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Vernetzte Finanzmärkte, Januar 2011 - Volkswirtschaftsdirektion ...

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Kanton Zürich<br />

Amt für Wirtschaft und Arbeit<br />

Standortförderung<br />

<strong>Vernetzte</strong> <strong>Finanzmärkte</strong><br />

Herausforderungen und Chancen für die Volkswirtschaft


Inhaltsverzeichnis<br />

<strong>Vernetzte</strong> <strong>Finanzmärkte</strong> – Herausforderungen und Chancen für die Volkswirtschaft<br />

Standpunkte der Standortförderung 4<br />

I. Interdependenz von Informationstechnologie und Bankengeschäft<br />

Referate aus der interdisziplinären Tagung<br />

Finanzplatz Zürich: Die Verantwortung des Managements 6<br />

für Reputation und Standortqualität<br />

Regierungsrat Ernst Stocker<br />

Lehren aus der Krise für Risikomanagement und Aufsicht 9<br />

Dr. Roland Goetschmann, Leiter Aggregierte Risiken FINMA<br />

Private Banking ( in der Schweiz ) – ein Zukunftsmodell mit Perspektiven 13<br />

Christoph Weber, Leiter Private Banking<br />

und Mitglied der Geschäftsleitung der Zürcher Kantonalbank<br />

Komplexitätsmanagement – Überlebensstrategien in der heutigen Zeit 17<br />

Urs Briner, Leiter Business Consulting IBM<br />

Herausforderungen für die Finanzplatz-Infrastruktur<br />

durch verstärkten Wettbewerb und regulatorische Reformen 19<br />

Dr. Urs Rüegsegger, CEO SIX Group<br />

Interessenswahrung und Reputations-Rückgewinnung 23<br />

für den Finanzplatz Schweiz<br />

Hans Peter Portmann, FDP-Kantonsrat, Vizepräsident des<br />

Zürcher Bankenverbands und Direktor bei der LGT Bank ( Schweiz ) AG<br />

Lehren aus der Krise – Chancen für die Zukunft ? 28<br />

Paneldiskussion, Moderation: Brigitte Strebel-Aerni,<br />

Chefredakteurin « ICT in Finance »<br />

II. Die Sicht des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank<br />

Aussagen zur makroökonomischen Lage und Prognosen<br />

Dr. Philipp Hildebrand, Präsident der Schweizerischen Nationalbank 32<br />

Prof. Dr. Thomas Jordan, Vizepräsident des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank 33<br />

Prof. Dr. Jean-Pierre Danthine, Mitglied des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank 34<br />

