.de<br />
WAR ICH zU DEINEM STREITER<br />
AUSERLESEN, HAT LIEBE MIR zU<br />
DIR DEN WEG GEBAHNT<br />
40 Lance Ryan
UM KAMPF FÜR EINE<br />
AGD zU STEHN,<br />
ER SCHWERE KLAGE<br />
NGETAN,<br />
IN ICH GESANDT.<br />
UN LASST MICH SEHN,<br />
B ICH zURECHT SIE<br />
REFFE AN!