III. Grossbank im Fokus<br />

Rückbesinnung auf die Grundwerte<br />

Interview mit Dr. Sabine Keller-Busse, Group Managing Director 36<br />

und COO UBS Schweiz: Zurück zu den Wurzeln und zur alten Stärke<br />

3


Standpunkte der Standortförderung<br />

<strong>Vernetzte</strong> <strong>Finanzmärkte</strong> –<br />

Herausforderungen und Chancen für die Volkswirtschaft<br />

Bruno Sauter, Amtschef Amt für Wirtschaft<br />

und Arbeit AWA<br />

Markus Assfalg, Leiter Standortförderung<br />

Kanton Zürich, Amt für Wirtschaft und<br />

Arbeit AWA<br />

« Die vorliegende Broschüre zeigt deutlich: Einzel-<br />

ne Institute der Zürcher Finanzwirtschaft wurden<br />

zwar von der Krise hart getroffen, aber der<br />

Finanzplatz Zürich geht gestärkt aus ihr hervor.<br />

Dies unterstreicht die Bedeutung der vom Staat<br />

gesetzten stabilen und verlässlichen Rahmenbedingungen.<br />

Von den guten Bildungsinstitutionen,<br />

von der hervorragenden Verkehrsinfrastruktur und<br />

vom zuverlässigen Gesundheitssystem profitiert<br />

auch der Finanzplatz Zürich. »<br />

« Die starke Vernetzung von Banking und moderner<br />

Informationstechnologie birgt durch die<br />

Beschleunigung der Prozesse Chancen, aber auch<br />

Risiken. Bisher geltende Spielregeln werden<br />

verändert. Dessen sind sich die Akteure am<br />

Finanzplatz Zürich mehr denn je bewusst. Es gilt,<br />

die Risiken zu beherrschen und die sich bietenden<br />

Chancen zu nutzen. Ausgangslage dafür ist<br />

die Rückbesinnung auf traditionelle Tugenden, wie<br />

Verlässlichkeit, Verantwortungsbewusstsein und<br />

Vertrauenswürdigkeit. »<br />

4


I. Interdependenz von Informationstechnologie<br />

und Bankengeschäft<br />

Referate aus der interdisziplinären Tagung<br />

5


Regierungsrat Ernst Stocker<br />

Finanzplatz Zürich: Die Verantwortung des Managements<br />

für Reputation und Standortqualität<br />

In den nächsten Minuten zeige ich Ihnen auf, wie der<br />

Finanzplatz Zürich nach der Krise dasteht. Ich gehe<br />

der Frage nach, wie das Image des Finanzplatzes<br />

und die Standortqualität miteinander verknüpft sind.<br />

Meinem Amt entsprechend nehme ich die volkswirtschaftliche<br />

Perspektive ein und mache mir Gedanken<br />

zur Verantwortung des Managements, aber auch<br />

der Politik in Bezug auf das Image unseres Finanzplatzes.<br />

Weil die kantonale Standortförderung den<br />

Anlass organisiert, steht die Frage nach der Standortqualität<br />

natürlich im Zentrum. Dazu gehört erstmals<br />

eine Standortbestimmung. Wie steht der Finanzplatz<br />

Zürich heute da bezüglich Standortqualität?<br />

Faktum ist: Die Schweiz gehört nach Norwegen<br />

nach wie vor zu den stabilsten Ländern der Welt.<br />

1<br />

2 3<br />

Die Schweiz gehörte selbst 2009 zu den stabilsten Ländern der<br />

Welt. Quelle: WEF 2009<br />

Deshalb bleibt die Schweiz trotz oder gerade<br />

wegen der überstandenen Finanzkrise nach wie vor<br />

eines der attraktivsten Länder. Dies ist nicht zuletzt<br />

dem gesunden Staatshaushalt und der raschen und<br />

zielstrebigen Bewältigung der Probleme während der<br />

Finanzkrise zu verdanken. Der Bankenplatz Zürich<br />

ist das unbestrittene Finanzzentrum unseres Landes<br />

mit globaler Ausstrahlung. Das soll er auch in<br />

Zukunft bleiben! Deshalb sind die Entwicklungen im<br />

Finanzsektor von zentraler Bedeutung für den Kanton<br />

Zürich. Mehr als 60 Prozent aller Bankangestellten<br />

der Schweiz arbeiten in unserem Kanton.<br />

Stadt Europa Welt Stadt Europa Welt<br />

London 1 1 Dublin 8 29<br />

Zürich 2 8 Edinburgh 9 31<br />

Genf 3 9 Amsterdam 10 33<br />

Frankfurt 4 11 Stockholm 11 37<br />

Paris 5 18 Brüssel 13 40<br />

Luxemburg 6 20 Kopenhagen 15 44<br />

München 7 27 Wien 16 47<br />

Zürich im nationalen Vergleich<br />

1 Norwegen<br />

2 Schweiz<br />

3 Hongkong<br />

4 Chile<br />

4 Singapur<br />

6 Saudiarabien<br />

7 Kanada<br />

7 Kuwait<br />

9 Australien<br />

10 Deutschland<br />

12 Finnland<br />

12 Frankreich<br />

Referate aus der interdisziplinären Tagung 6


Selbst in der Krise ist der Finanzsektor weiter<br />

gewachsen. Das ist vor allem den Kantonal-,<br />

Raiffeisen- und Regionalbanken sowie einigen in der<br />

Vermögensverwaltung aktiven Instituten zu verdanken.<br />

Diese Institute hatten und haben einen stabilisierenden<br />

Einfluss auf den Finanzplatz und die Volkswirtschaft.<br />

Aber auch die Schweizer Grossbanken<br />

haben sich rasch erholt. Dies ist deshalb so wichtig,<br />

weil die Banken fast drei Viertel zur gesamten<br />

Wertschöpfung der Finanzindustrie im Kanton Zürich<br />

beisteuern.<br />

« Eine gute Reputation schafft Sicherheit »<br />

Seit 1990 haben sich die modernen Informations-<br />

und Kommunikationstechnologien rasant<br />

entwickelt. Diese Entwicklung führte auch zu einem<br />

Strukturwandel des Finanzplatzes. Er zeigt ein grosses<br />

Mass an Innovation, aber auch eine ausgeprägte<br />

Tendenz zur Rationalisierung. Durch die gleichzeitig<br />

stattfindende Globalisierung wuchsen schliesslich<br />

die Bilanzsummen der Banken, aber auch das Steuersubstrat<br />

des Kantons.<br />

2008 kam diese Entwicklung abrupt zum<br />

Stillstand. Grosse systemrelevante Institute standen<br />

vor dem Kollaps, es gingen Arbeitsplätze verloren.<br />

Der Staat musste eingreifen. Die Reputation des Finanzplatzes<br />

war bedroht und geriet ins Wanken.<br />

Und dieser Finanzplatz kann sich wegen seiner<br />

internationalen Ausstrahlung und der grossen<br />

volkswirtschaftlichen Bedeutung für die Schweiz keinen<br />

Imageschaden leisten. Denn Zürich und Genf gehören<br />

nach wie vor zu den führenden internationalen<br />

Finanzplätzen.<br />

Eine Wertvernichtung, wie wir sie in der Vergangenheit<br />

bei einigen Instituten hinnehmen mussten,<br />

können wir uns schlichtweg nicht leisten. Zu<br />

intensiv ist die Verflechtung mit der übrigen Volkswirtschaft.<br />

Banken haben die volkswirtschaftliche Pflicht,<br />

die Wirtschaft mit Liquidität und Krediten zu versorgen.<br />

Damit halten sie die Wirtschaft in Schwung. Dieser<br />

Verpflichtung sind einzelne Institute in der Vergangenheit<br />

nur ungenügend nachgekommen.<br />

Auch der Staat – der auf ein nachhaltiges<br />

Steuersubstrat angewiesen ist – und ganz allgemein<br />

die Öffentlichkeit gehören zu den wichtigen Anspruchsgruppen<br />

eines funktionierenden Finanzplatzes.<br />

Die öffentliche Meinung beeinflusst die Politik.<br />

Und diese Politik gestaltet die rechtlichen Rahmenbedingungen<br />

des Finanzplatzes. Darum haben die<br />

Schweizer Banken ein vitales Interesse daran, bei der<br />

hiesigen Bevölkerung ein hohes Ansehen zu geniessen.<br />

Unter diesem Aspekt kann auch die neue UBS-<br />

Charmeoffensive «Wir werden nicht ruhen» gesehen<br />

werden.<br />

Die immer noch sehr gute Stellung des Finanzplatzes<br />

im internationalen Vergleich ist vor allem<br />

der wirtschaftlichen und politischen Stabilität<br />

unseres Landes zu verdanken. Dazu gehört auch<br />

die Rechtssicherheit. Diese wiederum basiert auf<br />

der politischen und sozialen Stabilität. Stabilität<br />

schafft Vertrauen. Vertrauen erhöht die Reputation<br />

und garantiert letztlich den Wohlstand unseres Landes.<br />

Wäre es Notenbank und Politik nicht gelungen,<br />

in der Finanzkrise vereint rasch zu handeln und die<br />

bedrohte UBS zu stabilisieren, wären das Vertrauen<br />

und der gute Ruf unseres Finanzplatzes verloren gegangen.<br />

Dies mit katastrophalen Konsequenzen für<br />

unser Land.<br />

Eine gute Reputation schafft Sicherheit. Sicherheit<br />

fördert die Standortqualität. Und die Standortqualität<br />

wiederum erhöht die Wettbewerbsfähigkeit.<br />

Ich habe von der Verantwortung der Banken<br />

gesprochen. Es wäre zu einfach, die Verantwortung<br />

für die Standortqualitäten des Finanzsektors einzig<br />

und alleine den Finanzinstituten anzulasten. Auch der<br />

Staat übernimmt eine grosse Verantwortung, indem<br />

er gute Rahmenbedingungen schafft. Voraussetzung<br />

und Basis für diese Wettbewerbsfähigkeit ist etwa<br />

eine gute Infrastruktur. Damit meine ich nicht nur<br />

« Sicherheit fördert die Standortqualität »<br />

gute Verkehrsverbindungen und eine hervorragende<br />

Telekommunikation. Dazu zähle ich auch ein breites<br />

Angebot an Fachhochschulen, eine hervorragende<br />

Universität und eine mit vielen Nobelpreisträgern<br />

dekorierte ETH. Alle diese Institute sorgen für die<br />

nötige Aus- und Weiterbildung des Nachwuchses. Angesichts<br />

des rasanten technologischen Fortschritts<br />

ist dies geradezu zwingend in einer Branche, deren<br />

Management dermassen durch den technologischen<br />

Fortschritt gefordert wird. In den nächsten Jahren –<br />

so wird prognostiziert – zeichne sich ein Mangel an<br />

Informatikern ab. Wichtig ist dabei die Öffnung unseres<br />

internationalen Finanzplatzes für ausländische<br />

Spezialisten, die wir dringend benötigen. Hier gilt es<br />

konsequent die Weichen zu stellen.<br />

Der Staat fördert den konsequenten Ausbau<br />

der Infrastruktur. Aber auch das Management der<br />

Finanzinstitute muss seine Verantwortung stärker<br />

wahrnehmen. Früher haben sich Wirtschaftsführer in<br />

Referate aus der interdisziplinären Tagung 7


der Politik aktiv engagiert. Das verhalf ihnen zu jener<br />

Bodenhaftung, die in der direkten Demokratie nötig<br />

ist. In den letzten Jahren haben viele Manager diese<br />

Bodenhaftung verloren. Verloren ging dabei leider<br />

auch das Bewusstsein, wie wichtig das Image einer<br />

bestimmten Branche beim Stimmbürger ist.<br />

In unserem politischen System der direkten<br />

Demokratie hat der Stimmbürger das letzte Wort.<br />

Er entscheidet letztlich über die künftigen Rahmenbedingungen,<br />

die dem Finanzplatz gesetzt werden.<br />

Diese Rahmenbedingungen bewegen sich immer im<br />

politisch Machbaren. Sie widerspiegeln somit das öffentliche<br />

Image und das Vertrauen in eine Branche.<br />

Dazu muss das Management in der Finanzindustrie<br />

seinen Beitrag leisten. Das heisst konkret: Alle Akteure<br />

müssen ihr volkswirtschaftliches Verantwortungsbewusstsein<br />

zugunsten der Reputation und der<br />

Standortqualität des Finanzplatzes deutlich erhöhen.<br />

Die wirtschaftliche Stärke und der Wohlstand<br />

unseres Landes und insbesondere des Kantons Zürich<br />

ist direkt mit unseren erfolgreichen Finanzdienstleistern<br />

verbunden. Damit das auch in Zukunft so<br />

bleibt, soll die Politik für gute wirtschaftliche Rahmenbedingungen<br />

sorgen. Für den eigenen guten Ruf<br />

sind die Finanzdienstleister selbst verantwortlich,<br />

indem sie ihre volkswirtschaftliche Verantwortung<br />

ernst nehmen und wahrnehmen. Sowohl von den Politikern<br />

wie auch von den Managern erfordert dies<br />

Worte und Taten.<br />

Referate aus der interdisziplinären Tagung 8


Dr. Roland Goetschmann, Leiter Aggregierte Risiken FINMA<br />

Lehren aus der Krise für Risikomanagement und Aufsicht<br />

Ich versuche in dieser kurzen Präsentation zu zeigen,<br />

wie vernetzt der Finanzplatz Schweiz mit den internationalen<br />

<strong>Finanzmärkte</strong>n ist, wie er in die Finanzkrise<br />

hineingezogen wurde und welche Massnahmen<br />

von Seiten der Aufsichtsbehörden ergriffen worden<br />

sind. Ebenso werde ich die Konsequenzen für den<br />

Aufsichtsprozess und das Risikomanagement der Institute<br />

darstellen.<br />

Auslöser der Subprime-Krise in den USA waren<br />

sowohl makroökonomische Faktoren als auch<br />

ein Überfluss an Investitionskapital sowie exzessive<br />

Liquidität einerseits und tiefe Zinssätze andererseits,<br />

welche die Investorennachfrage nach höherverzinslichen<br />

strukturierten Kreditprodukten wie<br />

Collateralized Debt Obligations (CDO) angekurbelt<br />

haben. Zusätzliche Elemente waren mikroökonomische<br />

Schwächen, wie das unkontrollierte Wachstum<br />

der sogenannten Subprime-Hypotheken unter krasser<br />

Vernachlässigung von angemessenen Zeichungsstandards.<br />

Hinzu kamen unerkannte Informations-<br />

Asymmetrien bei strukturierten Produkten, wie Asset<br />

Backed Securities und CDO, welche zu Fehlbeurteilungen<br />

sowohl bei den Kreditagenturen als auch bei<br />

den Investoren führten. Das übermässige Leverage<br />

und das unzureichende Risikomanagement der Banken<br />

waren ebenfalls Zutaten zur globalen Finanzkrise,<br />

die sich im Jahre 2008 dramatisch verschärfte. Diese<br />

äusserte sich in riesigen Verlusten bei gewissen<br />

Finanzinstituten die zu einem entsprechenden Rekapitalisierungsbedarf<br />

führten. Der Zusammenbruch<br />

von Lehman bewirkte einen gewaltigen Vertrauensverlust<br />

und einen Unterbruch des Internbankenmarktes<br />

mit einem rasanten Anstieg der Gegenparteirisiken.<br />

All dies zwang die Notenbanken und<br />

Regierungen zu den enormen Rettungsprogrammen.<br />

Das globale Finanzsystem stand an gewissen Tagen<br />

effektiv am Rande des Abgrundes.<br />

Unerwartet heftige Turbulenzen Im Zentrum der<br />

Kritik stehen die Exzesse und das Versagen gewichtiger<br />

Finanzinstitute: Übermässiges Bilanzsummen-<br />

Wachstum, laxe Zeichnungsstandards, das massive<br />

Wachstum der Subprime-Hypotheken führten zu<br />

einer Unterschätzung der Risiken in Bezug auf die<br />

«originate-to-distribute»-Geschäftsmodelle im Zusammenhang<br />

mit Asset Backed Securities und Leveraged<br />

Loans. Ungenügende Risikomanagement-Praktiken,<br />

insbesondere in Bezug auf komplexe strukturierte<br />

Produkte, bewirkten den ineffizienten Risikotransfer<br />

problematischer Assets in Ausserbilanzvehikel.<br />

Auch die Absicherungsmechanismen mit Hilfe von<br />

Derivaten erwiesen sich als ungenügend wirksam.<br />

Weiter erfolgte eine massive Unterschätzung des<br />

systemischen Liquiditätsstresses. Die Folge davon<br />

war ein Vertrauensverlust im Bankensystem, der<br />

die <strong>Finanzmärkte</strong> stark belastete. Der massive Ab-<br />

Referate aus der interdisziplinären Tagung 9


Die befürchtete<br />

Kettenreaktion bis zur<br />

Systemkrise konnte<br />

verhindert werden.<br />

bau der Bilanzen und die Kreditverknappung hatten<br />

Konsequenzen für die globale Wirtschaft, die in eine<br />

starke Rezession schlitterte. Aber nicht nur die Banken<br />

haben versagt, sondern auch die Aufsicht, die<br />

zu wenig proaktiv handelte und zu spät Gegenmassnahmen<br />

ergriff.<br />

Die Schweiz als kleines Land mit grossen<br />

Bankaktivitäten und systemisch relevanten Banken<br />

geriet in der Sog der internationalen Finanzkrise.<br />

Jetzt wurde spürbar, dass der Finanzsektor 12<br />

Prozent des Bruttoinlandprodukts bestreitet und 6<br />

Prozent der Arbeitsbevölkerung beschäftigt. Vor der<br />

Krise überstieg die Bilanzsumme der systemisch<br />

relevanten Banken das Bruttoinlandprodukt um den<br />

Faktor 3 bis 5. Mit der Ausbreitung der Krise nahmen<br />

die Unsicherheit und der extreme Druck auf die<br />

Liquidität zu. Es galt längere Perioden von illiquiden<br />

Märkten durchzustehen. Sowohl die Zahlungssysteme<br />

als auch die Finanzinfrastruktur sind von den<br />

systemisch relevanten Banken abhängig. Alle Finanzmarktteilnehmer<br />

inklusive die Aufsichtsbehörden<br />

wurden von der Mächtigkeit dieser Turbulenzen überrascht.<br />

Die Krise offenbarte das Schadenspotential<br />

von global tätigen Grossbanken. Die Wertberichtigungen<br />

und Verluste überstiegen den Umfang der<br />

regulatorischen Eigenmittelanforderungen, führten<br />

zu einem explosionsartigen Anstieg der Interbank-<br />

Finanzierungskosten und zur Verkürzung der Finanzierungsstruktur.<br />

Weiter erfolgten abrupte personelle<br />

Wechsel in den Schlüsselpositionen der betroffenen<br />

Institute. Die Ursachen dieser Krise lagen ausserhalb<br />

des Heimmarktes im Investment Banking.<br />

Dem Notfallplan der FINMA in enger Kooperation<br />

mit der Nationalbank und dem Eidgenössischen<br />

Finanzdepartement gelang eine Schadensbegrenzung.<br />

Konkret wurde eine Erhöhung der Eigenmittel<br />

bei den Schweizer Grossbanken mit massiven Eigenmittelzuschlägen<br />

und einer Leverage Ratio auf der<br />

Bilanz durchgesetzt. Auf internationaler Ebene traten<br />

das Financial Stability Board sowie das Basle Committee<br />

of Banking Supervision auf den Plan. Ebenso<br />

wurde die Senior Supervisors Group aktiv. Sie verstärkte<br />

die Koordination zwischen Aufsichtsbehörden<br />

und den wichtigsten global tätigen Banken.<br />

Quantitative Massnahmen: Verstärkung von Kapital<br />

und Liquidität Im Rahmen des Basler Ausschusses<br />

für Bankenaufsicht wurden in der Folge neue<br />

umfassende Massnahmen beschlossen: Neben der<br />

Verstärkung der mikroprudenziellen Regulierung wird<br />

nun neu auch ein makroprudenzieller Überbau eingeführt.<br />

Es wird nicht nur eine höhere, sondern auch<br />

eine qualitativ bessere Eigenmittel-Versorgung mit<br />

Tier-1-Kapital verlangt sowie eine punktuelle Neukalibrierung<br />

von Marktrisiken, Verbriefungen und Gegenparteirisiken<br />

vorgenommen. Hier sind die grössten<br />

Verluste eingetreten. Man gelangte zur Einsicht, dass<br />

die eindimensionale Konzentration auf komplizierte<br />

Risikomanagement-Modelle nicht genügt, weil diese<br />

falsche Signale aussenden können. Deshalb wird<br />

die Leverage Ratio, die sich auf die Bilanzsumme<br />

eines Instituts bezieht, als ergänzendes Mass zu den<br />

risikobasierten Basel-II-Vorschriften eingeführt. Weiter<br />

will man sich im Rahmen des Basler Ausschusses<br />

auf antizyklische Kapitalpuffer verständigen, die<br />

das Minimumkapital ergänzen sollen. Weiter werden<br />

auf internationaler Ebene Massnahmen zur Reduk-<br />

tion des systemischen Risikos diskutiert. Ein globaler<br />

Standard für Liquiditätsvorschriften soll ebenso für<br />

eine höhere Stabilität sorgen wie verbesserte Standards<br />

zu Risikomanagement und Governance. Weiter<br />

soll die Risikotransparenz in den Bankbilanzen durch<br />

Offenlegung erhöht werden. Diese Massnahmen können<br />

infolge unterschiedlicher Interessenlage der verschiedenen<br />

Länder nicht sofort eingeführt werden.<br />

Es mussten Kompromisse geschlossen werden, so<br />

dass sich die Einführung all dieser Massnahmen bis<br />

ins Jahr 2018 hineinziehen wird.<br />

In der Schweiz hingegen wurde bereits im<br />

November 2008 im Rahmen der Stabilisierungsmassnahmen<br />

ein neues Eigenmittelregime für<br />

Referate aus der interdisziplinären Tagung 10


Es ist die Aufgabe des VR<br />

und nicht der FINMA das<br />

Risikomanagement der Institute<br />

wahr zu nehmen.<br />

Grossbanken beschlossen. Diese müssen bis ins<br />

Jahr 2013 ihre Eigenmittel gegenüber den Säule-<br />

1-Minimalanforderungen von Basel II auf 200 Prozent<br />

erhöhen und die Leverage Ratio einführen.<br />

Das bereits im Frühling 2007 für die Grossbanken<br />

initiierte neue Liquiditätsregime wurde bereits Mitte<br />

2010 umgesetzt. Die Schweizer Behörden unterstützen<br />

die Basler Initiativen bezüglich eines Kapitalzuschlags<br />

für systemisch relevante Banken und haben<br />

eine Expertenkommission zur «too-big-to-fail»-Problematik<br />

eingesetzt, die bereits den Schlussbericht<br />

abgeliefert hat. Der sogenannte Swiss Finish geht<br />

über die internationalen Anforderungen des Basler<br />

Ausschusses hinaus. Im Gegensatz zum Ausland<br />

sind die strengen Schweizer Massnahmen zu einem<br />

grossen Teil bereits umgesetzt. Was die nicht systemrelevanten<br />

Banken betrifft, so wartet die FINMA<br />

auf die Basler Vorgaben und wird ihre Massnahmen<br />

mit diesen abstimmen. Ausserdem wird die FINMA<br />

ein Rundschreiben zur Säule 2 einführen.<br />

Qualitative Massnahmen: Risikomanagement und<br />

Aufsichtsprozess Die Senior Supervisors Group<br />

(SSG), die für eine verstärkte Aufsichtskoordination<br />

auf internationaler Ebene sorgt, ist ein Kind der Krise.<br />

Ihr gehören all jene Aufsichtsbehörden an, welche<br />

die 20 grössten global agierenden Institute betreuen<br />

und kontrollieren. Die SSG formierte sich im<br />

September 2007, als es darum ging, die Risikomanagement-Praktiken<br />

der grössten globalen Finanzinstitute<br />

zu analysieren. Im Gegensatz zum Basler Ausschuss<br />

für Bankenaufsicht handelt es sich hier um<br />

FINMA muss sich auf die<br />

Funktionsfähigkeit des VR der<br />

Kontrollorgane verlassen können.<br />

Governance und Risk Management: Verantwortung VR des Instituts.<br />

Die Finma fokussiert sich in ihrer<br />

Aufsicht auf die<br />

1) Risikosituation<br />

sowie die<br />

2) Funtionsfähigkeit der<br />

Kontrollorgane<br />

der einzelnen Institute<br />

keinen Standard-Setter, sondern um die Vernetzung<br />

der Aufseher sämtlicher systemisch wichtigen Banken<br />

untereinander. In dieser Gruppe geht es darum,<br />

die Beurteilung von zentralen Risikobereichen abzustimmen,<br />

um schnell und koordiniert handeln zu können.<br />

Die SSG war denn auch während der Krise sehr<br />

aktiv, weil sie Einblick in die aktuellen Marktpraktiken<br />

der globalen Player hat und daher auf gefährliche<br />

Entwicklungen hinweisen kann, zum Beispiel im<br />

risikogerechten Fund-Pricing. Dementsprechend war<br />

es möglich, einen breiteren Aufsichtskreis – insbesondere<br />

das Financial Stability Board und den Basler<br />

Ausschuss für Bankenaufsicht – darüber zu informieren.<br />

Sie trägt somit zu einem regelmässigen Informationsaustausch<br />

zur systemweiten Risikosituation<br />

sowie den Entwicklungen und Massnahmen auf<br />

nationaler Ebene bei. Im Nachgang werden nun die<br />

sogenannten Remediation-Programme der globalen<br />

Institute im Rahmen der SSG verfolgt. Ausserdem<br />

wird die Aufsichtspraxis der einzelnen Aufsichtsbehörden<br />

zu zentralen Risikothemen wie Risikoappetit<br />

und Infrastruktur abgestimmt und deren Arbeitsabläufe<br />

koordiniert. Dieser Informationsaustausch und<br />

das damit verbundene Benchmarking liefern wertvolle<br />

Erkenntnisse.<br />

Lessons Learned Es hat sich gezeigt, dass jene<br />

Institute am wenigsten in den Sog der globalen Finanzkrise<br />

gerieten, bei denen die Informationsflüsse<br />

zwischen dem Risikomanagement und dem Senior<br />

Management am besten funktionierten. Diese<br />

Institute verfügten über eine Governance, die eine<br />

Referate aus der interdisziplinären Tagung 11


entsprechende Diskussionskultur über das Management<br />

der Bilanz und das Fund Transfer Pricing<br />

zuliess. Dies wiederum sorgte dafür, dass risikoreiche<br />

Geschäfte auch risikogerecht finanziert werden<br />

mussten. Jene Banken, die dieses Prinzip nicht beachteten,<br />

gerieten über falsche Anreize in zu riskante<br />

Geschäfte und damit in den Strudel der Krise. Entscheidend<br />

waren ebenfalls die Risiko-Identifikation<br />

und -Messung. Wer mehrere Ansätze und Methoden<br />

simultan verwendete, hatte sein Risikoprofil besser<br />

im Griff als jene, die einem einzigen Modell vertrauten.<br />

Eine kontinuierliche Mark-to-Market-Bewertung<br />

von strukturierten Produkten förderte zudem eine<br />

zeitnahe Erkennung der Risiken.<br />

Nach wie vor verbesserungsbedürftig sind<br />

die Risikoidentifikation und -Messung, das Gegenparteien-Risiko-Monitoring,<br />

das Transfer-Pricing und<br />

das Stress-Testing. Grosses Verbesserungspotential<br />

eröffnet sich in Bezug auf die IT-Infrastruktur. Sie<br />

ist zwar die eigentliche Voraussetzung für angemessene<br />

Risiko- und Management-Information-Systeme<br />

(MIS), konnte aber mit der rasanten Produkteinnovation<br />

und -entwicklung nicht Schritt halten.<br />

Die FINMA ist sich bewusst, dass durch den<br />

Aufsichtsprozess nicht nur quantitative, sondern<br />

auch qualitative Verbesserungen gefördert werden<br />

müssen. Dabei geht es ganz allgemein um eine Verbesserung<br />

des Risikomanagements und der Governance<br />

in den Finanzinstituten, um angemessene Anreizstrukturen<br />

und um eine klare Verbesserung der<br />

Infrastruktur. Die FINMA strebt eine Erhöhung der<br />

Wirksamkeit des Aufsichtsprozesses durch Einführung<br />

neuer Aufsichtsinstrumente an. Das Risikomanagement<br />

eines Instituts liegt primär aber klar in der<br />

Kompetenz und Verantwortung des Verwaltungsrates<br />

des betreffenden Instituts. Die FINMA ist dafür nicht<br />

in erster Linie zuständig, sie muss sich auf die Funktionsfähigkeit<br />

des Verwaltungsrats und der Kontrollorgane<br />

verlassen können. Die Aufsicht der FINMA<br />

fokussiert sich auf die Erkennung der Risikosituation<br />

und die Funktionsfähigkeit der Kontrollorgane der<br />

einzelnen Institute. Institute sollen nur in Geschäftsfeldern<br />

aktiv sein, in denen die Risiken erkannt und<br />

verstanden werden können. Dasselbe gilt auch für<br />

das Risikomanagement. Für jede Geschäftstätigkeit<br />

müssen Instrumente vorhanden sein, die für ein<br />

effektives Risikomanagement sorgen. Ausserdem<br />

müssen Risiken im gesamten integralen Kontext und<br />

nicht isoliert betrachtet werden. Jetzt gilt es, aus den<br />

begangenen Fehlern zu lernen und die Antizipation<br />

zukünftiger Risiken zu verstärken.<br />

Mit dem Rundschreiben über die Vergütungssysteme<br />

nimmt sich die FINMA auch dieser<br />

Problematik an. Zu hohe Ausschüttung von nicht<br />

nachhaltigen Gewinnen schwächen den Kapital- und<br />

Liquiditätspuffer einer Bank. Deshalb setzt sich die<br />

FINMA für Mindeststandards für Vergütungssysteme<br />

ein. Diese sollen korrekte Anreize schaffen, die dafür<br />

sorgen, dass inskünftig nur noch angemessene<br />

vertretbare Risiken eingegangen werden. Damit soll<br />

auch das Risikobewusstsein der Mitarbeitenden gestärkt<br />

werden. Dies in klarer Übereinstimmung mit<br />

internationalen Gremien.<br />

Zentral sind solide Infrastrukturen mit zuverlässigen<br />

IT-Systemen und -Landschaften. Diese<br />

müssen über genügend Kapazität verfügen, um<br />

auch während Stressperioden bestehen zu können.<br />

Bei Übernahmen und Fusionen soll bereits in den<br />

Planungs- und Projektphasen geprüft werden, ob<br />

die produktiven Systeme dieser Mehrbelastung<br />

auch standzuhalten vermögen. Überhaupt ist eine<br />

adäquate Infrastruktur erfolgskritisch für effiziente<br />

operative Abläufe, die Rechnungslegung und funktionierende<br />

Risiko- und Management-Informationssysteme.<br />

Neu ist auch, dass die FINMA sich nicht<br />

mehr ausschliesslich auf die Informationen der Banken<br />

abstützt, sondern zusammen mit den beiden<br />

systemrelevanten Banken Stresstests durchführt<br />

und deren Resultate bewertet. Wir sind nun daran,<br />

diese Aufsichtsinstrumente auch für andere Institute<br />

einzuführen.<br />

Nach der Krise ist vor der Krise Die FINMA ist sich<br />

bewusst, dass das Finanzsystem wieder von massiven<br />

Stress-Situationen und Krisen heimgesucht<br />

werden kann. Die Akteure könnten durchaus ähnliche<br />

oder neue Fehler begehen. Deshalb hat sie –<br />

solange die Erinnerungen an die Krise noch frisch<br />

sind und bevor die Masslosigkeit zurückkehrt – die<br />

ambitiösen Swiss-Finish-Ziele festgelegt. Allerdings<br />

hütet sie sich davor, prozyklische Massnahmen zu<br />

ergreifen. Sie wird mit der Implementierung so lange<br />

zuwarten, bis die betreffenden Institute genesen<br />

sind. In jedem Fall unterstützt die FINMA uneingeschränkt<br />

die strategischen Massnahmen des Basler<br />

Ausschusses und des Financial Stability Boards.<br />

Denn Regulierung und Aufsicht sind nicht Selbstzweck<br />

oder Verhinderung erfolgreicher Geschäftstätigkeit,<br />

sondern verstehen sich als bedeutenden Faktor<br />

zur Stärkung der Stabilität des Finanzplatzes und<br />

dessen Reputation.<br />

Referate aus der interdisziplinären Tagung 12


Christoph Weber, Leiter Private Banking und<br />

Mitglied der Geschäftsleitung der Zürcher Kantonalbank<br />

Private Banking ( in der Schweiz ) – ein Zukunftsmodell<br />

mit Perspektiven<br />

Schaffen die neuen Rahmenbedingungen neue<br />

Chancen, oder sind sie eher ein Hindernis? Beides<br />

ist wahr und wird uns künftig herausfordern. Die<br />

Diskussion der letzten 18 Monate, wie sie von in-<br />

und ausländischen Kommentatoren, Repräsentanten<br />

von Finanzunternehmen und Kunden geführt wurde,<br />

hätte widersprüchlicher nicht sein können. Ich bin<br />

der Meinung, dass die Beteiligten am Finanzplatz<br />

Schweiz eine viel stärker proaktive Kommunikationspolitik<br />

hätten führen müssen. Die Grundlagen und<br />

die heutige Situation sind sehr komplex, sie müssen<br />

gut erklärt werden. Die heutige Tagung ist ein gutes<br />

Beispiel dafür, wie vermehrt proaktiv kommuniziert<br />

und damit für besseres Verständnis der <strong>Finanzmärkte</strong><br />

gesorgt werden kann. Als Einstieg in dieses Thema<br />

möchte ich die Absicht aufzeigen, die unsere<br />

politischen Behörden mit dem Finanzplatz verfolgen.<br />

Letztlich geht es doch um die Stärkung der internationalen<br />

Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes und<br />

seines Finanzplatzes. Dazu ein paar Zahlen: wir sprechen<br />

von Vermögenswerten (Assets) im Ausmasse<br />

von 3 Billionen (3000 Milliarden) Franken. Davon<br />

stammen schätzungsweise 2000 Milliarden Franken<br />

von Kunden mit ausländischem Domizil (offshore)<br />

und 1000 Milliarden Franken von inländischer Kundschaft<br />

(onshore). Es geht dabei ausschliesslich um<br />

Gelder, die in der Schweiz gebucht werden. Rund 50<br />

Prozent der Offshore-Gelder stammen aus Europa.<br />

Unsere Regierung will die Sicherung und Verbesserung<br />

des Marktzutritts im EU-Raum erreichen, was<br />

nicht einfach sein wird.<br />

Dieser sogenannte Swiss Finish fordert uns<br />

alle. Und: die Verbesserung der Krisenresistenz wie<br />

auch die neuen Regeln im Umgang mit systemrelevanten<br />

Unternehmen sind durchaus positiv zu bewerten.<br />

Der Swiss Finish schafft Vertrauen. Vertrauen<br />

bedeutet unter anderem auch die Sicherstellung<br />

der Integrität des Finanzplatzes. Integrität ist wichtig,<br />

diese muss aber unter verschiedenen Aspekten<br />

betrachtet werden. Ich war schlichtweg erschüttert,<br />

wie verallgemeinernd negativ die Kommentare über<br />

die Banken unabhängig vom Geschäftsmodell in der<br />

Schweiz ausfielen. Hier gibt es punkto Kommunikation<br />

noch einiges zu tun. Diese Innensicht kontrastiert<br />

sehr wohl mit dem Ruf des Finanzplatzes Zürich<br />

im Ausland.<br />

Die Abgeltungssteuer steht im Zentrum Die Abgeltungssteuer<br />

hat gegenüber dem Ausland nur dann<br />

eine Chance, wenn sie ungefähr den gleichen Zweck<br />

erfüllt wie der automatische Datenausgleich. Dabei<br />

ist man daran, die Eckpunkte aus Schweizer Sicht<br />

zu definieren. Es muss sich um eine Quellensteuer<br />

handeln, deren Betrag von der Bank an die Schweizer<br />

Steuerverwaltung überwiesen wird. Diese wiederum<br />

überweist den Betrag dann auf anonymer Basis an<br />

Referate aus der interdisziplinären Tagung 13


die zuständige ausländische Steuerbehörde. Und<br />

weil es sich um eine Abgeltungssteuer handelt, steht<br />

fest, dass die ausländischen Kunden nach Erhebung<br />

dieser Steuer durch die Banken ihren Steuerpflichten<br />

nachgekommen und damit entkriminalisiert<br />

sind. Weitere Themen wie Marktzugang, Legacy und<br />

Harmonisierung der Steuersätze kommen ebenfalls<br />

zur Sprache. All diese Themen sind mehrheitlich unbekannt.<br />

Mit Deutschland werden wir wohl eine Art<br />

« Die Ausgangslage der<br />

Schweizer Banken ist gut »<br />

Benchmark im Umgang mit der Abgeltungssteuer<br />

setzen. Es gilt zu beachten, dass eine Umsetzung<br />

der Abgeltungssteuer mit Deutschland im Hinblick<br />

auf die Prozesskosten enorme Aufwendungen bedeuten<br />

kann. Deshalb hat die Schweiz auch ein grosses<br />

Interesse, dass ein solches Modellabkommen auch<br />

mit anderen Ländern abgeschlossen werden kann.<br />

Zurück zu einigen Thesen und Fakten. Ich<br />

bin der Meinung, dass die Schweiz irgendwann zu<br />

einem Teil eines offenen europäischen Finanzplatzes<br />

wird. Das ist letztlich eine Frage der Zeit, denn<br />

die Schweiz kann sich, beispielsweise aufgrund der<br />

Diskussion um die von der EU erarbeiteten MIFID-<br />

Direktiven (Markets in Financial Instruments), dieser<br />

Entwicklung nicht entziehen. Die Schweiz hat diverse<br />

Standards viel schneller umgesetzt als einige EU-Mit-<br />

gliedländer. Wir müssen uns der Frage stellen, welche<br />

Aspekte des schweizerischen Finanzwesens wir<br />

unbedingt erhalten wollen und wo uns nichts anderes<br />

übrigbleibt, als die Standards aus dem Ausland<br />

zu übernehmen. Ein Beispiel dafür ist FATCA (Foreign<br />

Account Tax Compliance Act), der nicht nur die Banken,<br />

sondern auch andere Finanzintermediäre weltweit<br />

betrifft. Hier haben wir faktisch keine Wahl und<br />

werden in einen weltweiten Standard hineingedrängt.<br />

Die Schweiz als Exportland und attraktiver Standort<br />

für ausländische Investoren und Vermögende bedingt<br />

aus Sicht der Kunden von den Bankpartnern Kompetenz<br />

im globalen Finanzmarkt. Der Neugeldzufluss<br />

bei den Schweizer Banken kommt schwergewichtig<br />

aus gewissen Wachstumsregionen beziehungsweise<br />

aus dem umliegenden Ausland und wird sich mit<br />

geschätzten 5 Prozent in Grenzen halten. Also geht<br />

es darum, weitere Wachstumsmärkte zu erschliessen.<br />

Der Trend zeigt klar in Richtung einer Verlagerung<br />

vom Offshore zum Onshore Banking. Die Zürcher<br />

Kantonalbank als drittgrösste Bank kann sich<br />

von dieser Entwicklung nicht abkoppeln und verfügt<br />

heute schon über eine zielgerichtete internationale<br />

Ausrichtung in vielen Geschäftsfeldern. Bei allen positiven<br />

Effekten zeigt sich ganz deutlich: Die Hürden<br />

im Crossborder Geschäft werden immer höher. Ohne<br />

eigentliche Onshore-Lizenz ist Akquirieren von Neukunden<br />

im EU-Raum gar nicht mehr möglich. Bestehende<br />

Kundschaft kann eine Bank aus der Schweiz<br />

heraus höchstens noch verwalten.<br />

Referate aus der interdisziplinären Tagung 14


Wettbewerbsposition besser kommunizieren Ich<br />

bin immer wieder überrascht, wenn ich die hohe<br />

Wertschöpfung sehe, die Zürcher KMU im Ausland<br />

generieren. Nicht nur der Finanzplatz, auch der Kanton<br />

Zürich ist eng mit dem Ausland vernetzt. Hier<br />

stellt sich somit auch die Frage, welche Rolle die Zürcher<br />

Kantonalbank spielen soll. Und was heisst die<br />

Staatsgarantie in diesem Umfeld? Die Zürcher Kantonalbank<br />

hat diese bis jetzt noch nie beansprucht.<br />

Das Stand-alone Rating der ZKB ohne Staatsgarantie<br />

wird heute auf stolze AA Minus bewertet. Auch<br />

ohne Staatsgarantie stehen wir damit in der Top-Liga<br />

der Banken. Und dies auf internationaler Ebene.<br />

Ich frage mich immer wieder, weshalb der<br />

Ruf der Schweiz im Ausland viel besser ist als im<br />

eigenen Land. Pioniergeist und Handwerk sind gerade<br />

jetzt im Private Banking besonders gefragt. Und<br />

was die Prozesskompetenz der Schweizer Banken<br />

bei der Umsetzung zukünftiger Standards wie QI II,<br />

FATCA und Abgeltungssteuer betrifft, so wird sich der<br />

heimische Finanzplatz sehr gut gegenüber der internationalen<br />

Konkurrenz positionieren. Ich bin deshalb<br />

überzeugt, dass die Schweiz auch in Zukunft ihren<br />

Platz als eines der grössten Vermögensverwaltungszentren<br />

der Welt behalten wird.<br />

Schweiz<br />

Luxemburg<br />

Liechtenstein<br />

Österreich<br />

USA<br />

Cayman Islands<br />

Grossbritannien<br />

Channel Islands<br />

Hongkong<br />

Karibik, diverse<br />

Singapur<br />

Monaco<br />

Andere<br />

13%<br />

23%<br />

3%<br />

12%<br />

10%<br />

9%<br />

10%<br />

8%<br />

9%<br />

8%<br />

8%<br />

5%<br />

1%<br />

5%<br />

2%<br />

4%<br />

2%<br />

3%<br />

2%<br />

17%<br />

20%<br />

Deutschland Österreich<br />

Basis: n = 246 (120 DE, 126 AU)<br />

38%<br />

36% 48%<br />

87%<br />

79%<br />

% 20% 40% 60% 80% 100%<br />

Bekanntheit spontan:<br />

alle Nennungen «kenne ich sehr gut» bis «ein wenig bekannt».<br />

Quelle: International Private Banking Monitor 2009<br />

Vielfältige Tätigkeitsfelder der ZKB Einige Facts<br />

& Figures zur Zürcher Kantonalbank: Die ZKB ist die<br />

drittgrösste Bank der Schweiz und wurde weltweit<br />

zur 4. sichersten Bank und sichersten Universalbank<br />

gekürt (Safest Bank Award 2010, Global Finance Magazine).<br />

Dies manifestiert sich auch darin, dass die<br />

ZKB von allen drei wichtigen Rating-Agenturen: Standard<br />

& Poor’s, Moody’s und Fitch die Höchstnote AAA<br />

bzw. Aaa erhalten hat und diese immer noch besitzt.<br />

Mit einem Kundenvermögen von 156,7 Milliarden<br />

Franken gehören wir zu den grössten Vermögensverwaltern.<br />

Dies bei einer Bilanzsumme von 129 Milliarden<br />

Franken im Juni 2010 und einer Eigenkapitalratio<br />

(Tier 1) von 13,4 Prozent. Noch ist unklar, wie die<br />

internationalen Aufsichtsbehörden mit einem Institut<br />

wie der ZKB umgehen werden. Sie kennen diese Art<br />

der Organisation eines Bankinstituts noch nicht.<br />

Was die Strategie der Zürcher Kantonalbank<br />

betrifft, so ist eines klar: Wir wollen die führende<br />

Finanzdienstleisterin und klare Nummer 1 im Wirtschaftsraum<br />

Zürich sein. Aber auch national sind wir<br />

unterwegs, nämlich überall dort, wo es Sinn macht<br />

und die Risiken sich in Grenzen halten und kontrollierbar<br />

sind. Zum Beispiel bei Finanzierungen in<br />

gehobenen Kundensegmenten, bei anspruchsvollen<br />

Anlage- und Vermögensverwaltungslösungen inklusive<br />

Vorsorge sowie im Handel und im Kapitalmarktgeschäft.<br />

Auf internationaler Ebene ist die ZKB in den<br />

Bereichen Private Banking, Handel, Trade Finance<br />

und im Interbankengeschäft aktiv.<br />

« Kein EU Land hat seit der Krise mehr<br />

Nettogelder generiert »<br />

Was die weltweiten Wachstumsmärkte im<br />

Offshore Banking betrifft, so zeigt die Global Wealth<br />

Studie von Boston Consulting Group, dass nach<br />

wie vor Nordamerika der grösste Holder von Vermögenswerten<br />

ist. Aber nur ein kleiner Teil der Anleger<br />

platziert das Kapital offshore. Japan ist in einer ähnlichen<br />

Situation. Europa hingegen zeigt einerseits<br />

ein grösseres Wachstum, andererseits auch einen<br />

höheren Anteil jener vermögenden Haushalte, die ihr<br />

Vermögen offshore platzieren. In Ländern im Nahen<br />

Osten, Afrika und Asien, Lateinamerika und in den<br />

BRIC-Staaten wird der Anteil an Offshore-Geldern<br />

eher abnehmen. In Russland werden diese hingegen<br />

trendmässig steigen. In dieser Situation die richtige<br />

Marktstrategie im Private Banking zu entwickeln, ist<br />

eine echte Herausforderung. Dennoch ist die Ausgangslage<br />

der Schweizer Banken nach wie vor gut.<br />

Referate aus der interdisziplinären Tagung 15


Umfragen in Deutschland und Österreich zeigen eines<br />

klar: Politische Stabilität und Rechtssicherheit,<br />

aber auch Diskretion und Schutz der Privatsphäre bilden<br />

die Standortvorteile, wenn es um die Wahl eines<br />

Offshore-Finanzplatzes geht. Weder unsere Analysen<br />

noch andere Studien zeigen beispielsweise einen<br />

extremen Kapitalzufluss nach Singapur. Trotz dieser<br />

Krise und dem in einigen Medien prophezeiten<br />

Zusammenbruch des Offshore-Platzes Schweiz sind<br />

Repatriierungen von Geldern in andere Booking- Zentren<br />

marginal. Das heisst allerdings nicht, dass wir in<br />

Bezug auf Legacy-Probleme keine Lösungen erarbeiten<br />

müssen. Aber diese Studien belegen, dass die<br />

Aussenwahrnehmung zu diesem Thema ganz anders<br />

ist als unsere Innensicht. Bevor eine reiche Familie<br />

ihr Family Office aus der Schweiz nach Singapur verlegt,<br />

braucht es noch einiges mehr. Der Ruf des Finanzplatzes<br />

wurde während Jahrzehnten aufgebaut<br />

und beruht nicht nur auf Intransparenz, sondern<br />

auch auf Kompetenz und Erfahrung. Glücklicherweise<br />

wurde das Image des Finanzplatzes auch in der<br />

Krise weit weniger angekratzt als erwartet.<br />

Politische Stabilität und<br />

Rechtssicherheit<br />

Diskretion, Schutz<br />

der Privatsphäre<br />

Bank-/Bankkundengeheimnis<br />

Stabile Währung<br />

und tiefe Inflation<br />

Steuersituation für<br />

ausländische Anleger<br />

Moderne Markt- und<br />

Bankinfrastruktur<br />

Ruf und Stärke<br />

des Finanzplatzes<br />

Expertise in der<br />

Vermögensverwaltung<br />

Erreichbarkeit<br />

des Landes<br />

Persönliche Affiniät<br />

zum Land<br />

Deutschland Österreich<br />

Basis: n = 246 (120 DE, 126 AU)<br />

11%<br />

15%<br />

48%<br />

43%<br />

41%<br />

36%<br />

38%<br />

29%<br />

29%<br />

38%<br />

71%<br />

60%<br />

53%<br />

60%<br />

70%<br />

64%<br />

78%<br />

74%<br />

88%<br />

88%<br />

% 20% 40% 60% 80% 100%<br />

Quelle: International Private Banking Monitor 2009<br />

Die grossen Herausforderungen im Crossborder<br />

Geschäft liegen in der Umsetzung von FATCA.<br />

IRS verlangt erheblich umfangreichere Informationsabklärungen<br />

und höhere Reportingstandards. US QI<br />

II wird sich künftig auch auf Kontogelder ausweiten,<br />

und Offenlegungen werden von immer mehr Ländern<br />

angestrebt. Dennoch: diese Entwicklungen betreffen<br />

nicht nur die Schweiz, sondern den gesamten globalen<br />

Finanzsektor und werden entsprechend hohe<br />

Kosten verursachen. Seit der Krise wurde in der<br />

Schweiz noch kein einziges Gesetz verändert. Trotzdem<br />

schreiben wir die Manuals und Ländersetups<br />

komplett neu. Wir bei der ZKB behelfen uns damit,<br />

im Neukundengeschäft in einem Plausibilisierungsgespräch<br />

die nötigen Informationen beim Kunden abzuholen.<br />

Die Schweiz ist bei zukünftigen Standards<br />

(QI II, FATCA, Abgeltungssteuer usw.) gegenüber der<br />

internationalen Konkurrenz wegen ihrer hohen Prozesskompetenz<br />

und des umfassenden Kundendatenmanagements<br />

gut positioniert. Trotzdem sind die<br />

Banken schlichtweg nicht in der Lage, die Richtigkeit<br />

der Steuererklärung von global orientierten Bürgern<br />

zu beurteilen, die über verschiedene Steuerdomizile<br />

rund um den Erdball verfügen. Hingegen kann eine<br />

Bank Steuertransparenz ad personam feststellen.<br />

Und dann steht es ihr frei, Kundenbeziehungen abzulehnen.<br />

Die ZKB hat in den letzten Monaten bewusst<br />

darauf verzichtet, solche Kundenbeziehungen<br />

einzugehen. Das ist der Preis, den wir für diese höhere<br />

Transparenz bezahlen. Aber eines gilt es klar<br />

festzuhalten: Kein EU-Land hat seit der Krise mehr<br />

Nettogelder generiert als die Schweiz. Die Schweiz<br />

wird ihre führende Position als eines der grössten<br />

Vermögensverwaltungszentren der Welt behalten.<br />

Dafür sorgt die Kombination von hoher Kompetenz<br />

im Bankensektor mit den Standortvorteilen des Finanzplatzes.<br />

Referate aus der interdisziplinären Tagung 16


Urs Briner, Leiter Business Consulting IBM<br />

Komplexitätsmanagement – Überlebensstrategien in der<br />

heutigen Zeit<br />

Wie gehen CEO mit den Herausforderungen einer immer<br />

komplexeren Welt um? Eine Umfrage der IBM zu<br />

diesem aktuellen Thema ergab aufschlussreiche Resultate.<br />

Mit dem Thema Komplexitätsmanagement<br />

beschäftigen sich Chaos-Theoretiker, Mathematiker,<br />

Statistiker, Wirtschaftswissenschafter und nicht zuletzt<br />

Psychologen. Was aber bedeutet Komplexitätsmanagement<br />

in der heutigen Zeit? Grundsätzlich<br />

geht es um die steigende Intransparenz, weil sich<br />

Ursachen und Wirkungen zunehmen miteinander<br />

verwischen. Oft stehen Manager vor einer Problemstellung,<br />

die eigentlich nicht lösbar ist. Aber das Bewusstsein,<br />

Komplexität nicht bewältigen zu können,<br />

ist der erste Schritt zur Lösung. Komplexität kann<br />

nicht reduziert werden. Die Organisation muss sich<br />

darauf einstellen und die richtigen Abläufe, Prozesse,<br />

Strukturen und die entsprechende Unternehmenskultur<br />

schaffen. Nur so ist es einem Finanzinstitut mög-<br />

lich, sich in einem zunehmend komplexeren Umfeld<br />

zu bewegen.<br />

IBM Business Consulting hat weltweit die<br />

CEO von 1500 Unternehmen befragt. Das sich immer<br />

rascher verändernde Umfeld macht dem Management<br />

zunehmend zu schaffen: Schnellere Zyklen,<br />

begleitet von steigenden Risiken, erhöhen nicht nur<br />

die Volatilität in den Rahmenbedingungen. Künftige<br />

Entwicklungen sind weniger vorsehbar, verknüpfter<br />

und vielschichtiger, was die Unsicherheit und die<br />

Komplexität der Entscheidungen erhöht. Neue Strukturen<br />

verändern zudem das Umfeld des Unternehmens<br />

kontinuierlich. Das hat uns die jüngste Krise<br />

drastisch gezeigt. Künftige Krisen können zudem<br />

nicht ausgeschlossen werden. Angesichts dieser Tatsachen<br />

ist der rechtzeitige Zugriff zu den richtigen<br />

Informationen matchentscheidend für das Management.<br />

Dies trifft in besonderem Masse für die Finanzindustrie<br />

zu. In den vergangenen 10 Jahren wurde<br />

die Unternehmensberatung von einer eigentlichen<br />

ERP-Welle (Enterprise Resource Planning) erfasst.<br />

Damals ging es darum, Prozesse mit Informationstechnologie<br />

zu unterstützen, sie zu vereinfachen und<br />

zu beschleunigen. Viele Unternehmen waren darin<br />

erfolgreich. Die nächste Welle wird die Informationswelle<br />

sein: Wie schaffe ich es, die richtige Information<br />

im Laufe des Geschäftsprozesses dem Mitarbeiter<br />

rechtzeitig und verständlich zur Verfügung zu<br />

stellen? Nur so kann dieser die richtigen Entscheide<br />

fällen. Hier zeigt sich grosser Handlungsbedarf.<br />

Neue Regulierungen erfordern zeitnahe Informationen<br />

Es geht nicht einfach darum, diese Informationen<br />

für das Risikomanagement zur Verfügung zu stellen.<br />

Sie sollten auch dem Mitarbeiter zur Verfügung<br />

stehen, wenn er ein Kundengespräch führt. Dies ist<br />

der entscheidende Erfolgsfaktor. In den vergangenen<br />

sechs Jahren haben wir vier solcher Studien durchgeführt.<br />

Dabei haben wir immer wieder dieselbe Fra-<br />

Referate aus der interdisziplinären Tagung 17


ge gestellt: Welches sind die wichtigsten Faktoren,<br />

die Sie in den nächsten drei Jahren beschäftigen<br />

werden? Das Resultat war erfreulicherweise stets<br />

dasselbe: Der Kunde steht zuoberst in der Prioritätenliste.<br />

Dennoch sehen wir Verschiebungen in der<br />

Bedeutung der einzelnen Einflussfaktoren, vor allem<br />

bei den technologischen Einflussfaktoren. Erfreulich:<br />

Im internationalen Vergleich steht hier die Schweiz<br />

sehr gut da. Dennoch gewinnen gewisse technologische<br />

Faktoren auch am hiesigen Finanzplatz an<br />

Bedeutung. Neue Regulierungen erfordern in Zukunft<br />

die Bereitstellung zeitnaher Informationen. Dies erfordert<br />

entsprechende Investitionen in die Technologie.<br />

Wegen der Krise haben bestimmte makroökonomische<br />

Faktoren ebenfalls an Bedeutung gewonnen.<br />

Dies zu Unrecht, denn der Mensch und seine Fähigkeiten<br />

werden bei der Bewältigung künftiger Herausforderungen<br />

matchentscheidend sein. Irgendwann<br />

werden wir die Informationsbereitstellung im Griff haben.<br />

Aber der entscheidende Unterschied liegt beim<br />

Humanfaktor.<br />

Im Team gefällte Entscheidungen sind nachhaltiger<br />

Laut der IBM-Umfrage rechnen 84 Prozent<br />

der CEO in den nächsten 5 Jahren mit einem weiter<br />

steigenden Komplexitätsniveau. Aber nur gerade 59<br />

Prozent fühlen sich für diese Herausforderungen vorbereitet.<br />

Wir haben analysiert, warum gewisse Unternehmen<br />

die Krise besser gemeistert haben als ihre<br />

Konkurrenz. Als «Standouts» – das sind rund 18 Prozent<br />

der Befragten – wurden jene Firmen definiert, die<br />

sowohl auf lange als auch auf kurze Sicht ihre Margen<br />

verbessern konnten. Für den Erfolg dieser Unternehmen<br />

waren drei wesentliche Faktoren verantwortlich.<br />

Erfolgreichen Unternehmen gelingt es immer<br />

wieder, ihre Kundenbeziehungen neu zu erfinden. Sie<br />

zeichnen sich ganz allgemein aus durch ein besseres<br />

Verständnis der Kundenbedürfnisse. Sie haben<br />

vor, während und nach der Krise die Interaktion mit<br />

ihren Kunden stärker gesucht als die Konkurrenten.<br />

Dadurch gelang es ihnen, die Kunden viel stärker in<br />

ihre Wertschöpfung einzubeziehen. Die enge Zusammenarbeit<br />

und der intensive Informationsaustausch<br />

mit dem Kunden floss auch in das Design und in<br />

die Produktentwicklung ein. Dadurch entstanden<br />

bedürfnisgerechtere Produkte und Dienstleistungen<br />

für den Kunden, was wiederum in einem Konkurrenzvorteil<br />

resultierte. Ein weiteres erfolgskritisches<br />

Merkmal ist der kreative Führungsstil, der die erfolgreichen<br />

Unternehmen prägt. Dabei geht es um die<br />

starke Abkehr von der traditionellen hierarchischen<br />

Führungsstruktur. Das Zulassen von Netzwerken<br />

fördert zeitgerechte Entscheidungen quer durch die<br />

Organisation hinweg. Vor allem in schwierigen Zeiten<br />

wird der Einsatz einer breiten Palette von Kommunikationsstilen<br />

und -plattformen wichtiger. Die Kreativität<br />

der Mitarbeiter wird in Zukunft zum eigentlichen<br />

Erfolgsfaktor. Weiter muss eine Unternehmung<br />

atmungsfähig bleiben, damit sie gerade in unsicheren<br />

Zeiten eine schnelle Entscheidungsfindung und<br />

-umsetzung erlaubt und den Umgang mit der Komplexität<br />

von Betrieb und Produktion ermöglicht. Dies<br />

erfordert gewisse Freiräume, die es dem Mitarbeiter<br />

erlauben, mit unvorhersehbaren Ereignissen kreativ<br />

umzugehen. Dadurch gewinnt das Unternehmen an<br />

Flexibilität, je nach Wirtschaftslage zu wachsen oder<br />

zu schrumpfen. Als Geschäftsleitungsmitglied von<br />

IBM Schweiz AG führe ich 2000 Mitarbeiter. Davon<br />

sind 700 fest angestellt. Die 1300 freien Mitarbeiter<br />

sichern somit die nötige Flexibilität, um auf Veränderungen<br />

rasch zu reagieren. Dies aber erfordert aktive<br />

Netzwerke, in denen Mitarbeiter, Partner und Kunden<br />

eingebunden sind. Das geht jedoch nur durch<br />

die Delegation aktiver Entscheidungsgewalt an diese<br />

Netze. Die Erfahrung zeigt zudem, dass die im Team<br />

gefällten Entscheidungen nachhaltiger sind als jene<br />

aus der Hierarchie. Allerdings muss das Team richtig<br />

zusammengesetzt sein, damit es die schnelleren<br />

und richtigen Entscheide fällen kann.<br />

Global<br />

Schweiz<br />

13% 18% 69%<br />

Volatiler<br />

Schnellere Zyklen, mehr Risiken<br />

5% 25%<br />

70%<br />

14% 21%<br />

65%<br />

Unsicherer<br />

Weniger vorhersehbar<br />

14% 18%<br />

68%<br />

18% 22%<br />

60%<br />

Komplexer<br />

Verknüpfter, vielschichtiger<br />

21% 20%<br />

59%<br />

26% 21%<br />

53%<br />

Neue Strukturen<br />

Kontinuierliche Veränderung<br />

43% 27% 30%<br />

Not at all/to a limited extent To some extent To a large/very large extent<br />

Das Umfeld veränderte sich signifikant. Quelle: Q7 To what extent is the new economic environment different? Volatile n=1514; Uncertain<br />

n=1521; Complex n=1522; Structurally different n=1523; Switzerland n=44<br />

Referate aus der interdisziplinären Tagung 18


Dr. Urs Rüegsegger, CEO SIX Group<br />

Herausforderungen für die Finanzplatz-Infrastruktur<br />

durch verstärkten Wettbewerb und regulatorische Reformen<br />

Der Standort Zürich ist für den Finanzplatz und die<br />

Finanzindustrie von entscheidender Bedeutung. Aber<br />

auch die Finanzbranche muss ihr eigenes System<br />

immer wieder auf Vordermann bringen. Viele verbinden<br />

die Finanzindustrie primär mit der Bankenwelt<br />

und ihren Kunden. Zwar werden die Nationalbank<br />

und die Börse als Institutionen wahrgenommen,<br />

kaum aber andere, für den Finanzplatz entscheidende<br />

Infrastrukturbetriebe. Diese Infrastruktur ist<br />

nicht nur wichtig, sondern sieht sich mit tiefgreifenden<br />

Veränderungen konfrontiert. Die Wertschriften-<br />

Wertschöpfungskette – die Swiss Value Chain – ist<br />

das Kerngeschäft von SIX Group. Sie beginnt mit<br />

einem Wertschriftenkauf- oder -verkaufsauftrag an<br />

der Börse SIX Swiss Exchange, dieser wird dann im<br />

sogenannten Posttrading über die Clearing-Stelle<br />

SIX x-clear verrechnet und via den Wertschriftenverwahrer<br />

SIX SIS (SegaInterSettle) abgewickelt. Die<br />

dazugehörenden Zahlungsinstruktionen werden danach<br />

via SIX Interbank Clearing ausgetauscht. Diese<br />

Infrastruktur bildet das Rückgrat des Finanzplatzes<br />

Schweiz. Wir verdanken diese dem Weitblick der<br />

Finanzmarktteilnehmer Ende der 80er, Anfang der<br />

90er Jahre. Sie waren überzeugt, eine schlagkräftige<br />

Finanzinfrastruktur bilde einen Eckpfeiler der internationalen<br />

Wettbewerbsfähigkeit eines Finanzplatzes.<br />

Die vollständig integrierte Finanzplatzinfrastruktur<br />

von SIX Group wäre in der Lage, sämtliche Transaktionen<br />

realtime zu verarbeiten. Weil aber die internationalen<br />

Standards immer noch Transaktions- und<br />

Verrechnungsfristen von 2 bis 3 Tagen vorsehen, hält<br />

sich auch unsere Infrastruktur an diese Standards.<br />

Starker Wettbewerb erhöht den Preisdruck<br />

Bis vor kurzem waren diese Infrastrukturbetriebe<br />

weitgehend Monopolbetriebe. Es gab nur eine Börse<br />

für Schweizer Aktien, nur einen Clearer, einen Wertschriftenverwahrer<br />

und nur ein Zahlungssystem. Bis<br />

ungefähr ins Jahr 2007 war die Welt der Finanzplatzinfrastrukturbetreiber<br />

noch in Ordnung. Deren Lage<br />

war komfortabel und sehr profitabel. Seither haben<br />

der steigende Regulierungsdruck auf nationaler und<br />

internationaler Ebene, der intensivere Wettbewerb<br />

und der technologische Fortschritt diese Branche<br />

im In- und Ausland aufgemischt. Die drei genannten<br />

Veränderungstreiber setzten an den Grundprinzipien<br />

der Märkte an, und durch die Parallelität – sowohl<br />

zeitlich als auch in der Sache – bewirken sie einen eigentlichen<br />

Verstärkungseffekt. Zunächst zur Regulierung:<br />

die Europäische Union beschloss 2004 MIFID<br />

(Market in Financial Instruments Directive) mit den<br />

primären Zielen: Schaffung eines integrierten europäischen<br />

Kapitalmarktes, Senkung der nationalen<br />

Markteintrittsbarrieren und Schutz der Investoren.<br />

Anvisiert wurde ein fairer und transparenter Handel.<br />

Referate aus der interdisziplinären Tagung 19


Zur Frage eines europäischen Kapitalmarkts<br />

ein kleiner Exkurs: Auch unter den europäischen Finanzplätzen<br />

herrscht Wettbewerb. Jedes Land versucht<br />

sich ein Stück des Kuchens abzuschneiden,<br />

sei es durch Schutz seines angestammten Marktgebiets<br />

oder durch Vorstösse in die Emerging Markets.<br />

In diesem Spiel ist die Schweiz als Nichtmitglied der<br />

EU mit eigener Währung ein Spezialfall. Bisher diente<br />

diese Sondersituation als erstklassiges Differenzierungsmerkmal,<br />

das massgeblich zur erfolgreichen<br />

Entwicklung des Schweizer Finanzplatzes beitrug. Inzwischen<br />

ist durch den zunehmenden Druck aus dem<br />

Ausland die Prämie für dieses Differenzierungsmerkmal<br />

gestiegen. Das Ausland trachtet danach, die eigene<br />

Wettbewerbsposition zu stärken und jene der<br />

Schweiz tendenziell zu schwächen. Die Politik muss<br />

sicherstellen, dass der Preis der Selbständigkeit und<br />

Unabhängigkeit in Zukunft nicht zu hoch wird.<br />

Neben der Regulierung kommt als zweites die<br />

veränderte Wettbewerbssituation hinzu. Zweifellos<br />

haben die grossen Finanzplatzakteure keine Freude<br />

an der faktischen «Monopol»-Situation der Infrastrukturbetreiber.<br />

Deshalb haben die grossen Investmentbanken<br />

in den Jahren 2006 / 2007 begonnen, ihre<br />

Interessen zu bündeln und selber in den Markt der<br />

Infrastrukturbetreiber einzusteigen. So errichteten<br />

sie eigene Börsen. Amerikanische Börsenbetreiber<br />

und Clearinghäuser expandierten ebenfalls nach Europa<br />

und sorgten für Wettbewerb. Grosses Gerangel<br />

besteht gegenwärtig zum Beispiel um den Zuschlag<br />

für das Clearing von Over-the-Counter-Derivaten. Gegenwärtig<br />

dominiert ein amerikanisches. Die Europäer<br />

müssen sich fragen, ob sie in diesem wichtigen<br />

Bereich des Wertschriftengeschäft quasi ein neues<br />

Monopol akzeptieren oder den Wettbewerb zulassen<br />

wollen. Hinzu kommen die Ambitionen der EU, gleichzeitig<br />

zur Förderung des eigenen Wettbewerbs eine<br />

eigene Finanzplatzinfrastruktur aufzubauen (Schaffen<br />

einer einheitlichen Settlementplattform für Wertschriften).<br />

Dies macht die Sache nicht einfacher. Auf<br />

alle Fälle führt der neu entflammte Wettbewerb zu<br />

einem enormen Preisdruck.<br />

Als dritter Faktor zeigt die rasante Entwicklung<br />

in der Technologie ihre Auswirkungen. Der dramatische<br />

Anstieg der Leistungsfähigkeit der Informationstechnologie<br />

ermöglicht neue Handelspraktiken,<br />

das sogenannte Algorithmic Trading oder das Smart<br />

Order Routing. Beides führt dazu, dass Maschinen<br />

statt Menschen über die Börsenaufträge entscheiden.<br />

Bereits heute werden schätzungsweise 80<br />

Prozent des sogenannten Orderflows einer grossen<br />

Bank durch Maschinen auf die Börsenplätze geleitet.<br />

In einem solchen Umfeld leidet die traditionelle Be-<br />

«Gerangel um den Zuschlag für das<br />

Clearing von Over-the-Counter-Derivaten»<br />

ziehungspflege zum Kunden, und der Einfluss auf das<br />

Geschäft sinkt aus Sicht eines Börsenbetreibers.<br />

Die Technologie setzt auf den durch die Regulierung<br />

geschaffenen neuen Freiräumen auf und führt<br />

zu neuem Wettbewerb. Privat gehaltene alternative<br />

Handelsplattformen mit Fokus auf das attraktive Segment<br />

der Blue Chips sind entstanden. Statt über 329<br />

Aktien zu kotieren und zu handeln, wie dies bei der<br />

Schweizer Börse SIX Swiss Exchange der Fall ist, konzentrieren<br />

sich diese neuen Handelsplattformen auf<br />

die umsatzträchtigsten und damit profitabelsten Werte.<br />

Im Unterschied zu einem traditionellen Anbieter<br />

jedoch nicht nur für ein Land, sondern z. B. für mehrere<br />

europäische Länder. Sie basieren dabei auf unterschiedlichen<br />

Geschäftsmodellen und Kostenstrukturen.<br />

Oft sind die grössten Kunden der traditionellen<br />

Börsen Aktionäre dieser alternativen Handelsplattformen.<br />

Auch die beiden Schweizer Grossbanken sind<br />

bzw. waren an Chi-X oder Turquoise beteiligt. Daraus<br />

entsteht natürlich eine neue Konkurrenzsituation.<br />

Wie gefährlich diese Entwicklung ist, mag<br />

folgendes Beispiel zeigen: Die Schweizer Börse SIX<br />

Swiss Exchange erzielt 75 Prozent des Handelsertrags<br />

in den sechs meistgehandelten Titeln. Um ge-<br />

Referate aus der interdisziplinären Tagung 20


nau diese Titel bewerben sich die neuen Konkurrenten.<br />

Die verbleibenden Titel interessieren nicht.<br />

Die Konsequenz all dieser Entwicklungen<br />

ist ein enormer Kostendruck auf die Infrastrukturbetreiber.<br />

Als ich 2008 meine Funktion bei SIX Group<br />

übernahm, kostete ein vergleichbarer Auftrag bei<br />

Chi-X lediglich 15 Prozent unseres Preises. Es handelt<br />

sich hier nicht um den Rabatt, sondern um die<br />

absolute Höhe! Wegen der steigenden Anbieterzahl<br />

entstand zudem eine Fragmentierung des Marktes.<br />

Dies führt tendenziell zu einer Ausweitung des<br />

Spreads zwischen Kauf- und Verkaufsangebot und<br />

damit zu einer Verschlechterung der Qualität der<br />

Preisstellung. Durch die Zunahme der Komplexität<br />

entlang der gesamten Wertschöpfungskette steigt<br />

auch die Intransparenz bezüglich der effektiven gesamten<br />

Kosten eines Auftrags. Die Sellside-Banken<br />

waren in den vergangenen Jahren sehr erfolgreich,<br />

diese Entwicklungen zu nutzen und ihre eigene Position<br />

zu optimieren. Es bleibt abzuwarten, wie sich vor<br />

allem die grossen Endinvestoren verhalten werden,<br />

die z. B. von den gesunkenen Börsengebühren kaum<br />

profitieren konnten.<br />

Ein weiterer wichtiger Aspekt wird die Finanzplätze<br />

in Zukunft beschäftigen. Wenn sich alle Anbieter<br />

nur noch auf die attraktiven Marktsegmente<br />

konzentrieren, wird die Rolle der Finanzplatzinfrastruktur<br />

in Frage gestellt. Wer soll die allenfalls nicht<br />

kostendeckende Infrastrukturleistung übernehmen?<br />

Dahinter verbirgt sich auch die Frage der kurz- oder<br />

langfristigen Optimierung einer Finanzplatzinfrastruktur.<br />

Meiner Meinung nach sollte jedes Infrastrukturgeschäft<br />

langfristig ausgerichtet werden. Die hohen<br />

Investitionen führen zu langfristigen Amortisationen<br />

und spätem Erreichen des Break-even-Punktes. Im<br />

Gegenzug entstehen durch die schwierige Kopierbarkeit<br />

Wettbewerbsvorteile, die allen Teilnehmern<br />

bzw. Nutzern zukommen. Oft ist eine moderne und<br />

leistungsfähige Infrastruktur auch Ausgangspunkt<br />

eigentlicher Cluster-Effekte, die eine Katalysatorwirkung<br />

entfalten können, weil zusätzliche Teilnehmer<br />

anziehen.<br />

Der Finanzplatz Schweiz war in der Vergangenheit<br />

geprägt durch die enge Zusammenarbeit aller<br />

Marktteilnehmer untereinander, seien es die Banken<br />

oder Versicherungen, der Regulator, die Notenbank<br />

Referate aus der interdisziplinären Tagung 21


Bank<br />

Bank<br />

Swiss Value Chain als Kerngeschäft von SIX Group.<br />

Trading<br />

Posttrading<br />

Payment<br />

oder der Infrastrukturbetreiber. Die Swiss Value Chain<br />

ist nicht zuletzt Ausfluss dieser engen Zusammenarbeit,<br />

bei der Einzelinteressen hinter die Erreichung<br />

einer Gesamtzielsetzung zurückgestellt wurden. Diesen<br />

Aspekt sollten wir bei der Weiterentwicklung und<br />

Förderung der Infrastruktur nicht ausser Acht lassen.<br />

Es werden zahlreiche Herausforderungen auf die<br />

Schweiz zukommen, von denen viele besser aus einer<br />

Gesamtperspektive angegangen werden.<br />

Infrastrukturen sind langfristig ausgerichtet Die<br />

Wettbewerbsfähigkeit eines Finanzplatzes und damit<br />

seiner Teilnehmer wird massgeblich durch eine leistungsfähige<br />

Infrastruktur unterstützt. Die Schweiz ist<br />

dafür ein gutes Beispiel. SIX Group wurde gegründet,<br />

um dieses Ziel besser zu erreichen. Es geht um die<br />

Stärkung des Finanzplatzes und seiner Infrastruktur<br />

sowie die Integration der verschiedenen Unternehmen,<br />

die ihren Teil zu dieser Infrastruktur leisten. Gerade<br />

im heutigen Marktumfeld zeigt sich, wie wichtig<br />

es ist, als Infrastrukturbetreiber sowohl eine nationale<br />

wie auch eine internationale Perspektive zu entwickeln.<br />

Weil unsere Teilnehmer und deren Kunden<br />

immer globaler agieren, müssen auch wir als Infrastrukturbetreiber<br />

uns zunehmend international ausrichten.<br />

Bereits ein Drittel unserer Mitarbeiter ist im<br />

Ausland stationiert; Tendenz steigend. Wir müssen<br />

uns dem Wettbewerb aus dem Ausland stellen. Dabei<br />

gilt: Infrastrukturentscheide erfordern eine langfristige<br />

Perspektive und intensive Zusammenarbeit<br />

mit den Nutzern. Es braucht einen Konsens, um an<br />

der Infrastruktur, von der wir alle profitieren, erfolgreich<br />

weiterzuarbeiten. Nur so kann der Finanzplatz<br />

Schweiz auf die Dauer wettbewerbsfähig bleiben. Gerade<br />

die jüngste Krise und die Diskussionen um die<br />

«too-big-too-fail»-Problematik haben gezeigt, wie wichtig<br />

die Zusammenarbeit der Finanzplatzteilnehmer in<br />

dieser Hinsicht ist. Dies, weil wir nur gemeinsam die<br />

Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz aufrechterhalten<br />

können. SIX Group befindet sich in einer guten Ausgangslage,<br />

um diesen Prozess erfolgreich zu gestalten.<br />

Wir verfügen über einen hohen Marktanteil, über<br />

leistungsfähige moderne Systeme sowie eine hohe<br />

Expertise bei unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.<br />

Zudem erlaubt die hohe Finanzkraft, die anstehenden<br />

Investitionen zu bewältigen.<br />

Wir von SIX Group werden alles daransetzen,<br />

damit der Finanzplatz auch in fünf bis zehn Jahren<br />

noch in der Top-Liga spielt, wohin er meiner Meinung<br />

nach auch hingehört.<br />

Referate aus der interdisziplinären Tagung 22


Hans Peter Portmann, FDP-Kantonsrat, Vizepräsident des Zürcher Bankenverbands<br />

und Direktor bei der LGT Bank (Schweiz) AG<br />

Interessenswahrung und Reputations-Rückgewinnung<br />

für den Finanzplatz Schweiz<br />

Wenn man über Reputations-Rückgewinnung spricht,<br />

dann muss zuerst erklärt werden, weshalb überhaupt<br />

Reputation verloren gegangen ist.<br />

Ich habe bereits im Jahre 2008, als viele<br />

Branchenkollegen noch den Kopf in den Sand gesteckt<br />

haben, bei meinen öffentlichen Auftritten die<br />

Missstände und Fehlleistungen beim Namen genannt.<br />

Erst dann – und das habe ich auch gemacht<br />

– kann man sich gegen falsche Vorwürfe zur Wehr<br />

setzen. Zur Erinnerung: Wir hatten ein überhöhtes<br />

Engagement vorwiegend der beiden Grossbanken in<br />

amerikanischen Hypothekarprodukten. Hinzu kam<br />

ein unkontrolliertes Wachstum im Investmentbanking.<br />

Wenn einzelne Manager heute zugeben, dass<br />

sie die Risiken unterschätzt hatten, so war das eindeutig<br />

eine Fehlleistung. Dieser Vorwurf trifft aber<br />

auch unsere Aufsichtsbehörde FINMA. Hinzu kam<br />

eine ungenügende Eigenmittelausstattung vor allem<br />

einer Grossbank. Gewisse Institute haben Finanzprodukte<br />

(Lehman Brothers usw.) geradezu fahrlässig<br />

vertrieben, was zu Anlegerverlusten führte.<br />

Ein grosser Sündenfall waren die Gesetzesverstösse<br />

der UBS auf US-Territorium mit einschneidenden<br />

Folgen für den Finanzplatz. Die Branche zeigte<br />

zudem eine fehlende Sensibilität betreffend die<br />

Bonuszahlungen, Abgangsentschädigungen und die<br />

Übernahme von Verantwortung. Und was das Bankkundengeheimnis<br />

betrifft, so fehlte uns eine brauchbare<br />

Strategie. Jene der Schweizerischen Bankiervereinigung<br />

war zu diesem Zeitpunkt bereits acht Jahre<br />

alt! Selbst der Branchenverband hat vitale Interessen<br />

nicht oder zumindest ungenügend wahrgenommen.<br />

Alles ist relativ Aber wie steht es eigentlich um<br />

unseren Konkurrenten, die ausländischen Finanzplätze?<br />

In den USA gingen 1989 rund 500 Banken<br />

konkurs, 2009 waren es gerade mal 140 Banken,<br />

die insgesamt 350 Milliarden an Assets vernichtet<br />

hatten. 1989 hingegen beliefen sich die vernichteten<br />

Vermögen auf rund 250 Milliarden Dollar. Damals<br />

hiess es, wir hätten zu viele Banken. Heute haben<br />

wir wahrscheinlich zu wenige Banken mit zu vielen<br />

Assets. Deutschland musste sich Stützungsmassnahmen<br />

zugunsten seiner Banken im Jahre 2008<br />

von 53 und im Jahre 2009 von 45 Milliarden Euro<br />

leisten. Dementsprechend erreichte die Staatsverschuldung<br />

2009 116 Milliarden Euro. Maastricht-<br />

Kriterien hin oder her, die Verschuldung des deutschen<br />

Staates, gemessen am BIP, beläuft sich auf<br />

über 70 Prozent. Grossbritannien musste noch tiefer<br />

in die Tasche greifen, mit 63 Milliarden Dollar, und<br />

die Bank of England musste toxische Papiere im Umfange<br />

von 74 Milliarden Dollar übernehmen.<br />

Insgesamt wurden in der jüngsten Finanzmarktkrise<br />

weltweit Gelder im Ausmasse von 10 000<br />

Milliarden Dollars vernichtet. Ein gigantischer volks-<br />

Referate aus der interdisziplinären Tagung 23


wirtschaftlicher Schaden. Er entspricht dem Dreifachen<br />

des Bruttoinlandprodukts Deutschlands oder<br />

fast dem Bruttoinlandprodukt der USA oder einem<br />

Sechstel aller Volkswirtschaften rund um den Globus.<br />

Damit ist die Finanzindustrie in ein riesiges Reputationsproblem<br />

geraten. Und wie sieht die Bilanz<br />

der Schweiz in dieser Hinsicht aus? Hierzu ein paar<br />

wenige Eckwerte: Nur ein einziges Bankinstitut, die<br />

UBS, benötigte staatliche Hilfe. Dieses Bankinstitut<br />

hat diese Staatshilfe von 6 Milliarden Franken inklusive<br />

Zinsen bereits zurückbezahlt. Zwar musste die<br />

Schweizerische Nationalbank via ihren Stabilitätsfonds<br />

ebenfalls sogenannte toxische Papiere übernehmen.<br />

Diese konnten inzwischen um 11 Milliarden<br />

auf 24,1 Milliarden Franken reduziert werden.<br />

Der wirkliche Verlust auf diesen «Schrottpapieren»<br />

Missbrauchsbekämpfung<br />

(z. B. Geldwäscherei / Korruption / Drogen / Terrorismus)<br />

Formular<br />

A/B<br />

GWG<br />

• QI<br />

• US patriots’<br />

acts<br />

beläuft sich bisher auf 4,3 Milliarden Franken, die<br />

jedoch mehrheitlich durch die Eigenmittel des Stabfunds<br />

gedeckt sind. Wobei die UBS diese Eigenmittel<br />

ebenfalls alimentiert hat. Aus Schweizer Sicht sind<br />

wir somit schadlos aus dieser Krise gekommen. Immerhin<br />

hat die UBS 2010 wieder einen Milliardengewinn<br />

geschrieben, und der Bund konnte im Gegensatz<br />

zum Ausland seine Schulden um 11,8 Milliarden<br />

abbauen. Punkto Staatsverschuldung kann sich die<br />

Eidgenossenschaft mit einer Schuldenquote, gemessen<br />

am BIP von 20,7 Prozent, durchaus sehen lassen.<br />

Deutschlands Vergleichswert liegt immerhin bei<br />

76,7 Prozent.<br />

Steuerproblematik oder Konkurrenzkampf? Aber<br />

noch weit stärker als diese harten finanziellen Fakten<br />

waren es die Softskills, die zum Vertrauensverlust<br />

geführt haben. Weltweit haben viele ihre Altersvorsorge<br />

verloren. In der Schweiz hingegen war dies<br />

nicht der Fall. Herr Regierungsrat Stocker hat dies<br />

in seinem Einführungsreferat richtig gesagt: Die Finanzindustrie<br />

ist nicht abgekoppelt von Wirtschaft<br />

und Gesellschaft. Sie ist Dienstleister für den Wohlstand<br />

unserer Bevölkerung, und unsere Bevölkerung<br />

setzt die Rahmenbedingungen. Die Schweiz hatte<br />

in letzter Zeit gleich ein doppeltes Imageproblem:<br />

Das waren die gestohlenen Datensätze einerseits<br />

und die Vorwürfe wegen Steuerfluchtgeldern anderseits.<br />

Dagegen müssen wir uns wehren. Denn die<br />

Mächtigen dieser Welt brauchen Geld! Sie alle wollen<br />

Abwehr automatischer Informationsaustausch<br />

Bekämpfung Steuerbetrug, Steuerhinterziehung<br />

/ Präzedenzfall UBS<br />

•Bundesrat übernimmt<br />

OECD-Standards<br />

QI-Review<br />

‘82 ‘98 ‘01 ‘05 ‘13<br />

13.3.2009 19.8.2009<br />

1980 1990 2000 2010 2020<br />

EU-Zinsen<br />

EU-Betrug<br />

Staatsvertrag USA (Case UBS)<br />

Review<br />

EU- Zinsen<br />

« Das Steuerrecht des Staates steht, entgegen weit verbreiteten Anschauungen, nicht über dem Recht der<br />

Privatheit. » (Deutscher Wirtschaftsethiker Peter Koslowski)<br />

den Zugang zu den Niedrigsteuerländern verhindern.<br />

Unser Geschäftsmodell in der Vermögensverwaltung<br />

muss diese Tatsachen berücksichtigen. Es geht um<br />

Kundenvermögen im Umfange von 7000 Milliarden<br />

US-Dollar, die offshore platziert wurden. Und um dieses<br />

Geld wird gestritten. Gemäss den neuesten Zahlen<br />

der Boston Consulting Group BCG wurden in der<br />

Schweiz am meisten Offshore-Gelder platziert. Das<br />

heisst jedoch noch lange nicht, dass diese Gelder<br />

nicht versteuert würden. Darin enthalten sind zum<br />

Beispiel ausländische Pensionskassen mit einem<br />

Rechtssitz ausserhalb der Schweiz. Dann kommt es<br />

auch noch auf die Definition von Offshore-Geldern<br />

Referate aus der interdisziplinären Tagung 24


an. Wir in der Schweiz gehen vom Kriterium des wirtschaftlich<br />

Berechtigten und nicht vom juristischen<br />

Sitz einer Gesellschaft aus. In anderen Ländern geht<br />

man nur vom juristischen Sitz einer Gesellschaft aus.<br />

Wenn jemand den juristischen Sitz in Grossbritannien<br />

oder den Kanalinseln hat, gilt dies plötzlich als on-<br />

shore. Geradezu dramatisch finde ich jedoch diese<br />

Entwicklung: Wir verlieren Assets in der Schweiz. Aufhorchen<br />

lässt jedoch, dass Grossbritannien und die<br />

Kanalinseln gerade in diesem Bereich stark zulegen!<br />

Ebenso die USA, Deutschland und Frankreich. Die<br />

Frage ist berechtigt: Geht es um Steuerehrlichkeit,<br />

oder ist dies vorwiegend ein Konkurrenzkampf unter<br />

den Finanzplätzen? Datenklau, Hehlerei und Spionage<br />

sind die Waffen eines Wirtschaftskrieges. Die<br />

Schweiz ist keine Bananenrepublik. Wir haben unsere<br />

eigenen Gesetze. Wir haben das Bankkundengesetz,<br />

aber wir haben auch das Gesetz, das aktive Beihilfe<br />

zu schweizerischen Steuerdelikten unter Strafe<br />

stellt. Aktive Beihilfe zu Steuerdelikten ist immer<br />

dann gegeben, «wenn Empfehlungen zu Konstruktionen<br />

oder für Dienstleistungen Dritter ausgesprochen<br />

werden sowie wenn Wege aufgezeigt werden, die zur<br />

Verschleierung von Geldtransfers und Steuersubstrat<br />

gegenüber den Steuerbehörden dienen». Das<br />

ist in der Schweiz verboten, und ich gehe davon aus,<br />

dass wir uns auch daran halten.<br />

Tatsächlich, wir haben die Krise sehr gut<br />

überstanden. Aber sämtliche Akteure am Finanzplatz<br />

haben eine sehr schlechte Vorstellung gegeben. Es<br />

ist auch unfair, wenn immer auf den Bundesrat eingeschlagen<br />

wird, ausgerechnet von jenen, die das<br />

schlechteste Bild abgegeben haben. Das sind unsere<br />

Parlamentarier und Parlamentarierinnen, die in Bern<br />

sitzen. Diese haben mit ihren Profilierungssüchten<br />

unserem Land in dieser Zeit mehrheitlich geschadet.<br />

Wir haben in dieser Thematik unterschiedliche Interessen,<br />

und es gilt, diese unter einen Hut zu bringen.<br />

Der Bürger und Steuerzahler will den Schutz<br />

der Privatsphäre, den Vermögensschutz, die politische<br />

Stabilität. Jeder Staat – inklusive Deutschland<br />

– ist zugleich Offshore- und Onshore-Staat. Offshore<br />

ist nicht einfach Steuerhinterziehung. Hier geht es<br />

um einen Anleger, der seinen Sitz im Ausland und<br />

unter einer anderen Steuerhoheit hat. Die Schweiz ist<br />

ein Vorbild, was plausibilisierte Vermögen betrifft. Be-<br />

Referate aus der interdisziplinären Tagung 25


eits 1982 mit der Selbstregulierung der Banken mittels<br />

des Formulars A hat die Schweiz begonnen, den<br />

wirtschaftlich Berechtigten zu eruieren. Man weiss,<br />

woher das Geld kommt und wofür es verwendet wird.<br />

Viele Staaten sind heute noch nicht auf diesem<br />

Stand. Die Banken in der Schweiz verwalten zwar 29<br />

Prozent ausländische Gelder, aber vor 1982 waren es<br />

43 Prozent! Diese Vermögen haben in der Zwischenzeit<br />

nicht abgenommen. Ich behaupte, das wirklich<br />

kriminelle Geld ist glücklicherweise aus der Schweiz<br />

abgeflossen. In diesem Punkt müssen wir uns nicht<br />

verstecken. Im Gegenteil: Das müssen wir in den Diskussionen<br />

immer wieder in Erinnerung rufen.<br />

Es ist an der Zeit, auf die wahren «schwarzen<br />

Schafe» im globalen Finanzsystem hinzuweisen:<br />

Deutschland erfüllt die der Financial Action Task<br />

Force (FATF Report 2009) der OECD nicht. Nur gerade<br />

5 von 49 Empfehlungen werden vollständig eingehalten.<br />

Deshalb wurde Deutschland zum Geldwäscherei-Umschlagplatz<br />

für kriminelle Organisationen<br />

aus dem Balkan und aus Osteuropa missbraucht.<br />

In den USA hat sich Miami gemäss dem US-Report<br />

2008 zur Geldwäschereizentrale Lateinamerikas entwickelt,<br />

mit einem jährlichen Umschlagsvolumen von<br />

über 90 Milliarden US-Dollar. Das eigentliche Steuerhinterziehungsparadies<br />

Nordamerikas ist Delaware.<br />

Hier eröffnen laut US-Report 30 000 lizenzierte Agenten<br />

jährlich 130 000 neue Briefkastenfirmen mit einem<br />

jährlichen Geldzufluss von 36 Milliarden Dollar.<br />

London und die Kanalinseln ermöglichen immer noch<br />

Strukturen ohne Hinterlegung der wirtschaftlich Berechtigten<br />

und der Herkunft der Gelder. (47 000 Neueröffnungen<br />

im Jahre 2009, 30 000 Neueröffnungen<br />

bis 30.6.2010 gemäss Report BVI FSC). Frankreich<br />

hortet unversteuerte Gelder auch seiner Bürger über<br />

Monaco in der eigenen Zentralbank. Das ist die eigentliche<br />

Sünderliste. Die Schweiz ist ein Rechtsstaat.<br />

Unsere Gesetze dürfen nicht im Interesse anderer<br />

zurechtgebogen werden.<br />

Neue Finanzmarktstrategie für die Schweiz Die<br />

Schweiz besitzt jetzt eine Strategie, um aus diesem<br />

Dilemma herauszukommen. Die Abgeltungssteuer<br />

ist weiter vorangekommen als allgemein bekannt.<br />

Abkommen mit Deutschland und Grossbritannien<br />

sind weit fortgeschritten. Wir wollen keine weiteren<br />

Zugeständnisse über OECD Art. 26 hinaus. Das<br />

Amtshilfeverfahren in Sachen Steuerdelikte muss<br />

neu gesetzlich geregelt werden. Ebenso gilt es, das<br />

Bankengesetz und die Steuergesetze konkreter zu<br />

definieren. Die Abschaffung der Stempelsteuer ist<br />

ein langfristiges Anliegen. Die Verrechnungssteuer<br />

könnte durch eine Quellensteuer auf Vermögen ersetzt<br />

werden. Wichtig ist auch der Ausbau des Finanzplatzes<br />

zugunsten von Anlageprodukten, Fonds,<br />

Verwaltungsgesellschaften und Strukturen.<br />

Aus dem Positionspapier der FDP Schweiz<br />

lassen sich die folgenden politischen Forderungen<br />

ableiten:<br />

R Die Schweiz soll nicht nur geben, sie muss auch<br />

Garantien einfordern.<br />

R Sie darf nicht zu einem automatischen Informationsaustausch<br />

gedrängt werden.<br />

R Die ausländischen Vertragsstaaten sichern zu,<br />

dass sie mit dem neuen Amtshilfeverfahren nach<br />

OECD Art. 26 keine sogenannten Fishing Expeditions<br />

durchführen werden.<br />

R Ausländische Vertragsstaaten sichern zu, dass<br />

sie keine aus der Schweiz gestohlenen Daten für<br />

Amtshilfegesuche verwenden werden.<br />

R Heute bestehende Diskriminierungen gegenüber<br />

schweizerischen Finanzintermediären, die den<br />

freien Finanzmarktzutritt behindern, werden aufgehoben.<br />

R Alle Vertragsparteien übernehmen gegenüber der<br />

Schweiz die gleichen Verpflichtungen, die aus den<br />

Referate aus der interdisziplinären Tagung 26


verhandelten Massnahmen zur Bekämpfung der<br />

Steuerhinterziehung entstehen.<br />

R Alle Vertragsparteien setzen sich für eine einheitliche<br />

Umsetzung im Bereich der Geldwäschereibekämpfung<br />

und der Bekämpfung der Steuerhinterziehung<br />

ein. Sie sichern der Schweiz zu, dass<br />

dieser aufgrund der Unterstützung der Geldwäschereibekämpfung<br />

und der Bekämpfung der<br />

Steuerhinterziehung keine Wettbewerbsnachteile<br />

im internationalen Vermögensverwaltungsgeschäft<br />

entstehen.<br />

« Die Abgeltungssteuer ist weiter voran-<br />

gekommen als allgemein bekannt »<br />

So weit die Details zu unserer aktuellen Strategie,<br />

die in gewissen Teilen auch vom Bundesrat<br />

übernommen wurde. Es gibt Erfolgsfaktoren, wie wir<br />

verhandeln sollen. Und das haben wir leider schlecht<br />

gemacht. Deshalb sollten wir uns wieder auf unsere<br />

Stärken zurückbesinnen. Lösen wir unsere Probleme<br />

im eigenen Land, dann fördern wir auch unsere<br />

Reputation. Dabei müssen die Verantwortlichen<br />

von Verfehlungen und schlechtem Management zur<br />

Rechenschaft gezogen werden. Zumindest müssen<br />

die Verantwortlichkeiten abgeklärt werden. Wir dürfen<br />

keine Zweifel daran aufkommen lassen, dass bei<br />

uns der Schutz von Vermögen und Privatsphäre der<br />

Kunden gewahrt bleibt. Dazu aber braucht es eine<br />

umfassende Finanzmarktpolitik, welche die Integrität<br />

und Reputation unseres Finanzplatzes garantiert.<br />

Das schulden wir auch unseren Nachkommen, die<br />

auch am Wohlstand und der Prosperität unseres Landes<br />

teilhaben sollen.<br />

Referate aus der interdisziplinären Tagung 27


Paneldiskussion :<br />

Lehren aus der Krise – Chancen für die Zukunft ?<br />

Referate aus der interdisziplinären Tagung 28


Herr Portmann, könnten Sie Ihr Strategiepapier<br />

heute beim Stimmbürger durchbringen? Trotz dem<br />

ramponierten Image der Finanzindustrie?<br />

Hans Peter Portmann: Wenn die Finanzindustrie zu<br />

ihren Fehlern steht und den Willen zu Korrekturen<br />

zeigt, bin ich überzeugt, dass wir die Öffentlichkeit<br />

überzeugen können. Dann müssen wir aber gewisse<br />

Personen zur Verantwortung ziehen. Wenn der Finanzsektor<br />

diese unangenehme Aufgabe löst, dann<br />

wird es auch der Politik gelingen, die Bevölkerung<br />

für gute Rahmenbedingungen zu gewinnen. In der<br />

Bankenwelt hat sich bereits einiges bewegt. So hat<br />

sich der Zürcher Bankenverband neu formiert und<br />

sich die Förderung der Reputation zum Ziel gesetzt.<br />

Ich glaube, es steht Zürich in dieser Hinsicht gut an,<br />

eine Führungsrolle zu übernehmen.<br />

Herr Regierungsrat Stocker, welche Möglichkeiten<br />

zur Verbesserung der Reputation sehen Sie aus der<br />

Sicht der Politik und des Kantons Zürich?<br />

Regierungsrat Ernst Stocker: Zunächst müssen die<br />

Bankenvertreter das Vertrauen zurückgewinnen. Der<br />

Schaden ist gross, auch wenn er nur durch einige<br />

wenige verursacht worden ist. Als Volkswirtschaftsdirektor<br />

des Kantons ist es mir ein besonderes Anliegen,<br />

diesem besten Pferd im Stall wieder zu neuem<br />

Elan zu verhelfen. Es wurde erwähnt, dass das Vertrauen<br />

in den Finanzplatz Zürich im Ausland viel besser<br />

ist als hier vor Ort. Wir wollen nicht mehr, dafür<br />

aber effizientere Regulierungen. Schliesslich geht es<br />

uns nicht darum, unsere Pferde zu bremsen, sondern<br />

dafür zu sorgen, dass sie zu den besten zählen und<br />

auch das Rennen gewinnen können.<br />

Herr Weber, wenn man die Pferde ins Rennen<br />

schickt, dann muss man auch wissen, in welches<br />

Ziel man sie laufen lassen will. Gouverner c’est<br />

prévoir: Haben Politik und Finanzindustrie zu spät<br />

erkannt, dass das Bankgeheimnis in seiner traditionellen<br />

Form im digitalen Zeitalter gefährdet ist?<br />

Christoph Weber: Inzwischen bin ich mir gar nicht<br />

mehr so sicher, was wir unter dem Bankgeheimnis in<br />

seiner traditionellen Form verstehen.<br />

Herr Portmann hat es eben erwähnt. Wir wollen uns<br />

stark machen für den Schutz der Privatsphäre. Es<br />

war nie die Absicht des Schweizer Gesetzgebers, das<br />

weltweite Steuersubstrat absaugen zu wollen. Wenn<br />

Brasilien von den USA einen automatischen Datenausgleich<br />

über die Anlagetätigkeit seiner Bürger in<br />

Miami verlangt, dann wird dies mit der Begründung<br />

Bankgeheimnis abgelehnt. Aber genau dies wird von<br />

uns über das Abkommen FATCA von den USA verlangt.<br />

Punkto Politiker-Bashing bin ich sehr zurückhaltend.<br />

Wenn schon, dann müssen wir im Bankensektor etwas<br />

selbstkritischer sein und uns fragen, was hätten<br />

wir antizipieren sollen, können, müssen. Letztlich waren<br />

wir wahrscheinlich alle etwas überfordert. Selbst<br />

Exponenten der amerikanischen Zentralbank haben<br />

offen zugegeben: In den Phasen, in denen das globale<br />

Finanzsystem vor dem Kollaps stand, waren Entscheidungsträger<br />

überfordert. Es ist nicht einzusehen,<br />

weshalb ausgerechnet wir in der Schweiz diese<br />

Entwicklung hätten voraussehen sollen. Wichtig ist<br />

es, dass wir jetzt die Zukunft meistern. Hier sehe ich<br />

grosse Herausforderungen. Ich denke an die Margen-<br />

erosion oder auch an den verschärften Wettbewerb<br />

durch das Ausland und seine Banken. Hier müssen<br />

wir uns neu ausrichten. Die Chance liegt darin, dass<br />

sich jedes Institut in seinen Kernkompetenzen positionieren<br />

und profilieren kann. Wir werden in ein paar<br />

Jahren die Gewinner und die Verlierer dieser Entwicklung<br />

kennen. Die Diskussion um das Bankgeheimnis<br />

bezüglich des Aspekts der Steuerumgehung wird<br />

nicht mehr im Vordergrund stehen.<br />

« Wir wollen nicht mehr,<br />

dafür effizientere Regulierungen »<br />

Somit wird die Performance After Tax entscheidend?<br />

Christoph Weber: Unbedingt. Wir erstellen heute bereits<br />

Steuerreports für deutsche Kunden. Das ist bei<br />

uns im Private Banking Standard. Wir wollen steuertransparente<br />

Kunden, und danach richten wir unsere<br />

Strategie auch aus. Dies setzen wir möglicherweise<br />

viel rascher um als unsere Konkurrenten im Ausland.<br />

Und das wird unsere Position stärken.<br />

Herr Dr. Rüegsegger, Performance und internationaler<br />

Wettbewerb. Wie gross ist der Einfluss der<br />

modernen Informatik auf die Wettbewerbsfähigkeit<br />

des Finanzplatzes Zürich? Ergeben sich neben den<br />

Bedrohungen auch neue Chancen für den Infrastrukturbetrieb<br />

SIX Group?<br />

Dr. Urs Rüegsegger: Die Geschwindigkeit der Systeme<br />

ist heute so bedeutend, dass die Tatsache, ob<br />

der Rechner eines Börsenteilnehmers nahe an der<br />

Börse steht oder geographisch weit weg liegt, bereits<br />

Referate aus der interdisziplinären Tagung 29


entscheidend ist. Hundert Kilometer spielen schon<br />

eine Rolle. Ich bin überzeugt, dass Technologie ein<br />

Enabler für neue Geschäftsmodelle ist. Das hat die<br />

Schweiz in der Vergangenheit sehr erfolgreich gezeigt.<br />

An dieser Tradition sollten wir anknüpfen. Für<br />

die Rückgewinnung der Reputation der Finanzindustrie<br />

ist es meiner Meinung nach entscheidend, dass<br />

man sich wieder einmal um den Kunden kümmert.<br />

In den grossen Banken muss man sich schon bald<br />

fragen, wer arbeitet für wen? Die Kunden für die Investmentabteilungen<br />

oder umgekehrt? Die grosse<br />

Herausforderung und die grosse Chance des Finanzplatzes<br />

liegt in der Rückbesinnung auf den Kunden<br />

und in der Betonung der treuhänderischen Funktion<br />

der Bank für ihre Kunden. Und damit wird man in<br />

Zukunft wieder gutes Geld verdienen können.<br />

« Technologie ist ein Enabler<br />

für neue Geschäftsmodelle »<br />

Herr Dr. Goetschmann, wie können Sie überhaupt<br />

noch kontrollieren, ob Ihre Regulierungen auf der<br />

IT-Ebene richtig umgesetzt werden? Und wie können<br />

Sie die Funktionsfähigkeit eines Risikomanagements-<br />

modells einer Grossbank beurteilen?<br />

Dr. Roland Goetschmann: Die Krise hat uns die<br />

wachsende Komplexität und das enorme Ansteckungspotential<br />

der <strong>Finanzmärkte</strong> vor Augen geführt.<br />

Globalisierung und technologischer Fortschritt haben<br />

die Märkte komplexer und anfälliger gemacht und<br />

somit zur Vergrösserung der systemischen Risiken<br />

beigetragen. Unsere Anstrengungen müssen nun<br />

dahin gehen, die <strong>Finanzmärkte</strong> wieder stabiler und<br />

robuster auszugestalten, da Instabilitäten ein immer<br />

grösseres Schadenpotential entfalten können. Als<br />

Beispiel können Kreditderivate herangezogen werden.<br />

Sie ermöglichten Risikotransfer in einem vorher<br />

nicht da gewesenen Masse. Damit erhöhte sich aber<br />

auch die Intransparenz, welche Partei schliesslich<br />

die Risiken trug, sowie operationelle Probleme we-<br />

gen der grossen involvierten Volumina und ungenügend<br />

entwickelter Marktinfrastruktur. Dies war einer<br />

der Gründe, der die Unsicherheit während der Krise<br />

beträchtlich erhöhte. In den letzten beiden Jahren<br />

wurden nun bedeutende Anstrengungen unternommen<br />

um unnötige Komplexität in diesem Markt zu<br />

reduzieren. Analog geht es darum, weitere Quellen<br />

der Instabilität der <strong>Finanzmärkte</strong> abzubauen. Hierzu<br />

braucht es das Verantwortungsbewusstsein und<br />

nachhaltige Handeln sämtlicher Finanzplatzakteure.<br />

Die Regulierung versucht die richtigen Anreize zu setzen.<br />

Weiter kann die Aufsicht auf gefährliche Tendenzen<br />

im Markt hinweisen und bei einzelnen Instituten<br />

zum Beispiel in Bezug auf das Risikomanagement<br />

tätig werden. Die Aufsicht kann aber nicht jedes Detail<br />

oder jede Modellimplementierung überprüfen.<br />

Dafür stehen die Risikoträger in der Verantwortung.<br />

Die Aufsicht muss vielmehr kontrollieren, ob die institutsinternen<br />

Prozesse angemessen funktionieren.<br />

Aber wir können nicht sämtliche Details und Risikopositionen<br />

kontrollieren.<br />

Herr Briner, Sie fordern in Ihrem Referat einen<br />

kreativen Führungsstil. Ist die Unternehmenskultur<br />

in den Banken heute schon so weit und dafür<br />

bereit? Oder ist das Management durch die Vernetzung<br />

und die Komplexität der Systeme überfordert?<br />

Urs Briner: So allgemein lässt sich dies nicht beantworten.<br />

Am Schluss geht es meist um die Frage: Hat<br />

man die Prioritäten richtig gesetzt? Das Bewusstsein<br />

ist da, neue Prioritäten zu setzen. In letzter Zeit lagen<br />

diese aufgrund der Dringlichkeiten eindeutig beim<br />

Krisenmanagement. In diesem Zusammenhang ist<br />

die Kreativität nur selten zum Vorschein gekommen.<br />

Aber jetzt ist die Zeit gekommen, diese voranzutreiben.<br />

Wenn ich mit anderen Industrien vergleiche,<br />

dann stelle ich fest, dass das Zusammenspiel zwischen<br />

Business und IT noch nicht optimal ist. Ich<br />

würde mir hier mehr Kreativität in der Zusammenarbeit<br />

wünschen.<br />

Referate aus der interdisziplinären Tagung 30


II. Die Sicht des Direktoriums<br />

der Schweizerischen Nationalbank<br />

Aussagen zur makroökonomischen Lage<br />

und Prognosen<br />

Referate aus der interdisziplinären Tagung 31


Dr. Philipp Hildebrand,<br />

Präsident der Schweizerischen Nationalbank,<br />

zur Preisstabilität in der Schweiz:<br />

« Die bedingte Inflationsprognose der Nationalbank liegt für 2012 und 2013 leicht unterhalb der<br />

Prognose vom September. Diese Korrektur erfolgt insbesondere wegen der gegenüber der<br />

letzten Lagebeurteilung ungünstigeren konjunkturellen Perspektiven für Europa. Für <strong>2011</strong> liegt<br />

die Inflationsprognose hauptsächlich infolge eines höheren Ölpreises geringfügig höher.<br />

Unter Annahme eines unveränderten Dreimonats-Libors von 0,25 % wird die durchschnittliche<br />

Teuerung im Jahr 2010 voraussichtlich bei 0,7 Prozent, im Jahr <strong>2011</strong> bei 0,4 Prozent und<br />

im Jahr 2012 bei 1,0 Prozent liegen. Die bedingte Inflationsprognose zeigt, dass in der kurzen<br />

Frist keine Gefahr für die Preisstabilität besteht. Allerdings lässt ihr ansteigender Verlauf in<br />

2012 und 2013 erkennen, dass die gegenwärtig expansive Geldpolitik nicht über den gesamten<br />

Prognosehorizont weitergeführt werden kann, ohne die langfristige Preisstabilität zu gefährden. »<br />

( Einleitende Bemerkungen anlässlich der Medienkonferenz vom 16. Dezember 2010 )<br />

Aussagen zur makroökonomischen Lage und Prognosen 32


Prof. Dr. Thomas Jordan,<br />

Vizepräsident des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank,<br />

zum Stabilitätsfonds:<br />

« Beim Stabilisierungsfonds ( Zweckgesellschaft, welche illiquide Vermögenswerte der UBS<br />

übernommen hat ) konnte 2010 eine erfreuliche Reduktion der Bilanzrisiken erzielt werden. So<br />

konnten aufgrund der deutlich verbesserten Marktlage im Jahr 2010 Bestände von rund 3<br />

Milliarden US-Dollar verkauft und verschiedene Derivatpositionen aufgelöst werden. Daneben<br />

beliefen sich die Zins- und Rückzahlungen auf Anlagen auf rund 3 Milliarden US-Dollar. Insgesamt<br />

konnte das Darlehen an den Stabilitätsfonds per Ende November 2010 auf noch 13 Milliarden<br />

US-Dollar reduziert werden, gegenüber knapp 20 Milliarden Ende 2009. Gleichzeitig reduzierte<br />

sich das Gesamtrisiko für die Schweizer Nationalbank von 24 auf 16 Milliarden US-Dollar. Diese<br />

16 Milliarden US-Dollar entsprechen dem maximal möglichen Darlehen. Dieses Maximum<br />

übertrifft das aktuelle Darlehen, da ein Teil des Portfolios des Stabfund zurzeit keiner Finanzierung<br />

bedarf. Aufgrund der im vierten Quartal 2010 günstigen Marktlage liegt der Wert der<br />

Anlagen nun deutlich über dem Wert des Darlehens. Damit hat das Risiko der Nationalbank, bei<br />

der Auflösung des Stabfunds einen Verlust zu erleiden, weiter abgenommen. »<br />

( Einleitende Bemerkungen anlässlich der SNB-Medienkonferenz vom 16. Dezember 2010 )<br />

Aussagen zur makroökonomischen Lage und Prognosen 33


Prof. Dr. Jean-Pierre Danthine,<br />

Mitglied des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank,<br />

zur möglichen Teilnahme am europäischen Effektenabwicklungssystem:<br />

« Der Schweizer Markt evaluiert die Teilnahme am europäischen Effektenabwicklungssystem<br />

TARGET2-Securities ( T2S ). Das T2S soll die bestehenden nationalen Effektenabwicklungs-<br />

systeme der Zentralverwahrer von Effekten ganz oder teilweise ablösen und die Kosten für die<br />

grenzüberschreitende Effektenabwicklung in Europa erheblich reduzieren. Die Europäische<br />

Zentralbank ( EZB ) sieht T2S als Beitrag zur Harmonisierung und Integration des europäischen<br />

Marktes. Die Inbetriebnahme von T2S ist im Jahr 2014 geplant. Das Projekt der EZB betrifft<br />

auch den Finanzplatz Schweiz. Die Art und Weise der Anbindung der Schweizer Finanzplatzinfrastruktur<br />

ist sowohl für die Banken als auch für die SNB von Bedeutung. Im Jahr 2009 unterzeichnete<br />

die SIX SIS AG, der Schweizer Zentralverwahrer von Effekten und Tochtergesellschaft<br />

der SIX Group, im Einvernehmen mit der SNB eine Absichtserklärung zur Teilnahme am T2S<br />

für in Euro denominierte Wertschriften. Dies würde es den Schweizer Banken ermöglichen,<br />

Wertschriftengeschäfte in Euro kostengünstiger abzuwickeln. T2S ist mehrwährungsfähig, und<br />

die EZB ist sehr daran interessiert, auch andere Währungen in ihr Abwicklungssystem einzubinden.<br />

Deshalb klären wir derzeit in Abstimmung mit der SIX Group und den Banken ab, wie weit<br />

T2S auch für eine Abwicklung von Wertschriftengeschäften in Franken vorteilhaft wäre. »<br />

( Einleitende Bemerkungen anlässlich der SNB-Medienkonferenz vom 16. Dezember 2010 )<br />

Aussagen zur makroökonomischen Lage und Prognosen 34


III. Grossbank im Fokus<br />

Rückbesinnung auf die Grundwerte<br />

Aussagen zur makroökonomischen Lage und Prognosen 35


Interview mit Dr. Sabine Keller-Busse, Group Managing Director und COO UBS Schweiz<br />

Zurück zu den Wurzeln und zur alten Stärke<br />

Als erste Frau im Executive Committee von UBS Schweiz bringt Sabine Keller-Busse eine<br />

neue Dimension in die Unternehmensleitung von UBS Schweiz. Auch dies ist ein Indiz für<br />

die Neuorientierung der Schweizer Grossbank nach der Krise. Als Chief Operating Officer<br />

sichert sie das operative Tagesgeschäft von UBS Schweiz. Gleichzeitig stellt sie die Umsetzung<br />

der neuen UBS-Strategie sicher und führt die zehn Regionen.<br />

Frau Keller-Busse, das Image von UBS hat im Inland<br />

viel stärker gelitten als im Ausland. Welche Massnahmen<br />

haben Sie ergriffen, um den Ruf Ihrer Bank<br />

wieder zu stärken?<br />

Der Ruf von UBS ist beeinflusst von der jüngsten Geschichte<br />

– aber nicht nur. In dieser Bank arbeiten<br />

Zehntausende hervorragender Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeiter, die eine klare Strategie zugunsten ihrer<br />

Kunden umsetzen. Sicher haben Schweizer immer<br />

gewisse Vorbehalte gegenüber grossen Dimensionen.<br />

Das gilt aber nicht nur für Banken. Im Ausland<br />

stellen wir gegenüber UBS übrigens eine ganz andere<br />

Wahrnehmung fest. Mit der Übernahme der Leitung<br />

durch Oswald Grübel begann ein Strategiewechsel.<br />

Die neue UBS ist den Werten «Wahrheit, Klarheit und<br />

Leistung» verpflichtet und baut gleichzeitig auf der<br />

grossen Tradition dieses Hauses auf.<br />

Und wie setzen Sie diese Werte um?<br />

Diese sind als Leitsätze Teil unserer täglichen Arbeit<br />

und finden Ausdruck in unseren Kampagnen, Sponsoringaktionen<br />

und im Verhalten gegenüber unseren<br />

Kunden wie auch intern. Wir betonen dabei unsere<br />

Verpflichtung als verlässlicher Partner.<br />

Welche Rolle spielt die Schweiz für UBS?<br />

Die Schweiz hat für UBS eine entscheidende Bedeutung,<br />

liegen doch hier unsere Wurzeln. Wir sind<br />

uns als drittgrösster privater Arbeitgeber nach Migros<br />

und Coop unserer Verpflichtung bewusst. Von<br />

unseren 64 000 Mitarbeitern arbeiten 23 000 in der<br />

Schweiz. Ausserdem stellen wir jährlich 1800 Ausbildungsplätze<br />

bereit, davon 900 KV- und IT-Lehrstellen,<br />

500 Praktikumsstellen für Mittelschulabgänger und<br />

Studierende sowie 400 Plätze in Talentförderungsprogrammen<br />

für Lehrabgänger und Hochschulabsolventen.<br />

Durchschnittlich finden jährlich 80 Prozent der<br />

von UBS ausgebildeten Lehrabgänger einen Arbeitsplatz<br />

in der Bank. Und denken Sie nur an die Kunden:<br />

Jeder dritte Haushalt in der Schweiz ist UBS-Kunde;<br />

das entspricht 2,5 Millionen Privatkunden. Mit Betriebskrediten<br />

und Hypotheken von rund 40 Milliarden<br />

Franken ist UBS ein wichtiger Kreditgeber für<br />

Schweizer KMU-Betriebe. Ausserdem bietet unser Investment<br />

Banking den Schweizer Firmen eine umfassende<br />

Beratung bei komplexen Finanztransaktionen.<br />

Dementsprechend wichtig ist der Ergebnisbeitrag des<br />

Schweizer Marktes für den gesamten UBS-Konzern.<br />

Dieses Bekenntnis zur Schweiz ist ein klarer<br />

Strategiewechsel. Vorher galt der Heimmarkt doch<br />

eher als Anhängsel einer global orientierten UBS?<br />

Früher lag sicher ein grosses Gewicht auf der Expansion<br />

des internationalen Geschäfts. Jetzt rücken<br />

Grossbank im Fokus 36


wir die Bedeutung des Standorts Schweiz als Heimmarkt<br />

und Rückgrat des Konzerns wieder in den<br />

Mittelpunkt. Die Verstärkung unserer Position im<br />

Schweizer Markt ist ein wichtiger Teil der globalen<br />

Wachstumsstrategie.<br />

Also kann man daraus folgern, jede Krise bietet<br />

auch eine Chance?<br />

Das ist durchaus richtig: UBS hat nach der tiefen<br />

Krise die Chance gepackt! Zurzeit arbeiten wir daran,<br />

die Reputation in der Schweiz zu verbessern.<br />

Deshalb engagieren wir uns stark im Sponsoring<br />

für den Sport- und Kulturbereich. Neu haben wir<br />

den «UBS Kids Cup» lanciert – einen Leichtathletikwettbewerb<br />

mit ca. 300 Qualifikationswettbewerben<br />

in der ganzen Schweiz, an dem 70 000 Jugendliche<br />

teilnehmen. Nach regionalen Ausscheidungen findet<br />

dann der Final im Zürcher Letzigrundstadion im<br />

Umfeld von Weltklasse Zürich statt. Dort bietet UBS<br />

den Jugendlichen die Gelegenheit, mit den grossen<br />

Leichtathletikstars zu trainieren. Damit weisen wir<br />

gleichzeitig auf Breitenwirkung und Elite hin. Genau<br />

dies entspricht unserer Zielsetzung. Dasselbe gilt<br />

zum Beispiel für das Filmfestival Locarno und den<br />

Spengler-Cup in Davos.<br />

Also geht es darum, Gegensätze miteinander zu<br />

verbinden?<br />

Durchaus! Wir sind global vernetzt und lokal verankert.<br />

Dies im Sinne eines Miteinanders und nicht eines<br />

Gegensatzes. Dies ist die Stärke und die Besonderheit<br />

von UBS, also ein Vorteil für unsere Kunden:<br />

Wir können unserer inländischen Kundschaft internationale<br />

Expertise zur Verfügung stellen. Zum Beispiel<br />

umfasst unser globales Korrespondenzbankennetz<br />

50 Märkte, und wir sind an über 80 Börsenplätzen<br />

präsent.<br />

Welchen Stellenwert hat heute das<br />

«Bank for Banks»-Geschäft innerhalb UBS?<br />

Dieses Geschäft ist ein wichtiger Teil unserer Gesamtstrategie.<br />

Wir sind auch hier gut positioniert.<br />

Diesen Teil unseres integrierten Geschäftsmodells<br />

werden wir ebenfalls weiter ausbauen, um im Rahmen<br />

unserer Gesamtstrategie profitables Wachstum<br />

zu generieren.<br />

Betreuen Sie hier vorwiegend kleine und mittlere<br />

Banken?<br />

Nein, da sind auch grosse nationale und internationale<br />

Banken dabei.<br />

Sie wollen das Potential für Cross-Selling erhöhen?<br />

Ja, das ist ein Teil der integrierten Strategie. UBS<br />

kann ihren Kunden über alle Lebensphasen die richtigen<br />

Produkte und Lösungen anbieten. Ebenso profitieren<br />

Firmenkunden vom gesamten Spektrum – von<br />

Zahlungsverkehrslösungen über Kredite bis zu M & A<br />

und anderen Services im Bereich Investment Banking<br />

oder Asset Management. Deswegen spielt Cross-<br />

Selling eine so grosse Rolle. Damit können wir uns<br />

gegenüber anderen Wettbewerbern klar profilieren.<br />

« Wachstum in der Schweiz ist Teil<br />

unserer globalen Strategie »<br />

Die moderne ICT mit Web 2.0 bietet neue Tools<br />

zur verbesserten Betreuung des Retailkunden. Dies<br />

bietet Chancen und Gefahren.<br />

Lassen Sie mich zuerst einen Punkt klarstellen:<br />

Selbstverständlich ist Technologie wichtig. Gleichzeitig<br />

wird aber auch der persönliche Kontakt zum Berater<br />

massgebend bleiben. Deshalb werden wir bis<br />

2013 sämtliche 300 Geschäftsstellen nach einem<br />

neuen Kundenkonzept umgebaut haben. Damit stärken<br />

wir auch unsere Corporate Identity. Gleichzeitig<br />

werden Internet und mobile Applikationen im Kontakt<br />

mit dem Kunden immer wichtiger. Wir stimmen<br />

die verschiedenen Vertriebskanäle mit den einzelnen<br />

Kundensegmenten und deren Bedürfnissen ab. Über<br />

die verschiedenen Kanäle vermitteln wir den jeweils<br />

richtigen Kunden das richtige Angebot. Dabei denken<br />

wir vor allem auch an die junge Generation. Und<br />

gleichzeitig behalten wir die ältere Generation im Auge<br />

und begleiten sie auf den traditionellen Kanälen.<br />

Also geht es darum, die junge Kundschaft langfristig<br />

zu betreuen und so Nachwuchs für das Wealth<br />

Management zu generieren?<br />

Genau!<br />

Verändert die Technologie nicht auch die<br />

Arbeitsweise in der Bank?<br />

Sie erleichtert viele Abläufe. Man muss zum Beispiel<br />

nicht mehr reisen, um in Zürich oder Genf an<br />

Grossbank im Fokus 37


einer Sitzung teilzunehmen. In der Ausbildung hilft<br />

die moderne Elektronik enorm. Im Gegensatz zum<br />

traditionellen Klassenzimmer erreicht man mit den<br />

sogenannten webbasierten Trainings viel gezielter<br />

die richtigen Leute und hat eine bessere Kontrolle<br />

über den Lernerfolg. Ein Beispiel: Wir erreichen so<br />

sämtliche Kundenberater, die im grenzüberschreitenden<br />

Geschäft tätig sind mit denselben Schulungen<br />

– über den gesamten Globus verteilt. Lerninhalte<br />

können so didaktisch entwickelt und mehrsprachig<br />

international transportiert werden. Mit einem minimalen<br />

Aufwand erreicht man eine maximale Wirkung.<br />

Dies ergänzt, aber ersetzt nicht die traditionelle physische<br />

teamorientierte Schulung; daher bieten wir<br />

nach wie vor auch «Classroom Trainings» an, welche<br />

auf die Stärkung und Entwicklung sozialer Kompetenzen<br />

ausgerichtet sind.<br />

« Wir rücken die Schweiz als Heimmarkt<br />

und Rückgrat wieder in den Mittelpunkt »<br />

Eine Bank wie UBS generiert grosse Datenmengen.<br />

Das ist eine enorme Herausforderung im Hinblick<br />

auf Datenschutz und effiziente Auswertung.<br />

Wir befolgen das «Need to Know»-Prinzip. Das heisst,<br />

der Kundenberater hat zwar Zugriff zu den Daten<br />

seiner Kunden, aber nicht zu jenen seines Kollegen.<br />

Auch die Mitarbeiter im IT-Bereich müssen strenge<br />

Vertraulichkeitsregeln beachten. Der Datenschutz<br />

hat bei uns oberste Priorität.<br />

Aber es gibt doch immer Wege zur nicht autorisierten<br />

Kommunikation nach aussen. Letztlich handelt<br />

es sich um eine Frage der Zufriedenheit der Mitar-<br />

beiter und um eine Frage der Unternehmenskultur.<br />

Die Mitarbeiter benötigen Vertrauen in ein Bankinstitut<br />

und ein gewisses Mass an Sicherheit.<br />

Mit unserem Wertesystem entwickeln wir eine Unternehmenskultur,<br />

die auf den strategischen Grundprinzipien<br />

Reputation, Integration und Exekution basiert.<br />

Jeder Mitarbeiter muss sich so verhalten, dass die<br />

Reputation gestärkt wird. Das sollte Teil der DNA werden.<br />

In einem kleinen Unternehmen lässt sich eine<br />

starke Unternehmenskultur relativ leicht aufbauen.<br />

In einem grossen Unternehmen wie UBS ist die Kultur-<br />

und Identitätsentwicklung natürlich viel aufwendiger.<br />

Dementsprechend evaluieren wir schon bei der<br />

Rekrutierung des Personals die Integrationsfähigkeit<br />

eines künftigen Mitarbeiters. Daneben versuchen<br />

wir, unsere Werte auf der Führungsebene vorzuleben<br />

und so auf das Unternehmen zu übertragen.<br />

Ist das Zusammenarbeiten der Mitarbeiter bei der<br />

integralen Kundenbetreuung auch Teil der Unternehmenskultur?<br />

Unser Modell baut sehr klar auf dem Ansatz der integrierten<br />

Bank auf – und dies umfasst selbstverständlich<br />

auch die bereichsübergreifende Zusammenarbeit<br />

in der Kundenbetreuung. Überall dort, wo unsere<br />

Kunden verschiedene spezifische Finanzbedürfnisse<br />

haben, setzen sich die Kundenbetreuungsteams aus<br />

den verschiedenen Sparten zusammen. Nehmen Sie<br />

zum Beispiel grosse Firmenkunden: Diesen können<br />

wir als UBS Schweiz durch unseren integrierten Betreuungsansatz<br />

die gesamte Bandbreite der Bankdienstleistungen<br />

aus einer Hand anbieten; und dies<br />

nicht nur für die eigentlichen Bedürfnisse der Firma<br />

selbst, sondern auch für ihre Pensionskasse sowie<br />

für ihre Führungskräfte und Mitarbeiter. Technologische<br />

Tools sind für eine gute interne Zusammenarbeit<br />

dabei unabdingbar – aber genauso wichtig ist<br />

der erforderliche Teamgeist. Dieser kann nur mit<br />

Kontakten auf der persönlichen Ebene gestärkt werden.<br />

Das Bankgeschäft wird durch die Vorschriften der<br />

Aufsichtsbehörden geprägt. UBS musste wegen<br />

Verstosses gegen die Compliance der US-Behörden<br />

ihre Kundendaten in mühsamen Prozessen aussortieren.<br />

Bringen diese Erfahrungen auch einen Vorteil,<br />

wenn es künftig um FATCA (Foreign Account Tax<br />

Compliance Act) und um eine künftige Abgeltungssteuer<br />

geht?<br />

Mit dem US-Settlement haben wir ein grosses Prozess-Know-how<br />

erworben. Wir haben unsere Hausaufgaben<br />

sehr gründlich gemacht und uns dadurch<br />

womöglich sogar einen Wettbewerbsvorsprung gesichert.<br />

Das grosse Problem mit FATCA ist jedoch,<br />

dass heute noch niemand genau weiss, was sich<br />

dahinter effektiv versteckt. Bis jetzt wissen nicht einmal<br />

die US-Behörden, was da wirklich kommen soll.<br />

Unser Vorteil als Grossbank bei der Umsetzung einer<br />

eventuellen Abgeltungssteuer liegt darin, dass wir<br />

Skaleneffekte generieren können.<br />

Die Anforderungen an den Bankberater wachsen<br />

exponentiell, nicht nur, was die Compliance, die<br />

Einhaltung der vielfältigen Vorschriften und Regulierungen<br />

betrifft.<br />

Grossbank im Fokus 38


Das ist richtig. Daher haben wir auch reagiert und<br />

Anfang 2010 die sogenannte UBS Business University<br />

gegründet. Wir investieren hier zielgerichtet in<br />

Fachausbildungen, aber auch in Ausbildungen im Bereich<br />

Compliance, wo es um die korrekte Einhaltung<br />

sämtlicher in- und ausländischen Vorschriften geht.<br />

Trotz moderner Elektronik:<br />

Banking is a people’s business…<br />

Absolut! Banking ist einfach ein Geschäft, welches<br />

Vertrauen erfordert. Wir wollen langfristige Beziehungen<br />

mit unseren Kunden aufbauen und pflegen.<br />

Wenn diese Kunden uns ihr Vermögen anvertrauen,<br />

spielt das Vertrauen in uns als Bank und auch gegenüber<br />

dem Kundenberater stets eine entscheidende<br />

Rolle. Und für Vertrauen ist immer auch der persönliche<br />

Kontakt von grosser Bedeutung. Elektronik kann<br />

die Bedeutung der Kontakte nicht ersetzen, sondern<br />

nur unterstützen.<br />

Viele UBS-Mitarbeiter haben harte Zeiten durchgestanden<br />

und haben zeitweise eine Blitzableiterfunktion<br />

gegenüber der Kundschaft wahrgenommen.<br />

Wie können diese Mitarbeiter trotzdem noch für das<br />

Tagesgeschäft motiviert werden?<br />

Drei Faktoren spielen da eine entscheidende Rolle:<br />

die stabile Rückkehr zu guten Ergebnissen, die Wiedergewinnung<br />

der Reputation und die Klarheit der<br />

Strategie zur Bewältigung der Zukunft. Der einzelne<br />

Mitarbeiter will wieder stolz sein auf seine Bank.<br />

Dazu gehört auch, dass es keine Pannen mehr<br />

gibt, die negative Schlagzeilen provozieren. Auf der<br />

individuellen Ebene müssen die Führungspersonen<br />

eine glaubwürdige Vorbildfunktion wahrnehmen. Führungskräfte<br />

müssen die einzelnen Mitarbeiter ernst<br />

nehmen und sie in schwierigen Situationen mental<br />

auffangen und motivieren können.<br />

Die Führung bis zum Teamleiter ist somit<br />

viel stärker gefordert?<br />

Ja, davon bin ich überzeugt. Deshalb legen wir sehr<br />

grossen Wert auf die charakterlichen Eigenschaften<br />

der Führungskräfte, denn nur so kann die Umsetzung<br />

unserer Strategie und unserer Werte bis zur Front<br />

sichergestellt werden.<br />

Und welche Grundsätze gelten da?<br />

Der wichtigste Grundsatz heisst: zurück zum Dienst<br />

am Kunden. Dies gilt für unser ganzes Geschäft.<br />

Viele unserer Kunden sind global orientiert, deshalb<br />

ist es so wichtig, dass UBS nicht nur im Heimmarkt<br />

verwurzelt, sondern auch global aktiv ist. Nur so können<br />

wir unsere international aktiven Kunden optimal<br />

betreuen.<br />

Grossbank im Fokus 39


Finanzplatz Zürich<br />

www.finanzplatz-zuerich.ch<br />

Standort Zürich<br />

www.standort.zh.ch<br />

Cluster Finance<br />

Unter Cluster verstehen wir die Vernetzung von<br />

Unternehmen der gleichen Branche untereinander<br />

sowie mit Forschungsstätten zur Optimierung<br />

von Wert- und Wissensschöpfungsketten sowie<br />

Steigerung der Innovation.<br />

Ziele des Cluster Finance:<br />

Tragfähige Partnerschaften zwischen<br />

– Wirtschaft<br />

– Forschung und Lehre<br />

– Politik und öffentlicher Verwaltung<br />

optimale Rahmenbedingungen<br />

Ansiedlung von ausländischen Unternehmen<br />

Erhalt und Entstehung neuer Arbeitsplätze<br />

Branchendiversität am Standort<br />

Innovationssteigerung<br />

Bewusstseinsbildung über<br />

– Bedeutung der Cluster<br />

– Bedürfnisse der Cluster-Akteure<br />

Die Cluster-Aktivitäten erfolgen in Partnerschaft<br />

mit der Wirtschaftsförderung der Stadt Zürich.<br />

Standortförderung Kanton Zürich:<br />

Sabine Klucken Knaflic, Tel +41 (0)43 259 49 86<br />

sabine.klucken@vd.zh.ch<br />

Wirtschaftsförderung Stadt Zürich:<br />

Elke Frost, Tel. +41 (0)44 412 36 54<br />

elke.frost@zuerich.ch<br />

Grossbank im Fokus 41


Herausgeber<br />

<strong>Volkswirtschaftsdirektion</strong> des Kantons Zürich<br />

Amt für Wirtschaft und Arbeit<br />

Standortförderung<br />

Verantwortlich für diese Ausgabe<br />

Sabine Klucken Knaflic<br />

Projektleiterin Finanzdienstleistungen<br />

Telefon: +41 (0)43 259 49 86<br />

sabine.klucken@vd.zh.ch<br />

www.standort.zh.ch<br />

www.finanzplatz-zuerich.ch<br />

Titelbild<br />

SIX Swiss Exchange<br />

Zürich, Börsengebäude, Selnaustrasse 30<br />

Produktion<br />

Kantonale Drucksachen- und Materialzentrale (kdmz), Zürich<br />

Auflage<br />

800 Exemplare<br />

PDF-Version und Bestellung<br />

www.finanzplatz-zuerich.ch<br />

standort@vd.zh.ch<br />

Copyright<br />

Die Publikation darf mit Quellenangaben zitiert werden.<br />

<strong>Januar</strong> <strong>2011</strong><br />

42


Finanzplatz Zürich<br />

www.finanzplatz-zuerich.ch<br />

Standort Zürich<br />

www.standort.zh.ch<br />

Standortförderung<br />

des Kantons Zürich<br />

Die Standortförderung ist Ansprechpartner für<br />

ansässige und ansiedlungsinteressierte Unter-<br />

nehmen.<br />

Unsere Kernaufgaben:<br />

Ansiedlungen<br />

Pflege ansässiger Unternehmen<br />

Management von Cluster-Initiativen<br />

Arbeitsbewilligungen<br />

Administrative Entlastung von Unternehmen<br />

Wir begleiten Ansiedlungsinteressierte vom<br />

Evaluationsprozess bis zum operativen Start am<br />

neuen Standort und helfen ihnen im Wirtschaftsraum<br />

Zürich Fuss zu fassen; dies in Zusammenarbeit<br />

mit internen und externen Partnern.<br />

Zwecks Stärkung zukunftsweisender Wirtschaftszweige<br />

– wie Cleantech, Finance, Life Sciences,<br />

Kreativwirtschaft, Informations- und Kommunikationstechnologie<br />

– fördern wir die Vernetzung<br />

von Unternehmen und Institutionen entlang der<br />

Wertschöpfungskette im Raum Zürich.<br />

Das Team Arbeitsbewilligungen erteilt Bewilligungen<br />

für Bürger aus Nicht-EU und Nicht-EFTA-Staaten.<br />

Schliesslich bieten wir in- und ausländischen<br />

Unternehmen einen Lotsendienst durch die kantonale<br />

Verwaltung und sind für die administrative<br />

Entlastung der Unternehmen besorgt.<br />

Kurz: Wir informieren, begleiten, beschleunigen<br />

und vernetzen als Bindeglied zwischen Wirtschaft<br />

und öffentlicher Verwaltung.<br />

Standortförderung Kanton Zürich:<br />

Tel +41 (0)43 259 49 92<br />

standort@vd.zh.ch

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